- Nein, es gibt keine Vorschriften, das ist der andere Gesetzentwurf der FDP, der noch im Ausschuss schlummert. - Bei der Frage der Umsetzung können die vor Ort gesammelten Erfahrungen im Bereich der Jugendbeteiligung ein guter und kreativer Input sein.
Der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung hat bereits in einem offiziellen Schreiben, in einer schriftlichen Stellungnahme, den Gesetzentwurf der FDP ausdrücklich gelobt. Das ist erfreulich, es ist aber auch nicht verwunderlich, hat doch Herr Hase selbst diesen Punkt in seinen Berichten immer wieder angemahnt und diesen Schritt vom Landtag eingefordert. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wie ernst wir die Ratschläge unseres Behindertenbeauftragten nehmen. Wenn sie gut umzusetzen sind, sollten wir sie auch umsetzen.
Wir können also davon ausgehen, dass auch die Behindertenverbände den vorgelegten Gesetzentwurf unterstützen. Schwieriger mag es mit den kommunalen Landesverbänden sein, ich habe eben die Bürgermeister auf der Tribüne schon fröhlich klatschen gesehen. Man darf da oben zwar nicht laut klatschen, aber ein angedeutetes Klatschen habe ich bei dem Wortbeitrag der CDU gesehen. Insofern schließe ich einmal daraus, dass sie nicht begeistert sind, aber ich sage ihnen auch: Es gibt einen Unterschied zwischen einer großen und einer kleinen Kommune. Was in der kleinen Kommune durch ei
ne einfache Kommunikation auch nachbarschaftlich möglich ist, ist in einer großen Kommune anders. Wir haben gerade beim Globus-Projekt in Schleswig erlebt,
wie schwierig es ist, wenn Menschen mit Behinderung nicht in den Planungsprozess einbezogen werden, denn die volkswirtschaftlichen Kosten im Nachhinein sind deutlich höher, der Aufwand ist größer und der Ärger ist da.
Lassen Sie uns konstruktiv über diesen Gesetzentwurf im Ausschuss diskutieren. Maxime „Die Hauptsache schlanke und wenige Gesetze!“ kann nicht Grundlage unserer Demokratie sein.. Wir sind verpflichtet, für gleiche Lebensverhältnisse zu sorgen. Was einfach zu regeln ist, was in der einzelnen Kommune auch flexibel handhabbar ist, was kostenneutral ist und gleichzeitig auch die Interessen der Menschen mit Behinderung berücksichtigt und sicherstellt, sollten wir möglichst gemeinsam umsetzen.
Ich danke der Frau Abgeordneten Monika Heinold. - Das Wort für den SSW im Landtag hat Herr Abgeordneter Lars Harms.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einigen Kommunen sind sie bereits vertreten, die Beauftragten für Behinderte. Sie sollen sich verstärkt für die Belange behinderter Menschen einsetzen. Möglichst frühzeitig werden sie von Gemeindevertretung und Stadtverwaltung in Entscheidungsprozesse eingebunden, damit Fehler nicht erst in Beton gegossen werden, deren Beseitigung dann sehr teuer wird.
Ein Beispiel: In Flensburg hat die SSW-Stadtfraktion für die Bestellung einer Behindertenbeauftragten gesorgt. Die Behindertenbeauftragte Astrid Müller hat frühzeitig unter anderem darauf hingewiesen, dass beim Einbau neuer Aufzüge beim Umbau des Flensburger Bahnhofs die Breite der heute gängigen Elektro-Rollstühle berücksichtigt werden muss. So werden Planungsfehler also vermieden. Das hat nicht nur etwas mit der reinen Kommunalpolitik zu tun, sondern die Beauftragten kümmern sich im Stadtgebiet um alles, nicht nur um das Rathaus.
Kreis Nordfriesland hat die Stadt Husum ab September letzten Jahres einen Beauftragten für Menschen mit Behinderung bestellt. Manfred Carstens, so sein Name, versteht sich - wie übrigens viele seiner Kolleginnen und Kollegen in anderen Kommunen auch - als Scharnierstelle zwischen Verbänden und Politik, oftmals auch als Frühwarnstelle. Er ist aber auch geduldiger Ansprechpartner für die Interessen der Menschen mit Behinderung, deren Anliegen er gegenüber der Kommunalpolitik vertritt. Die Qualität kommunaler Arbeit wird dadurch entscheidend verbessert.
