Der Preis in der Landwirtschaft darf nicht auf den Knochen der Landwirtschaft erfolgen. Auch die Nahrungsmittelpreise müssen die ökologische Wahrheit sagen.
Zu der Initiative Dumpingverbot im Lebensmittelbereich. Im Gesetz steht, dass sich das dauerhafte Angebot unter dem Einstandspreis - das ist das Dumpingverbot - für Lebensmittel nicht eignet. Insofern finde ich die Initiative der Bundeslandwirtschaftsministerin logisch, die sagt: Wir müssen hier einen Son
dertatbestand Dumpingverbot für Lebensmittel in den Supermärkten schaffen. Es ist marktwirtschaftlich okay, so etwas zu tun, weil es zu einem marktwirtschaftlichen Zerrbild führt.
Die vielen Angebote in den Supermärkten, die wir dort täglich finden, Angebote unter Einstandspreis, führen für den Gesamtmarkt zu einem wirtschaftlichen Bild, das sich preisnegativ auswirkt.
Wir wollen den von mir skizzierten agrarpolitischen Weg weitergehen: mehr Qualität, mehr Umwelt, Klasse statt Masse!
(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Peter Jen- sen-Nissen [CDU]: Schön hast du das ge- macht! - Veronika Kolb [FDP]: Ganz tapfer, Frau Heinold!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Agrarreport des letzten Jahres zeichnete sich durch Spitzenerträge und Rekordgewinne aus. Die Daten und Fakten des Wirtschaftsjahres 2001/2002 spiegeln dieses Mal aber andere Zahlen wider. Der Agrarreport lässt uns erkennen, dass Landwirtschaft auch heute nicht nur am Computer und im Büro stattfindet, sondern draußen auf den Feldern und Äckern. Wer sich an die Witterungsbedingungen des letzten Jahres erinnert, kann sich sicherlich vorstellen, dass vielen Landwirten die Ernte
Ich möchte darauf hinweisen, dass, wenn wir über die Zahlen reden, die im Agrarreport stehen, diese Zahlen, die Gewinne, die Rückgänge, die Umsätze nicht unbedingt etwas mit Politik zu tun haben, sondern zu einem überwiegenden Teil mit witterungsbedingten Schäden, die die Landwirte hinnehmen mussten. Ich kenne auch andere Landwirte - gerade bei mir in Nordfriesland, wo es nicht so doll geregnet hat -, die ganz andere Zahlen auf dem Tisch liegen haben. In den Folgejahren, wenn das Wetter wieder ordentlich ist, können wir wahrscheinlich auch wieder mit vernünftigen, mit guten Umsätzen rechnen. Das wollte ich voranstellen.
Der Agrarreport macht deutlich, dass es in fast allen landwirtschaftlichen Betrieben Gewinnrückgänge gegeben hat - bei Milchviehbetrieben von 13,9 % bis hin zu 34,5 % bei Veredelungsbetrieben. Dies ist vor allem in den gesunkenen Erlösen für Milch, Schweine- und Rindfleisch begründet, aber auch in den witterungsbedingten Schäden. Insgesamt ist das Einkommen in der Landwirtschaft gegenüber dem vorherigen Spitzenjahr um 16 % gesunken. Das heißt, der Landwirtschaft geht es auf langer Sicht immer noch sehr gut. Wirtschaftlich war das Wirtschaftsjahr 2001/2002 ein vergleichsweise sehr gutes Jahr.
Landwirtschaft in Schleswig-Holstein hat somit eine Zukunft. Das ist die eigentliche Botschaft, die wir nach draußen tragen müssen.
Natürlich ist uns klar, dass, selbst wenn unsere Landwirtschaft im Verhältnis zu anderen Bundesländern gut dasteht, die Gewinnrückgänge des letzen Jahres ein Schlag für das Agrarland Schleswig-Holstein sind - gerade wenn man bedenkt, welche wirtschaftliche Rolle die Land- und Ernährungswirtschaft in unserem Land spielt.
