Protocol of the Session on September 25, 2003

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe das akustisch nicht ver- standen!)

- Die Hälfte der ASH-Programme!

Bitte kommen Sie zum Schluss!

Recht hat er. Das ist das beste Beispiel dafür, dass das Gießkassenprinzip falsch war.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Lassen Sie mich einen letzten Punkt anfügen, Herr Kollege Baasch. Wir wollen mit unserem Antrag gerade nicht den Kindern schaden, deren Väter nicht arbeiten oder die soziale Probleme haben. Das wollen wir gerade nicht.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Die soziale Gerechtigkeit gilt gerade dort. Aber wir können auch nicht zulassen, dass arbeitsunwillige Menschen auf Kosten der Gemeinschaft leben und unter diesem Schutzmantel falsche Dinge machen. Herr Kollege Baasch, unser Antrag beinhaltet voll den Schutz der Familien, die soziale Unterstützung benötigen. Wir wollen aber nicht die Menschen schützen, die nicht bereit sind, eine soziale Bindung mit einzubringen. Das ist der Knackpunkt.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Frau Abgeordneter Strauß.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich die Regierungsbank fragen,

(Roswitha Strauß)

warum zu diesem wichtigen Thema kein zuständiger Minister hier ist. Wir wissen, dass Frau Moser krank ist und wünschen ihr eine gute Besserung. Aber ich hätte hier schon erwartet, dass der Wirtschaftsminister, der für den Arbeitsmarkt zuständig ist, an diesem Tage hier sitzt und zu diesem Debattenpunkt anwesend ist.

(Beifall bei der CDU)

Frau Abgeordnete Strauß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Astrup?

Nein. - Ich bin dem Kollegen Kalinka sehr dankbar, dass er hier ein paar Dinge klargestellt hat. Und ich möchte auch noch einmal konkret auf bestimmte Einschätzungen und Wertungen beziehungsweise darauf eingehen, wie man eigentlich eine soziale Leistung definiert. Frau Birk, Sie haben gesagt, „das Einkommen“ von Arbeitslosenhilfeempfängern und Sozialhilfeempfängern. Das ist kein Einkommen. Und in dieser Einschätzung unterscheiden wir uns. Es ist eine soziale Leistung der Solidargemeinschaft der arbeitenden Bevölkerung. Das muss auch klar sein. Solidarität, zu der wir in jeder Beziehung als CDU stehen, ist nicht als Einbahnstraße zu verstehen, sondern jeder, der Sozialtransfers in Anspruch nimmt, hat dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Das ist der Kernunterschied unserer Auffassungen und Strategien in dieser Frage.

(Beifall der Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU] und Dr. Heiner Garg [FDP])

Wir müssen auch klar sehen, dass das im Übrigen etwas mit Würde und Wertigkeit der Menschen zu tun hat, die diese Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Wir müssen weg von der reinen „Scheckbuchsozialpolitik“, wir müssen vielmehr die Menschen einbinden und von ihnen auch verlangen, dass sie für diese soziale Leistung der Gemeinschaft aller eine Gegenleistung erbringen. Das muss ihnen klar sein. Es ist kein Einkommensanspruch. Das muss in aller Deutlichkeit hier noch einmal gesagt werden.

In anderen Dingen sind wir uns sicherlich einig. Aber wenn wir Wirkungen erzielen wollen - das bedeutet auch eine Kostenentlastung für den ersten Arbeitsmarkt, die wir alle wollen; das muss man auch einmal sehen -, muss klar sein, dass wir, wenn wir diesen Arbeitsmarkt weiterhin mit derartigen Kosten belasten, die Arbeitsplätze, die wir brauchen, nicht werden schaffen können, um diese Menschen zu integrieren. Deshalb ist es eine zentrale Forderung der CDU,

