Wolfgang Baasch

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Last Statements

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hartz IV steht für die Zusammenlegung der früheren Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Hartz IV bedeutet Förderung, Aktivierung und Vermittlung. Zum 1. Januar 2005 ist die größte und umfangreichste Arbeitsmarktreform in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland an den Start gegangen. Arbeitsuchenden werden aktiv neue Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt eröffnet. Bisher haben wir gerade bei Langzeitarbeitslosen leider viel zu oft Arbeitslosigkeit statt Arbeitseinstieg finanziert. Finanzielle Unterstützung sollen Arbeitsuchende natürlich immer noch erhalten. Dazu kommen in weit höherem Maße als bisher aber auch Förderung, Aktivierung und passgenaue, schnellere Vermittlung.
Jungen Arbeitslosen unter 25 Jahren wird seit dem 1. Januar eine Beschäftigungsmöglichkeit garantiert. Das ist ein riesiger Schritt hin zur Eingliederung in das Erwerbsleben, denn wir wissen: Je länger junge Menschen arbeitslos sind, desto schwieriger wird der Berufsstart. Mit Hartz IV gilt seit dem 1. Januar 2005 das neue Arbeitslosengeld II, eine einheitliche aktivierende Grundsicherung für Langzeitarbeitslose, die die Aufnahme von Beschäftigung fördert.
Mit dem neuen Arbeitslosengeld II ist verbunden, dass die Beiträge an die gesetzliche Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung gezahlt werden und somit Erwerbslosigkeit nicht zu individuellen Ausfäl
len in der sozialen Sicherung führt. Mit dem Arbeitslosengeld II verbunden ist auch, dass in Zukunft gemeinsam mit den Betroffenen Wege zurück in die Erwerbstätigkeit gesucht werden.
In Zukunft werden Fallmanager 75 Menschen - bei Jugendlichen unter 25 Jahren - und circa 150 Menschen - bei älteren Langzeitarbeitslosen - betreuen. Wir haben nun ein erweitertes Förderinstrumentarium, das Maßnahmen zur Hinführung Langzeitarbeitsloser zur Aufnahme einer regulären Beschäftigung umfasst. Öffentlich geschaffene und geförderte Arbeitsgelegenheiten ebenso wie alle Formen der Beschäftigungsförderung nach dem SGB III, zum Beispiel Lohnkostenzuschüsse, Förderung der beruflichen Weiterbildung und Förderung von Existenzgründungen, stehen jetzt allen Langzeitarbeitslosen offen und nicht nur denen, die im Bezug von Hilfe und Unterstützung durch das Arbeitsamt waren. Dies sind Maßnahmen, die bis jetzt Sozialhilfeberechtigten nicht nur Verfügung standen und die nun durch die Zusammenführung allen offen stehen.
Trotz aller Unkenrufe ist der Start von Hartz IV weitgehend reibungslos abgelaufen. Bis zur letzten Minute haben insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit und deren kommunale Partner dafür gearbeitet, dieses zu gewährleisten. Ihnen gilt unser besonderer Dank für ihren intensiven und engagierten Einsatz.
Dass in Schleswig-Holstein die Umsetzung von Hartz IV fast reibungslos verlaufen ist, liegt sicherlich auch daran, dass in vielen Regionen frühzeitig Arbeitsgemeinschaften von der Arbeitsagentur und von kommunalen Gebietskörperschaften gebildet worden sind. Besonders erfreulich ist, dass in vielen dieser Arbeitsgemeinschaften bereits heute ein besonderes Augenmerk auf die Betreuung von jungen Arbeitslosen gelegt worden ist. So wurde im Bereich der Hansestadt Lübeck die gesetzlich vorgeschriebene Aktivierungsquote von jungen Menschen unter 25 Jahren bereits im Januar überschritten. Ziel der Lübecker Arbeitsgemeinschaft ist es, bis zum Sommer dieses Jahres allen erwerbsfähigen Arbeitslosen unter 25 Jahren ein Angebot für einen Job, eine Ausbildung oder eine Bildungsmaßnahme zu ermöglichen. Dies ist eine ausgezeichnete Nachricht für alle jungen arbeitslosen Menschen.
Eines ist aber auch klar, die Arbeitsmarktreformen müssen sich in der Praxis bewähren. Der Prozess der Umsetzung muss kritisch begleitet werden. Kontinuierlich müssen die Erfahrungen ausgewertet werden,
um Unerwartetes umgehend zu erkennen und mögliche Fehlentwicklungen schnell zu beheben. Das Monitoring von Hartz IV wie auch der von der Bundesregierung eingerichtete Ombudsrat sind hierfür die richtigen Instrumente.
Mit der Modernisierung der Arbeitsvermittlung ist ein großer Schritt getan, um die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen des Arbeitsmarktes zu bewältigen. Jetzt nach der Umstellung der Leistungs- und Unterstützungskriterien kommt es darauf an, schnell in die vielfältigen Förder- und Qualifizierungsmaßnahmen einzusteigen. In Zukunft brauchen wir einen weiteren flexiblen Ausbau der Förderinstrumente und eine Stärkung von Arbeitsmarktprojekten.
Sozialtransfers können nicht unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Landes stattfinden. Wir wollen uns den Sozialstaat weiter leisten, einen aktivierenden, modernen Sozialstaat. Eine nachhaltige Politik für mehr Arbeit muss deshalb die Grundlagen des Wachstums in einer Arbeitsgesellschaft sichern und fördern. Eine Politik, die Arbeit, Wachstum und Gerechtigkeit in Zukunft sichern will, muss weiter mutige Reformschritte gehen. Wir sind auf einem guten Wege.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal ist es gar nicht so schlecht, wenn man ein Thema aufgesplittet in zwei Etappen diskutieren kann. Dann kann man im zweiten Teil noch auf ein paar Dinge eingehen, die man im ersten Teil schon gerne angesprochen hätte.
Sozialhilfe, Herr Kerssenbrock, ist natürlich kein neues System. Es ist ein altes System. Das hat es auch schon gegeben, als es andere Regierungen gegeben hat. Wir haben immer gesagt: Es gibt eine offizielle Zahl der Arbeitslosigkeit und es gibt eine inoffizielle Zahl der Arbeitslosigkeit, nämlich all jene Menschen, die in die Sozialhilfe abgedrängt worden sind und nicht mitgezählt haben. Diese werden jetzt mitgezählt. Ich denke, es ist ehrlich und richtig, diese Zahlen auf dem Tisch zu haben. Das ist aber keine Folge der jetzigen Politik, also von Hartz IV. Dies ist vielmehr eine Folge davon, dass wir uns dieses System früher geleistet haben und dass wir dies nun beheben. Ich finde, das ist auch vernünftig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich weiß auch der Kollege Garg als Antragsteller, dass die Welt nicht im Mai 2000 stehen geblieben ist, sondern sich verändert hat, dass wir natürlich sehen mussten, dass sich Arbeitsprojekte und auch Arbeitsmarktpolitik verändern. Das ist geschehen.
Bei ASH 2000 wurde umgesteuert. ASH 2000 ist jetzt ein Programm zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit mit einer besonderen Konzentration auf Jugendliche und auf Alleinerziehende.
Das Bündnis für Ausbildung ist in SchleswigHolstein überaus erfolgreich. Wir sind das einzige Bundesland, das eine ausgeglichene Ausbildungsbilanz erreicht hat. Wir haben erhebliche Fortschritte bei der Flexibilisierung von Arbeitsmarktvorschriften erzielt. Es geht um Teilzeitbeschäftigung, es geht um das Gründerland Schleswig-Holstein, wofür es in den letzten Jahren der Regierungstätigkeit ebenfalls hervorragende Beispiele gibt.
Zum „Gründerland Schleswig-Holstein“ darf man vielleicht exemplarisch sagen, dass das Bundesland Schleswig-Holstein bei den Neugründungen pro Kopf in jedem Jahr in der Spitzengruppe gelegen hat und dass bei den Existenzgründungen der Frauenanteil
mit 30 % deutlich über dem Bundesdurchschnitt gelegen hat.
Es hat also eine aktive Arbeitsmarktpolitik gegeben. Es hat den Versuch gegeben, genau dies umzusetzen. Wenn dann allerdings die Konjunktur nicht in dem Maße, wie man es erwarten konnte, mitgespielt hat, so ist dem auch schwer entgegen zu arbeiten. Insoweit wird auch deutlich, dass die Analysen und die Diskussionen, wenn man sie allein führt, rückwärts gerichtet und vielleicht nicht unbedingt hilfreich sind, um die Zukunft zu gestalten.
Die Zukunft gestalten kann man tatsächlich - das haben wir schon in der ersten Diskussionsrunde ausgeführt - mit Hartz IV. Die Diskussion um Hartz IV hat deutlich gemacht, wie man jetzt Langzeitarbeitslosigkeit bekämpfen will, dass wir auf Bundesebene die Instrumente dazu geschaffen haben, Instrumente übrigens auch für die kommunale Ebene. Wie oft und wie lange haben wir auf kommunaler Ebene gefragt: Warum lässt uns der Bund allein, wenn es darum geht, mit eigenen Modellen, mit der Unterstützung des Landes wirklich Arbeitslosigkeit zu bekämpfen? Der Bund hat sich bislang auf kommunaler Ebene nie beteiligt. Jetzt ist es anders. Er finanziert im wesentlichen Maße auch kommunale Arbeitsmarktpolitik dadurch, dass auf der Ebene der Arbeitsgemeinschaften die finanziellen Mittel ebenfalls vom Bund übernommen werden.
Insofern glaube ich: Die Langzeitarbeitslosigkeit ist sowohl auf kommunaler Ebene als auch auf Landesebene in Schleswig-Holstein überzeugend und erfolgreich bekämpft worden. Programme sind erfolgreich umgesteuert worden. Ich bin zuversichtlich, dass wir in der Zukunft mehr Erfolg haben werden als in der Vergangenheit.
