Protocol of the Session on May 7, 2003

Der Landeswahlleiter hatte ausgerechnet, dass eine zuverlässige Verkleinerung des Landtages nur durch eine deutliche Reduzierung der Wahlkreise erreicht werden kann.

Die Modellrechnungen, auf die die Kolleginnen und Kollegen zum Teil in der vorangegangenen Debatte schon eingegangen sind, zeigen, dass eine Reduzierung von bisher 45 auf höchstens 38 Wahlkreise eine verlässliche Verminderung bringt. Oder andersherum: Nur eine Verkleinerung auf 38 Wahlkreise oder weniger wäre geeignet, das Entstehen dieser Überhang- und Ausgleichsmandate nahezu auszuschließen.

Die großen Fraktionen haben sich diesem Vorschlag aber verschlossen. Sie wollen 40 Wahlkreise erhalten. Deshalb haben sie lieber die Verfassung geändert und die Regelzahl von 69 Landtagsabgeordneten dort festgeschrieben. SPD und CDU geben zwar zu, dass durch diese Änderung die Zahl der Überhang- und Ausgleichsmandate in der Regel nicht mehr so stark

(Silke Hinrichsen)

ansteigen kann. Aber wir zweifeln dies ausdrücklich an. Die Zahl 69 wird schon dann überschritten, sobald mehr Parteien als CDU, SPD und SSW im Landtag vertreten sind. Es besteht ein viel zu hohes Risiko, dass der Landtag dann wieder über 75 Abgeordnete, also mehr als nach der jetzt beschlossenen Verfassungsänderung bekommt.

Mit der Zahl der Wahlkreise gestalten wir die Zusammensetzung unseres eigenen Arbeitsplatzes. Das ist eine heikle Angelegenheit. SPD und CDU sind dabei leider der Versuchung erlegen, ihre eigenen Interessen abzusichern. Die Wahlkreise wurden bisher von SPD und CDU gewonnen. Weniger Wahlkreise bedeuten auch weniger Absicherung für die direkt gewählten Kolleginnen und Kollegen aus den großen Fraktionen. Deshalb hat man sich für eine Lösung entschieden, die gut für SPD und CDU, aber schlecht für die Größe des Landtages ist.

Ich frage mich wirklich, warum man dann nicht gleich bei den 45 Wahlkreisen geblieben ist. Was hier von der unheiligen “Zweieinigkeit“ von SPD und CDU durchgedrückt werden soll, ist nur politische Kosmetik, um die eigenen Interessen schönzuschminken.

Natürlich kann man sagen, dass die kleinen Fraktionen bei den Wahlkreisen nicht betroffen sind und deshalb die andere Lösung bevorzugen. Das stimmt allerdings nicht ganz. Ich möchte daran erinnern, dass es durchaus Situationen gegeben hat, wo ein SSWDirektmandat im Norden des Landes nicht völlig utopisch war. Diese Chance wird sicherlich durch die weitere vorgeschlagene Regelung, wie sie jetzt von der SPD gekommen ist, nicht besser.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie wird aber vermutlich auch nicht viel schlimmer!)

Trotzdem können wir nur dem FDP-Antrag zustimmen. Es ist eben nicht so, dass die kleinen Fraktionen nur für die 35 Wahlkreise oder die 38 Wahlkreise sind, weil sie ohnehin keine Chance haben, Direktmandate zu gewinnen. Wir wollen, dass der Landtag nachhaltig daran gehindert wird, wieder ein Übergewicht zu bekommen. Wir haben eine Rechnung des Landeswahlleiters im Rücken, der wir vertrauen. Deshalb werden wir den Gesetzentwurf von SPD und CDU auch heute hier ablehnen.

(Beifall beim SSW)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Hildebrand.

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Herr Kollege Schlie, Sie haben sich bei den Ausführungen des Kollegen Kubicki reichlich effauchiert. Ich glaube, ich muss ein bisschen zum Verständnis beitragen, warum wir jetzt auf eine Zahl von 34 oder 35 Wahlkreisen kommen.

(Klaus Schlie [CDU]: Was denn nun: 34 o- der 35?)

- Lassen Sie mich doch einmal ausreden; das werde ich jetzt gleich sagen. Bei unserem Änderungsantrag sind wir ursprünglich davon ausgegangen, dass eine Zahl von 75 Abgeordneten zugrunde zu legen ist. Da hat sich Folgendes gezeigt: Wenn wir annähernd die Hälfte der Abgeordneten in den Wahlkreisen wählen, ist sichergestellt, dass es keine Überhang- oder Ausgleichsmandate gibt. Deshalb haben wir, weil man schlecht 37,5 Wahlkreise einrichten kann, den Antrag gestellt, 38 Wahlkreise zu bestimmen.

Und nun hat gerade vor zehn Minuten der Landtag mit großer Mehrheit beschlossen, die Zahl von 75 Abgeordneten auf 69 zu reduzieren. Folglich müssen wir natürlich auch die Anzahl der Wahlkreise wiederum auf etwa 50 % anpassen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das heißt, bei 69 Abgeordneten müssen wir entweder 34 oder 35 Wahlkreise einrichten. Wir haben es nun auch wieder so gehalten zu sagen: Wir runden auf 35 Wahlkreise auf. Und deshalb hat der Kollege Kubicki eben gesagt, dass die Zahl 38 durch die Zahl 35 zu ersetzen ist. Das ist nun doch wirklich logisch.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ihre Zwischenrufe, die Sie bei seinem Debattenbeitrag von sich gegeben haben, entbehren im Grunde jeder Grundlage, Kollege Schlie.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Schlie das Wort.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sie legen doch Wert darauf, dass wir das ausführlich beraten. Ich finde es gut, Herr Kollege Hildebrand, dass Sie das noch einmal ausgeführt haben.

Das ist aus Ihrer Sicht erst einmal nachvollziehbar, wenn man das rein arithmetisch sieht. Sie werden mir doch sicherlich Recht geben, dass Wahlkreise nicht nur nach arithemtisch-theoretischen Modellen zu entwickeln sind, sondern dass es Vorgaben gibt, was erstens die Bevölkerungszahl - mit den beiden Pendelbewegungen nach oben und unten - angeht, dass es zweitens gewisse Notwendigkeiten gibt, was politische Grenzen innerhalb unsere Kreise und kreisfreien Städte angeht, und dass es drittens historische Entwicklungen in diesem Land Schleswig-Holstein gibt, die eine Zuschneidung der Wahlkreise auf bestimmte Grenzen notwendig machen.

Da das drei Argumente und Kriterien sind, die wir beachten müssen, werden Sie mir nach den bisherigen sachlichen Erörterungen, die wir in Sachfragen im Innen- und Rechtsausschuss bisher immer hatten, sicherlich zugeben, dass es alles nicht nur eine Frage einer theoretisch-arithmetischen Betrachtung ist, wie man die Zahl der Wahlkreise reduziert, sondern das auch von diesen Kriterien abhängt.

Wir haben die Zahl der Abgeordneten in der Verfassung auf 69 festgelegt. Daran und an den drei genannten Kriterien ausgerichtet müssen wir sehen, wie die Wahlkreise entsprechend gestaltet werden können. Das ist berechnet worden. Das ist entwickelt worden.

Es muss weiter die Wahrscheinlichkeit geben, dass es darüber hinaus möglichst wenig Abgeordnete gibt. Dass wir Überhang- und Ausgleichsmandate nicht abschaffen können, haben wir hier doch miteinander festgestellt. Das wissen wir doch. Dass die Wahrscheinlichkeit außerordentlich gering ist, dass wir solche Ausnahmewahlen haben, wissen Sie auch. Sie operieren in der öffentlichen Darstellung immer mit den Ausnahmewahlen. Aufgrund bestimmter Situationen hat es Ausnahmewahlen gegeben.

Deswegen finde ich es einfach unangemessen, wenn Sie so einfach so aus der Hosentasche heraus - deshalb habe ich mich so echauffiert, wenn Sie das so bezeichnen wollen - sagen: Dann machen wir einmal 35 Wahlkreise. Dann könnte man auch sagen: Machen wir doch einfach noch weniger Wahlkreise, machen wir das doch einfach irgendwie so, ohne darüber nachgedacht zu haben, welche Kriterien angewandt werden müssen. Da ist Ihr Anspruch - das attestiere ich Ihnen - eigentlich ein viel größerer.

(Beifall bei der CDU - Zuruf des Abgeordne- ten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Mir liegt noch eine ganze Reihe von Wortmeldungen vor. - Zunächst erteile ich Herrn Minister Buß das Wort.

(Minister Klaus Buß: Aus meiner Sicht ist al- les Wesentliche gesagt!)

- Nehmen Sie bitte das Mikrofon, Herr Minister.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch um fünf vor sieben müs- sen wir noch korrekt handeln!)

Frau Präsidentin! Meine hoch verehrten Damen und Herren! Aus meiner Sicht ist alles Wesentliche gesagt. Ich kann keine neuen Erkenntnisse beitragen. Daher verzichte ich.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Minister und seinem guten Beispiel.

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich soll mir an dem Minister ein Beispiel nehmen. Ich weiß nicht, welches Beispiel ich mir nehmen soll. Mit Ihrem Beitrag haben Sie nun allen erklärt, dass Sie allem zu- oder nicht zustimmen. Sie haben nicht gesagt, welches Ihre Position ist. Sie haben einfach nur gesagt, es sei alles gesagt - von wem auch immer.

Ich finde das begeisternd, Herr Kollege Schlie. Ich glaube, dass Sie Ihre eigene Basis demnächst wieder einholen wird. Ich sage Ihnen das voraus.

Wenn ich Ihre Worte richtig verstanden habe, gibt es nach dem, was Sie dem Kollegen Hildebrand entgegengehalten haben, einen zwingenden Grund dafür, warum wir 40 Direktwahlkreise erhalten müssen. Wir haben den Landeswahlleiter auf Ihre und unsere Bitte hin durchrechnen lassen, wie es mit 38, 39 und 37 Wahlkreisen aussieht. Er hat bei 37 Wahlkreisen überhaupt kein Problem, entsprechend darzustellen,

(Wolfgang Kubicki)

dass es sie geben kann. Deshalb ist Ihre Aussage, es sei aufgrund von Strukturen einfach nicht möglich - -

(Klaus Schlie [CDU]: Das habe ich doch gar nicht gesagt! - Weitere Zurufe von der CDU)

- Sie können sagen: Wir wollen es nicht. Dann brauchen Sie nicht so zu tun, als hätten Sie das durchgerechnet und seien zu dem Ergebnis gekommen, es gebe keine Überhand- und Ausgleichsmandate mehr. Es wird sie geben, wenn es nicht zu einem Gleichstand von etwa 50:50 kommt.

(Roswitha Strauß [CDU]: Sie wollen es nicht! Das ist doch in Ordnung!)

Die Debatte läuft genauso wie bei der Diätenerhöhung. Sie wollen bestimmte Dinge einfach nicht sehen. Ich sage Ihnen voraus: Die schleswigholsteinische Öffentlichkeit wird sich das einfach nicht mehr gefallen lassen, wie dieses Parlament in der Mehrheit der beiden großen Fraktionen mit ihr umgeht.

(Beifall bei FDP und SSW)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung hat Frau Abgeordnete Fröhlich.

(Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ich verzichte auf meinen Beitrag, weil ich den Eindruck habe, dass es hier ü- berhaupt nicht mehr um Erkenntnisgewinn geht!)