Ich komme zum Schluss: Nach Ansicht von Fachleuten gehen diese Einschränkungen der Entscheidungsspielräume für die Vorstände weit über Basel II hinaus. Wenn die Bundesregierung hier nicht gegensteuert zuständig für das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, das jetzt zum Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen geworden ist, ist der Finanzminister -, gehen im Mittelstand tatsächlich bald die Lichter aus.
Ich beantrage alternative Abstimmung unseres Antrages zur Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben es bei dem so harmlos als Basel II bezeichneten Konsultationspapier des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht und den tief greifenden Veränderungen der Finanzierungsbedingungen in Deutschland mit dem bedeutendsten Umbruch in der Kreditwirtschaft überhaupt zu tun. Bedingt durch die in Deutschland übliche niedrige Eigenkapitalausstattung insbesondere mittelständischer Firmen war die Kreditfinanzierung kleiner und mittlerer Betriebe jahrzehntelang eine sichere Cashcow unserer Banken.
Der Vorstandssprecher der Dresdner Bank bestätigte noch im März 2001: Die Kreditwirtschaft in Deutschland hätte damit auch weiterhin gut leben können. Bei international agierenden Anlegern aber werde das Kreditgeschäft in Deutschland als ertragsschwach und risikobehaftet eingeschätzt. - Ebendiese neudeutsch als Shareholder-Value-Orientierung bezeichnete Renditediskussion hat seit Jahren zum zunehmenden Rückzug insbesondere der Großbanken aus dem Kreditgeschäft kleiner und mittlerer Unternehmen geführt. Die Pleitewelle hat nicht zuletzt auch hier eine ihrer wesentlichen Ursachen.
Lassen Sie es mich noch einmal deutlich sagen: Es geht bei diesem Umbruch in der Finanzwirtschaft nicht um volkswirtschaftliche Notwendigkeiten, auch nicht um betriebswirtschaftliche Nöte unserer Banken. Es geht einzig und allein um Renditen, um höhere Gewinne zulasten der Kapitalausstattung unserer mittelständischen Betriebe.
Meine Damen und Herren, diese Investmentbanker, die das Kreditgeschäft mit unseren mittelständischen Firmen, die schon immer das Fundament unserer Volkswirtschaft waren, als ertragsschwach und risikobehaftet abqualifizieren, sind dieselben Investmentbanker, die noch vor wenigen Jahren unerfahrenen Unternehmern am neuen Markt Milliardenbeträge zur Verfügung stellten und deren Leistungsfähigkeit lange ausschließlich an steigenden Umsatzzahlen, aber nicht an Gewinnen gemessen haben. Das Ergebnis kennen wir: Millionen kleiner Anleger ließen sich begeistern und verloren in diesem hochspekulativen Markt ihr eingesetztes Geld.
Ein Blick auf die Eigenkapitalrendite unserer Großbanken zeigt auch, dass diese so großen Schwankungen unterlegen sind, dass nur schwer nachvollzogen werden kann, dies sei im Wesentlichen auf die mangelnde Kreditwürdigkeit unseres Mittelstandes zurückzuführen. Bei der Deutschen Bank etwa schwankt die bereinigte Eigenkapitalrendite zwischen 0,5 % im vergangenen Jahr und 52,8 % im Jahr davor. - Es ist schon erstaunlich, mit wie wenig Widerstand und Kritik wir uns die Qualität unserer mittelständischen Wirtschaft durch Investmentbanker kaputtreden lassen und zusehen, wie unseren Betrieben wichtige Zukunftsinvestitionen konsequent versagt werden. Da reiben sich in den USA und in den europäischen Partnerländern so manche Strategen hämisch die Hände.
Nun wird es uns allemal nicht gelingen, durch unsere Beschlüsse eine Kehrtwende in der Kreditpolitik unserer Großbanken zu erreichen. Wir müssen aber eindeutig klarmachen, dass der schleswig-holsteinische Landtag an der Seite der mittelständischen Wirtschaft und ihrer Beschäftigten steht und Renditedenken nicht der alleinige Maßstab für die Kreditwirtschaft sein kann.
Wir müssen unsere Forderungen an die Baseler Richtlinien formulieren und sind hier auch überhaupt nicht auseinander. Der vom Wirtschaftsausschuss auf Antrag der SPD-Fraktion beschlossene Antrag und der hier neu vorliegende CDU-Antrag sind diesbezüglich identisch - bis auf die richtige zusätzliche Forderung, mit langfristigen Krediten keine besonders erhöhte Eigenkapitalhinterlegung zu verbinden.
Auch die Forderung nach einer Stärkung der eigenen Instrumentarien - Investitionsbank, mittelständische Beteiligungsgesellschaft und Bürgschaftsbank - ist identisch.
Ihre Aufforderung an die Bundesregierung nach Absenkung von Steuern und Abgaben kann nur als Bestätigung der Politik der Bundesregierung gewertet werden, die in einem finanzpolitischen Kraftakt genau dies schon umgesetzt hat.
Da ich mir, Frau Schmitz-Hübsch, aber nicht vorstellen kann, dass Sie die Bundesregierung im Vorwahlkampf ausdrücklich loben möchten, und wir wohl kaum zu einer einheitlichen Formulierung in Bezug auf die steuerpolitischen Leistungen der Bundesregierung kommen werden, bitte ich Sie, die übereinstimmenden Einschätzungen und Forderungen in Bezug auf Basel II und die eigenen Finanzierungsinstrumente auch übereinstimmend zu dokumentieren und dem Beschluss des Wirtschaftsausschusses zu folgen. Ihr eigener Antrag ist schlichtweg entbehrlich.
Ich kann mir zwar vorstellen, Frau Schmitz-Hübsch, dass es Ihnen nicht recht ist, dass mal wieder die SPD die Initiative für die Stärkung der mittelständischen Wirtschaft übernommen hat,
aber bei der grundsätzlichen Bedeutung des Themas sollten wir parteipolitische Interessen hintanstellen und
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die FDP den Antrag nicht gestellt hätte, Herr Müller, dann würden Sie heute noch denken, Basel sei nur eine Stadt in der Schweiz,
und hätten nicht die Gelegenheit, Ihre wohlmeinenden Vorstellungen auch zu Papier zu bringen und Ihren Beitrag zu leisten.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung schloss ihren Bericht mit der lapidaren Feststellung, dass Mittelständler mit schwächerer Bonität mit Basel II einen noch schwierigeren Zugang zu Krediten bekommen. Und das war’s dann! Es fehlte eine entscheidende Tatsache: Wenn Basel II 2006 in Kraft tritt, wird es für viele Mittelständler zu spät sein; denn die Banken handeln schon heute nach Maßstäben, die Basel II nachträglich kodifiziert.
Herr Müller, das gilt für die Geschäftsbanken in gleicher Weise wie für die Landesbanken und die Sparkassen. Der Grund liegt einfach darin, dass eine Sorgfaltspflichtverletzung bei der Kreditvergabe und eine Verletzung der Kreditunterlegungsvorschriften - wie den Sparkassen und Banken vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen übrigens mitgeteilt wurde - strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, weil die Vorstände, die sich nicht daran halten, einem Untreuevorwurf ausgesetzt sind, wie Sie der BGH-Rechtsprechung dazu entnehmen können.
Rating und portfolioorientiertes Kreditmanagement spielen schon heute eine nicht mehr wegzudenkende Rolle im Kreditverfahren. Das liegt nicht an Basel II, sondern an den niedrigen Erträgen deutscher Banken. Sie sind gezwungen, schärfer zu kalkulieren und die Risiken genauer einzuschätzen. Mit Basel II werden sich dann nur noch die Sätze des zu unterlegenden Eigenkapitals der Banken verändern.
Da die Banken schon heute auf Basel II zusteuern, wird die Kreditschraube im nächsten Jahr weiter angezogen werden und die Pleitewelle wird weiter rollen. Für dieses Jahr werden über 40.000 Insolvenzen er
wartet. Ein trauriger Rekord! Wenn Sie mit Vertretern aus der Banken- und Sparkassenwirtschaft reden, dann sagen die Ihnen: Wir werden innerhalb der nächsten eineinhalb bis zwei Jahre 30 % unseres Mittelstandes flächendeckend wegrasieren, wenn nicht tief greifende Veränderungen im Kreditwesengesetz geschaffen werden, für das der Bund und nicht der Landtag Schleswig-Holstein zuständig ist.
Die deutsche Wirtschaftskraft hängt am Mittelstand. Der Mittelstand hängt am Hausbankenkredit. Wenn der Kreditkanal austrocknet, läuft erst der Mittelstand auf Grund und dann Deutschland.
Im Geleitzug der europäischen Wirtschaften tuckert Deutschland schon jetzt hinterher, im Geleitzug der westdeutschen Bundesländer Schleswig-Holstein. Hinter uns liegt nur noch Nordrhein-Westfalen. In allen drei Ländern regiert Rot-Grün.
Herr Kollege Müller, Sie konnten gerade der Bilanzpressekonferenz der WestLB entnehmen, dass nicht nur Kleinanleger viel Geld verbrannt haben, sondern auch die WestLB mit ihrer Anlagenstrategie bei Enron in den Vereinigten Staaten, übrigens zulasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler des Landes Nordrhein-Westfalen.
Resümee für uns: Wo Rot-Grün regiert, ist Schluss mit Wachstum und steigendem Wohlstand. Das muss anders werden. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass der Mittelstand wieder auf Touren kommt. Nur so werden Deutschland und Schleswig-Holstein wieder zur Spitze aufschließen.
Denn der Mittelstand ist unser Motor für Wachstum und Beschäftigung. Wir sollten ihn nicht nur pflegen, sondern auch tunen.
Hierzu kämen einige der Vorschläge der CDU gerade recht, Frau Schmitz-Hübsch, wären sie nicht schon längst beschlossen. Die Forderungen unter Nummer eins Ihres Antrags sind am 27. September 2001 im Bundesrat als Bitte an die Bundesregierung gerichtet worden, und zwar einstimmig, übrigens auf Antrag der FDP. Vielleicht hätte die CDU das gemerkt, wäre sie nicht ständig mit sich selbst und ihren internen Auseinandersetzungen beschäftigt gewesen, die ja Gott sei Dank seit gestern vorbei sind.
Zurück zum Mittelstand! Die FDP unterstreicht erneut die Forderung, die gewachsenen Finanzierungsstrukturen des deutschen Mittelstandes bei der Umsetzung von Basel II gewichtig zu berücksichtigen. Der Baseler Ausschuss ist schon dabei. Im Rahmen des Mittelstandspakets bei Basel II, der „Retrailregelung“, wird den Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen stärker Rechnung getragen, als es bisher geplant war. Jetzt müssen wir dran bleiben und die Forderungen für den Mittelstand konsequent weiter vertreten:
keine Benachteiligungen für kleine Kreditengagements und langfristige Kredite, Akzeptanz des bisher üblichen Sicherheitenspektrums und Erleichterungen für Existenzgründer!