Er erklärt, das Projekt NATURA 2000 sei eine vernünftige Sache, aber wie es hier umgesetzt werde, liege in der Verantwortung der Landesregierung. „Mit denen solltet ihr gern streiten“, forderte Piecyk die Delegierten auf.
Also, meine Damen und Herren von Rot-Grün, hören Sie auf, den schwarzen Peter nach Straßburg und Brüssel zu schieben und nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr.
Die Hütte brennt und die Landesregierung gießt noch weiter Öl ins Feuer - Sie sollten wirklich lieber löschen.
Dabei soll NATURA 2000 eigentlich eine große Erfolgsstory für den Naturschutz in Europa werden. Mit Hilfe der besonderen Schutzgebiete nach der Flora-, Fauna-, Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie der EU soll ein europaweites kohärentes ökologisches Netz aufgebaut und das Europäische Naturerbe gewahrt werden. Unstrittiges Ziel ist, die Artenvielfalt durch Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen europaweit zu erhalten und wieder herzustellen.
NATURA 2000 gehört zweifelsohne zu den großen und bedeutendsten Naturschutzprojekten der nächsten Jahre und Jahrzehnte. Und ich freue mich, dass wir uns in dieser Frage einig sind.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Bei- fall der Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])
Und ich sage deutlich: Ich kenne keinen ernstzunehmenden und verantwortungsbewussten Politiker, der sich heute vom Grundsatz her gegen dieses europaweite Naturschutzprojekt aussprechen würde. Aber ich kenne inzwischen viele Menschen in unserem Land, die massive Kritik an der Art und Weise üben, wie die EU-Kommission ihnen NATURA 2000 überstülpt und wie NATURA 2000 von der rot-grünen Landesregierung umgesetzt wird. NATURA 2000 ist damit leider - und ich sage bewusst: leider - zum Schreckgespenst geworden. Das ist für den Naturschutz ein Rückschlag, und den hat diese Landesregierung zu verantworten.
Lieber Herr Matthiessen, verantwortliche Politiker unterschiedlicher Parteien in unseren Kreisen, Städten, Ämtern und Gemeinden befürchten, dass kommunale Entwicklungen und konkrete Wirtschafts- und
Infrastrukturprojekte durch die neuen Schutzgebiete mit dem so genannten Verschlechterungsverbot und weitergehenden Nutzungseinschränkungen behindert, wenn nicht sogar verhindert werden.
Herr Matthiessen, prominentestes Beispiel ist die harsche Kritik von SPD-Bürgermeister Saxe aus Lübeck. Der sorgt sich um den Flugplatz und um den Hafen. Er sagt:
„Wir fühlen uns in der Entwicklung behindert und förmlich stranguliert … Für eine Großstadt, die wachsen muss, ein Bremsklotz…“
Oder hören Sie auch den Appell des Bürgermeisters von Helgoland, Frank Botter. Hier geht es um die Düne, für die Helgoländer und die Gäste das Herzstück des Tourismus. Das ist nun wirklich kein CDUMann, Sie wissen genau, dass es einer aus Ihren Reihen ist. Von den rund 52 ha sollen jetzt 40 ha FFHGebiet werden. Und man vermutet, dass noch eine weitere Meldung als Vogelschutzgebiet dazukommt.
Auch die Helgoländer verstehen die Welt nicht mehr. 1961 hat das Land Schleswig-Holstein mit der Gemeinde Helgoland einen Überlassungsvertrag abgeschlossen und der Gemeinde die Düne unentgeltlich überlassen. Auf der Düne ist dann auch ein Flugplatz entstanden, er gehört zu den wesentlichen Voraussetzungen für den Tourismus. Die Landebahn dieses Flugplatzes muss nun - Ironie des Schicksals - nach einer weiteren EU-Richtlinie für den gewerblichen Flugverkehr - genannt JAR-OPS 1 - schnellstmöglich verlängert werden, damit dieser Flugplatz auch über den 1. Januar 2005 hinaus durch den gewerblichen Flugverkehr genutzt werden kann. Darf der Flugplatz nun erweitert werden, wie dringend benötigt, oder blockieren sich hier zwei EU-Richtlinien gegenseitig?
Dann kommt noch etwas Besonderes hinzu. Der Innenminister des Landes muss nämlich aus einem ganz anderen Grund erwarten, dass die Helgoländer jede Einnahmemöglichkeit möglichst intensiv ausschöpfen, damit er weniger zahlen muss. Sie wissen, Herr Minister, warum das so ist. § 11 FAG enthält eine spezielle lex Helgoland. Danach muss das Land Schleswig-Holstein in jedem Jahr den Haushalt der Gemeinde Helgoland ausgleichen. Fazit: Kutscher Klaus Buß sagt natürlich: Hüh, voran Gemeinde Helgoland, verdiene Geld! Dafür ist der Flugplatz mit der erforderlichen Erweiterung - sage ich - zwingend er
forderlich. Und Bremser Klaus Müller legt den Rückwärtsgang ein. So ist das eben mit Klaus und Klaus!
