Wir fordern die Landesregierung daher auf, sich bei den regionalen Bundesagenturen für Arbeit dafür einzusetzen, dass die Beratungsarbeit der Arbeitsloseninitiativen in Zukunft - wie in Nordrhein-Westfalen geschehen - bezuschusst wird.
Es handelt sich bei diesen Initiativen und Beratungsstellen um wichtige Selbsthilfeorganisationen, die vielen Menschen, die von Armut, Ausgrenzung und Erwerbslosigkeit betroffen sind, helfen können. Wir haben uns schon gestern beim Tagesordnungspunkt 24 mit dem Thema Armutsbekämpfung in Schleswig-Holstein beschäftigt. Hier haben wir einen ganz konkreten und kleinen Baustein, wo wir in Schleswig-Holstein selbst etwas machen können. Daher appelliert der SSW an alle Fraktionen und an die Landesregierung, im Sinne unseres Antrages tätig zu werden.
Sollte es nicht gelingen, für die Beratungsstellen eine Förderung durch die Arbeitsagenturen zu erreichen, wäre eigentlich wieder das Land zuständig, hier zu helfen. Vor dem Hintergrund, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, immer wieder gesagt haben, dass die Beratungsstellen von anderer Stelle weiter gefördert werden können und auch weiter gefördert werden, wären Sie in der Verantwortung, hier wieder einzuspringen und die finanzielle Förderung zu übernehmen.
Aber erst einmal wollen wir Sie beim Wort nehmen und dafür sorgen, dass die Arbeitsagenturen, wie von Ihnen angekündigt, hier ihrer Verantwortung nachkommen. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Torsten Geerdts das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag des SSW fordert, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, dass die Beratungsarbeit der Arbeitsloseninitiativen und -beratungsstellen künftig vor Ort durch die nach SGB II zuständigen Arbeitsagenturen unterstützt wird. Dies ist seit Einführung des SGB II im Januar 2005 bereits gesetzlich geregelt und durch die Landesregierung entsprechend umgesetzt worden.
Früher war das Land noch in der glücklichen Lage auch das sollten wir zur Kenntnis nehmen -, solche Initiativen institutionell oder durch AB-Maßnahmen zu fördern. Die Zeiten - schauen wir bitte in den Landeshaushalt - haben sich weiter dramatisch verschlechtert. Ich glaube, das kann auch der SSW mit uns gemeinsam feststellen. Die Zuständigkeit für das Beratungs- und Betreuungsangebot für Arbeitslose liegt jetzt bei den Job-Centern und den Optionskreisen Schleswig-Flensburg und Nordfriesland.
Im SGB II ist eindeutig geregelt, welche Möglichkeiten hierfür zur Verfügung stehen. Neben einem breiten Angebot von direkten Förderungen, Beratungsleistungen und Unterstützungen von Arbeitslosen ist es den Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen auch möglich, Arbeitsloseninitiativen zu unterstützen. Dies ist auch aus unserer Sicht dann sinnvoll, wenn das Angebot und das Leistungsspektrum der Arbeitsloseninitiativen die staatlichen Mittel sinnvoll ergänzen können. Das muss jeweils vor Ort geprüft werden.
Eine zweite Voraussetzung ist die regionale Notwendigkeit. Bei der Arbeitsvermittlung und der Beratung unterscheiden sich die Gegebenheiten in Städten völlig von den Gegebenheiten im ländlichen Bereich. Die Situation in der Metropolregion Hamburg ist überhaupt nicht zu vergleichen mit der Situation des Arbeitsmarktes beispielsweise in Satrup oder Schacht-Audorf.
Seit Januar 2005 hat das Land schlichtweg keine Handlungskompetenz mehr auf diesem Gebiet. Wir können nicht erst die Verantwortung für diesen Bereich übertragen, um anschließend in die Entscheidungen der Verantwortlichen vor Ort einzugreifen.
Bei den Arbeitsloseninitiativen sind es Arbeitslose, also Menschen, die praktische Erfahrungen mit Behörden gesammelt haben, die andere Arbeitslose beraten. Antragstellern wird beim Ausfüllen von Formularen und beim Umgang mit der Verwaltung geholfen. Viele Arbeitsloseninitiativen organisieren kostenlose Seminare zu Themen, die für Arbeitslose interessant sind. Veranstaltungen zu den Ände
rungen im Bereich Hartz IV - das haben wir vor Ort überall miterlebt - oder die Hilfe bei Existenzgründungen stehen ebenfalls mit auf dem Programm.
Wir dürfen die Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen - das ist das Signal, das von der heutigen Debatte ausgehen muss - nicht aus ihrer Pflicht entlassen, vor Ort ein eigenständiges, umfangreiches und neutrales Angebot für Arbeitslose vorzuhalten. Viele Gespräche mit Arbeitsvermittlern in den Arbeitsgemeinschaften, aber auch mit Arbeitslosen selber machen deutlich, dass wir hier Handlungsbedarf haben. Die Verantwortung liegt aber auf einer anderen Ebene. Dies haben wir politisch mit auf den Weg gebracht. Dies sollten wir akzeptieren und bei der Konkretisierung vor Ort helfen.
Ich schlage für meine Fraktion vor, den Antrag an den Sozialausschuss zur weiteren Beratung zu überweisen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Torsten Geerdts und erteile für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Reform der Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, den so genannten HartzGesetzen, sind auch die frühere Sozialhilfe und die frühere Arbeitslosenhilfe zusammengeführt worden. Während die Unterstützung und Hilfe sich früher oft darauf beschränkten, Menschen allein damit zu unterstützen, dass sie sich zurecht finden, zurecht finden, um Zuständigkeiten zu klären oder um Leistungsansprüche gegenüber den Kommunen, also den Sozialämtern, oder der Bundesagentur für Arbeit durchzusetzen, so ist das mit Hartz IV vorbei.
Heute gilt ein umfassendes Beratungs- und Betreuungsangebot für Arbeitslose, das im Sozialgesetzbuch II geregelt ist. Über die Betrachtung der Inanspruchnahme hinaus ist von Interesse, inwieweit ihr Einsatz tatsächliche Integrationserfolge erzielt. Dies macht deutlich: Arbeitsmarktpolitik und Arbeitsmarktförderung haben sich grundlegend verändert. Dies gilt für die Bundesgesetzgebung und die Arbeit der Bundesagentur für Arbeit ebenso wie für das Land und die Kommunen. Heute ist es die Aufgabe der Arbeitsgemeinschaften und der Optionskommunen, eine umfassende und gezielt dem
Mit der Absenkung des Betreuungsschlüssels bei Jugendlichen auf 1:75, die in Schleswig-Holstein bereits erfolgreich umgesetzt wird, wie auch der Absenkung des Betreuungsschlüssels bei erwachsenen über 25-Jährigen auf 1:150 ist eine intensive und zielgerichtete Beratung durch die entsprechenden Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen vorgeschrieben.
Die SPD-Landtagsfraktion hat die Arbeitsgemeinschaften ebenso besucht wie den optierenden Kreis Nordfriesland. Dabei haben wir den Eindruck gewonnen, dass die zielgerichtete individuelle Beratung der arbeitslosen Menschen eines der Hauptanliegen ist.
Wenn im Antrag des SSW davon ausgegangen wird, dass Arbeitsloseninitiativen und Beratungsstellen eher als Konflikt-Clearingstellen zu betrachten sind, dann, glaube ich, spiegelt das nicht mehr die notwendige Arbeit unter den heutigen Bedingungen wider. Die Arbeitsloseninitiativen und Beratungsstellen sollten sich verstärkt auf Projektarbeit konzentrieren, die zum Ziel hat, Arbeitslosen in den jeweiligen Regionen ergänzende Informations- und Unterstützungsleistungen anzubieten.