Mein Unverständnis über den populistischen Diskussionsansatz, nach hinten zu schauen, habe ich schon deutlich gemacht. Ich will aber - vielleicht muss das in der letzten Sitzung einer Legislaturperiode auch einmal sein - auch mein Unverständnis über unseren Koalitionspartner in dieser Frage äußern. Ich teile in vielen Bereichen das, was der Kollege Garg gesagt hat. Wenn man unter der Überschrift „Ostsee statt Hartz“ Stimmung gegen Reformgesetze macht, die man gemeinsam auf Bundesebene erarbeitet hat, so habe ich dafür wenig Verständnis. Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II werden als rechtlose Bittsteller dargestellt, als unmündige Bürgerinnen und Bürger beschrieben, die in einem Untertanenstaat leben. Ich muss sagen, diese Broschüre unseres Koalitionspartners ist nicht dazu geeignet, gemeinsam
etwas in diesem Bereich anzupacken und Veränderungen zu schaffen.
Nur als Beispiel sei die Gruppe der jungen Menschen unter 25 angeführt. Sie haben mit der Umsetzung von Hartz IV einen Rechtsanspruch auf Beschäftigung. Sie haben einen Rechtsanspruch auf Förderung und Qualifizierung. Wir haben die Sozialversicherungspflicht für Menschen, die heute aus der Sozialhilfe in den ALG-II-Bezug wechseln. Dies macht deutlich: Hartz IV ist nicht nur ein Programm zur Förderung der Arbeitsaufnahme, Hartz IV ist auch ein Programm zur Stabilisierung der sozialen Infrastruktur in unserem Land. Diesen Weg wollen wir als Sozialdemokraten mit der Landesregierung gemeinsam weitergehen.
Es wird nicht verwundern, wenn wir zum Antrag der FDP sagen: Den ersten Punkt des Antrages werden wir ablehnen. Was im zweiten Punkt steht, hat sich, wie wir finden, durch die Diskussion zu Punkt 1 und zum Antrag insgesamt erledigt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Klug, vielleicht ist es wirklich sinnvoll zu schauen, wie sich die Finanzierung von Kindertagesstättenbeiträgen zusammensetzt. Es ist das Land, das entsprechend der Gesetzesvorgabe mit 20 beziehungsweise 22 % an den Personalkosten beteiligt ist. Es sind die Eltern, die beteiligt sind, je nach den unterschiedlichen Kriterien in den Gemeinden und Kreisen auch oft in unterschiedlicher Höhe, auch mit einer Sozialstaffel, und es sind die Gemeinden und Kreise vor Ort, die Geld aufbringen.
Was Sie zitiert haben, was da gesprochen wird, ist die Vereinbarung, dass man gerade jetzt, wo Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger mehr Geld in der Tasche haben - denn nach ALG II sind es Menschen, die mehr Geld haben -, auf die Kreise zugeht und sagt: Zieht es ihnen nicht wieder heraus aus der Tasche, indem ihr die Gebühren der Kindertagesstätten erhöht. Genau das hat man versucht, hat es in Bad Segeberg oder im Kreis Segeberg übersehen und deswegen muss man da nachsteuern.
Ich glaube, die haben auch begriffen, dass es vernünftig ist, nachzusteuern. Es ist aber, wie ich glaube, das falscheste, was man machen kann, das mit dem ALG II zu verbinden. Das ist nicht schuld daran. Der Vorteil bei ALG II ist, dass diese Menschen jetzt mehr Geld haben. Das kann man nachrechnen. Meine Kollegin Höfs hat die Zahlen durchgerechnet, was allein an Kindergeld und Kinderzuschlägen bei Familien mit Kindern über ALG II läuft. Das ist nicht nur positiv, und vielleicht ist das ja auch der Ärger, der dahinter steht, dass man gehofft hat, dass ALG II und Hartz IV nicht funktionieren. Gott sei Dank funktio
nieren die und es scheint sogar in Schleswig-Holstein so zu sein, dass wir dies auch noch sehr gut umsetzen.
Ein zweiter Punkt, den man in dem Zusammenhang noch einmal ansprechen sollte: die Gebührenerhöhung an sich. Ich glaube nicht, dass wir darüber diskutieren müssen, ob man Kindertagesstättengebühren anheben soll, sondern vielmehr, wie man die Qualität in den Kindertagesstätten verbessern kann. Wenn es so ist, dass die 60 Millionen €, die im Haushalt stehen, reichen - und das ist die Aussage -, dann kann man sich doch nicht hinstellen und sagen, da sei eine Deckelung drin. Das Geld, das gezahlt werden muss, weil wir eine gesetzliche Vorgabe haben, wird gezahlt. Das mag Ihnen passen oder nicht, aber die Landesregierung und die den Haushalt beschließenden Fraktionen waren sehr schlau, denn sie haben genau das gemacht, was per Gesetz gefordert worden ist, und das trifft dann auch noch ein. Das ist etwas, was Sie vielleicht nicht haben wollen, weil Sie einfach nur Wahlkampf daraus machen wollen.
Der letzte Gedanke, den Sie angesprochen haben, betrifft die Krippenplätze. Auch da hoffen Sie, dass ALG II und Hartz IV nicht funktionieren. Ich sage Ihnen ganz im Ernst, wenn Sie heute in der Lage sind zu erklären, wie groß die Einsparungen bei Hartz IV sind, dann sollten Sie auf jedem Jahrmarkt als Wahrsager auftreten, denn genau das wäre dann Ihr Job. Heute kann überhaupt noch kein Mensch sagen, wie groß die Einsparungen sind, dass aber dabei Einsparungen herauskommen, ist klar.
- Nein, die Bundesregierung hat etwas ganz anderes gemacht. Das Geld, von dem Sie sagen, da seien die Einsparungen, ist garantiert. Die 2,5 Milliarden € Entlastung der Kommunen werden gezahlt. Die sind unabhängig von den Einsparungen. Die sind vielmehr von der Bundesregierung garantiert und werden an die Kommunen weitergegeben, auch wenn es Ihnen nicht passt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Zivildienst weiterentwickeln, warum? - Weil seit dem 1. Oktober 2004 ein Zivildienständerungsgesetz in Kraft getreten ist, das die Dauer des Zivildienstes von neun Monaten mit dem Grundwehrdienst von neun Monaten gleichsetzt. Die Verkürzung gilt auf Wunsch auch für Zivildienstleistende, die zurzeit bereits ihren Dienst ableisten. Dies führt bei den Trägern von Zivildienststellen natürlich auch zu Überlegungen, ob Zivildienstleistende noch so eingesetzt werden können, wie sie bisher eingesetzt wurden. Dies führt zu Überlegungen, ob denn die oft intensiven Beziehungen zwischen den Zivildienstleistenden und den Menschen, mit denen sie und für die sie ihren Zivildienst ableisten, auch in Zukunft noch möglich sind. Darum ist diese Diskussion über die Zukunft des Zivildienstes heute aktueller und notwendiger denn je.
Die Kommission „Impulse für die Zivilgesellschaft, Perspektiven für Freiwilligendienste und Zivildienst in Deutschland“ hat Anfang diesen Jahres folgende
Vorschläge unterbreitet: Die Kommission forderte eine Angleichung von Zivildienst- und Wehrdienstzeit. Die Kommission lehnte eine allgemeine Dienstpflicht ab. Die Kommission forderte eine stärkere Lernorientierung der Dienste. Um den Rückgang von Zivildienstleistenden beziehungsweise einen eventuellen Wegfall zu bewältigen, forderte die Kommission Freiwilligendienste. Und um diese Freiwilligendienste attraktiver zu gestalten, soll eine Anerkennungskultur entstehen. Angedacht sind Bonussysteme bei Studienplätzen und bei Ausbildungsverträgen. Außerdem sollte nach dem Willen der Kommission ein generationsübergreifender Freiwilligendienst entwickelt werden.
Diese Gedanken und Forderungen der Kommission „Impulse für die Zivilgesellschaft“ haben wir in unseren Antrag aufgenommen. Zivildienst in SchleswigHolstein heißt: Mit Stand vom Februar 2004 gab es in Schleswig-Holstein 4.756 Zivildienstplätze. Von diesen waren 2.548 belegt. Die Zivildienstleistenden in Schleswig-Holstein leisten ihre Dienste in 1.643 Zivildienststellen. Hier macht sich schon eine Veränderung bemerkbar. Die demographische Entwicklung führt dazu, dass nicht mehr ausreichend junge Menschen da sind, die aufgrund des Wehrdienstes oder weil sie gerade nicht den Wehrdienst ableisten wollen, Zivildienst ableisten.
Die Tätigkeitsfelder der Zivildienstleistenden sind aber nach wie vor da. Und die Tätigkeitsfelder, die die Zivildienstleistenden in Schleswig-Holstein abgeleistet haben, lassen sich im Wesentlichen in zwei Gruppen aufteilen. Zum einen ist da die Gruppe der jungen Menschen, die Tätigkeiten im unmittelbaren Dienst am Menschen geleistet haben. Das heißt, sie haben Pflegehilfe geleistet, Betreuungsdienste wahrgenommen, sie haben Tätigkeiten im Krankentransport, im Rettungsdienstwesen, mobile oder soziale Hilfsdienste, individuelle Schwerstbehindertenbetreuung, aber auch die Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in integrativen Jugendeinrichtungen oder Kindertagesstätten geleistet. Über 70 % der Zivildienstleistenden sind mit derartigen Tätigkeiten betraut und diese Aufgaben werden auch in Zukunft anstehen und müssen auch in Zukunft geleistet werden können.
Das andere große Tätigkeitsfeld von Zivildienstleistenden sind die handwerklichen Bereiche, gärtnerische Arbeiten oder auch Tätigkeiten im Umweltschutz und im Kraftfahrdienst.
Beim Diakonischen Werk in Schleswig-Holstein werden mit fast 30 % die meisten Zivildienstleistenden beschäftigt. Es folgt der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband, die Arbeitwohlfahrt, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, das Rote Kreuz und der Caritasverband, um nur die größten Träger von Zivildienststellen zu nennen. Und an dieser Stelle ist ihnen und allen anderen Trägern von Zivildienststellen für ihre Arbeit und für ihr Engagement zu danken, das sie für junge Menschen aufbringen.
