ten. Wir hatten im Wahlkampf - Sie waren nicht dabei, aber Frau Schlosser-Keichel - eine Veranstaltung im Gymnasium in Kappeln, auf der uns der Schulleiter in einem anschließenden Gespräch gesagt hat, er könne aufgrund der Personalzuweisung an ihn in der Mittelstufe von vornherein 10 % der eigentlich vorgesehenen Unterrichtsstunden gar nicht einplanen.
Das ist mein letzter Satz, Herr Präsident! - Wenn wir den Schulen bei der Gymnasialzeitverkürzung den gleichen Personalbestand belassen - das ist eine ganz wichtige Voraussetzung -, dann kann Unterricht auch vollständig erteilt werden. Das führt dann dazu, dass das Pensum besser bewältigt werden kann, auch in der kürzeren Zeit. Davon bin ich fest überzeugt.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn in diesem Haus über eine Frage Konsens besteht, dann ist es die Tatsache, dass heutige Investitionen in die Bildung unser Kapital von morgen sind. Dieses Zeichen der Zeit hat die rot-grüne Landesregierung erkannt. Deshalb gibt es - die ist auch überall zu bemerken - eine Bildungsoffensive.
Es ist daher völlig irrsinnig, Herr Klug und auch Herr de Jager, wenn Sie eine bildungspolitische Krise heraufbeschwören, nur weil Sie hierzulande keine achtjährige Gymnasialzeit haben. Einen solch tiefgreifenden Einschnitt in die Bildungslandschaft zaubert man eben nicht einfach so schwuppdiwupp aus dem Zylinder; vielmehr müssen wir genau hinschauen, gewissenhaft und ehrlich miteinander diskutieren, was das dann im Konkreten für Schleswig-Holstein bedeutet, für unsere Bedingungen hierzulande.
Ich möchte einige Essentials darstellen und erwarte natürlich, dass zur Operationalisierung auch die Ministerin noch Stellung nehmen wird. Wir haben ja schon zahlreiche Stellungnahmen von der GEW, von der LandesschülerInnenvertretung und von Elternvertretungen bekommen. Ich denke, alle diejenigen, die sich hier gemeldet haben und die auch sonst zum größten
Teil in der Schulkonferenz beteiligt sind, sollten natürlich bei einem solchen Schulversuch beteiligt werden, damit er ein Erfolg wird.
Das Abitur nach zwölf Jahren darf eben keine versteckte Sparmaßnahme werden. Gerade der haben Sie aber das Wort geredet, Herr Klug. In einer so offensichtlichen Form hier zu sagen, dass Sie aus jeder Not eine Tugend machen wollen, finde ich schon ein ganz schön starkes Stück. Das würde bedeuten, dass gerade kleinere Schulen im ländlichen Raum durch so eine Maßnahme selbstredend in ihrem Standard geschwächt würden. Gerade hier hat die Ministerin mit ihrer Auswahl der möglichen Schulen für einen solchen Modellversuch gegengesteuert.
Rot-Grün hat in der vergangenen Zeit für die Schulen einen großen programmatischen Block vereinbart, eine Herausforderung: Die Schulen sollen bis zum Jahr 2002 selbst ein Schulprofil entwickeln, und zwar flächendeckend. Gleichzeitig haben wir die Aktion „Schulen ans Netz“. Das alles müssen Lehrerinnen und Lehrer mit hohem Engagement umsetzen. Wir haben den vertiefenden Unterricht im 11. Jahrgang und die Projektkurse im 13. Jahrgang. Wir haben weitere wichtige Schritte nach vorn getan, die Sie offensichtlich nicht zur Kenntnis nehmen oder nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Wenn wir aber tatsächlich eigenverantwortlich handelnde und teamfähige Schülerinnen und Schüler mit dem Abitur vor uns sehen wollen, heißt das, dass diese Dinge nicht nur irgendwo auf dem Papier beschlossen sein, sondern an den Schulen umgesetzt werden müssen und damit ist gerade in den letzten Jahren begonnen worden.
Es geht nicht darum, ob die Schülerinnen und Schüler 18, 19 oder 20 Jahre alt sind, sondern es ist wichtig, ob sie den internationalen Wettbewerbsbedingungen auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich begegnen können und in der Lage sind, ihr Berufsleben eigenverantwortlich zu planen. Sozialkompetenz ist eben nicht nur ein Modewort, sondern muss tatsächlich gelebt werden.
Unser Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern führt jetzt erst die 13-jährige Schulzeit ein. Das sollte uns zu denken geben.
Wir können das Thema auch unter entwicklungspsychologischen Gesichtspunkten betrachten. Auch ich habe in Nordrhein-Westfalen die 12-jährige Schulzeit erlebt und muss sagen, dass viele meiner Mitschülerinnen und Mitschüler ein sehr gefährdetes Abitur gehabt haben.
Es ist am Unterricht gespart worden, es ist vieles ausgefallen. Wir haben es hingekriegt, aber es war kein besonders gutes Schulleben, vor allem in der Zeit der Kurzschuljahre nicht. Ich erinnere mich noch sehr genau daran und möchte die Schülerinnen und Schüler von Schleswig-Holstein davor bewahren.
Nein, dafür habe ich keine Zeit, das erlaube ich nicht. Wir haben die Argumente im Wesentlichen ausgetauscht. Vielleicht sollten wir noch einmal daran erinnern, dass auch im heutigen Schulleben Klassen- und Kursfahrten, Austauschprogramme, Projektwochen, Arbeitsgemeinschaften und dergleichen mehr nicht zu kurz kommen dürfen. Das alles müssten Sie streichen, Herr Klug und Herr de Jager.
Das viel gelobte außereuropäische Ausland, die USA, weist eine sehr heterogene Bildungslandschaft auf. So muss ein großer Teil nach der kürzeren Schulzeit in den entsprechenden Hochschulen erst einmal ein Eingangsjahr absolvieren, um eine Allgemeinbildung zu erreichen, die für ein Studium an einer Hochschule Voraussetzung ist.
Wollen Sie einen Verschiebebahnhof oder wollen Sie tatsächlich eine Bildungsreform? - Wir wollen Letzteres und deshalb sind wir sehr gespannt auf den Modellversuch und werden uns daran konstruktiv beteiligen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es gleich ganz deutlich zu machen: Der SSW richtet sich nicht generell gegen eine sinnvolle und ausgewogene Verkürzung der Schulzeit an Gymnasien im Rahmen einer umfassenden Schulreform. Voraussetzung dafür ist aber, dass es nicht eine Verkürzung um ihrer selbst willen gibt, weil sich Schlagworte wie „Straffung“ und „schneller Erfolg“ immer gut anhören. Entscheidend ist, dass man mit einem Abitur nach zwölf Jahren verbinden will, was an Unterrichtsformen und Inhalten gestrichen, umgewidmet oder ergänzt werden soll und wie alle Schulformen in ein Gesamtkonzept einer Schulreform integriert und miteinander verzahnt werden sollen.
Da möchte ich noch einmal mein Lieblingsthema ansprechen: die sechsjährige Grundschule. Es ist wirklich zum Heulen, dass anscheinend die einzige Art von Schulreform, für die es vielleicht einen Konsens geben könnte, am oberen Ende der Schulzeit stattfinden soll. Das ist nicht hinzunehmen.
Schon nach der heutigen Oberstufenverordnung ist eine Verkürzung möglich. Aus dem heute zu debattierenden Bericht der Landesregierung zur Unterrichtssituation geht hervor, dass das Bildungsministerium eine probeweise Verkürzung der gymnasialen Schulzeit an ausgewählten Schulen für das kommende Schuljahr plant.
Gegen solche Modellversuche gibt es überhaupt nichts einzuwenden. Modellversuche sind wichtig. Allerdings gehen wir davon aus, dass die probeweise Verkürzung auch ausgewertet wird. Denn ich möchte bei diesem Modellversuch genau wissen, welche Auswirkungen die Verkürzung auf alle relevanten Bereiche von Schule und Berufsleben hat.
Eine solche Auswertung ist dringend geboten, denn wir müssen unsere Entscheidung von inhaltlichen Gründen abhängig machen und nicht davon, was politisch trendy ist.
Ich möchte einen Bereich ansprechen, der für die Verkürzung besonders sensibel sein könnte, die einjährigen Auslandsaufenthalte von Schülerinnen und Schülern. An manchen Gymnasien gehen bereits zwischen 10 und 25 % eines Jahrgangs nach der 10. Klasse für ein Jahr ins Ausland, meistens in die USA. In der Regel können sie danach gleich in die 12. Jahrgangsstufe überwechseln, was bei einer durchgängig neunjährigen Gymnasialzeit sicherlich nicht möglich wäre.
Das muss kein Grund gegen eine allgemeine Verkürzung sein, kann aber ein Grund sein. Auch das muss auf jeden Fall mit berücksichtigt werden.
Vor allem muss man sich bei der geplanten Verkürzung der Gymnasialschulzeit fragen, was die inhaltlichen Konsequenzen sein werden. Selbst wann man Lehrpläne entrümpelt, wäre eine Verschärfung des Lerntempos wohl unweigerlich die Folge. Die KMK legt ja fest, wie viele Unterrichtsstunden in den einzelnen Fächern bis zum Abitur zu erbringen sind. Es wäre damit zu rechnen, dass bereits ab der 6. Klasse verstärkt Nachmittagsunterricht stattfinden müsste. Häufiger Nachmittagsunterricht würde den Schulstress für Lehrer und Schüler erhöhen, wenig Luft für zusätzliche Programme wie bilinguale Unterrichtsangebote und Computerunterricht lassen und die Gefahr in sich bergen, dass wieder mehr zum Frontalunterricht zurückgekehrt wird.
Eine besondere Belastung wäre eine täglich von 8 bis 14 oder 15 Uhr dauernde Schule auch für viele Fahrschüler. Eigentlich ist ein so langer Schultag ohne Mittagspause und Freizeit wenig sinnvoll.
Man müsste sich also Gedanken darüber machen, wie Gymnasien und Ganztagsschulen miteinander in Übereinstimmung gebracht werden können. Das dürfte flächendeckend kaum möglich sein.
Man muss sich aber - und das ist das Wichtigste grundlegend die Frage stellen, für wen die Gymnasien da sein sollen. Nach Ansicht des SSW sollen sie keine Eliteschulen nur für angehende Akademiker sein. Wer sich in der Realität der Schule und der Gymnasien auskennt, weiß, dass es so auch nicht ist. Daher bedeutet es wirklich, das Pferd von hinten aufzuzäumen, wenn man fordert, die Schulzeit generell zu verkürzen und das Abitur flächendeckend nach zwölf Jahren einzuführen. Wir müssen eine andere Art der Debatte führen. Wir müssen uns fragen, wem eine zwölfjährige Schulzeit nützt und wem sie schadet.
- Herr Präsident, ich komme jetzt wirklich zum Schluss. Ich möchte noch eine Bemerkung loswerden, weil immer wieder gefragt wird, wie die Situation in Dänemark ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, da gibt es beide Möglichkeiten, Abitur nach 12 oder 13 Jahren. Da gibt es die Möglichkeit zu fragen, ob man es so oder so schaffen kann.