Da eine Förderung nach dem SGB II nur über Projektfördermittel möglich ist, sollte sich die Arbeit der Arbeitsloseninitiativen auf diese neuen Fördermöglichkeiten konzentrieren. Dies haben wir auch in einem Gespräch Ende letzen Jahres mit den Arbeitsloseninitiativen angeregt. Leider ist bislang noch keine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Arbeitsloseninitiativen und Arbeitsgemeinschaften zustande gekommen. Dies haben uns die Initiativen ebenso bestätigt wie die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit.
Daher ist der Ansatz aus dem Antrag des SSW richtig, die Landesregierung zu bitten, sich noch einmal mit den Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen abzustimmen und uns im Sozialausschuss darüber zu berichten.
Wir sollten eine Lösung unterstützen, die Arbeitsgemeinschaften und optierende Kreise ermutigt, die zweifellos vorhandenen spezifischen Kompetenzen der regionalen Arbeitsloseninitiativen zu nutzen und konstruktiv in ihr Beratungsangebot einzubeziehen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch und erteile für die FDP-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich vor, Sie werden arbeitslos und das Arbeitsamt oder Job-Center arbeitet nicht oder arbeitet fehlerhaft. Ihr Anwalt hat keinen Termin frei oder Sie können sich gar keinen Anwalt leisten, weil Sie kein Geld auf dem Konto haben. - So beschreibt die Arbeitsloseninitiative Kiel e.V. die Situation betroffener Arbeitsloser, die sich regelmäßig Hilfe suchend an sie wenden.
Lieber Kollege Geerdts, kostenlose Seminare, Informationsveranstaltungen über die Änderungen durch Hartz IV oder Existenzgründerseminare sind in dem Fall genau die Hilfen, die diese Menschen nicht brauchen,
sondern diese Menschen brauchen in dieser konkreten Notsituation andere Hilfen als eine Informationsveranstaltung über Gesetzesänderungen, als Vorschläge dafür, wie man sich selbstständig macht. Die müssen, um es einmal ganz salopp sagen zu dürfen, erst einmal Hilfe haben, damit sie sich am eigenen Schopf aus ihrer Situation herausholen können. Genau hier setzen Arbeitslosenhilfe-Initiativen an. Das sind Eigeninitiativen für die Menschen, die wirklich ganz unten angekommen sind, um sich am eigenen Schopf wieder herausziehen zu können.
Ich will es ganz deutlich sagen: Ich habe auch in meiner Fraktion lange darüber diskutiert und überlegt, ob der Vorschlag des SSW zwar pragmatisch und charmant, aber eigentlich nicht durchführbar ist oder ob wir es nicht doch machen können. Lieber Lars Harms, ich will auch sagen, warum. Eigentlich ist die Bundesagentur für Arbeit für den Bereich, den wir alle drei, die Grünen, der SSW und die FDP, angesprochen haben und deswegen auch entsprechende Haushaltsänderungsanträge gestellt haben, nicht zuständig, nämlich für die psychosoziale Betreuung und für das, was ich gerade als Hilfe zur Selbsthilfe bezeichnet habe. Oftmals ist es ja so, dass sich in diesen Arbeitslosenhilfen auch Menschen engagieren, die nicht nur Beratungsleistungen oder Hilfeleistungen in Anspruch nehmen, sondern später dort tätig werden. Dort wird das eine
oder andere Mal ja auch gegen die Politik der Bundesagentur für Arbeit beraten. Insofern ist es natürlich schwierig zu sagen, nun sollen aber aus den Mitteln der Beitragszahler, die für eine ganze Menge anderer sinnvoller Beratungstätigkeiten verwendet werden sollen, auch die Arbeitslosenhilfen finanziert werden.
