Protocol of the Session on September 14, 2006

Viertens. Es gibt keinen Grund, das Management eines Vorstandes auszutauschen, der das Uniklinikum in den letzten beiden Jahren leistungsfähiger gemacht hat. Die Einsparungen und Umorganisationen, die der Klinikvorstand seit 2003 erwirtschaftete, betragen 37 Millionen €. Das ist mehr, als vor fünf Jahren die Gutachter von Roland Berger für möglich gehalten haben. Dies geschah auch, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen eines von der Landesregierung unterstützen Beschäftigungspaktes ihren Beitrag leisteten, wofür wir sehr dankbar sind.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fünftens. Der Grund für die Defizite des UK S-H liegt in einer bundesweiten gesetzlichen Regelung, die ausgerechnet in denjenigen Bundesländern, in denen die meisten sparsamen und effizienten Krankenhäuser liegen, Defizite provoziert. Denn die Krankenkassen orientieren ihre Leistungsvergütung an den jeweiligen landesweiten Krankenhausdurchschnittskosten. Diese liegen in SchleswigHolstein dank effizient gemanagter Krankenhäuser niedrig, in Hamburg und Nordrhein-Westfalen hoch. Stünde das UK S-H beispielsweise in Münster, würde es für dieselben Leistungen 50 Millionen € jährlich mehr einnehmen und hätte so jährlich 30 Millionen € Überschuss.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Aber diese Bedingungen ändern sich. Schon ab 2007 werden erstmalig für die komplizierte Behandlung schwerstkranker Patienten, wie sie im UK S-H naturgemäß häufig sind, seitens der Kran

kenkassen realistischere Vergütungen gezahlt. Spätestens ab 2009 - so haben Bundestag und Bundesrat entschieden - sollen für Krankenhausleistungen bundesweit endlich dieselben Preise gelten. Eine Blinddarmoperation wird dann zum Beispiel in Kiel und Lübeck in gleicher Höhe von den Krankenkassen vergütet wie in Münster.

Wenn nun aber das Land vorher sein Uniklinikum verkauft, dann würden die ab 2009 zu erwartenden Gewinne für das UK S-H an eine bundesweite Klinikkette fließen, die diese Erlöse zum Ausgleich der Verluste ihrer weniger effizienten Kliniken in anderen Bundesländern verwendet. Nicht umsonst gibt es ja genug Kaufinteressenten für das UK S-H. Wir wollen hingegen, dass Effizienzgewinne den Patientinnen und Patienten und den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im UK S-H zugutekommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sechstens. Der Klinikvorstand hat unter Angabe von konkreten Zahlen und mit Benennung der Risiken einen Sanierungsplan bis zum Jahr 2010 vorgelegt. Dieser sollte gründlich geprüft werden.

Siebtens. Es liegen dem Landtag keine positiven, wohl aber negative Erfahrungen über die Verkäufe von Unikliniken vor. Beispielsweise wird in den USA und in Australien die Privatisierung von Unikliniken gerade rückgängig gemacht. Auch vor diesem Hintergrund sollten wir keine vorschnelle Entscheidung treffen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU erteile ich Herrn Abgeordneten Niclas Herbst das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt heißt: Zukunft des UK S-H. Das ist ein bisschen vollmundig. Wenn wir uns mit der Zukunft des UK S-H auseinandersetzen wollen, müssen wir uns ernsthaft mit dem uns vorgestellten Gutachten auseinandersetzen, auch mit den Vorschlägen des UK S-H-Vorstandes. Mit einem ZehnZeilen-Antrag wird man der ganzen Sache nicht gerecht.

Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass die Wirtschaftlichkeit des UK S-H in erheblichem Maße von der Höhe der Einkünfte abhängt. - Ich bin kein Betriebswirt, aber das wird stimmen. Ähnliches gilt

wahrscheinlich für die Ausgaben. Damit kommen wir erst einmal nicht weiter.

Ihre Kernaussage lautet ja: Lasst uns alles stoppen, lasst uns ein Denkverbot einrichten, was die Beteiligung Privater betrifft, und lasst uns darauf warten, dass es bundeseinheitliche Basisfallwerte gibt. Wenn ich richtig informiert bin, gibt es eine Bundesratsinitiative, die im Sommer durch unsere Landesregierung eingebracht wurde und sich in den Ausschüssen befindet. Insofern sehe ich Ihren Antrag als Unterstützung dieser Initiative der Landesregierung. Das ist sehr gut.

Aber Ihre Aussage, ob durch bundeseinheitliche Basisfallwerte das UK S-H tatsächlich wirtschaftlich zu betreiben ist, ist eine Frage, die nicht einfach aus der Hand zu schütteln ist. Das muss man genau untersuchen. Ich habe gesehen, dass der Präsident des Landesrechnungshofs Schwierigkeiten hatte, nicht den Kopf zu schütteln bei der Frage. Das sollte uns ein bisschen zu denken geben. Wir wissen gar nicht, ob bundeseinheitliche Basisfallwerte und mit welchen Regelungen sie kommen werden.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Sassen [CDU])

Sollen wir bis dahin ein Denkverbot erteilen? Sollen wir bis dahin die Hinzuziehung privaten Kapitals nicht vorbereiten? Das wäre der falsche Weg. Das ist mit der CDU nicht zu machen.

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an meine erste Landtagsrede. Das ist noch gar nicht so lange her. Da ging es um das Thema Rechtsmedizin. Wenn Sie jetzt sagen, die Sparerfolge seien super, alles, was da gelaufen ist, können wir nur loben, dann erinnere ich mich an das Thema Rechtsmedizin. Das war eigentlich nur ein Nebenkriegsschauplatz oder - besser gesagt - kein Hauptkriegsschauplatz. Da ging es um einige hunderttausend Euro Einsparungen, die Zusammenlegung einzelner Kapazitäten am Standort Kiel. Ich weiß, was die Grünen damals dazu gesagt haben, was Ihre Vorgängerin, Frau Lütkes, dazu gesagt hat. Sie waren dagegen.

(Beifall des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU])

Ich weiß noch sehr genau, dass Herr Dr. Klug sogar gesagt hat - darüber war ich sehr erschrocken -, im Umkreis von Lübeck werde die Zahl der Kindesmisshandlungen zunehmen. Mittlerweile kann ich das, was Sie damals gesagt haben, besser einschätzen; aber so war die Diskussion. Der gesamte gestrige Tag war ja auch davon geprägt. Wir können

(Angelika Birk)

nicht zu einer Beliebigkeit kommen und immer das fordern, was am besten klingt, und im Zweifel das Gegenteil von dem, was die Regierung will. So kommen wir nicht weiter.

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das UK S-H ist defizitär, weil es aus dem Justizministerium zu wenig Geld für Untersuchungen bekommt! Das hat mit For- schung und Krankenversorgung überhaupt nichts zu tun!)

Dass der UK S-H-Vorstand dieses Beispiel in seinem Vorschlag positiv erwähnt, wissen Sie. Insofern bleibe ich bei meiner Kritik. Man kann nicht immer das fordern, was gerade am besten klingt.

Wenn Sie von Wirtschaftlichkeit reden, dann vergessen Sie offensichtlich den Investitionsstau. Dieser wird davon natürlich nicht behoben. Der Investitionsstau beträgt laut Gutachter 550 Millionen €. Der UK S-H-Vorstand spricht von 411 Millionen €. Er ist auf jeden Fall erheblich. Wenn Sie von Wirtschaftlichkeit reden, müssen Sie das natürlich auch einbeziehen. Selbst der UK S-H-Vorstand, den Sie lobend erwähnen, sagt eindeutig: Ohne Hinzuziehung privaten Kapitals wird das nicht möglich sein.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Für meine Fraktion sage ich ganz klar: Für uns wird es keine Denkverbote geben. Wir werden die Landesregierung natürlich weiterhin unterstützen. Ich glaube auch, die Landesregierung setzt sich bereits mit Nachdruck für bundesweit einheitliche Basisfallwerte ein. Bis dahin wird es keine Denkverbote geben. Wir werden in den Ausschüssen sinnvoll beraten, und zwar sowohl den Vorschlag des UK S-HVorstandes als auch das, was uns der Gutachter der Landesregierung vorgelegt hat. Das ist der richtige Weg, ernsthaft an diesem Thema zu arbeiten. Mit einem Zehn-Zeilen-Antrag, der einfach gut klingen soll, kommen wir leider nicht weiter.

Eines sollten wir uns aber nicht absprechen, nämlich den guten Willen. Es geht um über 10.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und eines ist auch klar: Wenn wir nichts machen, fährt das ganze UK S-H langfristig vor die Wand. Deshalb sollten wir uns wirklich Mühe geben und uns nicht nur mit politischen Parolen beharken.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Landtagstagung im September letzten Jahres haben wir bereits über die bundeseinheitlichen Basisfallwerte in Krankenhäusern diskutiert. Der Landtag hat damals beschlossen, die Initiative der Landesregierung zur beschleunigten Einführung bundesweit einheitlicher Basisfallwerte zu unterstützen. Des Weiteren hat der Landtag die Landesregierung aufgefordert, diese Thematik im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz aufzugreifen und sich aktuell für bundesweit einheitlich geltende Basisfallwerte bei gleichen Krankenhausleistungen einzusetzen.

Damit sind aus meiner Sicht zwei Drittel des Grünen-Antrages erledigt, weil schon vor einem Jahr diskutiert und so beschlossen wurde und weil sich die Landesregierung durch die Gesundheitsministerin sehr engagiert für bundeseinheitliche Basisfallwerte einsetzt.

Der letzte Absatz im Antrag der Grünen fordert die Landesregierung auf, bis zur Einführung dieser bundesweit einheitlichen Basisfallwerte alle Schritte zum Verkauf oder Teilverkauf des UK S-H zurückzustellen. Dieser Ansatz geht uns nicht weit genug. Dafür haben wir eine sehr gute Begründung: Die SPD lehnt eine Vollprivatisierung oder auch die Teilprivatisierung in Form des Verkaufs eines Standortes des Universitätsklinikums SchleswigHolstein ab.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW] - Zuruf der Abgeordneten An- gelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Nein. Wir wollen nicht bis 2009 warten,

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wo ist Ihr Gegenantrag?)

weil wir glauben, dass die Situation am UK S-H so entscheidend ist, dass man etwas tun muss. Nur zu sagen, wir warten, bis etwas anderes geschieht, und die Hände in den Schoß zu legen, wird uns nicht gerecht. Deswegen wäre es schlau, ein bisschen weiter zuzuhören.

Der Antrag der Grünen geht aber auch deswegen nicht weit genug, weil wir uns bei der finanziellen Sanierung des Universitätsklinikums keinen Zeitverzug mehr leisten können. Das vorliegende Gutachten der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft, das die Landesregierung in Auftrag gegeben hat, aber auch das Strategiepapier zur Sanierung des UK S-H, das vom Vorstand des Universitätsklinikums vorgelegt worden ist, machen deut

(Niclas Herbst)

lich, dass jetzt und sofort weitere Schritte eingeleitet werden müssen, damit für das UK S-H bis zum Jahre 2010 ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden kann.

Hierbei ist die bisher geleistete Arbeit des UK S-H anzuerkennen. Denn ohne die bisher knapp 37 Millionen € Einsparungen läge das Betriebsergebnis des UK S-H bereits bei einem Minus von circa 100 Millionen €. Die erreichten Einsparungen zeigen aber auch deutlich, dass die Sanierung, die eindeutig dem Fusionsprozess und dem aktuell wirksamen Beschäftigungspakt zuzuordnen ist, mit dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des UK S-H ihren persönlichen Beitrag zur Sicherung der Medizinstandorte in Kiel und Lübeck leisten, erfolgreich sein kann. Daher begrüßt die SPD-Landtagsfraktion ausdrücklich die Sanierungsvorschläge, die der Klinikvorstand vorgelegt hat. Der öffentliche Auftrag zur Gesundheitsversorgung bei gleichzeitiger Sicherung von Forschung und Lehre unter der Verantwortung des Landes steht für uns im Mittelpunkt.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Bei jeder Entscheidung muss berücksichtigt werden, dass das Personal des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in der Vergangenheit bereits ein hohes Maß an Belastungen auf sich genommen hat. Es gilt aber auch, die große regionalwirtschaftliche Bedeutung des Universitätsklinikums und der Universitäten als Impulsgeber für Wachstum und Beschäftigung zu erhalten und auszubauen. Daher müssen beide Standorte - Kiel und Lübeck - jeweils in ihrer Existenz und Entwicklungsfähigkeit unterstützt werden.

Unsere Ablehnung einer Voll- oder Teilprivatisierung des UK S-H heißt aber nicht, strategische Partnerschaften auszuschließen. Strategische Partnerschaften sind, wenn sie zur Verbesserung der Qualität von Forschung, Lehre und Patientenversorgung sowie der Wirtschaftlichkeit und der weiteren Entwicklung des UK S-H dienen, für beide Standorte von Vorteil.

Weil die Situation keinen Aufschub duldet, gilt es, das vorliegende Gutachten wie auch das Strategiepapier des UK S-H-Vorstandes zügig auszuwerten, die notwendigen Entscheidungen zu treffen und nicht bis 2009 zu warten.

(Beifall bei SPD und SSW)

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einem Punkt, denke ich, ist sich die Opposition einig: Das Wissenschaftsministerium hat bislang überhaupt keine seriöse Begründung für sein Teilprivatisierungskonzept, für das Holding-Modell, geliefert.