Den Zivildienst weiterzuentwickeln, bedeutet aber auch, die Freiwilligendienste zu stärken. Freiwilligendienste sind ein unerlässlicher Bestandteil unserer Bürgergesellschaft. Freiwilligendienst bedeutet, jeder einzelne, der sich engagiert, übernimmt soziale Verantwortung und stellt sein soziales Engagement in den Dienst unserer Gesellschaft.
Gerade um den 5. Dezember, den Tag des Ehrenamtes, hat die Bundesregierung ein neues Modellprogramm „Generationsübergreifende Freiwilligendienste“ vorgestellt. Dieses Modellprogramm sagt deutlich, freiwilliges Engagement kennt keine Altersgrenze. Es sollen jüngere wie ältere Menschen die Chance nutzen, freiwillig aktiv zu sein. Denn das bringt Vorteile für sie selbst und für andere.
Und wenn dieses Modellprogramm „Generationsübergreifende Freiwilligendienste“ so erfolgreich arbeitet wie die bisherigen Programme, ist das ein weiterer Baustein zur Stärkung der Bürgergesellschaft.
Im Jahr 2004 haben etwa 15.500 junge Männer und Frauen in der Bundesrepublik ein Freiwilliges Soziales und Ökologisches Jahr abgeleistet. Weitere 3.400 junge Männer haben ein solches Freiwilligenjahr anstelle des Zivildienstes geleistet. Dies macht deutlich, Zivildienst weiterzuentwickeln heißt, Freiwilligendienste zu stärken, Freiwilligendienste anzubieten und zwar in allen Bereichen sowie generationenübergreifend.
Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen und mit uns das Engagement gerade für Freiwilligendienste
und für die Arbeit für eine Bürgergesellschaft zu unterstützen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Nichtaufnahme der Wohlfahrtsverbände ins Lotterie
gesetz ist bedauerlich. Die Wohlfahrtsverbände leisten viele wichtige Dienste für unsere Gesellschaft. Gelebte und gestaltete Solidarität ist notwendig und wird von den Wohlfahrtsverbänden im Rahmen einer aktiven Bürgergesellschaft mitgestaltet und verantwortet.
Ich persönlich finde es enttäuschend, dass es nicht gelungen ist, die Wohlfahrtsverbände genauso ins Gesetz aufzunehmen, wie es beim Sport oder bei anderen vollzogen worden ist.
Aber - auch das ist wichtig - die Zusage dieser Landesregierung und der regierungstragenden Fraktionen, die Landesmittel, die in Einzelplan 10 gesichert sind, für die Wohlfahrtsverbände in voller Höhe zu erhalten, steht. Ich glaube, wir werden auch durch die Realität, dass diese Mittel für die Wohlfahrtsverbände vorgehalten werden, bestätigt.
Auch für die Zukunft muss gesichert sein, dass wir die Arbeit der Wohlfahrtsverbände im Haushalt entsprechend würdigen und anerkennen und dort mit entsprechenden Finanzmitteln auch aus den Lotterieeinnahmen ausstatten.
Insofern ist es richtig, wenn wir sagen: Die Förderung ist auch daraus für die Zukunft gesichert und auch in Zukunft wird die Arbeit der Wohlfahrtsverbände mit diesen Lotteriemitteln rechnen können.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will ein paar klarstellende Sätze zum Verkehrsflughafen Lübeck-Blankensee sagen.
- Groß Grönau ist davon betroffen. Die Menschen in Groß Grönau sind unterschiedlich und haben dementsprechend auch unterschiedliche Sichtweise.
Entscheidend für den Flughafen ist nicht die unterschiedliche Sichtweise der betroffenen Anlieger, sondern die Frage: Was bedeutet ein Flughafen LübeckBlankensee für die Region und für den Wirtschafts
standort Lübeck? Das lässt sich gar nicht hoch genug einschätzen. Der Wirtschaftsstandort Lübeck braucht den Flughafen Lübeck-Blankensee, und zwar auch in einer zukunftsfähigen Form. Deswegen ist auch das Planfeststellungsverfahren mit dem Ausbau des Flughafens in Lübeck notwendig. Es muss zügig abgearbeitet werden.
Dass das notwendig ist, machen die Zahlen deutlich. In der Diskussion vorhin wurde das ein bisschen so dargestellt, als gingen diese zurück. Nein, es boomt. Das ist von den Passagierzahlen her tatsächlich zu belegen.
Die Fluglinienverbindungen von Lübeck nach London, nach Mailand, nach Stockholm und nach Pisa haben im Jahr 2003 mit 500.000 Passagieren die Prognose von 360.000 Passagieren deutlich übertroffen. Das heißt, dort wird geflogen. Dieser Flughafen wird angenommen. Es ist ein Standort für eine attraktive Flugverbindung. Deswegen kommt jetzt noch eine Linienverbindung, die nach Glasgow, hinzu.
Ein zweiter Punkt, den man deutlich machen muss - der Kollege Müller hat es schon gesagt -: Dort gibt es nicht nur Flugzeuge. Nein, dort sind auch Menschen beschäftigt. Er ist mittlerweile ein großer und wichtiger Arbeitgeber in der Region. Dort sind Reisebüros angesiedelt, dort ist Sicherheitsgewerbe neu angesiedelt, dort sind flughafentechnische Betriebe angesiedelt, alles das, was in einer Region mit 15 % Arbeitslosigkeit ganz wichtig ist und gar nicht klein geredet werden kann!
Die Region ist für uns in Lübeck für die Zukunft wichtig. Nicht umsonst planen wir dort über den Regionalbeirat, auch mit Geldern aus dem Regionalprogramm unterstützt, einen Airport-Businesspark. Dort soll noch mehr Gewerbe hin. Auch das ist wichtig, wenn man sich die Arbeitslosenzahlen und den Wirtschaftsstandort anguckt. Also alles Punkte, die dafür sprechen.
Dann frage ich mich allen Ernstes: Warum machen wir bestimmte Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen? Warum führen wir die A 20 am Flughafen LübeckBlankensee vorbei? Warum bauen wir die B 207 neu? Warum überlegen wir, dass die Bahnlinie dort einen Haltepunkt bekommt? Alles das sind doch Verkehrsinfrastrukturen, um deutlich zu machen, dass das nicht ein Flughafen auf der grünen Wiese ist, sondern ein Flughafen, der stadtrandnah ist, der eine Region anbindet und mit dem wir die Verkehrsinfrastruktur in dieser Region stärken wollen.
Fazit: Nicht nur wir in Lübeck haben etwas von diesem Flughafen, sondern auch die vielen Menschen, die diesen Flughafen brauchen, weil sie dort Arbeit finden, weil sie von dort abfliegen wollen, ob nun zu geschäftlichen Zwecken oder zu touristischen Zwecken. Es ist übrigens völlig egal, wozu man ihn nutzt: Die Menschen wollen ihn nutzen. Wir brauchen den Flughafen. Wir brauchen die Unterstützung von allen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hartz IV beziehungsweise das SGB II wird konkret, der Systemwechsel kommt. Die einschneidendste Sozialreform der Nachkriegsgeschichte wird umgesetzt. Dies bedeutet, dass in der Folge auch viele Gesetze und Rechtsvorschriften verändert werden müssen.
Die Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt haben unter anderem zum Ziel, eine möglichst optimale Betreuung von Arbeitssuchenden, aber auch von Arbeitgebern, die neue Arbeitsplätze schaffen wollen, zu gewährleisten. Hierfür müssen auch auf Landesebene die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Dass dies alles ein hohes Engagement von allen Beteiligten erfordert und auch große Herausforderungen für diejenigen darstellt, die die Voraussetzungen schaffen müssen, dass mit Jahresbeginn ein flächendeckendes leistungsfähiges neues System installiert ist und funktioniert, ist uns allen bewusst. Daher ein herzlicher Dank an alle, die dies leisten und dies mit viel Einsatz und Engagement auf den Weg bringen.
Die Landesregierung, aber auch die SPD-Landtagsfraktion haben bis jetzt immer erklärt, dass sich
das Land Schleswig-Holstein bei der Umsetzung von Hartz IV nicht bereichern wird. Alle Bundeszuschüsse und Einsparungen sollen weitergegeben werden. Für die Kommunen entstehen Mehrkosten im Bereich der Unterkunft aller SGB-II-Bezieherinnen und -beziehr. Es entstehen Mehrkosten durch Betreuungsleistungen der Bedarfgemeinschaften, es entstehen Mehrkosten durch Unterkunftsleistungen wegen Wegfalls des Wohngeldes. Die Einsparungen der Kommunen liegen in den Bereichen Hilfe zum Lebensunterhalt für erwerbsfähige ehemalige Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger, Verwaltungskosten, Wohngeld, Berechnung bisheriger Transferleistungen und so weiter.
Ich glaube, das macht deutlich, dass die geplanten Einsparungen, die für die Kommunen vorgesehen sind, weitergegeben werden müssen und auch bei den Kommunen ankommen sollen. Zu diesem Wort stehen die SPD-Landtagsfraktion und sicherlich auch die Landesregierung.
Ich glaube auch, dass viele Regelungen kommunal verantwortet und auch kommunal durchgeführt werden müssen. Der Kindertagesstättenbeitrag ist in diesem Zusammenhang schon angesprochen worden. Ich denke, die Kommunen sind selbstständig genug und selbstbewusst genug, vernünftige Regelungen zu finden und, wenn es notwendig ist, auch die Hilfe des Landes in Anspruch zu nehmen. Aber zunächst sind die Kommunen aufgefordert, selbstständig Regelungen zu treffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es verbleiben nur vier Monate, um die regionalen Verträge zwischen den Agenturen und den kommunalen Gebietskörperschaften abzuschließen, um Fallmanager heranzubilden, gemeinsame Qualitätsstandards festzulegen und Zehntausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kommunen in die Agenturen für Arbeit umzusetzen und zu qualifizieren. Denn natürlich brauchen auch die kommunalen Gebietskörperschaften Strukturen, eine Grundlage, um ihre kommunalen Haushalte aufstellen zu können.
