Man muss also einen Anfang finden. Ein Anfang ist schon zu sehen, welche Wirkung Gesetze auf Unternehmen und auf die Wirtschaft haben. Das muss beziffert werden. Daher habe ich vorhin das Bild von dem Preisschild gebracht. Dann haben wir nämlich die Möglichkeit, zu entscheiden: Wollen wir ein Gesetz so oder so verabschieden? Dann haben wir eine echte Entscheidungsgrundlage. Die haben wir heute häufig nicht.
Von daher denke ich mir, dass man mit solchen Modellen eine Diskussion bekommt, die sich auf einem anderen Niveau befindet.
Das Wort zu einem weiteren Redebeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält die Frau Abgeordnete Monika Heinold.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ohne dass ich einzelnen Fraktionen unterstellen will, dass sie nur die Überschrift gelesen haben: Es geht schlicht darum, dass mit dem Standardkostenmodell ein Verfahren gefunden wird, damit Kosten, die zukünftig auf Unternehmen, auf die Wirtschaft zukommen, Verwaltungsaufwand, der auf sie zukommt, Berichtspflichten, die auf sie zukommen, vorher errechnet werden können, damit es festgestellt werden kann und damit es Grundlage für unsere Entscheidung ist. Wer das nicht will, der hat die Zeichen der Zeit oder die Klagen der Wirtschaft schlicht nicht verstanden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hätte gar nicht erwartet, dass wir eine so spannende Debatte zu einem so trockenen Thema bekommen.
Wolfgang Kubicki, ich pflege nach besten Kräften immer gelingt das nicht; das gebe ich gern zu - Beschlüsse des Parlaments umzusetzen. Wenn ich mich richtig entsinne, dann haben Sie beschlossen, Sie, die FDP, dass ich einen Bericht darüber geben soll, wie weit der Landesregierung das Standardkostenmodell bekannt ist und wie wir die Anwendung für Schleswig-Holstein beurteilen, welche weiteren Modelle der Landesregierung bekannt sind und wie wir sie beurteilen, welche Erkenntnisse die Landesregierung über Pläne und Erfahrungen in anderen Bundesländern, der Bundesregierung und in Nachbarländern über solche Modelle hat. Darüber geben wir Auskunft. Wenn Sie das nicht hätten haben wollen, dann hätten Sie den Antrag ablehnen müssen. Dann hätten wir uns die Arbeit gespart, Ihnen den Bericht zu geben.
Für uns hätten wir ihn dennoch gebraucht und ich glaube nach wie vor, dass er eine gute Grundlage ist.
Übrigens: Der kleine Ausflug zu Max Weber hat Ihnen nicht geschadet und hätten Sie zu Ende gelesen, wäre es auch nicht schlimm gewesen.
- Das mit dem Googlen kenne ich sehr gut. Wenn ich gegen Mitternacht nach Hause komme, gibt es immer noch etwas, was ich nachschaue. Google gibt in Zehntelsekunden Tausende von Auskünften über das, was es schon gibt, aber keine einzige Antwort auf das, was es noch nicht gibt. Daran müssen wir selbst arbeiten und das ist genau unser Job.
Wenn ich Unternehmensbesuche mache - ich mache viele -, frage ich die Unternehmer jedes Mal: Wo hindern wir? Wo hindert Politik? Wo hindert Verwaltung Sie daran, Ihren Job so zu machen, wie Sie ihn gern machen wollen? Ich sage Ihnen: Die meisten beginnen dann, einen längeren Vortrag zu halten. Ich sage immer: Legt die Fakten auf den Tisch.
Ein einziger mittelständischer Unternehmer war bisher in der Lage, mir innerhalb von 14 Tagen aufzuzeigen, dass er, nur um sich an einer Ausschreibung für ein Brückenbauwerk beteiligen, also ein Angebot abgeben zu dürfen, 80 Vorgänge auf den Weg bringen musste. Was das gekostet hat, konnte auch er nicht sagen. Von den anderen kam nie eine konkrete Aussage darüber, wie hoch die Belastungen gewesen sind.