Ich würde mir wünschen, wenn die Arbeit der Behindertenbeauftragten in der Öffentlichkeit mehr Beachtung finden würde. Ich hoffe, dass eine größere Öffentlichkeit ein Nebenprodukt des vorgelegten Gesetzes sein wird.
So wie in Flensburg und Husum fordert der SSW für alle kommunalen Entscheidungen die Beteiligung von Menschen mit Behinderung. Als Bürger einer Gemeinde sollten ihnen die gleichen Rechte wie ihren nicht behinderten Mitbürgern zustehen. Hierfür müssen die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, so wie es die FDP auch richtig vorschlägt. Mittelfristig muss es um die Etablierung einer neuen Teilhabe-Kultur gehen. Es kann ja nicht Aufgabe der Menschen mit Behinderung sein, die Notbremse bei kommunalen Vorhaben zu ziehen. Wir alle sollten die Belange von Menschen mit Behinderung verinnerlichen. Die Kommunen sollten Menschen mit Behinderung zur Teilhabe ermutigen und sie nicht verhindern.
Ob es nun unbedingt ein Beauftragter sein muss oder ein Beirat, ist dabei nicht entscheidend. Entscheidend ist vielmehr, dass eine Institution geschaffen wird, die als fester Ansprechpartner und Interessenvertreter für die Menschen mit Behinderung fungiert. Ein wichtiges Element, das auf wesentlich mehr Verbindlichkeit im kommunalen Handeln ausgerichtet sein wird, ist die regelmäßige Überprüfung kommunaler Entscheidungen in einem festgelegten Turnus. Hier wird die kommunale Ebene verpflichtet, nicht die gesamte Verantwortung auf die kommunalen Behindertenbeauftragten abzuschieben, sondern eben rechtzeitig selber das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und selber zu gestalten. Das heißt, die Kommune ist auch selbst verantwortlich für die Entscheidungen, die gefällt werden, und muss auch dafür im Nachhinein geradestehen. Wichtig ist, dass eine behindertengerechte Politik selbstverständlich wird und wir hier auch durch eine solche Bestimmung einen hohen Grad an Verbindlichkeit absichern. Auch das
Der SSW ist der Überzeugung, dass der vorgelegte § 47 g in der Gemeindeordnung gut platziert ist. Eine Beteiligung von Menschen mit Behinderung wird verpflichtend für alle Kommunen, ohne dabei die Mittel zur Beteiligung ausdrücklich festzuschreiben. Andererseits ermahnt uns die gesetzliche Wirklichkeit des § 47 f, der die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen regelt, dass eine gesetzliche Regelung allein nicht ausreicht. Sie muss mit Leben erfüllt werden. So ein Artikel ist kein Selbstgänger, der die Behindertengerechtigkeit von selbst herstellt. Er muss im täglichen Verwaltungshandeln ständig wieder neu durchdrungen werden. Eine Beteiligung sollte sich also nicht nur in der Schaffung neuer Gremien erschöpfen, sondern die Interessen der Menschen mit Behinderung wirklich durchsetzen.
Andererseits bin ich zuversichtlich, dass die hiesigen Kommunen genug Phantasie entwickeln werden, wie sie vor Ort ihre Politik für Menschen mit Behinderung verbessern können. Das hat man bei den Jugendlichen mit der Einführung des § 47 f auch geschafft.
Viele Lernbehinderte klagen zum Beispiel über eine unverständliche Formular- und Antragssprache. Hier kann eine vernünftige redaktionelle Überarbeitung viel bringen - übrigens nicht nur für Menschen mit Behinderung. Die Bundesbeauftragte für Menschen mit Behinderung hat einen entsprechenden runden Tisch gegründet. Ich denke, dass auch die schleswig-holsteinischen Kommunen von dieser Arbeit profitieren werden. Der Behindertenbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein hat im Übrigen auch das Wahlrecht und ist wählbar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, würde man Ihrer Analogie folgen, dass man dann, wenn man das Wahlrecht hat, keine besondere Vertretung mehr braucht, dann müsste er eigentlich abgeschafft werden. Sie wissen selber, dass dies Unsinn ist. Genauso unsinnig ist es, der Initiative der FDP negativ gegenüberzustehen. Behindertenbeteiligung ist wichtig. Unser Landesbeauftragter sieht das genauso und ist das beste Beispiel dafür, wie wichtig dies ist. Zumindest hat er sich schon für eine Ergänzung der Gemeindeordnung ausgesprochen. Diese Auffassung vertritt der SSW ebenfalls.
Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. - Bevor wir in der Debatte fortfahren, möchte ich auf der Besuchertribüne sehr herzlich Mitarbeiter und Soldaten der Marineschule in Flensburg-Mürwik und Mitglieder der Mittelstandsvereinigung Brunsbüttel begrüßen. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will es noch einmal versuchen, will es vor allem mit Blick auf die Sozialdemokratische Fraktion noch einmal versuchen, weil ich weiß, dass Sie eigentlich etwas ganz Ähnliches wie wir wollen und dass Sie das auch schon längere Zeit wollen. Ich glaube auch mit Blick auf die Kontinuität der Arbeit des Kollegen Baasch in der letzten Legislaturperiode, dass wir einen Bericht des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung nicht einfach nur lesen und zur Seite legen und daraus keine Konsequenzen ziehen. Sie wissen, was in diesen Berichten seit langer Zeit gefordert wird. Dort wird nicht eine Art Fürsorgepolitik gefordert, damit wir unser schlechtes Gewissen beruhigen, indem wir immer wieder Initiativen starten, um für diese „armen“ Menschen irgendetwas zu tun. Das wollen die gar nicht.
Nein, wir und Sie und vermutlich wir alle miteinander wollen, dass es in Zukunft ein völlig normales Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung gibt. Damit es auch in der Gesellschaft zu diesem völlig normalen Miteinander kommt, braucht es an der einen oder anderen Stelle noch etwas Nachhilfe, um dieses Miteinander zu befördern. Nicht mehr und nicht weniger beabsichtigt unser Vorschlag, der im Übrigen im Nachklang auf die vorangegangene Diskussion im Rahmen der Aktuellen Stunde kostenneutral ist. Dieser Vorschlag ist kostenneutral umzusetzen. Lieber Werner Kalinka, ich wünsche mir selbstverständlich, dass dies irgendwann überflüssig wird, weil es selbstverständlich geworden ist. Zu dem, was Sie hier zur Beteiligung geschildert haben, die ich gar nicht abstreite, sage ich aber, ich streite auch gar nicht ab, dass es vor Ort auch sehr viele offene Ohren für die Belange von Menschen mit Behinderung gibt. Darum geht es aber nicht.
fallen. Es geht darum, das Wissen von Menschen mit Behinderung von vornherein in bestimmte Planungen mit einzubeziehen. Weder Sie noch ich können dieses Wissen haben, weil wir keine Behinderung haben und an Sachen ganz anders herangehen als Menschen, die eine Behinderung haben. Denen fallen ganz andere Dinge auf. Um dieses Wissen sinnvoll und auch ökonomisch sinnvoll zu nutzen, halte ich unseren Vorschlag für richtig. Ich halte ihn vor Ort auch für außerordentlich praktikabel und umsetzbar. Vielleicht überlegen Sie sich das noch einmal.
Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Für die Landesregierung hat Sozialministerin Dr. Gitta Trauernicht das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es relativ kurz machen, denn die zentralen Argumente sind ausgetauscht. Eines scheint mir ganz übereinstimmend der Fall zu sein: Alle wollen, dass Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und dann sie so normal wie möglich leben und alle Unterstützung bekommen, die sie brauchen, um dieses Leben führen zu können. Daran gibt es ganz offensichtlich keinen Zweifel. Wir streiten über den richtigen Weg dorthin. Dies tun wir aber auch nicht grundsätzlich, sondern anhand Ihres Antrages zu dieser Thematik, Herr Garg.
Zunächst einmal scheint mir klar zu sein, dass das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen des Landes Schleswig-Holstein vom Dezember 2002 ein sehr weit reichendes und ein sehr zukunftsweisendes Gesetz ist, von dem ich meine, dass es sich gut mit ihm leben lässt und dass man auf der Basis dieses Gesetzes richtig gut arbeiten kann. Der Grund dafür ist, dass in diesem Gesetz und das ist das Weitreichende - Träger der öffentlichen Verwaltung - also auch die Kommunen dazu verpflichtet wurden, das Ziel der Teilhabe behinderter Menschen aktiv zu fördern und geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit zu ergreifen. Letztes ist das, worüber wir reden, und zwar auch anhand eines anderen Antrages von Ihnen. Auch hier geht es darum, wie wir dies möglicherweise über Zielvereinbarungen oder andere neue Wege noch verbessern können.
Insbesondere die Rede des Herrn Kollegen Eichstädt hat deutlich gemacht, dass wir über Gesetze und zahlreiche Regelwerke verfügen, aber es muss uns allen darauf ankommen, dass die Umsetzung gelingt. Bei der Umsetzung spielen die Behindertenbeauftragenbeiräte und andere vor Ort eine entscheidende Rolle. Es spielen auch die politisch Verantwortlichen auf dieser Ebene im Land wie Bürgermeister und Bürgermeisterinnen eine Rolle.
Trauen Sie den Kommunen doch zu, dass sie dieses Thema aufgreifen, denn dort leben die Menschen mit Behinderung. Dort werden Sie ganz unmittelbar mit den Erwartungen der Menschen konfrontiert. Das ist eine Vorgehensweise, die ich politisch vor dem Hintergrund der schon vorhandenen gesetzlichen Regelwerke präferiere. Ich tue das insbesondere auch, weil wir mit dem behindertenpolitischen Gesamtkonzept ein anderes Klima und eine Übernahme der gemeinsamen Verantwortung etablieren wollen. Da passt es nicht in die Landschaft, wenn wir innerhalb dieses gesamten Prozesses einen Paragraphen in einem Gesetz ändern.
Die Analogie zu der Beteiligung junger Menschen finde ich auch eher befremdlich als überzeugend. In der Tat ist es so, dass wir diese Beteiligung als einen schleswig-holsteinischen Ausdruck des Kinder- und Jugendhilfegesetzes verstanden haben, der einmal mehr deutlich machte, dass wir so etwas wie eine Kinderstube der Demokratie haben wollen, in der junge Menschen lernen, sich zu beteiligen. Das unterstütze ich voll und ganz. Aber auch hier zeigt die Praxis, dass Papier geduldig ist. Kollege Klug warf dies gerade ein. Es kommt nämlich auf die Realität und die Umsetzung an. In der Behindertenpolitik müssen wir mit Benchmarking, mit Überzeugung, mit dem Austausch von Argumenten und gegebenenfalls mit dem Aufzeigen von Wegen hilfreich sein. Eine weitere Festschreibung in einem Gesetz nutzt hier aber gar nichts.
Ich stelle darüber hinaus die Frage, ob ein Paragraph dieser Art für Menschen mit Behinderung wirklich noch in unsere Zeit passt. Wir wollen, dass Menschen so normal wie möglich leben. Es sind Menschen wie du und ich. Ihnen stehen alle Instrumente der Gemeindeordnung zur Verfügung. Dies zu unterstützen und durchzusetzen, halte ich für zentral. Ob eine Sonderregelung unserem Anspruch der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen wirklich gerecht wird, daran habe ich meinen Zweifel.
Vor diesem Hintergrund sage ich: Wir sind dicht beieinander, wenn es darum geht, die realen Lebensverhältnisse von Menschen mit Behinderung vor Ort zu verbessern. Wir sind aber offensichtlich in der Diskussion - auch im Rahmen der Ausschussberatung - dann auseinander, wenn es darum geht, ob in dieser Zeit eine weitere gesetzliche Regelung der Landes tatsächlich den Fortschritt bringt, den wir uns versprechen.
Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/623 federführend an den Sozialausschuss und mitberatend an den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, denn bitte ich um sein Handzeichen. - Ein paar mehr wären schön. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ein müdes Parlament hat mehrstimmig entschieden, dass wir so überweisen. Wenn Sie nicht mitmachen, dann haben wir hier unsere Probleme, wenn ich das einmal so offen sagen darf.