Leistung mit Gegenleistung zu verbinden. Und das muss auch durchgesetzt werden.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Es liegen mir noch zwei weitere Wortmeldungen vor. Zunächst hat nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Baasch das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vier kurze Anmerkungen. Eine erste zum Verfahren: Herr Kayenburg hat vorhin angekündigt, die Überweisung der Anträge in den Ausschuss zu beantragen. Das wäre vielleicht, wenn wir noch eine offene Diskussion führen wollen, der richtige Weg. Leider ist jedoch der Diskussionsprozess so weit fortgeschritten, dass Anfang November der Bundesrat entscheiden wird. Wenn wir per Beschluss durch das Parlament der Landesregierung etwas mit auf den Weg geben möchten, müssen wir das heute beschließen. Denn sonst kommen wir zu spät. Deshalb möchten wir gern beantragen, dass abgestimmt wird. Es ist auch einfach abzustimmen, weil zwei Anträge vorliegen. Zwischen denen kann man sich dann ja entscheiden. Und nachdem, was ich vorhin gehört habe, dass Sie zum Beispiel auch im Bereich der Kürzung der Arbeitslosenhilfe oder der Sozialhilfe auf null sagen, es muss eine Einzelfallprüfung stattfinden, es darf keine Pauschalität in dieser Erklärung geben, weil man Familienverhältnisse und Lebensumstände berücksichtigen muss, wäre es für Sie wohl auch nicht schwierig, unserem Antrag zuzustimmen.

Ein zweiter Punkt, auch aus dem Beitrag von Herrn Kayenburg: Sie haben die Binnennachfrage angesprochen. Eins ist in diesem Zusammenhang unstrittig, nämlich dass gerade die Einkommen von Geringverdienern beziehungsweise von Menschen, die auf soziale Unterstützung angewiesen sind, Einkommen sind, die direkt in die Wirtschaft gehen, die nicht irgendwo in Aktien angelegt oder im Ausland geparkt werden - es sei denn, man hat mal einen Einzelfall, wo jemand im Ausland lebt; das ist in Zukunft aber wohl auch nicht mehr möglich. Insofern glaube ich, dass auch dort die Absenkung auf das Sozialhilfeniveau etwas ist, was ganz konkret der Binnenwirtschaft Geld entzieht. Von daher sollten auch wir ein Interesse daran haben, dass man nicht auf das unterste Niveau zurückgeht, sondern das Arbeitslosengeld II so gestaltet, dass es deutlich über dem Sozialhilfeniveau liegt. Dazu gibt es auch erste Vorschläge, nämlich dass wir im ersten Jahr zwei Drittel des Diffe

(Wolfgang Baasch)

renzbetrages dazulegen und im zweiten Jahr dann ein Drittel des Differenzbetrages. Insofern ist also die Anregung aufgegriffen, dass auch da etwas passiert.

Eine letzte Bemerkung, Frau Strauß. Heute wird die Nordbau eröffnet, und das sollten Sie wissen. Der Arbeits- und Wirtschaftsminister ist bei der Nordbau und deswegen nicht hier. Wir haben aber ein Thema, das sich mit Sozialhilfe beschäftigt, und insofern ist natürlich das Sozialministerium da. Die Kollegin Moser ist erkrankt, aber es ist durch kompetente Vertretung geregelt, dass wir hier diskutieren können. Das war also ein Angriff, der, wie ich finde, nicht notwendig war. Wenn es denn darum geht, auch als Regierung und Politik mit der Wirtschaft im Gespräch zu bleiben, dann ist eine Anwesenheit des Wirtschaftsminister bei der Nordbau sicherlich sinnvoll und auch in Ihrem Interesse.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 hat Frau Abgeordnete Birk.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! Ich glaube, wir haben in vielen Fragen weniger Dissens, als es scheint, Frau Strauß. Auch wir sagen in unserem Antrag „fordern und fördern“ oder „fördern und fordern“. Man muss es immer im Zweiklang deklinieren.

