Zum anderen wird vorgeschlagen, dass die Bemessungsgrundlage durch konjunkturunabhängige Gewerbesteuereinnahmen verbreitert werden soll. Hier ist an eine Hinzurechnung sämtlicher Zinsen und Zinsanteile der Mieten, Pachten und Leasingraten auf den Gewerbeertrag gedacht. Ich muss zugeben, dass wir diesen Teil des Modells sehr intensiv diskutiert haben; denn diese konjunkturunabhängigen Gewerbesteuerelemente dürfen auf keinen Fall dazu führen, dass kleinere und mittlere Unternehmen, die in einem Jahr wegen einer schlechteren Konjunktur weniger verdienen, zum Konkurs gebracht werden. Man muss sich von vornherein überlegen, was die Konsequenzen sind.
Aber auch in diesem Bereich sollen die kleineren Betriebe - so lautet der Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände - durch angemessene Freibeträge in Höhe von 25.000 € Zinsen pro Jahr geschützt werden. Wichtig ist auch, dass dieses Element eingeführt wird, damit insbesondere Großunternehmen, die ihre Gewinne heute steuerlich kleinrechnen können, in Zukunft realistischer besteuert werden. Es gibt leider Beispiele von angesehenen Konzernen - ich will hier keine Namen nennen -, die an die Kommunen ihrer Hauptsitze trotz guter Bilanzjahre keinen Pfennig Gewerbesteuer mehr zahlen. Das kann nun wirklich nicht angehen und hat mit Steuergerechtigkeit überhaupt nichts zu tun.
Obwohl die Bundesregierung im Prinzip das Modell der Kommunen unterstützt, ist gerade die Forderung nach einer konjunkturunabhängigen Gewerbesteuer immer noch umstritten. Wirtschaftsminister Clement - das haben wir der Presse entnehmen können - ist dagegen, und es ist noch unsicher, wie sich die Bundesregierung am Ende entscheiden wird. Von daher, sagen wir, ist es wichtig, dass der schleswig
Auch die letzte wichtige Forderung, nämlich die Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe für Erwerbsfähige, um die Kommunen finanziell zu unterstützen, wird vom SSW befürwortet. Die Kosten der Sozialhilfe - dazu haben wir in einer anderen Debatte heute schon genug gesagt - sind in den Kommunen in den letzten Jahren geradezu explodiert. Dabei ist nicht einzusehen, dass Städte, Kreise und Gemeinden die Hauptlast dieser negativen Entwicklung tragen müssen. Eine finanzielle Entlastung der Kommunen in diesem Bereich ist also vonnöten.
Meine Damen und Herren, ich bitte doch um etwas mehr Konzentration. Notwendige Gespräche können auch draußen geführt werden.
Das andere Argument, warum Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammengelegt werden sollten, ist natürlich, dass die Vermittlung und Qualifizierung dieser beiden Arbeitslosengruppen in eine Hand gelegt werden sollen. Da läuft ja schon Vieles. Das hat Frau Ministerin Moser heute Vormittag gesagt. Ich denke, wenn man das vergessen hat, sollte man sich noch einmal ansehen, was hier im Lande vor Ort schon geleistet worden ist. Die Kehrseite der Medaille bleibt dabei die Frage, auf welchem Niveau die Leistungen nach der Zusammenlegung für diese Gruppen erfolgen sollen. Der SSW lehnt auf jeden Fall ein Modell ab, das vorsieht, die Höhe der Transferleistung auf das Niveau der heutigen Sozialhilfe abzusenken. Das ist für Menschen, die jahrelang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, nicht tragbar. Das ist aber ein anderes Thema, und dazu ist auch schon etwas gesagt worden.
Wir können also die Zielrichtung des vorliegenden Antrages unterstützen, weil es wichtig ist, den Kommunen kurzfristig zu helfen. Aber langfristig sollte man sich über weitere zukunftsfähige Modelle Gedanken machen; denn auch durch diese neue Gemeindefinanzreform bleiben die Einnahmen der Kommunen zum überwiegenden Teil von Entscheidungen auf der Bundesebene abhängig.
Der SSW hat vor einigen Wochen eine Veranstaltung durchgeführt, wo wir uns über ein solches Zukunftsmodell informiert haben. Die angesehene Bertelsmann-Stiftung hat einen Vorschlag zur Gemeindefinanzreform gemacht, dessen Kernstück die Einführung einer kommunalen Bürgersteuer ist - nicht als zusätzliche Steuer, sondern anstelle des bisherigen kommunalen Anteils an der Einkommensteuer. Dazu sollen eine modernisierte Gewerbesteuer und die Grundsteuer zur Finanzierung der kommunalen Aufgaben herangezogen werden. Aus unserer Sicht ist dieses natürlich auch ein interessanter Ansatz, weil er dem dänischen Modell mit einem eigenen Einkommensteuerhebesatz für die Kommunen sehr ähnelt. Der Vorteil einer solchen kommunalen Bürgersteuer liegt einmal in der Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger, die genau sehen können, wofür sie ihre Steuern zahlen, und zum anderen in der Flexibilität, weil sich die kommunalen Steuersätze je nach Aufgabenstellung durch die kommunalen Vertreter auch verschieden gestalten lassen.
Ich kann Ihnen allen nur empfehlen, sich diesen Vorschlag der Bertelsmann-Stiftung für eine Gemeindefinanzreform anzusehen, und ich hoffe, dass wir das dann bei Gelegenheit noch einmal im Ausschuss debattieren können. Vielleicht werden wir uns in einigen Jahren damit auseinandersetzen können, und vielleicht können wir das dann auch beschließen. Vorerst geht es darum, den Kommunen kurzfristig zu helfen. Darum werden wir dem vorliegenden Antrag zustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Während im Sommer auf den Straßen Baustellen tunlichst vermieden werden sollen und auch die Politik das Geschäft für viele Wochen ruhen lässt, wird in diesem Sommer doch noch vieles diskutiert und entschieden werden müssen. Eine der Baustellen wird aller Wahrscheinlichkeit nach der Referentenentwurf der Bundesregierung zur Gemeindefinanzreform einschließlich der Zusammenlegung der Arbeitslosen- und der Sozialhilfe sein. Zu letzterem Thema will ich nichts sagen bis auf den Hinweis, dass man sich da das Kleingedruckte sehr genau wird ansehen müssen, damit das auf Dauer für die Kommunen auch ein vernünftiges Angebot ist. Ich bin durchaus aus der Innenansicht der Bundesanstalt für
Arbeit, die ich als Mitglied des Verwaltungsrates von früher kenne, skeptisch, ob der gewählte Weg da ganz richtig ist. Wichtiger ist mir aber der erste Teil mit der Gemeindefinanzreform, deswegen erwähne ich das hier nur am Rande.
Die schleswig-holsteinische Landesregierung steht und stand in dieser Frage immer fest an der Seite der Kommunen, denn es muss eine deutliche und schnelle Stärkung der Finanzkraft der Kommunen geben. Deshalb brauchen wir eine Neuordnung, die die Kommunen entlastet und durch eine modernisierte Gewerbesteuer wieder und auch dauerhaft Handlungsfähigkeit erzeugt.
Die Kommunen tätigen den größten Anteil an Investitionen der öffentlichen Hand. Sie schaffen Arbeitsplätze beim Mittelstand vor Ort. Sie sind Arbeitgeber für viele Menschen. Daher ist es für die Konjunkturbelebung zentral, die Kommunen zu stärken.
Ich habe es gestern bereits erwähnt; aber lassen Sie es mich einfach noch einmal sagen, damit es hier nicht untergeht: Durch Ihre ablehnende Haltung im Bundesrat haben Sie uns leider daran gehindert, Steuervergünstigungen abzubauen. Dies hat die Kommunen bares Geld gekostet; das muss man schlicht und einfach sagen. Sie haben den Kommunen an dieser Stelle wirklich die Hilfe verweigert. Deswegen kann ich Sie nur auffordern, diese Blockade nicht aufrechtzuerhalten,
sondern die Ihnen durch die Kommunalwahl, die leider nicht so ausgegangen ist, wie ich mir das gewünscht hätte, übertragene Verantwortung auch anzunehmen und den Kommunen zu helfen, statt sie im Regen stehen zu lassen.
Die Stärkung der Kommunalfinanzen unterliegt allerdings mehreren Bedingungen. Erstens. Die Lösung darf nicht zulasten der Länder gehen; denn nach wie vor geht es dem Land Schleswig-Holstein schlechter als den Kommunen, auch wenn es den Kommunen zugegebenermaßen sehr schlecht geht. Insofern richtet sich der Antrag der CDU zu den Umsatzsteuerpunkten gegen die Interessen des Landes; denn Sie sagen nicht, wer das, was Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben, bezahlen soll.
Zweitens. Es darf aus meiner Sicht nicht zu einer drastischen Verschiebung der Lasten von Unternehmern zu Arbeitnehmern kommen, wie es die Zuschlagsmodelle zur Körperschaft- beziehungsweise Einkommensteuer zeigen. Das auch von der FDP favorisierte Modell verstärkt außerdem das Problem
Flucht aus den Städten, auch wenn die „Financial Times Deutschland“ heute in einer Überschrift etwas anderes suggeriert. Aber schauen Sie sich die Rechnungen an, die da gemacht werden. Sie werden feststellen, dass das nicht der richtige Weg ist.
Ich bleibe dabei, dass nicht einzusehen ist, Herr Hildebrand, warum Handwerksmeister Gewerbesteuer bezahlen sollen, aber Rechtsanwälte, Notare, Architekten und Steuerberater nicht; denn sie nutzen genauso die kommunale Infrastruktur. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum sie sich ihrer Verpflichtung entziehen sollten.
Lassen Sie mich deutlich zum Ausdruck bringen, was das ist: Das ist reine Klientel-Politik! Das wissen wir alle. Deswegen sage ich es auch so deutlich.
Eine modernisierte Gewerbesteuer muss natürlich die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen berücksichtigen. Wir brauchen eine vernünftige Balance zwischen konjunkturabhängigen und konjunkturunabhängigen Elementen, ergänzt um eine Verrechnungsmöglichkeit für Unternehmen bei einer dauerhaften Konjunkturschwäche; denn wir wollen natürlich nicht die Insolvenzgefahr verstärken. Gerade ein Land wie Schleswig-Holstein, in dem es viele kleine und mittlere Unternehmen gibt, darf das nicht machen. Aber es gibt Möglichkeiten. Jegliche ertragsunabhängigen Elemente herauszunehmen und als Substanzbesteuerung zu verwerfen, bedeutet, dass man das Wort Fixkosten noch nie gehört hat. Nun fragen Sie einmal Herrn Dr. Peiner - er kommt ja aus der freien Wirtschaft -, was er von dieser Debatte hält, nämlich gar nichts.
- Er ist in der CDU; das stimmt. Aber er sagt, dass er sich in dieser Frage in seinem Senat durchsetzt. Das finde ich in diesem Fall hervorragend. Es sind nämlich gerade die fixen Kosten, die stabile Einnahmen erfordern. Eine Verweigerung bedeutet ohne Frage Substanzverlust, da die wirtschaftliche Tätigkeit einer Kommune und damit die Erzielung alternativer Einnahmen sehr begrenzt würde.
Der Zeitplan ist eng. Zwischenmodelle helfen nicht weiter. Sie bringen weder der öffentlichen Hand noch den Unternehmen die geforderte Sicherheit. Die Taktik des Aussitzens wollten wir doch eigentlich 1998 beendet haben. Deswegen sollten wir jetzt nicht in
gegenseitiger Blockade bei diesem Thema enden. Ich sage Ihnen ganz deutlich: SPD und Grüne sind in der Frage vollständig geschlossen. Die FDP ist dagegen. Sie hat immerhin eine eigenständige Position; da hat Frau Heinold völlig Recht. Die CDU hingegen ist völlig zerstritten. Fragen Sie einmal Ihre Bürgermeister, was sie von den entsprechenden Beschlüssen des CDU-Präsidiums halten. Fragen Sie sie einmal, was sie von den Beschlüssen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion halten. Ich sage es Ihnen, wie die Antwort lautet: Sie halten davon gar nichts. - Ich weiß das aus Gesprächen mit Bürgermeistern Ihrer Partei. Wer solche Parteifreunde hat, braucht keine Gegner mehr.
Insofern ist diese Frage der Soforthilfe ein geschickter Trick, Herr Lehnert. Sie befürworten nur deshalb eine Soforthilfe, weil Sie an das Modell nicht heranwollen, weil Sie über den Streit in Ihren eigenen Reihen und in den Koalitionen mit der FDP hinwegreden wollen. Nur deswegen sind Sie für Soforthilfe und nicht für ein entsprechendes Modell.
Noch etwas anderes, Herr Lehnert. Wenn man Ihren Antrag liest, dann gewinnt man den Eindruck, dass Sie nicht sonderlich viel Zutrauen zu Ihren eigenen Antrag haben; denn wenn der dritte Punkt umgesetzt wird, dann wird der vierte Punkt überflüssig. Wenn Sie das einmal genau lesen, dann werden Sie feststellen, dass das eine mit dem anderen etwas zu tun hat. Große Zuversicht spricht daraus jedenfalls nicht.
Ich möchte deswegen alle hier Anwesenden auffordern, das Ihre zu tun, um die Abstimmung mit der Bundesregierung und im Bundesrat im Interesse unserer Kommunen voranzubringen und bereits für das nächste Jahr eine Neuregelung zu erreichen. Ich weiß zwar nicht, was der freundliche ältere Herr davon hält, ich sage Ihnen aber: Stellen Sie sich an unsere Seite. Stellen Sie sich an die Seite der Kommunen. Überzeugen Sie Ihre Parteifreunde südlich der Elbe von der grundsätzlichen Richtigkeit des kommunalen Modells.
Sie wissen, Selbstkritik ist immer gut. Deswegen will ich auf einen Punkt des CDU-Antrages, was die Selbstkritik angeht, eingehen. Sie haben Recht, Eingriffe in den kommunalen Finanzausgleich sind ein kritischer Punkt. Ich habe mir einmal angeschaut, wie oft wir in den kommunalen Finanzausgleich eingegriffen haben und wie oft es Ihre Parteifreunde in den 38 Jahren Regierungsverantwortung getan haben. Da muss ich Ihnen ehrlich sagen: Wir haben beide gesündigt. Aber Ihr Sündenregister haben wir noch lange nicht erreicht. Wir können noch 20 Jahre
lange nicht erreicht. Wir können noch 20 Jahre regieren, um die gleichen Sünden verursacht zu haben, was dieses Thema angeht.
Von daher sollten Sie in solchen Punkten ein wenig bescheidener auftreten und uns in einem solchen Antrag nicht markig vorwerfen, wir würden in die Kommunalfinanzen eingreifen.
Ich sage Ihnen an dieser Stelle: Wir werden das nicht verlängern. Wir wollen unsere schwierige Finanzsituation nicht zulasten der Kommunen regeln; vielmehr müssen wir das in Partnerschaft tun. Deswegen bedanke ich mich ausdrücklich bei Herrn Puls und bei Frau Heinold für den Antrag; denn er geht genau in die richtige Richtung und gibt uns den Rückenwind, um auch diesmal für Mehrheiten zu kämpfen, vielleicht mit noch mehr und schnellerem Erfolg als bei dem Thema, das wir heute Vormittag diskutiert haben.
Lieber Herr Kayenburg und Herr Wiegard, Sie schreiben mir ja gern offene Briefe über die Presse. Insofern sage ich: Wie steht es eigentlich mit dem Angebot, einmal über die Inhalte in eine kontroverse Debatte einzutreten? Gerade beim Thema kommunale Finanzreform können wir unsere kontroversen Konzepte wunderbar miteinander debattieren. Da haben wir dann wirklich einmal die Freude, dass nicht nur unsere Parteifreunde dem zustimmen, was wir für richtig halten, sondern auch die CDU-Bürgermeister vor Ort.