Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In ihrem Bericht über die Chancen der UMTSTechnologie geht die Landesregierung von der dritten Mobilfunkgeneration aus. Die zu erwartende technische Erneuerung birgt im Vergleich zur gegenwärtigen Technik ein erheblich größeres Übertragungsvolumen und somit auch größere Möglichkeiten. Daher scheint es unmittelbar auch nicht verwunderlich, dass seinerzeit die enorme Summe von zirka 100 Milliarden DM für die Lizenzen aufgebracht wurde. Ob sich diese Investitionen auch tatsächlich rechnen, möchte ich dahingestellt sein lassen. Dass die Firmen, die bei dem durchgeführten Versteigerungsverfahren dieses viele Geld aufgebracht haben, nun verständlicherweise auch ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran haben, dass es mit der technischen Entwicklung und der dazugehörigen Netzinfrastruktur vorangeht, ist klar. Die Frage ist nur wie. Die technische Entwicklung der UMTS-Geräte ist bereits in vollem Gang. Motorola Deutschland hat das erste serienreife UMTS-Handy entwickelt und mit Hilfe des Herrn Wirtschaftsministers auch auf der diesjährigen CeBIT vorgestellt.
- Ich habe ein anderes. Dass Motorola dieses Handy demnächst in Flensburg produzieren wird, freut mich natürlich für den Standort Flensburg. Dass eine der lizenzinhabenden Firmen, MobilCom, ihren Sitz in Büdelsdorf hat, freut mich natürlich auch, wobei ich wie alle anderen - dem Unternehmen die Daumen drücke, dass die MobilCom aus ihrer Krise herausfindet. Alles andere wäre für Schleswig-Holstein fatal.
Es geht jedoch kein Weg daran vorbei, die Entwicklung der Netzinfrastruktur voranzubringen. Auch hier ist davon auszugehen, dass dies nur mit einem Aufwand in Milliardenhöhe zu bewerkstelligen ist.
Das gesetzte Ziel, den Anstieg des Versorgungsgrads von 25 % der Bevölkerung bis Ende 2003 auf 50 % der Bevölkerung bis Ende 2005 sicherzustellen, beinhaltet, dass bis Ende 2005 über 2000 neue Antennenstandorte in Schleswig-Holstein benötigt werden.
Die breite Diskussion über die Auswirkungen des Elektrosmogs durch Mobilfunkantennen gibt es bereits seit Beginn des Handyzeitalters. Mit den benötigten UMTS-Antennenstandorten hat diese Diskussion weiter an Schärfe zugenommen. Auch das hörten wir bereits. Da es heute noch keine Erkenntnisse über die möglichen Auswirkungen der elektromagnetischen Felder auf die menschliche Gesundheit gibt, ist es für den SSW wichtig, dass die Landesregierung hinsichtlich des Elektrosmogs ihrer Sorgfaltspflicht unbedingt nachkommt, wozu sie sich bereits bekennt.
Meine Damen und Herren! Die Zahl der Abgeordneten ist zurückgegangen, der Geräuschpegel ist gestiegen. Dieses Missverhältnis sollten Sie korrigieren!
Der SSW begrüßt daher die eingegangene Selbstverpflichtung der Bundesregierung und der UMTSMobilfunkbetreiber zu Verbraucher- und Gesundheitsschutz. Die Intensivierung der Forschungsaktivitäten für den Zeitraum 2002 bis 2005, etwa 29 Milliarden € zu investieren, zeigt aber auch, dass die Verbreitung der UMTS-Mobilfunkanlagen einerseits durchaus kritisch zu betrachten ist. Auf der anderen Seite sind natürlich die wirtschaftlichen Vorteile, die in dieser neuen Technologie stecken, nicht von der Hand zu weisen. So geht die Landesregierung davon aus, dass gerade kleinere und mittlere Unternehmen künftig von dieser Technik profitieren können. Das erfordert jedoch notwendig die Aufklärung der potenziellen Nutzer.
Mit der Errichtung des Verbundprojektes von Wirtschaftsunternehmen und Hochschulen, das durch die Technologietransferzentrale Schleswig-Holstein betreut wird, wurde bereits der Grundstein für einen zukunftsorientierten und wirtschaftlichen Umgang mit dieser Technologie geschaffen. Wir hörten bereits, dass sich auch die Flensburger Hochschulen daran beteiligen. Das wird aus unserer Sicht auch zu einer Stärkung des Hochschulstandortes Flensburg beitragen können. Wir begrüßen also ausdrücklich diesen Schritt des Wirtschaftsministeriums. Das tun wir auch vor dem Hintergrund - das möchte ich hinzufügen - der aktuellen Hochschuldebatte hier im Land. Ich möchte noch einmal hervorheben, dass es aus unserer Sicht
unverständlich ist, dass laut Aussage des Bildungsministeriums an der Universität Flensburg allein die Lehrerausbildung Priorität hat. Kurzfristig betrachtet ist das vielleicht sogar zu akzeptieren. Aber längerfristig muss es darum gehen, auch die anderen Standbeine des Hochschulstandortes Flensburg zu stärken und weiterzuentwickeln.
Der Wirtschaftsminister sollte seiner Kollegin aus dem Bildungsministerium einmal bei einer Tasse Kaffee die Vorzüge Flensburgs darlegen.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Sie haben den Bericht zur Kenntnis genommen und ich schlage Ihnen vor, ihn zur abschließenden Beratung dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so verfahren will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Das haben wir einstimmig so beschlossen.
Etwas wider Erwarten rufe ich jetzt die Tagesordnungspunkte 24 und 52 auf. Ich werde den Tagesordnungspunkt zum Bürgerbegehren an der Stelle, an der ursprünglich der Antrag zu Basel II vorgesehen war, aufrufen. Ich rufe jetzt also die Tagesordnungspunkte 24 und 25 auf:
Das Wort zur Begründung des Antrages, Drucksache 15/1833, wird nicht gewünscht? - Wird das Wort gewünscht? - Nein, das wird nicht gewünscht.
Dann erteile ich der Berichterstatterin des Wirtschaftsausschusses, Frau Abgeordneter Strauß, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Anbetracht der Wichtigkeit dieses Themas gestatten Sie mir ein paar Worte mehr zur Bearbeitung dieses Themas im Ausschuss.
Einstimmig empfiehlt der Wirtschaftsausschuss dem Landtag im Einvernehmen mit dem Finanzausschuss, den Bericht der Landesregierung zur Kenntnis zu nehmen. Im Zusammenhang mit dem Bericht der Landesregierung unterbreitet der Wirtschaftsausschuss dem hohen Haus darüber hinaus eine Beschlussempfehlung, die auf der Grundlage der Ergebnisse der von mir bereits erwähnten Anhörung erarbeitet wurde.
Gestatten Sie mir hierzu ein paar Ausführungen zur aktuellen Diskussion zu Basel II. Basel II, die neue Eigenkapitalvereinbarung für Banken, soll ab dem Jahr 2005 die seit 1988 gültige Regelung Basel I ersetzen. Die neue Regelung betrifft vor allem die Mindestkapitalvorschriften zur Unterlegung von Kreditrisiken und von operationellen Risiken. Neu ist die explizite Berücksichtigung des operationellen Risikos. Operationelle Risiken sind solche, die mit der Fehlerhaftigkeit von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder externen Ereignissen verbunden sind. Auf Grund der bisher gültigen Regelungen sind Kredite an inländische Unternehmen unabhängig von deren Kreditwürdigkeit generell mit einem Eigenkapital in Höhe von 8 % des Kreditbetrages zu unterlegen. Gute Schuldner werden durch diese Regelung tendenziell benachteiligt, schlechtere profitieren von ihr - so die Ausgangslage.
Basel II will dies ändern. Nach dem Anfang 2002 vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht vorgelegten zweiten Konsultationspapier zur Reformierung der Eigenkapitalvereinbarung, Basel II, sollen künftig die Eigenkapitalanforderungen nach der Ausfallwahrscheinlichkeit des Kreditnehmers differenziert werden. Das heißt, Kredite an Unternehmen mit schlechter Bonität müssen mit mehr als 8 % Eigenkapital unterlegt werden, was höhere Kreditzinsen für den Kreditnehmer nach sich ziehen könnte. Kredite an Kunden mit guter Bonität erfordern dagegen weniger Eigenkapitalunterlegung, weshalb sich deren Zinsbelastung verringern könnte.
Um die Qualität eines Unternehmers als Schuldner feststellen zu können, muss dessen Bonität über interne oder externe Ratingverfahren geprüft werden. Im Zusammenhang mit den Neuregelungen durch Basel II wird nun vor möglichen negativen Konsequenzen, insbesondere für den Mittelstand, gewarnt. Diese Besorgnis greift auch der vom Wirtschaftsausschuss mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Enthaltung der CDU und FDP, dem
Landtag zur Annahme empfohlene Maßnahmekatalog in der Fassung der Beschlussempfehlung, Drucksache 15/1843, auf. In diesem Zusammenhang steht jetzt der Antrag der CDU. Ich gehe davon aus, dass wir eine alternative Abstimmung durchführen werden.
Ich danke der Frau Berichterstatterin und eröffne jetzt die Aussprache. Ich erteile zunächst das Wort der Frau Abgeordneten Schmitz-Hübsch.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Schreckensmeldungen kommen von allen Seiten. Nicht nur große Firmen in Deutschland wie Holzmann und Kirch werden insolvent, sondern auch viele kleine. Dabei trifft es nicht nur die Bauwirtschaft, sondern auch den neuen Markt - als jüngstes Beispiel haben wir die Insolvenz von ISION in Kiel zu beklagen. In Flensburg hat es in diesem ersten Quartal rund 50 Insolvenzen gegeben, das waren so viel, wie im ganzen vorherigen Jahr zusammen.
In diese schwierige Situation hinein kommt die Diskussion um Basel II. Viele Kenner der mittelständischen Situation befürchten, dass sich die Vorschriften von Basel II prozyklisch auf die schwache Konjunktur auswirken und die Schwierigkeiten der Mittelständler verstärken helfen. Geringes Eigenkapital und eine niedrige Umsatzrendite sind ohnehin ihr Kennzeichen. Im Jahr 2000 machte ein Drittel der Unternehmen überhaupt keinen Gewinn. Darüber hinaus führen Mittelständler einen ständigen Kampf gegen eine überbordende Bürokratie, die durch die wirtschaftsrelevanten Gesetze der rot-grünen Bundesregierung noch verstärkt worden ist. Neben der schwachen Konjunktur und der Steuerlast gilt die ausgeuferte Bürokratie deutscher Behörden als besonderes Erfolgshemmnis.
In unserem Antrag fordern wir über den Bundesrat die Bundesregierung auf, bei den Konsultationen zu Basel II lange gewachsene spezifische Finanzierungsstrukturen in unserem Land zu berücksichtigen. So soll es wie bisher in Deutschland eine hohe Fremdfinanzierung geben, die auch langfristig vereinbart wird. Zur Besicherung konnten bisher Grundstücke und das Umlaufvermögen verwendet werden, auch die Abtretung von Forderungen war möglich. Dies soll so bleiben - und zwar sowohl was die Höhe der Beleihung anbetrifft als auch in Bezug auf die Laufzeit. Da die konjunkturelle Anfälligkeit von kleineren und mittleren Unternehmen generell als geringer gilt als die von Großunternehmen, wird gefordert, deren Kreditbedarf überwiegend dem Privatkundengeschäft zuzuordnen,
für die die Eigenkapitelanforderungen für die Banken deutlich niedriger sind. Wir haben deshalb in unserem Antrag als Limit ein Kreditvolumen von 2 Millionen € eingesetzt. Aber Basel II wird kommen,
wenn auch voraussichtlich erst gegen Ende des Jahres 2006. Deshalb fordern wir die Bundesregierung noch einmal auf, die Bedingungen für den Mittelstand grundlegend zu verbessern.
Als Teil einer Offensive für mehr Arbeitsplätze - Herr Minister, Sie haben doch kürzlich in Flensburg auch erst eine Offensive für den Mittelstand gefordert! fordern wir die Absenkung der Steuern und Abgaben auch für die Personengesellschaften
sowie die steuerliche Bevorzugung des Eigenkapitals, das im Betrieb verbleibt. Außerdem ist zu untersuchen, wie sich eine steuerliche Gleichbehandlung der Veräußerungsgewinne bei Personen- und Kapitalgesellschaften auf die Gestaltung des Eigenkapitals in den Unternehmen auswirken wird.
Übrigens brauchen wir keine neue Mittelstandsbank. Es genügt eine entschlossene Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Ausgleichsbank und der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Auch im Land SchleswigHolstein fordern wir lediglich eine Stärkung der vorhandenen Förderinstitute. Man könnte noch die Landesbank hinzufügen. Einer ihrer satzungsmäßigen Aufgabenschwerpunkte ist es, in Zusammenarbeit mit den Sparkassen Gemeinschaftskredite zur Verfügung zu stellen, wenn die regionalen Sparkassen eine Aufgabe nicht allein schultern wollen oder schultern können. Es besteht eine große Sorge innerhalb der schleswig-holsteinischen Sparkassenlandschaft, dass sich die Landesbank nach und nach aus dieser Aufgabe zurückziehen will.
Zum Schluss möchte ich noch bemerken, dass wir bei Basel II möglicherweise gegen den falschen Feind ankämpfen. Während wir uns noch Hoffnung machen, Basel II hinausschieben oder abmildern zu können, hat das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen einen Entwurf über die Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft der Kreditinstitute, MAK, verschickt in dem Mindeststandards für die Ausgestaltung der bankinternen Kontrollverfahren der Kreditinstitute vorgegeben werden. Das Bankgewerbe wehrt sich mit aller Kraft gegen die Einschränkung der Entscheidungsspielräume der Vorstände der Banken und Sparkassen. Gefordert wird unter anderem eine detaillierte
Kreditrisikostrategie, die in die Steuerung der Gesamtbank einzubeziehen ist. Dabei sind auch Branchenschwerpunkte und wirtschaftliche Schwerpunkte vorab festzulegen, um so genannte Klumpenrisiken zu vermeiden.
Wenn ein Autohändler zur Sparkasse kommt - ich kenne einen; dem geht es Gott sei Dank sehr gut - und sagt: „Ich bin soundso lange Kunde, brauche 3 Millionen bis 4 Millionen, weil ich eine neue Halle bauen will“, dann kann der Sparkassenchef jetzt nicht mehr sagen: „Gut, leg mir das einmal dar, ich gucke mir das an, dann wird das entschieden“, sondern er muss erst einmal gucken, wie die Branche, der Autohandel, in der regionalen Sparkasse vertreten ist, ob er da überhaupt noch ein Limit hat und den Kunden noch mit Krediten versorgen kann. Das ist eine Anforderung, die die Entscheidungsspielräume wahnsinnig einschränkt, die sich sehr restriktiv auswirken wird und die eine regionale Bank wie eine Sparkasse niemals erfüllen kann.