Im Übrigen möchten wir darauf hinweisen: Es hat ganz schön lange gedauert, bis endlich auch die Opposition begriffen hat, dass es keinen Sinn macht, sich gegen eine Neuordnung des Systems der Auszahlung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe zu sperren. Sie hatten in Ihrer Regierungszeit lange genug die Möglichkeit, die Kommunen von den hohen Sozialhilfelasten zu entlasten. Sie haben es nicht getan. Ich gebe zu, es hat auch in der jetzigen Bundesregierung ein wenig gedauert, aber das nicht zuletzt auch aufgrund starrer Oppositionshaltung. Man weiß, dass man so ein Vorhaben nur mit der gesamten gesellschaftlichen Kraft durchsetzen kann. Dem ist geschuldet, dass es eben solange gedauert hat.

Nun kommen wir zur Lösung. Wir sehen gemeinsam hier im Landtag noch weiteren Reformbedarf. Lassen Sie uns mehr in diese Richtung argumentieren und lassen Sie uns jeden Zungenschlag doch wirklich vermeiden, der noch einmal mehr Druck auf diejenigen ausübt, die durch lange Arbeitslosigkeit oder durch Jugendarbeitslosigkeit gar nicht erst in das Arbeitslosengeld hineingekommen sind. Überlegen

Sie einmal das Signal, wenn jetzt in den Kommunen ein Niedriglohnsektor in dem Sinne entsteht, dass Aufgaben des städtischen Fuhrparks, der städtischen Gärtnereien, der Altenpflege plötzlich den Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern mit 1,5 € Maximalverdienst als Stundenlohn aufgedrückt werden mit der Drohung, wenn sie das nicht machen, wird die Sozialhilfe beziehungsweise zukünftig das Arbeitslosengeld II entzogen! Ich halte diesen Weg wegen der Qualität dieser Dienstleistungen und wegen einer Weiterqualifizierung der Betroffenen nicht für einen Weg, den wir beschreiten sollten.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte jetzt keine Zwischenfrage. Ich finde es besser, wenn jetzt die Ministerin Stellung nimmt.

Wichtig ist, dass wir uns klar darüber sind, was für eine Ökonomie wir auslösen, wenn wir die Niedriglohnlösung favorisieren. Wir hören von diesem Modell aus vielen Stellungnahmen nicht nur hier im Landtag, sondern auch außerhalb aus Äußerungen der CDU. Dem wollen wir nicht folgen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine weitere Wortmeldung zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 liegt mir von der Frau Abgeordneten Spoorendonk vor. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Bemerkung kann ich mir nicht verkneifen. Wenn es zum wiederholten Mal um das Thema „fordern und fördern“ geht, ist es immer ganz einfach zu sagen: Wir fordern, wir fordern von arbeitslosen Menschen, wir fordern von Sozialhilfeempfängern. Es ist richtig, dass gefordert werden muss, aber ich vermisse in allen Debatten eine klare Aussage zu den Rechten von Sozialhilfeempfängern, von arbeitslosen Menschen. Welche Rechte hat man denn, wenn man gefordert wird? Hat man einen Überblick, weiß man genau, wo man hingehen kann, um diese Rechte einzufordern? Weiß man dann genau, welche Weiterbildungsmaßnahmen für die einzelne Person zugänglich sind? Ich sage das auch vor dem Hintergrund der Hartz-Konzepte und der Hartz-Reformvorschläge, wo wir aus den Gesprächen mit den Weiterbildungsträgern wissen - auch die Weiterbildungskommission des Landes hat uns darauf aufmerksam gemacht -,

(Anke Spoorendonk)

dass es da ganz einfach hakt. Die Verzahnung ist hin, es hakt zwischen Weiterbildungsinstitution und Arbeitsmarktinstitution. Man kann zwar sagen, natürlich müssen wir wieder einen Niedriglohnsektor aufbauen oder, wie der Kollege Kayenburg sagt, zurückholen. Aber wie viel Zukunft liegt darin für die Menschen? Wir müssen doch qualifizieren, wir müssen weiterbilden, wir müssen umschulen. Wir müssen davon ausgehen, dass gerade dieser Niedriglohnsektor in Gefahr ist, weiter zurückgeschraubt zu werden, und dass für die Menschen keine Zukunft besteht, wenn wir nur darauf abzielen, einfache Arbeitsplätze zu schaffen. Wir müssen qualifizieren. Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal auf die letzte OECD-Studie hinweisen, in der gerade dieses Problem angesprochen wird. Wir qualifizieren in der Bundesrepublik ganz einfach viel zu wenig.