Diese Anforderungen fordern von uns ein sehr konzentriertes und zügiges Handeln. Darum stimmen wir dem Gesetzentwurf der Landesregierung in dieser Fassung zu, wollen ihn nach der ersten Lesung an den Sozialausschuss und mitbeteiligend an den Wirtschafts- und den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen wissen. Da wir sehr konzentriert und sehr zeitnah arbeiten müssen, damit dieses Gesetz im November in zweiter Lesung verabschiedet werden kann, brauchen wir auch schnell eine Vereinbarung
darüber, wie wir eine schriftliche Anhörung durchführen. Die Geschwindigkeit hängt davon ab, wie schnell die Kommunen in die Lage versetzt werden, Hartz IV sach- und zielgerecht umzusetzen, und die Kommunen müssen natürlich ihre Haushalte diesen Vorgaben entsprechend gestalten können.
Wenn wir Eigenverantwortung fordern und Eigeninitiative fördern wollen, so wie dies der Philosophie von Hartz IV entspricht, sind wir aufgefordert, dies auch durch unser aktives Handeln zu unterstützen. Das Fördern und Qualifizieren der Menschen darf nicht irgendwann beginnen, sondern muss unbedingt auch am 1. Januar 2005 Realität werden.
Die Menschen müssen sich mit Hartz IV auseinander setzen. Sie wollen wissen, wie es mit ihnen und ihrer eigenen Lebensperspektive nach dem 1. Januar 2005 weitergeht. Für uns gilt es die Voraussetzungen zu schaffen, damit die Betroffenen die Möglichkeit haben, sich mit Hartz IV auseinander zu setzen. Vor allem müssen sie in die Lage versetzt werden, die Chancen von Hartz IV, Arbeit zu finden und Qualifizierung oder Unterstützung zu erhalten, auch zu nutzen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag bedauert, dass der liberalen Partei zum Thema Arbeitsmarktpolitik nichts Besseres als Populismus einfällt. Lieber Günter Neugebauer, Zeiten ändern sich und du bist wirklich nicht verantwortlich für diese FDP. Wenn du für diese FDP verantwortlich wärst, wäre es eine sozialliberale SPD. Außerdem bist du - glaube ich - der Einzige hier im Parlament, der sich an solche Zeiten von Politik noch erinnern kann.
Der uns vorliegende Antrag ignoriert die vielen Diskussionen, die wir im Landtag und in den Ausschüssen geführt haben. Ich darf nur an die Landtagstagung
im August erinnern, als wir über einen Bericht der Landesregierung zur Umsetzung von Hartz IV diskutiert haben. Aber was man nicht wahrhaben will, das darf auch nicht wahr sein, also schreibt man einen neuen Antrag und den dürfen wir dann heute wieder einmal diskutieren - wenn es denn mit einem Antrag dieses Niveaus überhaupt möglich ist, sich mit Arbeitsmarktpolitik sachgerecht auseinander zu setzen.
Im Antrag der FDP werden viele Zahlen aufgelistet, die natürlich bedrückend sind und die selbstverständlich Anlass und Aufforderung für politisches Handeln sind.
Die Landesregierung hat - wie auch der FDP bekannt ist - ein Programm aufgelegt, mit dem in den Jahren 2005 und 2006 10.000 zusätzliche Arbeitsangebote für Langzeitarbeitslose in ganz SchleswigHolstein ermöglicht werden sollen. Die Angebote konzentrieren sich sowohl auf den ersten Arbeitsmarkt als auch auf die Aufwertung gemeinnütziger Beschäftigungsangebote für Langzeitarbeitslose. Das Kombilohnmodell, mit dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit bis zu 250 € pro Monat unterstützt werden, wenn ein neues sozialversicherungspflichtiges Angebot geschaffen wird, ist ein Bestandteil unserer Politik für mehr Beschäftigung.
Die Ausgestaltung von Beschäftigungsmöglichkeiten und die Schaffung von Qualifizierungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose über Zusatzjobs ist ein anderer Weg, den die Landesregierung finanziell unterstützen will und mit dem wieder mehr SchleswigHolsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner in Arbeit kommen können.
Die Landesregierung hat ein Steuerkonzept vorgelegt, in dessen Mittelpunkt auch die Absenkung von Lohnnebenkosten enthalten ist.
Damit wird die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert und die Attraktivität, Arbeitsplätze auch im Mittelstand zu schaffen, erhöht.
Aber darum geht es der FDP mit ihrem Antrag nicht. Selbst wenn man nur auf die öffentliche Wirksamkeit solch populistischer Anträge schielt, wie es die FDPFraktion zu tun scheint, würde vielleicht ein Blick in die schleswig-holsteinische Presse von heute helfen.
Mit heutigem Datum schreiben die „Lübecker Nachrichten“ auf der Titelseite:
„Betriebe im Norden wollen neue Jobs schaffen. Umfrage: Mehr Aufträge, mehr Investitionen, mehr Optimismus - SchleswigHolstein hängt den Rest der Republik ab.“
Das ist nur die Überschrift. Sie verträgt sich zwar nicht mit den Inhalten der FDP, aber warum sollte man auch etwas wahrnehmen wollen, wenn man doch mit seinen eigenen Gedanken ganz andere Vorhaben irgendwie umsetzen will!
Um nur einen Bereich aus der in dem Zeitungsbericht verarbeiteten repräsentativen Umfrage der Berliner Management-Beratung Capgemini herauszugreifen:
„Bei den Investitionen belegt SchleswigHolstein unangefochten den Spitzenplatz. 47 % der Unternehmen wollen mehr investieren.“
Zur Schaffung von Arbeitsplätzen heißt es in dem Zeitungsartikel:
„Neue Jobs wollen die wenigstens deutschen Unternehmen schaffen. Nur 16 % der Betriebe gingen von wachsenden Mitarbeiterzahlen in den kommenden sechs Monaten aus. Anders in Schleswig-Holstein: Hier wollen immerhin 27 % der Firmen zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen.“
Ich glaube, Sie haben wirklich ein Wahrnehmungsproblem.
Es ist schon erstaunlich, mit welcher Kaltschnäuzigkeit die FDP-Fraktion hier einen Antrag einbringt, der mit der Formulierung beginnt:
„Der Schleswig-Holsteinische Landtag bedauert, dass die Landesregierung die wirtschaftliche Entwicklung des Landes Schleswig-Holstein beschönigt.“
Nein, hier herrscht ein Wahrnehmungsproblem vor. Diese Landesregierung - das ist die Wahrheit - arbeitet effektiv und zielgerichtet an der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Bundeslandes. Diese Landesregierung unterstützt mit vielen Maßnahmen den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Dass Schleswig-Holstein im Rahmen des Ausbildungspaktes ein so hervorragendes Ergebnis abgeliefert hat, ist natürlich das Verdienst vieler, aber es ist unter der Koordinierung der Landesregierung zustande gekommen. Dafür gilt es allen Beteiligten immer wieder zu danken und sie aufzufordern, an ihrem Vorhaben festzuhalten, jedem Jugendlichen in Schleswig-Holstein, der eine Ausbildung sucht, die Möglichkeit zur Ausbildung zu geben.
Vor diesem Hintergrund bleibt festzuhalten: Hier hat wieder ein kleines Kätzchen gebrüllt, aber erschrecken tut es nicht. Wegen seiner Substanzlosigkeit werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hartz IV oder richtig das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, wie Hartz IV eigentlich richtig heißt, ist vom Willen geprägt, die Chancen von Langzeitarbeitslosen zu verbessern. Langzeitarbeitslosigkeit soll spürbar verringert werden. Ein zentraler Ansatz hierbei ist die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, eine Zusammenlegung, die ein grundlegender Schritt zur Veränderung unserer Sozialsysteme ist und den viel und auch zu Recht kritisierten Verschiebebahnhof zwischen bisherigen Leistungserbringern, der Agentur für Arbeit und den kommunalen Sozialhilfeträ
gern, endlich beendet. Ab dem 1. Januar 2005 gibt es Leistungen für die Betroffenen aus einer Hand.
Hartz IV schafft die Voraussetzung, die Betroffenen künftig effektiver und gezielter in Arbeit zu vermitteln. Dass dieser Weg von der schleswig-holsteinischen Landesregierung konsequent unterstützt wird, zeigt der vorliegende Bericht.
Unsere bewährten regionalen Beschäftigungsgesellschaften werden weiter vom Land gefördert und bleiben ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik. Kommunale Beschäftigungsgesellschaften sind ein unverzichtbarer Bestandteil. Ich sage dies auch deutlich in Richtung meiner Heimatstadt Lübeck und auch an die Adresse des Lübecker Bürgermeisters. Für die Integration und Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen ist das Förderprogramm „Arbeit für Schleswig-Holstein“ in den nächsten zweieinhalb Jahren mit über 30 Millionen € ausgestattet. Herr Minister Rohwer, für Ihren Bericht und für Ihre Anstrengungen, die regionale Arbeitsmarktintegration in dieser Form zu fördern, sage ich ein herzliches Dankeschön.
Ich komme zum Bericht der Landesregierung. Der Bericht, in dem ein Fragenkatalog der FDP-Fraktion abgearbeitet wird, macht deutlich: Hartz IV bringt mehr Gerechtigkeit, wenn auch einige Inhalte immer noch differenziert hinterfragt werden müssen.
Zugleich gilt es aber auch, die Sorgen und Nöte der Betroffenen ernst zu nehmen. Es gilt, Protest und Unverständnis nicht pauschal abzuwehren, sondern die Ziele, die mit Hartz IV, also mit diesem Gesetzesvorhaben, verfolgt werden, zu erklären und die berechtigten Fragen der Betroffenen aufzunehmen.
Ein so komplexes Regelwerk ist nicht selbsterklärend. Konkret bedeutet die Aussage, Hartz IV bringe mehr Gerechtigkeit, dass Familien und Alleinerziehende durch höhere Kinderzuschläge besser gestellt und besser gefördert werden.