Nichtsdestotrotz müssen wir sehen, dass unsere Landwirtschaft für die Zukunft durchaus gerüstet ist und wirtschaftlich vergleichsweise gut dasteht. Unsere Landwirte produzieren auf qualitativ hohem Niveau. Deshalb brauchen wir den Vergleich mit anderen Ländern - dies gilt insbesondere für die EUBeitrittsländer - auch künftig nicht zu scheuen.
Diese Herausforderungen, auch resultierend aus den BSE- und MKS-Skandalen vorheriger Jahre, haben die Landesregierung und die Landwirtschaftskammer erkannt und Maßnahmen ergriffen. Mit seinen Qualitätstoren hat Schleswig-Holstein bereits einen Weg zu
mehr Qualität und Sicherheit in der Land- und Ernährungswirtschaft eingeschlagen, der sich auch künftig auszahlen wird, auch wenn der SSW hier ein bundesweites Prüf- und Gütezeichen als vorteilhafter erachtet. Ich höre gerade eben von Herrn Kollegen Wodarz: „Das machen wir jetzt.“ Also auch da wird auf Bundesebene wieder einmal - wenn auch etwas später - eine SSW-Initiative aufgegriffen.
Die Irrungen und Wirrungen der europäischen Agrarpolitik stellen nach wie vor die größte Herausforderung für unsere Landwirtschaft da. Wir wissen, dass die EU-Agrarreformpläne zurzeit heftig debattiert werden - nicht zu Unrecht, denn die Weichen, die gestellt werden, lassen auch unsere Landwirtschaft in eine neue Richtung laufen, die nach Auffassung des SSW nicht falsch ist. So haben wir seinerzeit die Fischler-Vorschläge begrüßt, denn eine produktionsunabhängige und betriebsbezogene Einheitszahlung - Stichwort: Entkopplung - gibt unseren Landwirten die Chance, sich am Markt zu orientieren und zu positionieren. Hier können sie mit Qualität überzeugen. Das ist etwas anderes als das System, das wir jetzt haben, wo Landwirte nur über Mengen und vom Staat finanziert werden.
Es gab mal einen klugen Kopf, der mir gesagt hat: Wenn du einmal richtig Sozialismus erleben willst, dann musst du dir nur die Agrarfinanzierung ansehen, da lebt er noch, da blüht er noch. Das wird jetzt abgeschafft und ich finde, das ist ein guter Weg.
Aber auch die Verpflichtung der Landwirtschaft hin zu mehr Umwelt- und Tierschutzmaßnahmen sowie die Stärkung des ländlichen Raumes sind weitere grundlegende Ziele der Agrarreform, denen wir positiv entgegensehen. Doch wie viel letztendlich von den Fischler-Vorschlägen übrig bleibt, ist noch dahingestellt, nachdem sich die Minister am 12. Juni nicht auf eine Agrarreform haben einigen können.
Abschließend möchte ich noch auf den ökologischen Landbau eingehen, der hier bei uns in SchleswigHolstein immer noch eine verhältnismäßig kleine Rolle spielt. Der Agrarbericht macht deutlich, dass der ökologische Landbau im Vergleich zum Vorjahr um 14,7 % angewachsen ist. Damit liegen wir zwar immer noch unter dem Bundesdurchschnitt, aber gerade das rechtfertigt, dass wir derartige wachsende Betriebsformen fördern; denn wer in diesem Land kann sonst eine derartige Anwachsrate verzeichnen?
Mir ist kein einziger Wirtschaftszweig bekannt, der von sich sagen kann, er habe rund 15 % Steigerung. Das ist nur der ökologische Landbau und damit ist auch diese Produktionsweise eine Chance für unser Land, die wir unterstützen müssen.