Wir müssen erreichen, dass wir bei einem Gesetzesvorhaben nach einem vereinbarten, allgemein akzeptierten Standard die kostenmäßigen Auswirkungen außerhalb der Politikkosten, die ohnehin damit verbunden sind, also die Kosten allein für Verwaltungshandeln sowohl für die verschiedenen politischen Verwaltungsebenen als auch für die betroffenen privaten Unternehmen oder privaten Menschen, genau definieren können. Das ist die Aufgabe, die wir uns stellen müssen, damit das wirklich nach objektiven Kriterien abläuft. Daran muss gearbeitet werden. Das ist sehr sinnvoll.
Um dahin zu kommen, haben wir - übrigens pflichtgemäß - einen, wie ich finde, recht guten Bericht abgegeben.
Ich danke Minister Rainer Wiegard. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung.
Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/774 (neu), federführend dem Finanzausschuss und mitberatend dem Innenund Rechtsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.
Für den Bericht erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dietrich Austermann, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich war eben mit dem Kollegen Wiegard im Zweifel, ob er für die Kohle zuständig ist oder wir.
Wir haben gestern über die Große Anfrage „Weg vom Öl“ diskutiert. Es passt daher gut, dass sich der Landtag heute mit einem anderen wichtigen Energieträger, nämlich mit der Kohle, auseinandersetzt.
In Deutschland sind Stein- und Braunkohle nach Mineralöl und vor Erdgas der bedeutendste Primärenergieträger. In Schleswig-Holstein ist die Situation etwas anders. In der Rangfolge rangiert die Kohle nach Kernenergie, Mineralöl und Erdgas erst an vierter Stelle. Bei der Primärenergie haben wir einen Anteil von 11 %, beim Strom von 15 %. Zwei Drittel werden nach wie vor durch die Kernenergie getragen. Ich gehe aber davon aus, das der Anteil der Kohle in Schleswig-Holstein in absehbarer Zeit steigen wird; denn entsprechende Kraftwerke sind geplant.
Die Zahlen bitte ich Sie dem Bericht zu entnehmen, der meines Erachtens alle Fragen, die gestellt wurden, deutlich beantwortet
und der auch deutlich macht, dass die Kohle wegen der langfristigen Verfügbarkeit und wegen des weltweit steigenden Energiebedarfs auf absehbare
Zeit für die Energieversorgung unverzichtbar bleibt. Inzwischen ist ja die deutsche Steinkohle aufgrund der Entwicklung der Energiepreise wettbewerbsfähig.
Bei den Energieträgern - ich glaube, das kann man gar nicht oft genug sagen - geht es nicht um eine Alternative Entweder-oder oder „der eine oder der andere“ oder „der eine gegen den anderen“. Sie werden alle benötigt, ohne Ausnahme. Deutschland muss sich nur in der EU umschauen. Das EU-Grünbuch zur Energieversorgung spart die Kernenergie nicht aus, trotz Energieeffizienz, erwähnt aber auch die anderen Energieträger, Energieeinsparung und erneuerbare Energien.
Wir werden also um einen Mix nicht herumkommen. Was das Thema Kernenergie betrifft, so sind wir durch den Koalitionsvertrag gebunden. Der Atomkonsens wird von niemandem angetastet. Wir dürfen aber auch die Augen nicht davor verschließen, dass wir nach dem Abschalten des ersten Kernkraftwerks in Brunsbüttel wissentlich und willentlich stärker auf die Kohleschiene gehen müssen. Ich glaube, das ist klar, für eine Übergangszeit auf jeden Fall. Damit werden wir zu einem höheren CO2-Ausstoß beitragen.
Niemand wird mir unterstellen können, dass ich etwas gegen erneuerbare Energien habe. Wir, meine Mitarbeiter, das ganze Haus und auch der Umweltminister arbeiten mit großer Kraftanstrengung an Biomasse, an Solarenergie, an Photovoltaik und an Geothermie. Aber klar ist, dass wir 1.000 MW nicht ohne Weiteres werden ersetzen können. Sachverhalte sind keine Ansichtssache, sondern entfalten ihre eigene Wirkung.
Schon in den vergangenen Jahren konnte bei der Kohle, was den CO2-Ausstoß betrifft, eine Verbesserung erreicht werden. Der Anteil der CO2-Emission konnte um 14 % gesenkt werden. Dahinter stecken beachtliche Ingenieurleistungen. Wir haben ein Interesse daran, dass wir in diesem Bereich weiter vorangehen. Aus Gründen der langfristigen Versorgungssicherheit und des eigenen Technologieerhalts in der Kohlenutzung, -verbrennung und -förderung sollte daher die Steinkohleförderung in Deutschland nicht vollständig eingestellt, sondern gesichert werden. Der Technologiestandort Deutschland wird im Bereich Clean Coal, also im Bereich der sauberen Kohle, seine Lösungskompetenz einbringen können und müssen.
