Protocol of the Session on September 26, 2003

Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Drucksache 15/2909

Vielleicht können ja die Redebeiträge angesichts der Tatsache, dass eine Aussprache zunächst nicht für notwendig gehalten wurde, gestrafft werden.

Das Wort hat der Berichterstatter, Herr Abgeordneter von Hielmcrone.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von CDU und FDP empfiehlt der Ausschuss dem Landtag, den Antrag in der geänderten und erweiterten Fassung anzunehmen, wie sie Ihnen in der Drucksache 15/2909 vorliegt.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Berichterstatter. - Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Klug.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als wir vor vier Wochen zum ersten Mal im Plenum über das Thema eines Berichts des Landesrechnungshofs zur Unterrichtsversorgung debattiert haben, erklärte der Sprecher der SPD-Fraktion, Henning Höppner, zu dem von uns ursprünglich zu diesem Thema vorgelegten Antrag - ich zitiere aus dem Plenarprotokoll vom 28. August -:

„Herr Dr. Klug, die SPD-Landtagsfraktion wird Ihren Antrag unterstützen. Ein solcher Bericht kann ein wichtiger Baustein für die künftige Schulentwicklungsplanung sein.“

(Beifall bei der FDP)

Im Bildungsausschuss war dann am 11. September von dieser Zustimmung der SPD-Fraktion rein gar nichts mehr zu spüren. Stattdessen präsentierten die Vertreter von SPD und Grünen eine völlig veränderte Antragsfassung, und setzten diese Antragsfassung natürlich mit ihrer Mehrheit im Ausschuss durch. Ich denke, das werden sie heute auch im Plenum tun.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt wird mit der Mehrheit der rot-grünen Koalition im Landtag die Systemveränderung unserer Schullandschaft vorbereitet. Der Landesrechnungshof soll nun die Umwandlung aller weiterführenden Schulen in integrierte Gesamtschulen in Schleswig-Holstein durchrechnen. Die sechsjährige Grundschule, auch die neunjährige Grundschule soll er durchrechnen, auf welcher Basis allerdings, mit welchen qualitativen Vorgaben, darüber hüllen sich SPD und Grüne in ihrem Antrag in Schweigen.

Es ist schon absurd. Vor vier Wochen haben einige Redner im Landtag, auch vonseiten der Regierungsfraktion, den Vorwurf erhoben, der Landesrechnungshof mische sich zu sehr in bildungspolitische Entscheidungen ein. Jetzt will Rot-Grün den Rechnungshof beauftragen, ohne irgendwelche qualitativen Vorgaben einen Systemwechsel in der Schullandschaft des Landes vorzubereiten.

(Dr. Ekkehard Klug)

Eines wird mit dem Vorstoß der beiden Koalitionsfraktionen allerdings deutlich, meine Damen und Herren: Das gegliederte Schulwesen wird von SPD und Grünen im Lande zum Abschuss freigegeben. Die Grünen haben das ja immer so gewollt und haben das auch offen gesagt. Die SPD hat hingegen bislang so getan, als sei das nicht ihre Sache. Jetzt, meine Damen und Herren, lässt man die Katze aus dem Sack. Niemand würde den Auftrag erteilen, die Umwandlung aller weiterführenden Schulen in integrierte Gesamtschulen oder in eine neunjährige Grundschule schon einmal rechnerisch zu begründen, wenn man nicht den Hintergedanken hätte, dies als eine Weichenstellung für das Schulsystem in Schleswig-Holstein ins Auge zu fassen. Ich glaube, dass Sie, Herr Kollege Höppner, meine Damen und Herren, das Visier jetzt hochgeklappt haben. Die Bürger Schleswig-Holsteins werden wissen, wo der Zug mit SPD und Grünen in der Schulpolitik hinführt.

(Zurufe von der SPD)

Wir werden mit Sicherheit in diesem Plenum über dieses Thema nicht zum letzten Mal debattiert haben. Es wird sich Gelegenheit zur Debatte auch zu Zeitpunkten finden, in denen die geschätzte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für diese Fragen etwas größer ist, als zu dem Zeitpunkt, von dem Sie gesagt haben, Sie hätten ihn gegebenenfalls mit Ihrer Koalitionsmehrheit durchgesetzt. Das ist der neue Stil. Aber es gibt auch einmal andere Mehrheiten, und dann kann man das mit Ihren Anträgen ja auch so machen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Dr. Höppner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Dr. Klug, wir haben in der Tat zugestimmt, dass der Landesrechnungshof im Hinblick auf die notwendige Schulentwicklungsplanung einen Fragenkatalog abarbeitet. Im letzten Bildungsausschuss haben wir einen Fragenkatalog vorgelegt. Darin scheinen sich Ihrer Auffassung nach ganz böse Fragen zu befinden. Es geht um die Frage der Berechnung. Ich sage ausdrücklich: Berechnung. Der Landesrechnungshof hat ausdrücklich nichts anderes zu tun, als bildungsökonomische Fragen zu lösen, keine inhaltlichen Fragen und keine Fragen der strukturellen Profile unserer Schulen.

(Beifall bei der SPD)

Die sechsjährige Grundschule oder die neunjährige Grundschule, integrative Systeme, eine Schule für alle. Solche Fragen darf ein Bildungspolitiker in Schleswig-Holstein Ihrer Auffassung nach nicht stellen.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Aufgrund des PISA-Prozesses liegen zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse und Aussagen vor. Mir ist keine Aussage oder Veröffentlichung bekannt, die besagt, dass das, was wir mit dem gegliederten System an Schulstruktur haben, das einzig Wahre und das Beste ist.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Es gibt vielerlei Aussagen darüber, dass eine sechsjährige Grundschule pädagogisch sinnvoll sein kann.

(Beifall beim SSW)

Es gibt im Zusammenhang mit dem PISA-Prozess zahlreiche wissenschaftliche Aussagen, die besagen, eine Schule für alle sei die richtige Schule. Es gibt hierzu vielerlei Veröffentlichungen. Sie hätten in der letzten Woche auch Gelegenheit gehabt, den Vortrag von Herrn Professor Matthias von Saldern zu hören, die er im Zusammenhang mit einer GEW-Veranstaltung gehalten hat. Er ist in den „Kieler Nachrichten“ und an anderer Stelle veröffentlicht worden.

Was die Wissenschaft uns sagt, kann im Grunde nicht zu einem bösen Rechenwerk führen. Solche Fragen sind zu stellen. In Bezug auf sollche Fragen kann auch eine sinnvolle Berechnung angestellt werden.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen, weil er sich allein auf ökonomische Fragen und weniger auf Fragen der Systemveränderung bezieht, wie Sie uns das hier zu unterstellen versuchen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich erteile das Wort der Frau Abgeordneten Eisenberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich nicht auf die demokratischen Spielwiesen der

(Sylvia Eisenberg)

linken Seite des Hauses herabbegeben; das halte ich nicht für notwendig.

(Unruhe bei der SPD - Zuruf des Abgeordne- ten Jürgen Weber [SPD])

- Natürlich darf ich das sagen, Herr Weber.

Ich will nur sagen, dass dieses Verfahren an sich unüblich ist.

(Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

- Herr Nabel, wenn Sie etwas zur Bildungspolitik zu sagen haben, dann kommen Sie doch nach vorn. Es wäre doch ganz schön, auch Ihre Meinung dazu zu hören, damit wir gleich wissen, wohin denn die Linie der SPD insgesamt geht.

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Obwohl Sie in Ihren Antrag Teile des Antrages der FDP übernommen haben, werden wir diesen Antrag ablehnen und die Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses ebenfalls.

Die von Rot-Grün gefasste Beschlussempfehlung belegt Ihre zukünftigen politischen und strukturellen Vorstellungen von Schule. Diese teilen wir nicht.

(Beifall der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

So wollen Sie offensichtlich - ich wiederhole das, Herr Höppner - die neunjährige Grundschule und die Integrierte Gesamtschule und/oder die Integrierte Gesamtschule im Bereich der Sekundarstufe I einführen. Sie wollen Oberstufenzentren und Integrierte Gesamtschulen in der Sekundarstufe II.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Jawohl!)

- Ich habe es gehört; das ist ja in Ordnung. Sagen Sie das laut und bitte auch in der Zeitung.

Sie wollen generell auf das Wiederholen einer Klasse verzichten. Anders sind die Punkte 4, 6, 10 und 12 nicht zu verstehen. Sie fragen nicht nach einem möglichen Lehrerbedarf für zusätzliche Förderstunden, Frau Birk. Danach wird hier nicht gefragt. Ich finde das schon ein bisschen merkwürdig. Wir erachten es nicht für notwendig, dem Landesrechnungshof in dieser Hinsicht einen Auftrag zu erteilen.

Zweitens. Sie geben die wohnartnahe Beschulung auf - ich gehe noch ein bisschen weiter - und wollen eine weitgehende Konzentration von Schulstandorten in allen Schularten. Sie geben keine Parameter an. Dem kann ich nur entnehmen, dass Sie im Grunde die Voraussetzungen für die Zusammenlegung aller Schulstandorte möglichst noch an einem Ort suchen.

Ich gehe nicht so weit, tatsächlich anzunehmen, dass Sie das gemeint haben. Ich sage das, um deutlich zu machen, welch ungenaue und schlampige Fragestellung in die Öffentlichkeit gegeben worden ist.

(Beifall bei der FDP)

Drittens. Ich gebe zu, dass ich in Bezug auf die Frage nach dem Lehrerbedarf bei Einführung der ersten Fremdsprache in der Grundschule eine gewisse Sympathie hege; denn wir wollen die Einführung einer ersten Fremdsprache als Pflichtfach haben. Sie jedoch wollen die Einführung der Fremdsprache im Rahmen eines Begegnungskonzepts, jedenfalls will das die Landesregierung. Dazu benötigen wir keine neuen Lehrer. Also brauchen wir den Landesrechnungshof danach nicht zu fragen.