Wenn Sie sagen, dass Ihre Richtlinie seit dem Jahr 2005 gilt, dann ist es meines Erachtens nur recht und billig, wenn wir dann im Jahr 2011 bei einem der größten Investitionsprogramme hierzu Aussagen haben.
Vielleicht noch ein paar Argumente zur Bedeutung des Lärmschutzes. Das Ausmaß und die Folgen von Lärm in der Schule, aber auch in anderen öffentlichen Räumen, in denen sich Kinder und Jugendliche aufhalten, werden weit unterschätzt. Ebenso werden auch die Möglichkeiten des technischen Schallschutzes unterschätzt. Es gelingt sogar schon mit 2.000 €, in einem Klassenraum deutlich verbesserte Lärmbedingungen technisch herzustellen. 14 Tage Frühpensionierung kosten den gleichen Betrag. Eine Frühpensionierung aufgrund einer Ohren- oder Nervenschädigung zieht jedoch jahrzehntelange Folgen hinter sich. Deshalb wird das allein aus der Ökonomie heraus ein Argument.
Dabei geht es aber nicht nur um die Erzieher und Lehrkräfte. Die Frustration wegen schlechter Akustik verstärkt den Anreiz, im Unterricht ganz abzuschalten oder andere zu übertönen, sodass der allgemeine Lärmpegel weiter ansteigt. Das können wir auch im Landtag häufig beobachten. Zudem sinkt der allgemeine Lernerfolg.
Insbesondere diejenigen Kinder, die sowieso schon Sprachverständnisschwierigkeiten haben, sei es, weil Deutsch nicht ihre Muttersprache ist oder weil sie insgesamt Sprachprobleme haben, werden durch einen Lärmpegel in der Klasse natürlich besonders benachteiligt. Das kann sich auch bis hin zu Problemen bei der Rechtschreibung und beim Lesen niederschlagen.
Das alles wollen wir aber nicht. Deshalb ist es kein Argument, dass es bis zum Jahr 2011 noch viel Zeit gibt. Wir fordern diesen Bericht. Wir denken, die Landesregierung ist gut beraten, wenn sie dieser Anforderung nachkommt, auch wenn sich die Auswirkungen erst Ende der nächsten Legislaturperiode zeigen werden.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Peter Harry Carstensen, bitte richten Sie dem heute nicht anwesenden Finanzminister aus, er müsse der stellvertretenden Ministerpräsidentin eigentlich einen großen Blumenstrauß zukommen lassen; denn sie hat in den zwei Minuten, die sie für die Barrierefreiheit verwandt hat, inhaltlich deutlich mehr gesagt, als in dem ganzen Bericht dazu steht.
Frau Erdsiek-Rave, Sie werden es mir nachsehen, dass ich mich dennoch auf den Bericht beziehe. Der von der Landesregierung vorgelegte Bericht zur Barrierefreiheit bleibt sämtliche Antworten auf unsere Fragen schuldig. Stattdessen wird im feinsten Behördendeutsch dargelegt, was alles in Schleswig-Holstein nicht möglich sein soll.
Das Problem ist jedoch, dass wir das gar nicht wissen wollten. Ich wollte kein Dokument, das Auskunft darüber gibt, was alles nicht geht. Ich wollte wissen, welche Projekte die Kommunen konkret zur Herstellung der Barrierefreiheit planen. Es wäre von Vorteil gewesen, wenn in dem Bericht dargelegt worden wäre, um welche Projekte es sich im Einzelnen handelt.
Wenn vonseiten der Landesregierung dargestellt wird, dass das Land im Hinblick auf die Herstellung von Barrierefreiheit von Bahnhöfen nicht profitiert, dann frage ich mich, was dann die Presseerklärung des Wirtschaftsministers vom 24. April 2009 soll. In dieser stellte der Wirtschaftsminister dar, dass zusätzlich 6 Millionen € aus dem Konjunkturpaket für die Modernisierung der Bahnhöfe zur Verfügung stehen. Geplant seien unter anderem die Nachrüstung von sogenannten Blinden-Leitstreifen und die Verbesserung der Zu
Was gilt denn jetzt? Das, was der Finanzminister uns geantwortet hat, oder das, was der Wirtschaftsminister in seiner Presseerklärung kundgetan hat?
Eine konkrete Antwort auf die Frage, welche Maßnahmen die Landesregierung ergriffen hat, um für die Planung für mehr Barrierefreiheit bei den Kommunen zu werben und diese bei den Planungen zu unterstützen, gibt der Bericht ebenfalls nicht, außer, man will ernsthaft die Tatsache, dass die Herstellung der Barrierefreiheit als Fördertatbestand festgelegt worden ist, als Werbung und Unterstützung verkaufen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herstellung von Barrierefreiheit ist die Durchsetzung von Bürgerrechten. Diese dürfen nicht an bürokratischen Hürden scheitern.
Die FDP-Landtagsfraktion hatte bereits im Oktober 2005 einen Gesetzentwurf eingebracht, der vorsah, dass die Barrierefreiheit nach einer Übergangsfrist von 15 Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes auch in bestehenden Gebäuden herzustellen ist. Dieser Gesetzentwurf befindet sich immer noch im Ausschuss. Ich sage ganz deutlich: Wenn dieses Konjunkturprogramm überhaupt zu irgendetwas gut sein soll, dann besteht die Chance darin, Barrierefreiheit in bestehenden Gebäuden herzustellen.
Der uns vorgelegte Bericht - ich nehme ausdrücklich aus, was die Frau Ministerin vorhin berichtet hat - ist ein Zeugnis der verpassten Chancen.
Kommen wir zu den Lärmschutzmaßnahmen in Schulen und Kindertagesstätten. Lärm in Kindergärten und Schulräumen hat ernorme Auswirkungen auf die Gesundheit nicht nur der Erzieherinnen und Erzieher sowie der Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch auf die der kleinen Besucher, nämlich der Kindergartenkinder und der Schüler. Bisher wurde der Einfluss von Lärm auf alle Beteiligten oft hilflos hingenommen, ignoriert und unterschätzt. Dabei wissen alle, dass bei einem niedrigen Geräuschpegel die Konzentration steigt. Je besser die Akustik, desto höher der Lernerfolg.
Die Räume in Kindertagesstätten und in den Schulen weisen oftmals lange Nachhallzeiten und ungünstige Raumstrukturen auf, die die Lautstär
ke der Kinder sogar noch erhöhen, manchmal aber auch die Lautstärke der Lehrerinnen und Lehrer. Dadurch kann der Lärmpegel so hoch sein, dass die Dauerbelastung über jenem Lärmpegel liegt, der für industrielle Arbeitsplätze verboten ist. Die unmittelbaren Auswirkungen auf die Gesundheit aller Betroffenen liegen dabei auf der Hand.
Eine bessere Raumakustik durch den nachträglichen Einbau von Akustikdecken lässt sich schnell mit relativ einfachen Mitteln und zu überschaubaren Kosten erreichen.
Welche Möglichkeiten es gibt, wird in der von der Landesregierung herausgegebenen Informationsbroschüre zur Raumakustik deutlich. Diese passiven Lärmschutzmaßnahmen können jetzt auch im Rahmen des Konjunkturpakets II in kommunale Lärmschutzprogramme einfließen. Wir haben große Sympathien für den von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegten Antrag. Wir unterstützen den Antrag. Gleichzeitig fordere ich die Landesregierung auf, Schallschutzmaßnahmen als förderungswürdig in den jeweiligen Programmen zu berücksichtigen und die Kommunen bei ihren Planungen noch intensiver zu unterstützen, als dies bislang der Fall gewesen ist.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Psst! - Könnt ihr bitte leise sein?“ - das möchte man manchmal einigen Kollegen hier sagen. Ich will unserem Parlamentarischen Geschäftsführer nicht zu nahe treten. Das gilt auch für einige andere Kollegen. Gemeint ist aber hier die Broschüre, die von meinen Vorrednern erwähnt wurde und die von der Landesregierung zur Raumakustik an den Schulen herausgegeben wurde. In diesem Fall sind jedoch sowohl der Antrag der Grünen zum Lärmschutz in Bildungseinrichtungen, Drucksache 16/ 2645, die Sie vorhin angesprochen haben, und weiter gehend auch der Antrag Drucksache 16/2653, und der Berichtsantrag der FDP zur Barrierefreiheit zumindest eine Diskussion wert.
