Protocol of the Session on June 19, 2003

(Zurufe von der CDU: Na, na!)

Ich finde, das ist eine wunderbare Ausgangslage.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Hildebrand.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich glaube, die Diskussionsbeiträge der Landesregierung beziehungsweise der Koalition zu diesem Thema sind nicht ganz ehrlich. Herr Dr. Stegner, Sie sagten, die Landesregierung stehe fest an der Seite der Kommunen. Das muss ich eindeutig dahin gehend erklären: Je dichter Sie bei den Kommunen stehen, desto

(Günther Hildebrand)

schneller kommen Sie an die Taschen der Kommunen.

(Heiterkeit und Beifall bei FDP und CDU)

Wir müssen einfach feststellen, dass der Landtag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen beschlossen hat, dass 38 Millionen € aus der Finanzausgleichsmasse den Kommunen erst einmal für fünf Jahre abhanden kommen. Das reicht noch nicht mal aus; denn Sie haben sich gleichzeitig beim kommunalen Investitionsfonds mit 7,5 Millionen € pro Jahr bedient. Dass Sie angesichts dessen sagen können, Sie seien ein Anwalt der Kommunen, kommt mir reichlich komisch vor.

(Klaus Schlie [CDU]: Der neue Kommunal- minister!)

- Genau, das ist der neue Kommunalminister.

Darüber hinaus haben Sie eben gesagt, es könne alles Mögliche unternommen werden, damit die Finanzlage der Kommunen besser werde, aber bitte nicht zulasten des Landes. Es ist natürlich toll, wenn man diesen Part von vornherein ausschließt. Wenn wir gemeinschaftlich zu einem Ergebnis kommen wollen und die finanzielle Lage der Kommunen tatsächlich verbessern wollen, dann muss jeder offen in eine solche Diskussion hineingehen. Wenn man von vornherein sagt: „Wir nicht, sondern die anderen, Bund, Gewerbesteuerzahler oder so“, dann sieht das auf einmal schon ganz anders aus. Ich glaube, das war ein wenig hilfreicher Beitrag von Ihnen.

Ich komme noch einmal auf den zu vergrößernden Kreis der Gewerbesteuerpflichtigen zurück. Eines müssen wir in der jetzigen wirtschaftlichen Situation doch ganz eindeutig sehen: Wenn dieser Kreis erweitert wird, dann führt das direkt zu einer Erhöhung der Honorare beziehungsweise der Kosten. Sie können das doch nicht einfach wegdrücken; denn das sind schlicht 16 % mehr. Da kann man nicht einfach mit einem Handstrich diese und jene Berufsgruppe dazu nehmen;

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

denn diese sind direkt davon betroffen. Sie können das nicht einfach durch irgendwelche anderen Maßnahmen kompensieren; vielmehr müssen sie dann höhere Preise oder Honorare verlangen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Dann noch einmal zu der Geschichte - das kann ich überhaupt nicht verstehen; da habe ich echte Probleme -, ertragsunabhängige Bestandteile bei der Gewerbesteuer wieder einzuführen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Da hat er wirk- lich Blödsinn erzählt!)

Das kann doch nicht wahr sein. Unternehmen sollen auch dann bezahlen, wenn sie Verluste machen, weil sie irgendwelche anderen Ausgaben haben, die Eingang in die Besteuerung finden. Das machen Sie einmal den Bürgerinnen und Bürgern oder auch den Gemeinden verständlich. Das ist doch nicht nachvollziehbar.

Ein echtes Problem ist - dazu hat allerdings Herr Eichel beigetragen, indem er die Möglichkeit geschaffen hat -, dass bei Konzernen und Tochterunternehmen Gewinne und Verluste permanent dahin transferiert werden können, wo es gerade am besten passt.

Ich bin ja nun gerade Bürgermeister in einer Gemeinde geworden.

(Beifall)

- Vielen Dank. - Als Eingangsgeschenk habe ich vor 14 Tagen die Mitteilung vom Finanzamt bekommen, dass ein Unternehmen bei uns auf einmal eine Gewerbesteuerrückzahlung von 620.000 € zu erhalten hat, weil die Verluste des Schwesterunternehmens auf das in Ellerbek ansässige Unternehmen transferiert worden sind, sodass dieser Betrag auf einmal für uns fällig wird.

Das sind 10 % des Haushaltes unserer Gemeinde. Normalerweise ist das überhaupt nicht mehr zu packen. Da sind meines Erachtens wesentliche Fehler gemacht worden. Es hätte bei der Eigenständigkeit von Tochterunternehmen bleiben müssen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Rainer Wiegard.

(Bernd Schröder [SPD]: Herr Hildebrand, wer hat Sie gewählt? Die SPD! - Günther Hildebrand [FDP]: Es gibt auch gute Sozial- demokraten!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bürgermeister hat verdientermaßen eine breite Mehrheit bekommen.

(Bernd Schröder [SPD]: Aber nicht von Ih- nen!)

Dazu möchten wir ihm von hier aus unseren herzlichen Glückwunsch aussprechen. - Ich weiß das, aber

(Rainer Wiegard)

ich darf hin und wieder eine andere Meinung haben als andere Parteifreunde.

Lassen Sie mich etwas zu den Dimensionen sagen und in Ergänzung zu dem, was Herr Hildebrand ausgeführt hat, in Erinnerung rufen, dass wir im vergangenen Jahr aufgrund eines Steueränderungsgesetzes, an dem die Landesregierung trotz aller Warnungen mitgewirkt hat, bei der Körperschaftsteuer Mindereinnahmen von über 20 Milliarden € gehabt haben. Diese Dimension stellt die Auswirkung auf die Gemeindefinanzen dar.

Nun sagen Sie, Herr Dr. Stegner, wir hätten einen Zeitdruck. Diesen Zeitdruck gibt es deshalb, weil der Bundeskanzler 1998 vor der Bundestagswahl angekündigt hat, dass er unverzüglich eine Kommission zur Neuordnung der Gemeindefinanzierung einsetzen werden, und das vier Jahre lang nicht getan hat, sondern erst kurz vor der Bundestagswahl 2002. Am 14. März 2003 hat er vollmundig erklärt: Eine solche Reform muss zwingend zum 1. Januar 2004 in Kraft treten. Hier steckt das eigentliche Problem. Denn eine Lösung, die das Wort Reform verdient, ist das nicht, was Sie hier betreiben wollen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Sie nehmen eine Steuer, die völlig veraltet ist, die aus einer Zeit stammt, in der es eine durchgängige Besteuerung von Erträgen überhaupt nicht gegeben hat. Sie wird heute in unterschiedlichen Ausprägungen lediglich noch in Luxemburg und Frankreich und teilweise in Spanien erhoben. Liebe Anke Spoorendonk, in Dänemark wird sie nicht erhoben. Warum wir hier etwas einführen sollen, was noch nicht einmal ihr in Dänemark habt,

(Beifall bei CDU und FDP - Lachen beim SSW)

das kann ich überhaupt nicht begreifen. Der Vorschlag ist völlig konträr zu dem, was sonst alles da ist.

Das Problem liegt in dem ungeheuren Zeitdruck. Deshalb haben wir Ihnen vorgeschlagen, endlich Beiträge zur Sofortlösung der Probleme der Kommunalfinanzen zu leisten, sowohl auf der Bundes- als auch auf der Landesebene. Auf der Landesebene kann man eine ganze Menge dazu beitragen.

Ich will mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg halten - ich habe das im Übrigen vor vier Wochen schon einmal deutlich gemacht -, was die Frage der Gewerbesteuer betrifft. Ich halte sie für völlig antiquiert, für völlig falsch. Es ist ein völliger Unsinn, eine Steuer mit großem administrativem Aufwand bei Unternehmen, bei Steuerberatern, bei Finanzämtern und bei Gemeinden zu ermitteln, um sie hinterher in

wesentlichen Teilen mit einer anderen Steuer zu verrechnen und womöglich gar nicht erst zu erheben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das jetzt verbreitern zu wollen ist wirklich Quatsch.

(Günther Hildebrand [FDP]: Das ist Oberun- sinn!)

Deshalb bin ich sehr dafür, dass wir über ein anderes Modell in der Art und Weise, wie es der Kollege Hildebrand dargestellt hat, nachdenken.

Mir liegen die detaillierten Zahlen der Arbeitsgruppe Gemeindesteuern als Untergruppe der Gemeindefinanzreformkommission noch nicht vor. Sie sollen, soweit mir bekannt ist, am 24. Juni detailliert vorliegen und beraten werden. Ich möchte gerne wissen, worüber wir entscheiden. Sie wissen es auch nicht, aber Sie wollen schon eine Reform in die Gegend pusten, ohne genau die Auswirkungen und die Konsequenzen zu kennen. Lassen Sie uns mit Sorgfalt darüber diskutieren, wenn wir die Zahlen vorliegen haben, Herr Dr. Stegner, und dann erst einen kurzfristigen Prozess zur Hilfe der Kommunen einleiten und nach einer angemessenen Frist über eine Reform der Gemeindefinanzen nachdenken, die zwingend eine Reform der Lohn-, Einkommen- und Körperschaftsteuer nach sich ziehen wird und dies wiederum eine Reform des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein notwendig machen wird. Das ist die Reihenfolge, in der wir beraten müssen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich jetzt dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Herrn Abgeordneten KarlMartin Hentschel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich auf den Beitrag von Herrn Hildebrand hin gemeldet, der sich als Bürgermeister darüber beschwert, dass Unternehmen Gewinne und Verluste hin und her schieben und die Kommune durch Verluste, die nachträglich geltend gemacht werden, plötzlich kein Geld mehr hat.

(Günther Hildebrand [FDP]: Richtig!)

Es ist völlig richtig, dass Sie sich darüber beschwe