Grundeigentümer haben die verständliche Sorge, dass sie ihre privaten Flächen nicht mehr so nutzen können, wie es neben der unbestrittenen Notwendigkeit, die Grundsätze der Nachhaltigkeit anzuwenden, erforderlich ist. Sie fühlen sich in ihren Eigentumsrechten verletzt und empfinden eine zunehmende Ohnmacht gegenüber einer überbordenden Bürokratie der EU-Kommission und der rot-grünen Landesregierung. In einem solchen Klima kann eine erfolgreiche nachhaltige Naturschutzarbeit nicht gedeihen. Und auch dafür gibt es eine Fülle von Beispielen im Land.
Nehmen wir das Breitenburger Moor im Kreis Steinburg, in der NDR-Fernsehsendung „NDR aktuell“ ausführlich dargestellt und den Bauern, der sagt: Ich kann überhaupt nicht erkennen, was hier auf einem Maisfeld Schützenswertes sein soll. Es war einmal ein Moor, in der Nachkriegszeit ist es dann melioriert worden und wird heute bewirtschaftet. Auf einem Maisacker FFH - die Menschen verstehen es nicht mehr.
Sie können es nachlesen. Wenn Sie darüber lachen, Herr Nabel, wenn Sie über solche Sorgen und Kümmernisse von Menschen lachen, dann sind Sie hier absolut verkehrt am Platze.
Ich kann nur fragen: Haben Sie Ihre Ohren auf Durchzug gestellt? Um auch dieses hier gleich noch zu sagen: Hier geht es nicht darum, dass irgendjemand an der Basis Stimmung gemacht hat, sondern hier geht es um ernst zu nehmende Sorgen und Nöte. Setzen Sie sich bitte mit Ihren eigenen Kommunalpolitikern aus der SPD auseinander. Ich habe heute nämlich nur diese zitiert. Ich denke, Sie sollten sie ein bisschen ernster nehmen, als Sie das durch Ihr Gelächter hier eben zum Ausdruck gebracht haben.
Alle diese Beispiele machen deutlich, dass die von der Landesregierung vorgenommene naturschutzfachliche Bewertung und die Abgrenzung der Gebietsvor
schläge in jedem Fall kritisch zu hinterfragen ist, da wir es zum Teil mit veralteten Daten zu tun haben.
Bei jedem FFH-Vorschlag ist zu prüfen, ob das Land seine fachlichen Auswahlspielräume sachlich genutzt hat. Die Richtlinie gehört auf den Prüfstand mit dem Ziel, dass auch schon in der Vorbereitungsphase mehr Flexibilität erforderlich ist. Darum bringen wir heute unseren Antrag ein. Ich bitte, dass darüber in der Sache entschieden wird. Ich bin gespannt, wie Sie sich einlassen werden zur zentralen Forderung nach einer öffentlichen Anhörung.
Eine allerletzte Anmerkung, wenn ich darf Herr Präsident. - Herr Minister, zu der Fristverlängerung, die Sie gestern im Kabinett verkündet haben. Meine Recherchen haben dazu ergeben, der eigentliche Termin war für Anfang Oktober festgesetzt. Der nächste Termin war für Ende November festgesetzt, und jetzt ist der Termin kurzfristig auf Ende Januar verschoben worden. Sie gestehen der kommunalen Familie gerade zwei kümmerliche Wochen zu. Ich finde dieses unerhört, das ist ein Witz, das ist eine Missachtung der kommunalen Familie, und dieses werden wir so nicht akzeptieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der CDU hat die Kolleginnen und Kollegen eben aus dem Saal getrieben, ich freue mich aber, dass der Kollege Baasch hier geblieben ist.
Die CDU versucht mit ihrem Antrag aus Drucksache 15/2911 den Eindruck zu erwecken, das schleswigholsteinische Verfahren zur Nachmeldung von FFHGebieten sei intransparent, willkürlich, die Betroffenen würden nicht informiert und beteiligt, und die Landesregierung gehe von mangelhaften wissenschaftlichen Grundlagen aus.
Auch die heute vorgetragene Begründung lässt mich eher zu dem Schluss kommen, dass die schleswigholsteinische CDU sich die Lektüre der Europäischen Richtlinie, des Bundes- und des Landesnaturschutzgesetzes entschieden zu leicht gemacht hat und versucht,