Daher gilt mein Dank zunächst den beiden Oppositionsfraktionen für ihre Anträge. Der Schallschutz in Erziehungs- und Ausbildungseinrichtungen ist zweifelsohne sehr wichtig. Kindern, Jugendlichen und Studierenden wird mancherorts eine nicht akzeptable Lärmbelästigung zugemutet. Das beeinträchtigt die Konzentration, die Lernleistung und die Psyche. Ich wage aber nicht, so weit zu gehen, dass das einer der Hauptgründe für die Frühpensionierung von Lehrern ist. Aber das können Fachleuchte sicherlich besser beurteilen. In jedem Fall ist die Initiative der Landesregierung in Form der angesprochenen Broschüre zu begrüßen. Frau Birk, Sie haben meine Unterstützung: Diese Broschüre sollte wirklich an alle Schulen verteilt werden.
Wir stimmen dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu, in dem der Landtag die Landesregierung bittet, den Landtag nach Abschluss des Konjunkturpakets im Jahr 2011 über den Umfang und die Schwerpunkte der jetzt durchgeführten Schallschutzmaßnahmen an Schulen und Kitas zu berichten. Ich sehe ein Problem darin, stichprobenartige Nachhallmessungen vor den Sanierungsmaßnahmen durchzuführen.
Aus dem Bildungsministerium wurden in den letzten Wochen die Listen veröffentlicht, in denen die einzelnen Kreise ihre Schulen gemeldet haben, die zu sanieren sind. Ein Großteil der Umbauten und Sanierungen passieren bereits jetzt in den Sommerferien. Genau das ist auch durch das Konjunkturprogramm gewollt. Schnelles Handeln war geboten, damit das Konjunkturpaket von der Bundesregierung noch in diesem Jahr seine Wirkung in Schleswig-Holstein entfalten kann. Die CDU-geführte Landesregierung hat bundesweit als eine der ersten die notwendigen Rahmenrichtlinien verabschiedet. Jetzt ist es an der Zeit, die vorgesehenen Investitionen zügig zu tätigen. Davon profitiert der Mittelstand, davon profitieren die mittelständischen Unternehmen in Schleswig-Holstein.
Aus dem Bericht des Finanzministeriums zur Herstellung von Barrierefreiheit im Rahmen des Konjunkturpakets lässt sich in erster Linie herauslesen, dass der Berichtsantrag ein wenig zu früh gestellt wurde. Die Maßnahmen laufen derzeit alle erst an. Gerade bei den Investitionsmaßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit wird die Entscheidung über die Förderung der einzelnen Projekte voraussichtlich in der nächsten Woche getroffen.
Wir sehen aber schon heute, welche Verbesserungen sich für die Menschen, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, abzeichnen. Viele Einrichtungen, die Menschen die Teilhabe am öffentlichen Leben
ermöglichen, werden modernisiert. Das betrifft nicht nur Rollstuhlfahrer oder Sehbehinderte. Vor diesem Hintergrund möchte ich mich bei der Landesregierung bedanken, dass sie die Herstellung von Barrierefreiheit als eigenständigen Fördergegenstand in die Rahmenrichtlinien zum Konjunkturpaket aufgenommen hat.
Letztlich ist es aber auch egal, woher die Mittel stammen, die für diese Investitionen eingesetzt werden. Wenn wie beim Stationsprogramm Schleswig-Holstein eine Reihe von Bahnhöfen auch ohne das Konjunkturprogramm modernisiert werden, hilft das den Bürgerinnen und Bürgern. Die Hauptsache ist, dass wir viele Missstände bei der Barrierefreiheit in den kommenden Monaten beseitigen können.
Ich danke Herrn Abgeordneten Jasper. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Dr. Henning Höppner.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bauliche Maßnahmen im Bereich von Kindertagesstätten und Schulen sind Angelegenheiten der kommunalen Träger. Da es für solche Maßnahmen keine eigentlichen Landeszuschüsse gibt, sondern nur treuhänderisch vergebene kommunale Mittel aus dem Vorwegabzug über das Finanzausgleichsgesetz, liegt natürlich alles in der Verantwortung der Kommunen, auch wenn es natürlich schulaufsichtliche Aspekte oder Aufsichtsaspekte über Gemeindebedarfseinrichtung über die Kreise zu bewerten gibt.