Die Chancen von jungen Leuten werden verbessert; denn durch Hartz IV wird vorgeschrieben, dass mindestens 53 % der unter 25-jährigen Arbeitssuchenden aktiviert werden.
Viele Kommunen in Schleswig-Holstein gehen noch weiter. Sie wollen jedem und jeder in dieser Alters
gruppe ein Qualifizierungs- oder Beschäftigungsangebot unterbreiten. Dieses Ziel ist nicht nur anzuerkennen, sondern verdient auch alle unsere Unterstützung.
Künftig haben alle erwerbsfähigen Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfeempfänger die gleichen Ansprüche auf Förderung. Ihnen stehen Arbeitsförderungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsrecht zur Verfügung. Arbeit soll sich wieder lohnen. Wer zum Arbeitslosengeld II hinzuverdient, der behält mehr davon als früher, als er Sozialhilfe bezog. Es ist besser, für ein geringes Einkommen zu arbeiten, als gar nichts zu tun. Wer arbeitet, hat auf jeden Fall mehr Geld im Portemonnaie. Dies fördert die Eigeninitiative.
Uns liegt nun dieser informative Bericht vor, in dem die Umsetzungsschritte zu Hartz IV in SchleswigHolstein beschrieben werden. Der Minister hat diesen eben mündlich ergänzt. Uns ist bekannt, dass sich die Lebenssituationen von vielen Sozialhilfeberechtigten und Arbeitslosenhilfebeziehern, die zum Teil auf ergänzende Sozialhilfe angewiesen waren, maßgeblich verbessern werden. Vor diesem Hintergrund ist es völlig unverständlich, dass die antragstellende Fraktion in Person ihres sozialpolitischen Sprechers Dr. Heiner Garg erklärt - Zitat -: Hartz IV hat etwas Bedrohliches, es klingt wie Pershing II. Diese Aussage hat wohl weniger mit Aufklärung und Information zu tun, als vielmehr mit dem sonst aus den Reihen der PDS bekannten Populismus, für den sich die FDP im Westen nicht zu schade ist.
Es bleibt dabei: Hartz IV bietet für viele Menschen, die seit vielen Jahren von Arbeitslosigkeit oder Sozialhilfebedürftigkeit betroffen sind, Chancen. Es wird versucht, die Arbeitslosigkeit nicht auf Dauer zu verwalten, sondern sie zu bekämpfen, abzubauen und eine aktive Arbeitsmarktpolitik in allen Bereichen einzufordern.
Es sind allerdings auch einige kritische Bemerkungen zu machen. Es gibt zum Beispiel ein Vermittlungsproblem für Maßnahmen, die durch Hartz IV angeschoben werden. Es ist schon gesagt worden, dass es nicht sachgerecht ist, von 1-€-Jobs zu sprechen. Die entsprechende Regelung, die mit den 1-€-Jobs angedeutet wird, kennen wir im Bereich der Sozialhilfe schon seit vielen Jahren. Es geht darum, Arbeit anzubieten, bei der der normale Leistungsbezug weiterge
währt wird und zusätzlich 1 bis 2 € pro Arbeitsstunde gezahlt werden. In der Sozialhilfe nannte sich dies Arbeit mit Mehraufwandsentschädigung. Das Lübecker Modell war seinerzeit bundesweit ein Vorreiter für diese Form der Integration von Sozialhilfeberechtigten bezüglich der Arbeit.
Ein weiterer Punkt, den man ansprechen muss: Die Politik muss zu ihrem Wort stehen, die kommunalen Ebenen in voller Höhe finanziell zu entlasten.
Wir begrüßen die Aussage der Landesregierung; sie schafft die notwendige Klarheit für SchleswigHolstein. Dass dies andernorts ganz anders gehandhabt wird, machen die Aufschreie von Kommunalpolitikern und Bürgermeistern in Niedersachsen deutlich. Die dortige CDU/FDP-Landesregierung will von den 250 Millionen €, die den niedersächsischen Städten und Gemeinden als Entlastung zustehen, 158 Millionen € in die eigene Tasche wirtschaften, sodass nur noch 92 Millionen € für die Kommunen in Niedersachsen übrig bleiben. Dass ein solches Verhalten auch zu Verunsicherungen andernorts führen kann, ist verständlich. Hier in Schleswig-Holstein entlasten wir die Kommunen in voller Höhe mit den ihnen zustehenden finanziellen Mitteln. Dies ist ein wohltuender Beitrag zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und der Fairness in den Beziehungen zwischen Land und Kommunen.
Ein weiterer Punkt bleibt die pünktliche und zuverlässige Zahlung der Unterstützungsleistungen ab dem 1. Januar 2005. Die Umsetzung erfordert überall große Anstrengungen - bei der Bundesagentur für Arbeit, bei den kommunalen Sozialämtern, aber auch bei den Beratungsstellen von Wohlfahrtsverbänden und anderen. Für diese Aufgabe, die vor Ort mit großem Engagement angegangen wird, gilt es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesen Bereichen zu danken. Sie leisten viel, um die fristgerechte Zahlbarmachung des Arbeitslosengeldes II bzw. des Sozialgeldes für mehr als 100.000 Langzeitarbeitslose und ihre Familien in Schleswig-Holstein sicherzustellen.
Die Arbeitsgemeinschaften zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen, aber auch die Landkreise, die sich für das Optionsmodell entscheiden wollen, haben noch sehr viel Arbeit vor sich und viele offene Fragen zu beantworten.
Mit Hartz IV wird auch in Schleswig-Holstein ein entscheidender Schritt zum Abbau der Arbeitslosigkeit getan. Mit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, Hartz IV, und den von der Bundesregierung eingeführten Verbesserungen - alle Anspruchsberechtigten werden die Leistungen ab dem 1. Januar 2005 erhalten und für die Kinder wird es einen einheitlichen Freibetrag von 4.100 € ab der Geburt geben - wird deutlich: Hartz IV bringt mehr Gerechtigkeit.
Dies gilt aber nur, wenn es neben den veränderten Zahlungen und Einschränkungen, die auf die Betroffenen zukommen, auch zur Förderung der Arbeitslosengeld-II-Berechtigten kommt. Gezielte Einzelfallbetreuung sowie Angebote zur Qualifizierung und für Beschäftigung darf es nicht irgendwann geben, deshalb sind sie von Anfang an Bestandteil des Forderns und Förderns.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen den Bericht im Sozialausschuss und mitberatend im Wirtschaftsausschuss gern weiterberaten, weil uns Hartz IV nicht nur aufgrund des Berichts, sondern auch in der weitergehenden Umsetzung beschäftigen wird. Ich glaube, es wäre gut, wenn wir uns in diesen beiden Ausschüssen weiterhin damit beschäftigen würden.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Pflegerinnen und Pfleger kümmern sich in der überwiegenden Zahl aller stationären Einrichtungen hingebungsvoll und mit großem Engagement um ihre Patienten. Aber in dieser Branche der stationären Pflegeheime gibt es leider auch Heimbetreiber, die immer wieder als schwarze Schafe auffallen.
Waren es in der Vergangenheit eher private Betreiber, denen man eine größere Nachlässigkeit in der Pflegequalität nachsagte, so ist es diesmal ein großer Wohlfahrtsverband, das Deutsche Rote Kreuz, Landesverband Schleswig-Holstein. Erneut ist es das Deutsche Rote Kreuz, war es doch schon im Jahre 2001 das Heim des Deutschen Roten Kreuzes, das Haus am Blocksberg in Kiel, in dem erste Pflegemissstände aufgefallen waren. Dass das Deutsche Rote Kreuz Schleswig-Holstein aus diesen Fehlern und Missständen nicht gelernt hat, zeigt der aktuelle Pflegeskandal beim DRK-Landesverband sehr deutlich.
Um es auf den Punkt zu bringen: Das Deutsche Rote Kreuz Schleswig-Holstein hat bei der Pflegequalität eigene, aber auch objektive Kriterien deutlich ver
fehlt. Das Deutsche Rote Kreuz hat bei der Bewältigung des Pflegeskandals klare Managementfehler gezeigt. Das Vertrauen in die Fähigkeiten des Deutschen Roten Kreuzes Schleswig-Holstein ist mehr als angeknackst. Da ist es gut, dass die Sozialministerin rasch reagiert hat und das DRK, wie in der Presse veröffentlicht und beschrieben, an der kurzen Leine führt.
Beim DRK sind neue Strukturen notwendig. Um diese Strukturen zu schaffen, braucht dieser Wohlfahrtsverband für diese Aufgaben Hilfe und Unterstützung. Vor allem bleibt festzuhalten: Im Mittelpunkt der Pflege muss der Mensch stehen.
Pflegebedürftige haben ein Recht auf menschenwürdige Pflege und Angehörige haben ein Anrecht darauf, sich darauf verlassen zu können, dass ihre pflegebedürftigen Angehörigen die bestmögliche Pflege erhalten.
Diese Ansprüche haben immer im Mittelpunkt von Pflege zu stehen. Diesem Ziel dient auch die Pflegequalitätsoffensive der Landesregierung. Förderung der Ausbildung, Fort- und Weiterbildung für Pflegekräfte, Förderung und Beratung von Pflegeeinrichtungen, trägerunabhängige Beratungsstellen - über die erfolgreiche Tätigkeit dieser Beratungsstellen sprechen wir heute noch -, das Pflegenottelefon: Dies sind nur einige Stichworte der Pflegequalitätsoffensive, für die die Landesregierung in den Jahren 2000 bis 2004 fast 10 Millionen € aufwendet.