(Beifall bei SSW - Vereinzelter Beifall bei SPD)

Ich erteile zunächst der Frau Ministerin Erdsiek-Rave das Wort und habe noch einen weiteren Kurzbeitrag vorliegen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist vielleicht gar nicht so abwegig, dass die Bildungsministerin hier heute die Sozialministerin vertritt und zu diesem Thema spricht, denn die Zusammenhänge, die zwischen diesem Thema und der Bildungspolitik auf der Hand liegen, hat Frau Spoorendonk in ihrem Beitrag eben schon angedeutet. Es gibt aber auch noch ganz andere Zusammenhänge zwischen Schulkarrieren und schwieriger sozialer Situation, zwischen Arbeitslosigkeit von Eltern und der Situation von Kindern in der Schule.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU)

Deswegen ist es auch bei solchen sozialpolitischen Diskussionen immer wichtig, auf die Auswirkungen in anderen Bereichen hinzuweisen.

Ich will aber zunächst eine Bemerkung zu dem machen, was Frau Spoorendonk zum Antrag anspricht, und will ihr im Ansatz zustimmen. Man kann in der Tat daran zweifeln, ob nicht erstens die Altersgrenze von 55 Jahren viel zu hoch und zweitens die Vermögensfreigrenze nicht doch zu niedrig ist. Deswegen hat die Landesregierung in den Ausschussberatungen des Bundesrates einen Antrag unterstützt, der zwei Ziele verfolgt hat, erstens die Erhöhung der Freibetragsgrenze für nicht anrechenbares so genanntes

Schonvermögen auf 800 € pro Lebensjahr und insgesamt auf höchstens 52.000 € und zweitens die Vergrößerung des Personenkreises, der diese erhöhten Beträge beanspruchen kann, indem wir dafür plädiert haben, die Altersgrenze auf 50 Jahre zu senken. Dieser Antrag ist aber - das muss ich in Richtung CDU sagen - von der CDU leider abgelehnt worden beziehungsweise ist an den CDU-regierten Ländern gescheitert. Das wissen Sie, Herr Kayenburg, das ist so.

Die CDU formuliert nun ihrerseits in ihrem Antrag Eckpunkte, für die sich die Landesregierung bei einer Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe einsetzen soll. Diese Positionen sind nicht neu. Das gilt insbesondere für diesen zentralen Punkt der Aufgabenträgerschaft. Sie wissen, dass seit Beginn der Diskussion um ein einheitliches Leistungssystem für die Bezieher von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe - das ist immerhin gut sieben Jahre her - die Landesregierung, insbesondere Heide Moser, nachdrücklich für die Administration dieser Aufgaben auf der kommunalen Ebene durch die Kreise und kreisfreien Städte eingetreten ist. Das ist eigentlich eine späte Bestätigung für ihre Position, das muss man schon sagen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Wir sind der Auffassung, dass die Kreise und kreisfreien Städte seit Jahren, und zwar mit erheblichem Mittelaufwand unter Beteiligung des Landes Strukturen aufgebaut haben, Hilfesysteme aufgebaut haben für Arbeitslosenhilfeempfänger und sie in den Arbeitsmarkt vermittelt haben. Die kommunale Ebene hat die erforderlichen Kompetenzen dafür und sie hat diese Aufgaben übernommen, weil sie sich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern unmittelbar verantwortlich fühlt.