Die Aufgaben des Landes beziehen sich im Wesentlichen also auch auf die Information der Träger. Ich kann wie meine Vorrednerinnen und Vorredner auch nur auffordern, dass wir diese wichtige Broschüre des Sozialministeriums mit dem schönen Titel „Psst! - Könnt ihr bitte leise sein? Raumakustik in Schulen“ auch weiter verbreiten und den kommunalen Trägern zur Verfügung stellen.
Nach Bewertung des baulichen Gesamtbestandes von Kindertagesstätten und Schulen werden wir sicherlich nicht die Möglichkeit haben, jede Schule so zu gestalten, dass sie diesen Anforderungen gerecht wird. Wenn man einmal sieht, wann Schulen
in Schleswig-Holstein gebaut wurden, dann stellt man fest, dass wir im Wesentlichen fünf Generationen von Schulbauten haben: Schulen vom Ende des 19. Jahrhunderts, dann die Schulen nach der Schulreform 1919 - das waren früher im Wesentlichen Mittel- oder Realschulen; beide Gruppen sind eigentlich auch von hohem denkmalpflegerischen Wert -, dann haben wir Schulen des Wiederaufbaus aus den 50er-Jahren, dann - insbesondere, weil es eine große Menge sind - die Schulen, die im Zusammenhang mit dem Generalschulbauplan in den 70er- und 80er-Jahren entstanden sind sowie neuere, das sind im Wesentlichen Teilbauten, die aufgrund der Schulentwicklungsplanung nach 1990 entstanden sind.
Man muss leider sagen: Es gibt vielfach Konglomeratbauten oder Schulen, in denen viele Schulteile aus unterschiedlichen Zeiten zusammengefügt sind, manchmal sind sie gar nicht zusammengefügt, sondern auf einer Liegenschaft einzeln verteilt. Wir werden an vielen Schulen schwerlich die Möglichkeit haben, eine Barrierefreiheit herzustellen. Das muss man leider im Jahr der Inklusion sagen. Dazu sind viele Bauten einfach nicht geeignet.
Es gibt aber eine Generation von Schulen, in denen insbesondere das Thema Lärmschutz nach den damals geltenden Richtlinien der TR Schulbau auch vollzogen worden sind. Es handelt sich um die meistens doch sehr ungeliebten Betonbauten aus dem sogenannten Kasseler System der 70er-Jahre, in denen Schallschutz und Lärmschutz eine wichtige Rolle gespielt haben. Diese Schulen haben in der Regel Akustikdecken, und man hat aus diesen Gründen auch grundsätzlich Teppichfußböden für diese Schulen gewählt. Das geschah leider zum Ärger vieler Schulträger, die diese auch beseitigt haben, weil diese Dinge sehr aufwendig in der Pflege sind.
Es gibt aber auch die Möglichkeit der Förderung außerhalb des Konjunkturpakets II. Auch nach den alten Richtlinien der Schulbauförderung konnten und können auch nach wie vor Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit und Maßnahmen des Lärmschutzes gefördert werden. Das gilt auch für andere Dinge, zum Beispiel im Rahmen des Gemeindeverkehrswegefinanzierungsgesetzes, wenn Straßenbaumaßnahmen stattfinden.
Die Entscheidungen müssen vor Ort getroffen werden, ob man eine Schule barrierefrei ausbauen oder Maßnahmen zum Lärmschutz ergreifen will. Nur derjenige, der bauen will, kann und wird seine Investitionen in diesem Zusammenhang tätigen. Ich kann nur appellieren, dass wir gerade im Jahr der
Inklusion dafür werben, dass sich Schulträger verstärkt diesen Themen stellen. Ich denke, wir sollten aus diesem Grund auch eine durchaus intensive Diskussion im Bildungsausschuss führen. Ich denke, auch der Innen- und Rechtsausschuss sollte hier beteiligt werden, da es durchaus Zuständigkeiten im Zusammenhang mit der Landesbauordnung gibt. Wir werden natürlich Schritt für Schritt durch die Landesregierung erfahren, wie die Mittel aus dem Konjunkturpaket II angekommen sind und für welche Maßnahmen sie verwendet worden sind.