Ich begrüße es, dass der Bundeswirtschaftsminister diese Technologien im Forschungsverbund CoreTEC verfolgt. Diese Clean-Coal-Kraftwerke wer
den allerdings nach unserer Einschätzung erst im Jahre 2020 zur Verfügung stehen. Wir werden in Brandenburg ein Pilotvorhaben im Bereich Schwarze Pumpe haben. Dabei ist das Kraftwerk das eine Problem. Jeder weiß, dass Clean Coal heißt, dass CO2 erzeugt wird, dass aber dafür gesorgt wird, dass dieses CO2 irgendwohin verbracht wird, dass es also gelagert werden muss. Das ist technisch noch nicht ganz fertig. Das andere Problem ist die erforderliche Speicherung von CO2 im geologischen Untergrund. Auch dies wird, glaube ich, lösbar sein; aber es bestätigt, dass wir bis zum Jahre 2020 nach den heutigen kohletechnischen Wirkungsgraden von 47 %, wenn es hoch kommt, 53 %, zwangsläufig leben müssen.
Das betrifft auch die Kohlekraftwerke, die zurzeit für Schleswig-Holstein geplant sind. Wir führen diesbezüglich Erfolg versprechende Gespräche und ich denke, dass wir bis zum Ende des Jahres mindestens die Entscheidung für zwei neue Kohlekraftwerke haben werden. Das werden aber noch keine Clean-Coal-Kraftwerke sein, es werden Kraftwerke sein, die hoffentlich einen sehr hohen Wirkungsgrad haben, die aber auch weiter zum CO2-Ausstoß beitragen. Wenn man sich die Sachverhalte genau anschaut, kann dieser CO2-Ausstoß durch Effizienz- und Einsparanstrengungen nicht wegargumentiert werden.
Ich denke, es ist gut, dass wir über dieses Thema miteinander reden und auch im Ausschuss über den Bericht sprechen, um die Chance zu nutzen, die darin besteht, unter Beibehaltung des Energieträgers Kohle möglichst rasch zu einer Reduktion des CO2-Ausstoßes zu kommen.
Ich danke Herrn Minister Dietrich Austermann und eröffne die Aussprache. - Für die CDU-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Manfred Ritzek das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der achtseitige Bericht gibt meiner Meinung nach deutlich wieder, welche Bedeutung die Kohle als eine der Säulen im Energiemix spielen wird.
Bis vor kurzem galt die Kohle im politischen Raum als eine Art Schmuddelkind unter den Energieträgern. Auch die hohen Subventionen, die wir in Deutschland für den Steinkohlerückführungsprozess und für den Personalabbauprozess im Bergbau bezahlen müssen - 16 Milliarden € in der Periode
von 2006 bis 2012 -, haben nicht gerade zu einer positiven Stimmung für unsere Kohle beigetragen. Darüber hinaus ist der relativ hohe CO2-Ausstoß bei alten Kohlekraftwerken neben den hohen Subventionen ein Manko.
Noch im vorletzten Grünbuch der Europäischen Union aus dem Jahre 2000 wird noch vom „Niedergang“ des Kohlebergbaus in Europa gesprochen und die Kohle ist als energiepolitische Option in Ungnade gefallen. Also, das war das Stimmungsbild bis zum Frühjahr dieses Jahres.
Interessant ist, dass sich der Rückzug der Kohle eigentlich nur in Westeuropa abspielte. Aber durch die osteuropäischen Länder müssen wir jetzt wahrnehmen, dass von den 25 Ländern auf gesamteuropäischer Ebene 13 Mitgliedstaaten eine eigene Kohleproduktion haben.
Und die Prognosen - der Minister hat darauf hingewiesen - der Kommission der Europäischen Union besagen, dass der Kohleverbrauch der 25 EU-Länder nach einer bis zum Jahre 2010 dauernden Konsolidierungsphase wieder ansteigen wird. Denn nach 2010 werden umweltfreundlichere, effektivere und effizientere Einsätze von Kohle möglich sein.