Aber auch die am 10. Juni durchgeführte Fachtagung „Geplante Pflege - gepflegte Planung“ macht deutlich, dass Planung und Dokumentation keine lästigen Pflichten sind, sondern eine Unterstützung der täglichen Pflegearbeit. Effiziente Planung und Dokumentation lassen mehr Raum und Zeit für individuelle Pflege. Dies sind die Ergebnisse und Überschriften einer Tagung vom 10. Juni in Rendsburg mit über 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Aber auch die Imagekampagne zur Förderung der Pflegeberufe ist dringend notwendig. Der Pflegeskandal wie jetzt beim DRK Schleswig-Holstein führt eher zu einem Negativimage. Dies gilt es zu korrigieren. Eine Werbung für die Berufe in der Pflege ist notwendig. Denn wir brauchen engagierte und motivierte Pflegekräfte.
Eigentlich könnte man an dieser Stelle sagen: Das ist Aufforderung genug zur Diskussion in der Aktuellen
Stunde. Aber es bleibt noch darauf einzugehen, was die Opposition in diesem Hause zu dem aktuellen Pflegeskandal sagt. Denn das kann nicht unkommentiert bleiben. Was leistet die Opposition in diesem Haus? Herr Kalinka versucht abzulenken. Er misstraut den kommunalen Heimaufsichten. Er misstraut dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Er misstraut denen, die die Pflegemängel festgestellt haben. Er fragt überhaupt nicht nach der Verantwortung des Deutschen Roten Kreuzes.
Ob dies damit zusammenhängen kann, dass bei den Präsidiumsmitgliedern des Deutschen Roten Kreuzes, Landesverband Schleswig-Holstein, eine bestimmte Parteizugehörigkeit vorherrscht, soll hier gar nicht vertieft werden. Es ist nur wieder einmal deutlich geworden, dass die CDU versucht, von Verantwortung abzulenken und aus der Krise des DRKLandesverbandes zulasten der betroffenen Heimbewohnerinnen und Heimbewohner politisches Kapital zu schlagen und für Parteipolitik zu instrumentalisieren.
Herr Kalinka, lassen Sie sich sagen: Das Sozialministerium und die neue Ministerin haben gemeinsam mit den Pflegekassen sehr zielgerichtet und kooperativ gehandelt. Wir haben ab und an schon aus dem Papier „Die soziale Balance wahren“ zitiert und darüber diskutiert. Es ist noch immer nicht beschlossen. Man kann nur hoffen, dass es auch nie beschlossen wird. Aber zumindest zeigt es den wahren Geist der CDU. Dort heißt es auf Seite 9: Überzogene Dokumentationspflichten in Pflegeheimen wie Krankenhäusern mindern die Zeit, die Pflegekräfte wie Ärzte für die Patienten zur Verfügung haben. Alle Vorschriften in diesem Bereich sind einer Gesamtüberprüfung zu unterziehen. Das schließt auch die Rechte des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen ein.
Ich verstehe das so, als wenn Sie das abbauen wollen, als wenn Sie die Rechte des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen verringern wollen, weil es aus Ihrer Sicht überflüssiger Tand ist.
Ich formuliere den letzten Satz, Herr Präsident. - Es soll von Ihren eigentlichen Interessen abgelenkt wer
den. Es bleibt festzustellen: Sie haben heute nicht nur nicht zeitgerecht einen falschen Antrag gestellt, sondern Sie haben auch noch die Möglichkeit, Ihren Antrag mit Ihren Intentionen in Einklang zu bringen. Das sollten Sie tun. Dann könnten wir vernünftig diskutieren.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, vielen Dank für den Bericht. Im April 2000 hat das damalige Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz des Landes Schleswig-Holstein ein Konzept zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der Pflegequalität vorgelegt. Das war die Pflegequalitätsoffensive. Mit ihr wurden in den Kreisen und kreisfreien Städten trägerunabhängige Beratungsstellen eingerichtet, und zwar zunächst als Modellprojekte für die Dauer von vier Jahren. Das Ziel war und ist es, die Verbesserung der Lebenssituation von Pflegebedürftigen und ihren
Angehörigen zu erreichen. Sie werden in den Beratungsstellen rechtzeitig und fachlich informiert und gezielt beraten.
Eine auf rein pflegerische Gesichtspunkte reduzierte Diskussion schien damals nicht ausreichend, um der Gesamtproblematik gerecht zu werden. Es bestand ein großes Defizit im Bereich der Beratung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen.
Mit dem Modellprojekt der trägerunabhängigen Beratungsstellen sollten in den Kommunen neutrale Beratungsangebote für ältere Menschen, für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen aufgebaut werden. Das Beratungsangebot sollte fachlich und individuell die Menschen unterstützen, ihren Bedarf an Pflege herausfinden und schließlich das geeignete so genannte Pflegearrangement zu treffen.
Seit Mitte 2002 existieren nun neun Beratungsstellen in unterschiedlicher Trägerschaft. Die Beratungsstellen in den Kreisen Pinneberg und Segeberg werden von der Alzheimer Gesellschaft beziehungsweise dem Verein Altern und Familie getragen. Die vier Beratungsstellen in den kreisfreien Städten des Landes sind bei den jeweiligen städtischen Sozialdiensten angesiedelt. Die Beratungsstelle in Ostholstein wird von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein getragen. Die Beratungsstelle in Lauenburg wird von einem Verbund aus neun Organisationen, die vom Wohlfahrtsverband bis zum Kirchenkreis reichen, getragen. Zuletzt ist im Juli 2002 die Pflege- und Sozialberatungsstelle des Kreises Dithmarschen an den Start gegangen, die beim Gesundheitsamt angesiedelt ist.
Neben der individuellen Beratung haben diese Einrichtungen die Aufgabe, bei der strukturellen Diskussion darauf zu achten, dass eine Sozial- und Pflegebedarfsplanung entwickelt wird. Sie beteiligen sich an regionalen Kooperations- und Vernetzungsstrukturen. Die wissenschaftliche Evaluation der Modellprojekte durch das Institut für Soziologie der Universität Kiel hat überaus erfreuliche Ergebnisse erbracht. Die Pflegeberatungsstellen werden angenommen und berichten über steigende Beratungs- und Kontaktzahlen. Allein im Jahr 2003 konnte die stationäre Pflege in 176 Einzelberatungen verhindert, beziehungsweise hinausgezögert werden. Somit wurden 8.624 Monate stationärer Pflege eingespart.
Dies macht deutlich: Durch eine individuelle und gezielte Beratung ist es möglich, den Grundsatz „ambulant vor stationär“ in die Praxis umzusetzen. Dies kommt vor allem den Pflegebedürftigen zugute, die länger in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung bleiben können. Es kommt auch den Angehörigen
zugute, die bei der Pflege bestmöglich unterstützt werden, und zu guter Letzt entlastet es auch die Pflegeberatung finanziell. Der Sozialhilfeträger wird nämlich durch eingesparte Pflegemonate in der stationären Pflege finanziell entlastet.
Die Effektivitätsstudie des Instituts für Soziologie der Universität Kiel belegt, dass die Pflegeberatung im Kreis Ostholstein im vergangenen Jahr 1.188 Pflegemonate vermeiden konnte. Dadurch sparten die Sozialhilfeträger rund 260.000 € Hilfe zur Pflege und zusätzliches Pflegewohngeld ein. Die Pflegeberatung des Kreises Ostholstein hat somit mehr als zweimal ihre Kosten in Höhe von 127.822 € erwirtschaftet.
Herr Kollege Kalinka, vielleicht sollten Sie darüber einmal mit Ihrem Kollegen, dem Herrn Landrat aus Ostholstein, reden, damit er sieht, wie man Sozialhilfe einspart. Und vielleicht sind Sie in der nächsten Sitzung, in der wir über Sozialhilfekosten reden, in der Lage zu sagen, wie Sie im Kreis Plön genau dieselben Effekte erreichen wollen, anstatt immer nur Formeln auf den Tisch zu legen, aber keine konkrete Politik betreiben zu wollen.
Allein diese beiden Kennzahlen machen deutlich: Trägerunabhängige Pflegeberatung ist ein Erfolgsmodell, nicht nur für die Menschen, die durch Beratung und gezielte Unterstützung ein auf ihre Lebenssituation abgestimmtes Pflegearrangement erhalten können, sondern auch für die Kostenträger. Denn die Umsetzung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ wirkt kostendämpfend, und dies ist in Zeiten knapper Kassen ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt.
Daher ist es besonders unverständlich, dass in einigen Kommunen, unter anderem auch in dem zitierten Kreis Ostholstein, darüber nachgedacht wird, die trägerunabhängige Pflegeberatungsstelle einzuschränken oder gar ganz zu schließen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wirken Sie auf Ihren Landrat ein, damit die vernünftige und segensreiche Arbeit der Beratungsstelle in Eutin mit Außenstellen in Bad Schwartau und Oldenburg aufrecht erhalten werden und dass diese ihre Arbeit fortsetzen kann. Sie hat es allemal verdient.
Eigentlich müssten wir auch die Kreise, die bis heute noch nicht über eine trägerunabhängige Pflegeberatungsstelle verfügen, auffordern, sich auf diesen Weg zu machen. Die Zahlen der Städte Flensburg, Kiel, Lübeck und Neumünster und die Ergebnisse in den Kreisen Dithmarschen, Lauenburg, Ostholstein, Pinneberg und Segeberg sind eindeutig positiv. Alle neun
trägerunabhängigen Pflegeberatungsstellen zusammen hatten im Jahre 2003 einen Jahresetat von 1,398 Millionen €. Die Netto-Einspareffekte alleine der Arbeit der Beratungsstellen für die Kostenträger der Sozialhilfe lag bei 2,891 Millionen €. Diese Beratungsstellen machen sich nicht nur verdient, sondern sie tun auch Gutes für die Menschen, die dringend auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind.
Wir fordern die Kreise auf, diesen Weg fortzusetzen. Die Beratungsstellen haben unsere Unterstützung für ihre weitere Arbeit. Ich hoffe, dass das Sozialministerium nach dem Auslaufen des Modellprojektes in der Lage sein wird, eine vernünftige Übergangslösung für jede einzelne Beratungsstelle zu finden.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Kalinka, eigentlich wollte ich in meiner Rede nicht zu Ihnen sagen. Aber Sie schaffen es immer, dass man Ihnen sagen muss: Hohle Kritik ist zwar irgendwie schön, aber man sollte sich mit seiner Kritik an Berichten oder Aussagen des Ministeriums zurückhalten. Ich empfehle Ihnen: Schlagen Sie Seite 11 des Berichts auf. Sie finden die Zahl der positiv
beschiedenen Anträge dort vermerkt. Vielleicht sollten Sie Berichte lesen, bevor Sie sie kritisieren.
Die wesentlichen Neuregelungen der 2003 eingeführten sozialen Grundsicherung bestanden darin, dass zum einen nun Menschen im Rentenalter und dauerhaft Erwerbsunfähige aus der Sozialhilfe herausgenommen werden und zum anderen kein Rückgriff mehr auf die Vermögen von Kindern und Eltern erfolgt, es sei denn, diese verfügen über ein Einkommen von über 100.000 € jährlich.
Der vorliegende Bericht, für den, Frau Ministerin, die Fraktion der SPD herzlichen Dank sagt, lässt sich in drei Ergebnissen zusammenfassen:
Erstens. Die Grundsicherung wird gut angenommen und erwartungsgemäß sind zwei Drittel der Anspruchsberechtigten Frauen.
Zweitens. Das Ziel, verschämte Altersarmut zu verhindern, wurde erreicht.
Drittens. Ob die Zuschüsse von Bund und Land reichen, wird im Jahr 2005 nach der Überprüfung infolge der Revisionsklausel abschließend feststehen.
Das sind die Aussagen, die nachgefragt sind. Das sind auch die Aussagen, auf die wir uns verlassen.
Um es noch einmal sehr deutlich zu sagen: Die Grundsicherung ist Bestandteil der Rentenreform und seit dem 1. Januar 2003 müssen Rentnerinnen und Rentner mit niedrigem Einkommen keine Sozialhilfe mehr beziehen. Das ist ein enormer Fortschritt.
Allerdings muss kritisch bemerkt werden, dass die Grundsicherung für viele ältere Menschen und Anspruchsberechtigte zu einem Kampf mit der Behörde wurde. Der Weg zur Grundsicherung war manchmal schwer. So hatten zum Beispiel in Lübeck bis zum Mai 2003 einige anspruchsberechtigte ältere Menschen keine finanziellen Überweisungen der Grundsicherung erhalten.
Die Umsetzung der bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter, die am 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist, bereitete in vielen Kommunen große Probleme. Das belegen auch die Berichte der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten. Antragsteller wurden verunsichert, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grundsicherungsämter waren überlastet und viele Anträge blieben viel zu lange unbearbeitet liegen. Nach diesen Anfangsschwierigkeiten scheinen sich die Abläufe jetzt eingespielt zu haben. Das ist eine sehr erfreuliche Tatsache.
Der Bundeszuschuss zur Umsetzung der sozialen bedarfsorientierten Grundsicherung beträgt 409 Millionen € jährlich. Ich erinnere daran, dass es 409 Millionen € sind, weil sich das Land Schleswig-Holstein sehr engagiert, die damalige Sozialministerin Heide Moser, dafür eingesetzt hat, dass der Betrag vom Bund beträchtlich erhöht worden ist.
Von diesen 409 Millionen € entfallen auf schleswigholsteinische Kommunen 18,486 Millionen €. Hinzu kommt für die Jahre 2003 und 2004 ein Betrag von jeweils 14,56 Millionen €, den das Land aufgrund der erwarteten Einsparungen bei seinem Anteil an den Sozialhilfekosten zur Verfügung stellt. Insgesamt stehen damit rund 33 Millionen € jährlich zur Verfügung. Zum 31. Dezember 2004 erfolgt eine erste Bilanz, die gegebenenfalls eine Anpassung der Zuweisung an die Kreise und kreisfreien Städte zur Folge hat. Damit sind denn auch die Forderungen des Kollegen gut aufgehoben und gut begründet abgewiesen.
Nach gut eineinhalb Jahren sozialer bedarfsorientierter Grundsicherung lässt sich festhalten: Nach einigen für viele Menschen auch sehr belastenden Anlaufschwierigkeiten entfaltet das Grundsicherungsgesetz seine Wirkung. Viele Menschen, die in einer finanziellen Notlage den Gang zum Sozialamt gescheut haben, weil sie befürchteten, ihre Angehörigen könnten wegen der Unterhaltspflicht in Anspruch genommen werden, oder die sich schlicht und ergreifend schämten, eine Notlage zugeben zu müssen, haben mit der bedarfsorientierten Grundsicherung eine erhebliche Verbesserung ihrer Lebenslage erreicht.
Nach großer und vielfach berechtigter Aufregung über die Umsetzung der bedarfsorientierten Grundsicherung ist sie heute fast zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Eine Reform der Bundesregierung, über die kaum noch gesprochen wird, die aber ihre positive Wirkung entfaltet. Wir sind gern bereit, diesen Bericht im Sozialausschuss weiter zu diskutieren.
Herr Präsident! - Ich habe es Gott sei Dank nicht verstanden. Mich freut, dass Sie alle sich freuen. Auch ich freue mich.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was nicht ganz so erfreulich ist, ist der Antrag. Aber mit ihm müssen wir uns beschäftigen. Das will ich auch gern tun. Der Antrag ist ein Hilfeschrei, ein Hilfeschrei der CDU, die uns um Hilfe bittet, und zwar alle Fraktionen in diesem Haus. Sie haben, wie wir lesen konnten, am 21. Juni auf einem kleinen Parteitag, eine Diskussion vor sich. Dort wollen Sie beschließen.
Wenn man das Papier, „Die soziale Balance wahren“, liest, findet man genau das, was wir heute beschließen sollen, als Diskussionsvorschlag, zuerst einmal für die eigenen Reihen gedacht, wieder. Es ist schön, wenn man, gestärkt mit einem Landtagsbeschluss, in eine innerparteiliche Diskussion gehen kann.
Trotz allem will ich mich inhaltlich damit auseinander setzen. Es heißt in dem Antrag, dass bis 2010 die Ausgaben für Sozialhilfe um 25 % gesenkt werden sollen. Wie will man dieses Ziel erreichen? - Man will nur noch an wirklich schwache Menschen und bedürftige Menschen Sozialleistungen zahlen. Das wird pauschal definiert mit Menschen mit Behinderung, Kranke oder nicht arbeitsfähige Menschen. Alle anderen werden mit einer Pflicht zur Gegenleistung konfrontiert. Kommunen werden unter Erfolgsdruck oder Erfolgsziel gesetzt, die 25 % zu erreichen. Wenn man es schafft, soll es eine Belohnung geben. In welcher Form, wird natürlich nicht gesagt.
Das sind die Kernsätze, die die CDU in dem Papier „Die soziale Balance wahren“ formuliert hat.
Nun fragt man sich: Was steht denn sonst noch in diesem Arbeitspapier? Was hätte man hier sonst noch beraten und beschließen können? Darin steht noch einiges mehr. Ich finde es auch sehr interessant.
Schaut man auf die Seite 7 dieses Arbeitspapiers „Die soziale Balance wahren“, kommt man zu dem Schluss, es ist schon seltsam, dass wir hier im Land
tag nicht auch über andere Formulierungen und wunderbare Vorschläge diskutieren und abstimmen dürfen. Es hätte sich sicherlich gelohnt, sie in einem Antrag aufzugreifen. Da gibt es zum Beispiel die Formulierung: „Am Bettelstab zu gehen, tut den Menschen weh“. Ein schöner Satz. Den hätten wir hier auch diskutieren können. Er stammt übrigens aus demselben Papier.
Aber auch die Vorstellung, dass Menschen notwendige Hilfen zum Leben in bar ausgezahlt erhalten, wäre doch einer Diskussion Wert, die man wieder einmal führen könnte. Da heißt es in dem Papier doch tatsächlich, „Kinder von Familien, die durch die Nichtbereitschaft der Eltern zur Arbeitsaufnahme betroffen sind, sollten die notwendigen Hilfen zum Leben in nicht barer Auszahlung erhalten“. Wunderbar, bedeutet das doch eindeutig eine Stigmatisierung von Kindern. Eine sehr prickelnde Vorstellung, wenn Kinder oder ihre Eltern bei großen Discountern wieder mit Kosten-Garantie-Scheinen einkaufen müssen.
Das Ziel der CDU ist es ja, bis zum Jahr 2010 die Ausgaben für die Sozialhilfe um mindestens 25 % zu senken. Dafür ist man gern bereit, wieder große verwaltungsaufwendige Maßnahmen wie zum Beispiel die Abrechnung von Kosten-Garantie-Scheinen im Einzelhandel einzuführen oder auf Billigkleidung aus Kleiderkammern zurückzugreifen. Das ist eine sehr soziale Politik, die sich breit macht! Damit kann man sicherlich sehr schnell Kosten senken.
Nein, der CDU kann man nur sagen: Sie hat die Bedeutung des Bundessozialhilfegesetzes und die Problematik des Bundessozialhilfegesetzes, nämlich auch die Zukunft des Bundessozialhilfegesetzes als Reform zu sichern, nicht begriffen. Die Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz ist das umfassendste Instrument zur Verhinderung und Bekämpfung von Armut. Die Sozialhilfe ist das unterste Netz unseres Systems der sozialen Sicherung. Diese Funktion wird es voraussichtlich auch in absehbarer Zukunft behalten, vielleicht sogar noch in erhöhtem Maße haben. Es ist nämlich zu befürchten, dass nach Zusammenführung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe eventuell noch mehr Bürger, wenn sie denn ein menschenwürdiges Leben führen wollen, genau auf diese Sozialhilfe angewiesen sind. Wenn das Sozialhilfeniveau das Arbeitslosengeld II als unterstes Niveau hat, ist es schon notwendig, deutlich zu machen: Das ist der Schutz vor Armut und Verarmung. Wer dann sagt: „Wir wollen noch darunter gehen“, der will die Menschen in Armut treiben. Genau das machen Sie mit Ihrem Antrag.
Aber das ist auch klar. In dem Papier heißt es dann - das ist bei Hartherzigen vielleicht auch richtig -, eine „enge Auslegung des Sozialhilferechtes“ sei notwendig, „strenge Kostenüberprüfungen“ seien notwendig und durch „Leistungskürzungen bis zur 100 %“ sollten dafür sorgen, dass bis zum Jahr 2010 25 % der Ausgaben in der Sozialhilfe zu senken. Das ist der Weg, den man gehen will. Dabei ist zum Beispiel überhaupt nicht beantwortet, ob wir innerhalb dieses Zeitraums auch einen Rückgang von 25 % bei den Sozialhilfeberechtigten haben. Wenn wir das nicht haben, bedeutet das Leistungskürzungen für den Einzelnen. Wer Leistungskürzungen für den Einzelnen will, muss sagen, dass er die Menschen unter die Armutsgrenze drängen will. Das ist, wie gesagt, nicht akzeptabel.
- Das habe ich gerade eben gemacht, Herr Kayenburg. Die Armutsgrenze ist für uns die Sozialhilfegewährung. Das ist das Notwendige, um das Existenzminimum zu sichern. Das ist die Definition im Sozialhilfegesetz. Damit müssen auch Sie sich notwendigerweise beschäftigen.
Für soziale Sicherheit zu sorgen, heißt aber auch, soziale Gerechtigkeit herstellen. Soziale Gerechtigkeit bedeutet, einen aktiven Sozialstaat in die Lage zu versetzen, aktivierende Sozialpolitik zu betreiben. Nur, derartige Formulierungen sucht man bei der CDU vergebens. Ein Sozialstaat darf Forderungen nur erheben, wenn er selbst dazu beiträgt, die drängendsten Fragen bei der Herstellung von sozialer Gerechtigkeit zu beantworten.
Also, soziale Balance heißt, nicht einseitig Sozialhilfebedürftige fordern, sondern einzufordern, dass jedes Mitglied dieser Gesellschaft Rechte und Pflichten hat. Daneben steht aber auch staatliches Handeln, dass mit einer aktivierenden Sozialpolitik dem Einzelnen die Gelegenheit gibt, seine Aufgaben zu erfüllen.
Hier schweigt die CDU, weil sie selbst nicht den Begriff der sozialen Gerechtigkeit findet und schon gar nicht in der Lage ist, soziale Gerechtigkeit auch mit Inhalten zu füllen. Aber auch die Christdemokraten sollten wissen: Vor der Wurstplatte sind alle Menschen gleich.
Wie wollen wir Sozialdemokraten denn ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit erreichen? - Wir wollen den roten Faden der sozialen Gerechtigkeit aufnehmen
und daraus eine rote Schutzweste für in Not geratene und unterstützungsbedürftige Menschen stricken. Wie machen wir das? Wir tun das, indem wir die notwendigen Reformen des Sozialstaates auf den Weg bringen, indem wir die sozialen Sicherungssysteme reformieren und indem wir ein neues Steuersystem einfordern. In der letzten Plenartagung haben wir sehr ausführlich über die Steuervorschläge der Landesregierung und auch der Regierungsfraktionen diskutiert.
Wir sollten nicht - wie Sie - eine Entlastung der Bessergestellten anstreben und immense Gelder in eine Kopfpauschale stecken. Allein die Finanzierung der Kopfpauschale soll übrigens 100 Milliarden kosten. Unseres Erachtens ist es der richtige Weg, dieses Geld zu nehmen, um auf dem Wege über die Bürgerversicherung zu erreichen, das soziale Sicherungssystem der Krankenversicherung wieder auf eine vernünftige Grundlage zu stellen. Es sollte nicht mehr einseitig alles auf die Menschen verteilt werden, die Arbeit haben. Es sollten vielmehr auch andere Einkunftsarten einbezogen werden, etwa die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Ebenso sollten Selbstständige eingebunden werden. Es wären auch Einkommen aus Pachten einzubeziehen. Mit der Bürgerversicherung könnte die Krankenversicherung somit auf eine neue, eine solide Grundlage gestellt werden.
Herr Kalinka, Sie wollen dagegen - so sieht es zumindest bei der Kopfpauschale dann aus -, dass der Manager eines Unternehmens den gleichen Beitrag zahlt wie der Hausmeister. Dies hat mit gerechter Politik nichts zu tun und wird auch die Sozialhilfeausgaben nicht senken. Es kommt also darauf an, die Kosten im Bereich der sozialen Sicherung nicht einseitig zu verschieben, sondern die sozialen Sicherungssystem zu reformieren und dies zu nutzen, um auch die Sozialhilfekosten zu senken. Das ist der Weg, den unsere Gesellschaft braucht. Das ist der Weg, den wir gehen wollen. Ihr Antrag ist nicht hilfreich. Sie werden am 21. Juni auf Ihrem Parteitag beschließen, was Sie genau wollen. Dann werden wir auch wissen, welche Teile Ihres Programms wir hier noch einmal beraten können. Heute lehnen wir Ihren Antrag erst einmal ab und warten darauf, wie Sie sich programmatisch entscheiden.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Ganze hat seinen Unterhaltungswert und das ist auch gut so. Denn vielleicht kann man dieses ernste Thema so besser behandeln.
Allerdings ist der Antrag selber - das muss man irgendwann eingestehen - nicht in Ordnung. Er ist nicht ausgereift. Er ist nicht gut. Sie selber haben Ihre Diskussion auf Ihrem Parteitag am 21. Juni noch vor sich; das spürt man auch hier im Parlament. Da werden Berichte aus der Region gegeben. Da wird deutlich gemacht, dass die Sozialhilfekosten eigentlich etwas mit aktiver Arbeitsmarktpolitik zu tun haben. Das ist alles zutreffend.
All das findet sich zwar nicht in dem Parlamentsantrag, den wir hier vorliegen haben, wieder, aber eines - und das hat nichts mit links, rechts oder der CDU, Herr Kalinka, sondern mit Ahnung oder Ahnungslosigkeit zu tun - muss man deutlich machen: Wer einfach behauptet, in diesem Bereich werde
nichts getan, der verkennt die Sozialpolitik in diesem Land.
Wenn man sich das Arbeitsmarktprogramm ASH anschaut, sieht man, dass reagiert und gegengesteuert wird. Wenn man sich die Benchmarking-Prozesse anschaut, sieht man, dass gegengesteuert wird. Ich greife auch das Beispiel aus Heide des Kollegen Steincke auf. Ich könnte Ihnen ein Beispiel aus Lübeck erklären, wo genau dasselbe getan wird: Man versucht, Menschen in Arbeit zu qualifizieren, um sie aus der Sozialhilfe herauszunehmen. Das hat Sinn.
Diese Maßnahmen haben aber noch einen anderen Sinn: Selbst diejenigen, die nicht in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden, haben für eine gewisse Zeit Arbeit. Sie sind dann in der Gesellschaft angekommen und können sich etwas leisten; selbst wenn es nur der neue Fernseher ist.
Ja.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kalinka, es ist klar, was Sie wollen: Sie wollen eine Showveranstaltung inszenieren und Sie suchen händeringend nach Ansatzpunkten. Aber das gelingt Ihnen nicht.
Ich glaube, es ist notwendig, Ihnen das nicht nur nicht durchgehen zu lassen, sondern noch einmal aufzulisten, um was es eigentlich ging und wie sorgsam wir im Sozialausschuss und das Ministerium daran gearbeitet haben.
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass in erster Linie die AOK gefordert ist. Die AOK Schleswig-Holstein ist gefordert, sehr transparent für ihre Versicherten und für die Öffentlichkeit die Vorgänge um beanstandete Verträge und vermeintliche personelle Fehlgriffe aufzuklären.
- Genau, lückenlos! Dazu ist sie wirklich aufgefordert. Die AOK Schleswig-Holstein ist gefordert, die Probleme mit ihrer Selbstverwaltung und ihren Vorständen aufzuarbeiten und Lösungen zu finden, damit sich zu beanstandende Vorgänge und Fehlent
scheidungen in der Zukunft nicht wiederholen können.
Die AOK Schleswig-Holstein ist gefordert, diese Arbeit mit ihren Gremien zu leisten. Uns, dem Sozialausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages, hat zum Beispiel auch der Wissenschaftliche Dienst in einem Bericht, zu dem wir ihn gemeinsam - mit den Kollegen von der CDU - aufgefordert haben, etwas gesagt. Es wundert mich sehr, dass Sie diesen Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes wahrscheinlich nicht einmal angeschaut haben. Ich zitiere aus diesem Bericht:
„Das bedeutet, dass die Krankenkassen ihre Aufgaben selbstständig und eigenverantwortlich durchführen, während auf konkrete Einzelmaßnahmen bezogene Weisungen Dritter in diesem Bereich grundsätzlich unzulässig sind.“
Der Wissenschaftliche Dienst formuliert weiter:
„Rechtsaufsicht bedeutet somit die Überprüfung der Rechtmäßigkeit im Rahmen der §§ 87 ff. Im SGB IV ist damit kontrollierbar, ob die Versicherungsträger bei ihren Maßnahmen das für sie geltende Recht beachtet und richtig angewandt haben. Zweckmäßigkeitsfragen unterliegen dementsprechend nicht der Rechtsaufsicht.“
So der Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes. Er macht deutlich, an welcher Stelle wir gefordert sind und an welchen Stellen die AOK mit ihren Verwaltungsgremien selbst gefordert ist.
Das heißt nun nicht, dass uns die Vorgänge bei der AOK Schleswig-Holstein nichts angingen oder dass wir uns aus diesen Vorgängen herauszuhalten hätten. Im Sozialausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages werden die Vorgänge um die AOK Schleswig-Holstein ständig begleitet. In öffentlichen Sitzungen und in nicht öffentlichen Sitzungen hat das Sozialministerium uns umfassend und zeitnah informiert. Vor allem ist anzuerkennen, dass das Sozialministerium so schnell und umfassend einen Prüfbericht erarbeit hat, der Schwachstellen in der AOK sehr deutlich aufzeigt. Dafür auch ein herzliches Dankesschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums!