Es reicht nicht, wenn sich die Arbeitsämter die Mitarbeiter der kommunalen Sozialverwaltung einverleiben, wie es sich die Bundesanstalt für Arbeit vorstellt.
Stattdessen wollen wir, dass diejenigen, die zukünftig Arbeitslosengeld II erhalten, diese Leistung überwiegend von den Kommunen ausgezahlt bekommen, wenn auch - und daran halten wir natürlich fest - hier erstmals Bundesmittel fließen, wie wir es seit langem fordern. Denn es kann ja nicht die Aufgabe der Kommunen sein, eine Strategie des Arbeitsmarktes zu korrigieren, für die sie als Kommunen wenig können. Es muss hier die Bundesebene zahlen. Aber es ist richtig, dass die Kommunen weiterhin im Geschäft bleiben, was die Auszahlung und die Vermittelung von diesen Arbeitsuchenden angeht.
Dem steht nicht entgegen, dass es zu Job-Centern kommt, in denen die Hilfesuchenden verschiedene Angebote an einem Ort vorfinden. Wir haben gerade in Schleswig-Holstein erfolgreiche Modellversuche. Die Zusammenarbeit an einem Ort und zwischen verschiedenen Behörden und das Dienstleistungsangebot, wie es sich nach außen an die Arbeitsuchenden richtet, müssen natürlich optimiert werden.
Wir möchten jedoch nicht, dass die kommunale Sozialpolitik der Kontrolle der örtlichen Selbstverwaltung entzogen wird und sich der betriebswirtschaftlichen Logik des Arbeitsamtes unterordnet. Das ist auch ein demokratiepolitisches Thema.
Überlegen Sie doch einmal: Was haben dann zukünftig ein Sozialdezernent, eine Sozialdezernentin und der zuständige Sozialausschuss vor Ort zu tun, wenn alle wesentlichen Fragen, die sich auf Erwerbstätige beziehen - von der Schuldnerberatung bis zur Organi
sation von Kindertagesstättenplätzen -, aus der betriebswirtschaftlichen Logik des Arbeitsamtes heraus beantwortet werden? Wer kontrolliert dann eigentlich, welche Prioritäten das Arbeitsamt setzt? Die bisherigen Ausschüsse des Arbeitsamtes, die es hierzu gibt, sind nicht ausreichend demokratisch legitimiert und haben auch keine wirkliche Anordnungsbefugnis.
Um neue Verschiebebahnhöfe zwischen Arbeitsamt und Kommunen erst gar nicht entstehen zu lassen, muss die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit präzise nach der Definition des Rentenrechts erfolgen und durch eine von Arbeitsamt und Kommunen unabhängige Einrichtung festgestellt werden.
Hierfür haben wir uns als Landtagsfraktion bei der Bundestagesfraktion unserer Partei eingesetzt, und es scheint, dass diese Lösung zumindest von den Regierungsfraktionen in Berlin verfolgt wird. Nun muss sie auch der Bundesrat mittragen. Bei den Rentenversicherungsträgern kann zum Beispiel unterstellt werden, dass sie das öffentliche und gesetzliche Ziel „Rehabilitation vor Rente“ auch aus eigenem Interesse verfolgen. Sie wäre also eine gute Entscheidungsinstanz.
Eine weitere Korrektur ist dringend notwendig. Bei der Neudefinition der jetzigen Arbeitslosenhilfe sind die Einkommensgrenzen der Hilfebeziehenden seit dem 1. Januar 2003 deutlich abgesenkt worden, und die Verpflichtung der Lebenspartner, die Arbeitslosen finanziell zu unterstützen, ist deutlich erhöht worden. Mit dem geplanten Arbeitslosengeld II wird dieser Weg noch forciert. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Wir tragen es mit, wenn wir dadurch tatsächlich erreichen, dass Hilfen aus einem Guss entstehen. Für die Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger ist es ja auch eine Verbesserung, dass sie nun endlich Vermittlungsansprüche haben.
Aber - nun komme ich auf das Anliegen, das der SSW dankenswerterweise explizit formuliert hat -: Es hat die absurde Folge, dass inzwischen Tausende von Arbeitslosen ihre Lebensversicherung, ihre Altersvorsorge vorzeitig kündigen mussten. Es gibt inzwischen jüngste Oberverwaltungsgerichtsurteile, dass dieses - wie es im Gesetz seit dem 1. Januar 2003 steht - Rechtsbestand hat.
Dies alarmiert sogar die Versicherungsbranche, die zunächst von solchen vorzeitigen Kündigungen profitiert. Aber die Versicherungen wissen nicht mehr, wie sie ihre Planungen fortschreiben können. Da es sich um Hunderttausende von Versicherungsnehmern han
delt, die ihre Versicherungen vorzeitig kündigen, stimmen auch die Planungen der Versicherungen nicht mehr.
Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass nicht nur die Riester-Rente, sondern alle Formen der Altersvorsorge für die Bezieher und Bezieherinnen von Arbeitslosengeld II erhalten bleiben, und fordern die Bundesregierung auf, sofort zur Schadensbegrenzung für die jetzigen Arbeitslosenhilfeempfängerinnen und -empfänger in diesem Sinne tätig zu werden. Hier zählt jeder Tag.
Eine weitere Nachbesserung, die nicht explizit im Antrag erwähnt wird, verdient auch unseren Einsatz. Für diejenigen, die zukünftig aufgrund des Einkommens ihres Partners kein Arbeitslosengeld II erhalten, wird nichts in die Rente eingezahlt.
Dieses ist eine ungerechtfertigte Benachteiligung und betrifft - wen wundert es? - mehrheitlich Frauen. Auch hier ist offensichtlich mit heißer Nadel genäht worden, wie es nun einmal geschehen kann, wenn sich ein Reformstau in einem Wasserfall von Reformen auflösen soll. Wir hoffen daher auf Einsicht im weiteren Verfahren und glauben, dass wir hierfür mehr Mitstreiterinnen und Mitstreiter haben, als es auf den ersten Blick erscheint. Denn vieles im Kleingedruckten zeigt sich erst im Vollzug.
Ein weiteres Anliegen möchte ich hier ansprechen, für das sich Bündnisgrüne immer wieder einsetzen. Das ist die Kindergrundsicherung. Zu Recht weisen die Kinderschutzorganisationen darauf hin, dass durch das Arbeitslosengeld II auch die Gefahr besteht, dass mehr Kinder als bisher von Transfereinkommen der Sozialhilfe abhängig werden. Denn für die Kinder gilt natürlich nicht das Arbeitslosengeld II, sondern nach wie vor die Sozialhilfe.
Wir halten die Kindergrundsicherung für einen bessern Weg und hoffen, dass wir in den nächsten Reformschritten diesem Anliegen zur Realität verhelfen können.
Die CDU, Herr Kayenburg, hat zwar eine Reihe von Vorschlägen im Sinne der Kommunen gemacht, aber letztlich ist Ihr Diskurs ein verheerendes Signal. Denn es schimmert immer wieder durch, dass die Schuld für die mangelnden Arbeitsplätze bei den Arbeitslosen liegt, weil ihr Einkommen ohne Arbeit noch zu hoch sei.
Sie glauben, die Lösung bestehe darin, die Sozialhilfe noch mehr abzusenken beziehungsweise gemeinnüt
Ich glaube, es ist nicht richtig, das Existenzminimum noch weiter abzusenken. Wir wollen keine „working“, deshalb treten wir dem entschieden entgegen.
Einige Punkte Ihres Anliegens haben wir unterstützt und in unserem eigenen Antrag - wie wir finden - besser formuliert. Mit dem Rest wollen wir - ehrlich gesagt - nicht so viel zu tun haben.
Mir liegen noch zwei weitere Wortmeldungen für Kurzbeiträge nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung vor. Zunächst hat Herr Abgeordneter Kalinka das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der letzte Beitrag kann nicht unwidersprochen bleiben. In dem CDU-Antrag wird doch gerade formuliert, dass mehr Arbeitsangebote notwendig sind.
Nirgendwo steht, dass wir dafür, dass sie nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind, den Arbeitslosen die Schuld geben. Es gibt Menschen, die arbeitslos sind und nicht genug tun, um wieder in Arbeit zu kommen - ganz ohne Frage. Aber es gibt auch Menschen, die gern arbeiten würden und kein tatsächliches Angebot haben. Gerade deshalb haben wir gesagt, wir brauchen mehr Arbeitsangebote, wir brauchen mehr Maßnahmen in diesem Bereich, denn es nützt ja nichts, eine Pflicht zur Gegenleistung festzuschreiben, wenn man den Menschen eine Arbeit nicht anbieten kann.
Das möchte ich ausdrücklich noch einmal hier sagen, damit in die Diskussion kein falscher Zungenschlag hineinkommt.
Lassen Sie mich dazu kurz einige Ergänzungen geben. Die Initiativen der Opposition - von uns jetzt, früher von der FDP - zeigen eine erfreuliche Wirkung, wie man merken kann. Jetzt gibt die Regierung
im Bundesrat etwas zu Protokoll. Das ist in Ordnung. Es muss nämlich Tempo in Berlin gemacht werden. Es muss Tempo in Berlin gemacht werden, damit wir schnell und effektiv handeln können.
Ich möchte das anhand einiger Beispiele kurz erläutern. Herr Schröder hat gesagt, zum 1. Januar 2004 solle alles umgesetzt werden. Unsere Kommunen haben keinerlei Handhabe und Informationen darüber, was sie tun sollen - bis jetzt nicht. Wie soll denn das mit dem jetzigen Fahrplan funktionieren? Das ist das eine Beispiel.
Das zweite Beispiel: Die ABM-Gesellschaften müssen sich möglicherweise andere Funktionen suchen oder können gar nicht mehr existieren. Das kann nicht bezweifelt werden. Aber sie müssen doch vor Ort schauen, was sie mit ihren Instrumentarien machen können. Das ist ein ganz wichtiger Punkt in dieser Zeit. Vor Ort muss abgewogen werden, was zu tun und was nicht zu tun ist. Und ich habe Sorge, dass dort ohne weitere Aktivitäten vieles einschlafen könnte. Ich kann Ihnen hierzu auch gern eine Beispiel aus dem Kreis Plön nennen, damit wir wissen, worüber wir diskutieren.
Das dritte Beispiel: Was ist das Ziel der Politik? - Ziel der Politik muss sein, die Arbeitslosen wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Das kann überhaupt nicht strittig sein.
Die Frage ist, unter welchen Bedingungen das geschehen kann, aber Ziel muss der erste Arbeitsmarkt sein. Wenn wir eine gemeinsame Arbeitsmarktpolitik - hoffentlich - wollen, dann müssen wir auch das Ziel klar benennen und das ist der erste Arbeitsmarkt; daran besteht aus der Sicht der CDU kein Zweifel.
Lassen Sie mich einen vorletzten Punkt erwähnen, die Umstellung der Organisation zwischen den Arbeitslosen- und den Sozialämtern: Darüber wird von Ihnen immer so abstrakt gesprochen. Für die Mitarbeiter, für die Organisation, für das Personal und für die Aufgabenstellung bedeuten das gravierendste Veränderungen. Ich fordere Sie mitsamt der Regierung auf, hier endlich schnell und effektiv Vorschläge und Maßnahmen einzuleiten. Die Menschen vor Ort sind überfordert, wenn sie das leisten sollen. Und es werden noch mehr Menschen auf der Strecke bleiben, die dann arbeitslos werden. Und das sorgt uns zutiefst.
Wir sind besorgt, dass aufgrund der fehlenden, schnellen und effektiven Umsetzung Probleme kommen könnten.