Ich finde den Standpunkt der CDU erstaunlich, auf der einen Seite zu sagen, wir lehnen entsprechende Haushaltsanträge der Opposition ab, aber wenn es irgendwie anders finanziert werden kann, dann können wir darüber im Ausschuss noch einmal reden. Ich finde, das ist schon eine erstaunliche Haltung.
Ich sage Ihnen trotz großer systematischer Bedenken, ich finde den Finanzierungsvorschlag pragmatisch und charmant. Wir würden ihn im Zweifelsfall mittragen. Wir können uns darüber gern noch einmal im Ausschuss unterhalten. In der Situation, in der wir uns heute befinden, und im Hinblick darauf, was bei Hartz IV noch alles auf uns zukommt an notwendigen Änderungen, finde ich nach wie vor dabei bleibe ich auch - die Arbeit dieser Initiativen nicht nur unterstützenswert, sondern ich halte es für dringend notwendig, dass diese Initiativen erhalten werden können. Wenn man dafür einmal etwas undogmatischere Wege sucht, dann verdient das zumindest eine ordentliche Beratung im Ausschuss.
Herr Minister, mich würde interessieren - ich habe aktuell nicht den Informationsstand -: Ist es richtig, dass in Nordhrein-Westfalen genau dies passiert, nämlich dass die regionalen Agenturen dort Arbeitslosenhilfen finanzieren, und zwar allein finanzieren, weil das Land Nordrhein-Westfalen möglicherweise kein Geld mehr gibt, oder gibt es dort eine Mischfinanzierung aus Landesmitteln, also aus Mitteln des Landeshaushalts Nordrhein-Westfalen, und Mitteln der Bundesagentur für Arbeit? Ich fände es erstaunlich, wenn die Nordrhein-Westfalen das tatsächlich so machten und aus dem Landeshaushalt gar kein Geld mehr käme.
Wir können gern in der Sache abstimmen, aber wir können uns auch gern noch einmal im Ausschuss über die Finanzierungsmöglichkeiten unterhalten.
Bevor ich das Wort weiter erteile, lassen Sie uns gemeinsam auf der Tribüne Besucher begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Heide-Ost sowie Aktive Pensionister aus Flensburg. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Arbeitsloseninitiativen in Schleswig-Holstein leisten wertvolle Arbeit. Gerade vor dem Hintergrund von Hartz IV können wir auf diese Arbeit nicht verzichten. Es wäre doch ein Trugschluss zu glauben, dass wir deshalb, weil wir jetzt die Arbeitsagenturen haben, die Arbeit der Arbeitsloseninitiativen, die - Herr Garg hat es geschildert - eine komplett andere Arbeit machen, die einen anderen Anspruch haben, streichen könnten. Wir haben ja die Diskussion über die Frage gehabt, ob Eingliederungsmaßnahmen bei den ARGEn greifen, ob „Fordern und Fördern“ greift. Nein, das Förderinstrument kommt zurzeit viel zu kurz. Die Mittel für Eingliederungsleistungen sind nur zu 38 % ausgegeben worden und die Widersprüche bei den Landessozialgerichten stapeln sich. Das macht doch deutlich, dass wir dringenden Handlungsbedarf für diejenigen Menschen haben, die an unserem System verzweifeln.
Die Arbeitsloseninitiativen haben es geschafft, mit 150.000 € landesweit - das muss man ja auch mal sagen - tatsächlich eine Struktur vor Ort mit Anlaufstellen für diejenigen zu bieten, die diese Hilfen brauchen. Die Argumentation, dass die Bundesagentur für Arbeit dies jetzt alles auffängt, ist schlicht falsch. Ich kann verstehen, dass, so wie wir das damals gemacht haben, dies aus dem Programm „Arbeit für Schleswig-Holstein“ herausgelöst wird. Denn wir müssen - Herr Garg hat darauf hingewiesen - auch immer darauf schauen, ob das, was wir wollen, systematisch richtig zu dem Haushaltstopf passt, aus dem die Mittel genommen werden sollen.