Wichtig ist und bleibt für uns aber, dass wir keinen Keil zwischen konventionelle Landwirtschaft und ökologischen Landbau treiben. Wir können in Deutschland nur Qualität produzieren. Wenn wir uns einlassen, zu Niedrigkosten auf Niedriglohniveau zu konkurrieren, haben wir schon verloren. Deswegen ist der Weg des Landes Schleswig-Holstein, sowohl in konventioneller Landwirtschaft als auch im ökologischen Landbau auf Qualität zu setzen und auf Verbraucherschutz zu setzen, der richtige.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Jensen-Nissen, das Thema war einfach zu gut und ich möchte noch einmal die beiden offiziellen Pressemitteilungen hier zeigen, die drei Absätze haben, und die drei Absätze fangen auch noch mit den gleichen Worten an. Insofern wollen wir das mal relativieren, aber ich sage dazu gleich noch etwas.
Nachdem sich also unser Kollege Jensen-Nissen als Wiederholungstäter entlarvt hat, zeigt er als Antragsteller der Drucksache 15/2741 denn doch völlig neue Ansätze. Erstmalig will sich der konventionelle mit dem ökologischen Landbau verglichen wissen - erstmalig -, und das obwohl bekannt ist, dass in Schleswig-Holstein der Anteil der ökologisch wirtschaftenden Betriebe unverändert unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Das bedeutet ganz konkret, dass sich hier 98 % oder 19.241 Betriebe im konventionellen Landbau verglichen wissen wollen mit 2,1 % oder 397 Betrieben im ökologischen Landbau. Allein die Gegenüberstellung dieser Zahlen lässt Zweifel daran aufkommen, was mit dem Vergleich eigentlich erreicht werden soll.
Nun soll auch noch die Landesregierung einen Bericht über die Entwicklung der Lebensmittelpreise geben und über das Verbraucherverhalten vor dem Hintergrund der Ausweitung der Qualitätssicherungssysteme berichten. Dazu gibt es aufgrund der kurzen Zeit überhaupt noch keine Erhebungen, auch wenn die CMA vor kurzem eine Umfrage gemacht hat, die aber, wie ich denke, nicht relevant ist. Die Zusam
mentragung von Zahlen ist eine Fleißaufgabe und man muss viel, viel lesen. Dazu war der Antragsteller offenbar nicht bereit oder auch nicht in der Lage. Er überträgt das lieber der Landesregierung.
Deshalb hier zunächst einige Quellenhinweise, die neben dem Statistischen Landesamt zu Rate gezogen werden können. Herr Jensen-Nissen, da gibt es den Agrarbericht 2003 der Bundesregierung ab Seite 34 ff., den Agrarreport, den wir hier schon hatten, die BM-Mitteilung Nr. 558/559 der Landwirtschaftskammer zur wirtschaftlichen Lage der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein, die Wirtschaftsergebnisse 2000/2001, eine Sonderauswertung ökologisch wirtschaftender Betriebe vom Landwirtschaftlichen Buchführungsverband, das Statistische Bundesamt „Wirtschaft und Statistik 1/2003“ und das „Bauernblatt“. Daraus ist vielfältiges, aussagekräftiges Zahlenmaterial zu entnehmen und das lässt sich von jedem oder jeder Interessierten nachlesen.
Insofern möchte ich betonen, dass ich diesen Antrag an dieser Stelle für völlig überflüssig halte. Wir sollten diese Dinge wirklich an geeigneter Stelle zugunsten der Landwirtschaft im Agrarausschuss beraten.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist beantragt worden, den Agrarreport 2003 sowie den Bericht über die Lebensmittelpreise und das Verbraucherverhalten in den zuständigen Agrarausschuss zu überweisen zur abschließenden Beratung. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig vom Hause so beschlossen.
Ich darf dann Gäste auf der Tribüne begrüßen, Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer der Humboldt-Schule Kiel und der Gewerbeschule 3 aus Lübeck. - Herzlich willkommen im SchleswigHolsteinischen Landtag!