Es ist jetzt unsere gemeinsame Aufgabe - von Land und Region -, hier Hilfe zu geben, zu unterstützen und Maßnahmen zu fördern.
Eines möchte ich sehr deutlich sagen: Bei dem bisherigen Verlauf fühle ich mich bei dieser Landesregierung ausgesprochen gut und positiv aufgehoben.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Das war vielleicht ein Niveau! Echt hohes Niveau!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich selber habe mein Berufsleben in einem Konzern verbracht und eines meiner Kinder leidet jetzt selber unter einer solchen Situation, die vielen Beschäftigten am Ende dieses Jahres droht. Ich muss Ihnen sagen, globaler Wettbewerb hat seine eigenen Gesetze; die wurden von Herrn Kubicki auch sehr deutlich dargelegt. Es hat keinen Zweck, in einer solchen Stunde, in der das Mitgefühl mit den Mitarbeitern und ihren Familien natürlich in unser aller Herzen ist - jeder kann betroffen sein -, die Augen davor zu verschließen, dass ein Konzern dieser Größenordnung immer Risiken in sich birgt. Deswegen werfen wir nicht vor, dass wir Motorola nach Flensburg geholt haben - Herr Kayenburg hat das sehr richtig gesagt -, wir werfen auch nicht die Förderung vor, nein, das alles war richtig. Ich sage das so deutlich, damit das keiner in den falschen Hals bekommt.
Meine Damen und Herren, es geht nur darum, dass man eine bestimmte Region nicht von einem einzelnen Konzern „überabhängig“ macht, dass über 30 % aller Arbeitsplätze in der Region von einem Konzern abhängen.
Frau Franzen, wenn Sie als Flensburgerin ehrlich sind, dann wissen Sie ganz genau, dass damals viele mittelständische Betriebe wegen der hohen Löhne, die Motorola gezahlt hat, schweren Herzens Mitarbeiter abgeben mussten - das hat ja stattgefunden -, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das muss man auch mit berücksichtigen.
Es liegt jetzt wirklich an uns, klar zu sagen, ein Konzern solcher Größe bringt Gefahren mit sich, und es wäre falsch, wenn man den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den verbleibenden 1.200 Beschäftigten, sagen würde, dass ihre Existenz gesichert sei.
Es geht darum klarzustellen, dass die Produktion von Massengütern in Deutschland auf Dauer nicht gelingen kann. Wir müssen versuchen, in der Wirtschaft, gerade in dieser Region, alternative Strukturen aufzubauen. Ich will ja niemandem einen Vorwurf machen, aber vielleicht haben alle gemeinsam Fehler gemacht, indem wir die ganze Zeit in der Hoffnung abgewartet haben, dass Motorola halten werde. Natürlich muss man in der Wirtschaft auch Hoffnung haben, aber eine einseitige Abhängigkeit von einem Konzern darf nicht gegeben sein. Ein großer Konzern ist in einer Region das Sahnehäubchen, aber er darf nicht die Grundstruktur einer Region ausmachen. Daraus müssen wir lernen.
Wie wir von solchen Konzernen und ihren Entscheidungen abhängig sind, haben wir doch auch bei der potenziellen Ansiedlung des Chipswerkes in Itzehoe gesehen. Von heute auf morgen wurde dort das Projekt gestrichen. Wir hatten dort schon Tausende von neuen Arbeitsplätzen „verkauft“. Das war doch völliger Quatsch. Solche Konzerne haben ihre eigenen Strukturen. Vielleicht sind wir aber mitunter auch einfach ein bisschen einfältig bei den Strategien, wie man mit solchen Firmen umgeht.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen - Opposition ist ja nicht nur dazu da, das zu kritisieren, was die Regierung gemacht hat -, lieber Herr Rohwer, wir müssen uns aber fragen, ob diese einseitige Förderung von I- und K-Technologien, nachdem alle anderen Regionen hier schon stark vorangeschritten waren, noch der
richtige Weg gewesen ist. Wir haben ja inzwischen wirklich schon eine platte Nase bekommen. Wen haben wir nicht alles verloren? - Motorola in Schwierigkeiten, Mobilcom in Schwierigkeiten, ision in Konkurs, Micrologica in Konkurs, Basler in großen Schwierigkeiten und der Multi Media Campus - in Hamburg wird ein neuer gebaut - wird bei uns vielleicht ein „An“-Institut. Wir sind auf einem falschen Weg, wir müssen versuchen, das Steuer wieder herumzureißen. Technologie ist vielfältig und Lowtech gibt es gar nicht mehr, weil Lowtech nur mit Hightech zusammen den Marktanforderungen Rechnung tragen kann.
Auch in der Ernährungswirtschaft sind Betriebe kaputtgegangen, und in der Bauwirtschaft - wir reden heute bei Motorola von 600 Arbeitsplätzen - sind in den acht letzten Jahren nahezu 25.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Danach kräht kein Hahn!
Meine Damen und Herren, wir müssen das gesamte wirtschaftspolitische Konzept infrage stellen. Die Rahmenbedingungen in Schleswig-Holstein sind nicht so. Dennoch: Unsere ganze Kraft gilt jetzt dem Raum Flensburg. In den paar Jahren, die wir noch Mittel aus der EU-Förderung haben werden, müssen wir diesen Raum konkret in seinen Stärken fördern und voranbringen. Da bieten sich viele Möglichkeiten für alternative Arbeitsplätze, die eine Zukunft haben. In diesem Sinne wollen wir hier auch gemeinsam zusammenarbeiten.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich neue Gäste auf der Tribüne begrüßen. Dort haben Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis Pinneberg Nord und aus der Stadt Elmshorn sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Kurses der Firma NewStart in Rendsburg Platz genommen. - Herzlich willkommen!
Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/2931
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile Frau Abgeordneter Todsen-Reese das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! NATURA 2000 - das Thema steht landauf, landab auf der Tagesordnung fast aller kommunalen Gremien - von Lübeck bis Helgoland, von Lauenburg bis Westerland und von Fehmarn und Neustadt bis Husum. Die beteiligten und betroffenen Menschen haben Probleme mit dieser fachlich und rechtlich schwierigen Materie. Die vordergründigen Auswirkungen von NATURA 2000 aber begreifen sie sehr wohl. Sie empfinden sie als Bevormundung, als Einschränkung der kommunalen Planungshoheit, als Nutzungseinschränkung, Entwicklungshemmnis und überzogene Bürokratie - um nur einige Punkte zu nennen.
Es verunsichert die Menschen und es macht sie zornig zugleich, dass ihnen niemand reinen Wein einschenkt und erklären kann, was ganz konkret mit der jeweiligen Schutzgebietsmeldung auf sie zukommt. Wenn ich mir die Bekanntmachung im Amtsblatt ansehe und vergleiche, was dazu im Internet zu finden ist und ich feststellen muss, dass es hier bei zwei wichtigen Informationsquellen der Beteiligten bis zu 83 unterschiedliche Angaben gibt, dann denke ich, ist das nicht in Ordnung. Hier ist einfach schlampig gearbeitet worden und den Bürgern sind nicht die gleichen Informationen mitgeteilt worden, lieber Lars Harms.
Viele verstehen die Welt nicht mehr, wenn angesichts der schwierigen Wirtschaftslage und steigender Arbeitslosigkeit auch dort FFH- und Vogelschutzgebiete gemeldet werden müssen, wo der Konflikt mit anderen Nutzungsinteressen bereits bekannt und damit vorprogrammiert ist, wie zum Beispiel bei der A 20 oder im Bereich des Gewerbegebietes in Lauenburg.
Aber mit Einsicht und mit Verständnis dieser rotgrünen Landesregierung kann man leider nicht rechnen. Das hat Ihr Staatssekretär Knitsch, Herr Minister
Müller, in großer Ehrlichkeit in der letzten Umweltausschusssitzung deutlich gemacht. Er hat die Katze aus dem Sack gelassen, als wir über den Hochwasserschutzbericht diskutiert haben. Und ich zitiere aus der unkorrigierten Niederschrift:
„… keiner wolle das Gewerbegebiet abtragen; man habe schon genug Last damit, dafür zu sorgen, dass es nicht erweitert wird.“
Diese klare Aussage, Herr Minister Müller, wird eigentlich nur noch von Ihnen persönlich getoppt, nämlich durch Ihre Bemerkung beim Grußwort zur Eröffnung der NORLA in der letzten Woche, dass man überlegen müsse, wie viel unternehmerische Freiheit noch zugelassen werden könne.
Beide Aussagen sind ein klarer Beleg dafür, dass diese rot-grüne Landesregierung zum einen in ihrem Regierungshandeln einen absolut obrigkeitsstaatlichen Ansatz verfolgt und dass sie zum anderen ganz eindeutig die Meldung von FFH-Gebieten auch dazu missbraucht, um - wie im Fall des Gewerbegebietes Lauenburg - wichtige Infrastruktur- und Wirtschaftsprojekte zu verhindern.
Natürlich wird das dann stramm abgestritten - so wie jetzt auch hier. Für alles, was mit der Umsetzung von NATURA 2000 zusammenhängt, machen Sie ausschließlich Europa beziehungsweise die EU-Kommission verantwortlich und tun so, als wenn Sie als Landesregierung keinerlei Einflussmöglichkeiten hätten. Aber auch da sind Sie schief gewickelt. Das hat Ihnen sogar Ihr eigener Europaabgeordneter und früherer SPD-Landesvorsitzender Willi Piecyk erst kürzlich bescheinigt. In den „Lübecker Nachrichten“ vom 14. September 2003 findet sich seine klare Aussage: