Aber ich werde auch in Zukunft nicht jeden Morgen die Namen aller meiner Gesprächspartner und Mitarbeiter mithilfe von Suchmaschinen im Internet durchchecken.
Dabei ist die Adresse www.alleco.de durchaus interessant. Allein der Name Kubicki kommt dort 22 Mal vor, der Name Kayenburg fünf Mal und der Name Wadephul nur einmal. Was sagt mir das, dass dort Kubicki 22 Mal und Wadephul nur einmal auftaucht?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass der ehemalige Chef der Staatskanzlei übersah und nicht nachfragte, warum plötzlich im Briefkopf der Ge
schäftsleitung B & B gerRelations AG Dr. Karl Pröhl als Vorstand genannt wurde, hat er als seinen persönlichen Fehler erkannt und daraus die Konsequenzen gezogen.
Was sind die Fakten? - Mit Schreiben vom 14. September 2001, Eingang 20. September 2001, zeigt Dr. Pröhl seine Ernennung in den Vorstand der Firma Brückner an und legt zur Bestätigung ein Schreiben vom 27. August 2001 der B & B gerRelations AG bei, aus der ich bitte zitieren darf:
„Sehr geehrter Herr Dr. Pröhl, hiermit bestätige ich Ihnen als Vorsitzenden des Aufsichtsrates der B & B gerRelations AG, dass mit Ihrer Bestellung zum Mitglied des Vorstandes bisher kein Arbeitsverhältnis mit Ihnen begründet wurde. Ihre Bestellung zum Vorstandsmitglied erfolgte vorsorglich. Die B & B gerRelations AG rechnet in noch unbestimmter Zukunft mit dem Abschluss von Geschäften. Erst dann und nach Ihrem ordnungsgemäßen Ausscheiden aus dem Landesdienst sind alle Voraussetzungen gegeben, um ein Arbeitsverhältnis mit Ihnen zu begründen.“
Wie, bitte, konnte der bearbeitende Mitarbeiter ahnen, dass dies nicht stimmen könnte, wenn ihm ein solches offizielles Schreiben vorgelegt wird?
In weiteren Schreiben wurde diese Haltung der Firma B & B bestätigt. Das deckt sich auch mit Aussagen von Dr. Büchmann, der am 5. Juli 2001 darüber mit Dr. Karl Pröhl sprach. Die Personalabteilung der Staatskanzlei hat auf das Schreiben vom 14. September 2001 umgehend am 25. September mit der Fragebogenübersendung zur Nebentätigkeit um weitere Auskünfte zu diesem Beschäftigungsverhältnis gebeten.
Im Antwortschreiben von Dr. Pröhl, datiert auf den 30. September, eingegangen am 10. Oktober, äußert Dr. Pröhl die Ansicht, die Nebentätigkeit sei nicht genehmigungspflichtig. Darüber hinaus gibt er an, dass er im operativen Sinne nicht tätig werde. Die Fragebogen sendet er nicht zurück. Er wird nochmals am 16. Oktober schriftlich um Konkretisierung seiner Beschäftigung gebeten. Der Fragebogen wird ein zweites Mal beigefügt. Nach rund einem Monat, am 20. November, geht dieser Fragebogen falsch ausgefüllt an uns zurück. Danach ist Dr. Pröhl sechs Wochen im Urlaub und es gab Kontakte zur Nachbesserung des Fragebogens, der endlich am 13. Februar bei uns ordnungsgemäß eingegangen ist.
Bereits nach einer Woche, also am 20. Februar, wurde diese beantragte Nebentätigkeit schriftlich untersagt, weil eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen nicht ausgeschlossen werden konnte.
Der Leiter der zuständigen Abteilung, Dr. Knud Büchmann, entschied sich für eine restriktive Auslegung des Beamtenrechts. Und das war auch gut so. Als diese Absage in die Post ging, wurde ich informiert. Es gab auch keinerlei Grund, mich vorher über den personaltechnischen Vorgang zu unterrichten.
Eine Internet-Recherche in der Staatskanzlei - wiederum unter der Firmenadresse, die ich vorhin genannt habe - ergab am 1. März 2002, dass Dr. Pröhl in weiteren Firmen eingetragen war. Darauf begann noch am selben Tag ein dienstrechtliches Verfahren. Am 8. März 2002 wurde die Geschäftsleitung der Investitionsbank unterrichtet und um Klärung dienstrechtlicher Fragen gebeten. Die unmittelbare Dienstaufsicht lag wegen der Trennung in Fach- und Dienstaufsicht schließlich bei der Investitionsbank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe Ihnen das so ausführlich geschildert, weil ich Ihnen erklären wollte, dass ich mich durch den ehemaligen Mitarbeiter Dr. Pröhl wissentlich getäuscht sehe. Das Vertrauen war und ist erschüttert und ich fühle mich sogar hintergangen. Seit Bekanntwerden der Einzelheiten nach dem 1. März 2002 stellte sich sofort die Frage, wie wir uns von Dr. Pröhl möglichst umgehend trennen könnten. Letztlich blieb uns nach unserer Einsicht nur die fristlose Kündigung übrig.
Wenn Herr Dr. Pröhl und Herr Brückner jetzt durch falsche Anschuldigungen ihre Haut zu retten versuchen, kann ich dagegen nur juristisch vorgehen. So hatte ich vor dem 20. Februar 2002 keine Anhaltspunkte dafür, dass die beiden Herren in verschiedenen Firmen gemeinsame Geschäfte machen.
Ich darf festhalten: Die in Verdacht stehenden kriminellen Machenschaften des Herrn Dr. Pröhl werden durch die Staatsanwaltschaft ermittelt. Seine dienstrechtlichen Vergehen sind von der Staatskanzlei dargestellt worden.
Gegen aus der Luft gegriffene Behauptungen, die fern jeglicher Realität sind, kann man sich nur juristisch wehren. Manche sind einfach nur lächerlich, in der Hoffnung, irgendetwas bleibe schon hängen. Ich kann Ihnen versichern: Ich werde weiter Klavierstunden, aber nie Reitunterricht nehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, an den Anschuldigungen gegen die Staatskanzlei ist politisch nichts dran; dennoch können Sie mich politisch angreifen. Das ist Ihr gutes Recht. Aber ich verwahre mich ganz entschieden gegen einen Sprachgebrauch,
den meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als verludert empfinden, wenn die Beschäftigten der Landesregierung mit „mafiösen Machenschaften“ in Verbindung gebracht werden oder die Staatskanzlei als „grottenschlechter Trümmerhaufen“ bezeichnet wird.
(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht Ihnen mangels anderer Sachen doch offensichtlich nur darum, die Landesregierung zu diskreditieren. Auch das ist Ihr gutes Recht. Aber lassen Sie bitte auch in einem Wahljahr die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter außen vor, wenn Sie sich mit uns auseinander setzen.
Was bleibt also als Kern des Falls Dr. Pröhl übrig? Eine Personalentscheidung hat sich in letzter Konsequenz als ein großer Fehler herausgestellt. Das enttäuscht mich. Ich kann es nur leider nicht mehr ändern. Dass ich persönliche Kontakte mit meinen Mitarbeitern habe, ist völlig normal und entspricht meinem Politikverständnis und auch meinem Menschenbild. Umso betroffener bin ich selbst von dem Vertrauensbruch.
Die Staatskanzlei hat die Nebentätigkeit dieses Mitarbeiters untersagt. Ich habe den Mitarbeiter, weil mein Vertrauensverhältnis zu ihm gestört ist, fristlos entlassen. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob strafrechtliche Vergehen bei Herrn Dr. Pröhl vorliegen. Damit liegt der Fall jetzt bei der Staatsanwaltschaft.
Der Chef der Staatskanzlei hat Fehler eingeräumt, hat dafür die politische Verantwortung übernommen und ist in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Nach Artikel 18 der Landesverfassung hat der Landtag das Recht, zur Aufklärung von Tatbeständen im öffentlichen Interesse einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Das wollen wir heute gemeinsam tun. Wenn man den Erklärungen der anderen Fraktionen folgt, werden sie unserem Antrag zustimmen.
Wenn Gesetzesbrüche, Rechts- und Regelverletzungen, persönliches Fehlverhalten offenbar zum täglichen Handwerkszeug einer Landesregierung gehören, dann ist dieses öffentliche Interesse hinreichend belegt. Die Menschen in Schleswig-Holstein sind besorgt. Wenn im Zusammenhang mit Regierungshandeln Unregelmäßigkeiten, Gesetzesbrüche, Verfehlungen, sogar der Verdacht krimineller Handlungen und glaubt man den Veröffentlichungen in der Presse auch persönliche Freundschaften, Lebensgefährten und Ehepartner in Regierungshandeln eingebunden sind, dann ist die Besorgnis der Menschen zutreffend beschrieben.
Es geht deshalb auch um die Frage, wie der tatsächliche Zustand des Staatsapparates im Vergleich zu dem gewollten Zustand, wie wir ihn durch Verfassung und Gesetze beschrieben haben, ist. Es geht - wenn Sie dies vereinfacht dargestellt haben wollen - um den Unterschied zwischen der tatsächlichen Verfasstheit und der gewollten Verfassung, in der sich der Staatsapparat befindet.
Die Klärung der strafbaren Handlungen ist nicht Angelegenheit des Untersuchungsausschusses. Dafür haben wir Staatsanwälte und Richter. Unser Auftrag ist festzustellen, was konkret geschehen ist, warum es geschehen ist, wer an Entscheidungen mitgewirkt hat, die im öffentlichen Interesse zu fällen waren, und wie alles das, was wir inzwischen an Widersprüchlichem erfahren haben, überhaupt geschehen konnte. Schließlich haben wir daraus unsere Konsequenzen zu ziehen.
Meine Damen und Herren, es ist im öffentlichen Interesse festzustellen, wie es möglich ist, dass ein auf die Achtung der Verfassung und die Einhaltung der Gesetze vereidigter Minister Haushaltsgesetze ignoriert und umgeht, wie sich ein solcher Minister noch Monate nach Kenntnis der Vorhaltungen durch den Landesrechnungshof im zuständigen Finanzausschuss um die Wahrheit drückt und schließlich immer nur das zugibt, was inzwischen nachweislich bereits ermittelt ist.
Es im öffentlichen Interesse festzustellen, wie es möglich ist, dass Millionenaufträge - nicht nur ein einziger,
sondern gleich mehrere hintereinander und in Folge ohne Rücksicht auf das Vergaberecht vergeben werden konnten. Niemand in dem ganzen Apparat hat warnend seinen Finger gehoben und darauf aufmerksam gemacht, dass dies so nicht geht.
Es ist im öffentlichen Interesse festzustellen, wie es möglich ist, dass ein dienstleistendes Unternehmen vom Finanzministerium angewiesen wird, Rechnungen für bereits erbrachte und beauftragte Dienstleistungen wieder zu stornieren, weil in der Landeskasse im Augenblick nicht genügend Geld ist, und Rechnungen für noch zu erbringende Dienstleistungen, die auch beauftragt sind, nicht zu erstellen. Es ist unerklärlich, wie eine verdeckte Kreditaufnahme, indem diese Aufträge dann über viele Jahre hinterher in einen neuen Vertrag eingebunden werden, schließlich nur betrieben werden kann.
Es ist im öffentlichen Interesse festzustellen, wie es möglich ist, dass die Empfehlung eines hoch bezahlten Beraters, der eigens zur Bewertung des auszuwählenden Systems beschäftigt wird, einfach ins Gegenteil verkehrt werden kann durch eine Anweisung des Ministers, wie es möglich ist, dass Testverfahren betrieben werden - gegenüber den politischen Gremien erläutert -, die überhaupt nicht stattgefunden haben, weil sie nicht stattfinden konnten, weil die Instrumente dazu überhaupt noch nicht erarbeitet waren.
Es ist schließlich im öffentlichen Interesse festzustellen, wie es möglich ist, dass die Entscheidung für ein gewolltes System für die Landesverwaltung bereits vor Abschluss dieser Teststellungen gefällt wurde, nämlich am ersten Tag der Teststellungen, nachdem SAP seine Vorstellungen abgeschlossen hatte.
Es ist ganz sicher im öffentlichen Interesses festzustellen, wie es möglich ist, dass der verantwortliche Minister und sein jeweiliger Staatssekretär nicht dafür gesorgt haben, dass Gesetze und Vergaberecht eingehalten werden und dass keiner der vielen an dem Verfahren Beteiligten - das gilt auch für die externen Unternehmen, denen das Vergaberecht SchleswigHolsteins nicht unbekannt ist, wie wir aus vielen Beratungen mit kommunalen Verwaltungen wissen - dem gewählten Verfahren widersprochen hat.
Es ist schließlich auch im öffentlichen Interesse festzustellen, wie es möglich ist, dass ein ehemaliger Staatssekretär und heutiger Berater von debis/SAP im Dienstwagen des Finanzministers zu seinem neuen Arbeitsplatz gefahren wird, dass er keinen Pfennig dazugezahlt hat und dass der Herr Minister von nichts weiß.
Herr Minister, Sie müssen sich selbst und uns natürlich auch die Frage beantworten, wie es im Umgang miteinander handhabbar sein soll, dass das, was der Rechnungshof festgestellt hat und was wir noch genauer untersuchen werden, das Einzige war, bei dem Sie, was die Einhaltung von Haushaltsgesetzen und die Einhaltung von Vergaberecht angeht, gegen die Regeln verstoßen haben, aber alles das, was vorher und nachher stattgefunden hat, voll im Einklang mit ebendiesen Regeln stehen soll.
Es fällt schwer, das zu glauben. Es fällt deshalb auch schwer, in diesen Tagen und Wochen so bedeutende Projekte wie die Neustrukturierung der Landesbank mit Ihnen gemeinsam zu entwickeln, wenngleich manche Teile dieses Projekts richtig sind. Aber auch damals war manches, was Sie zu dem hier jetzt kritisierten Projekt und Ihrer Vorgehensweise vorgetragen haben, durchaus nicht unschlüssig. Es war allerdings häufig nicht wahr. Genau das ist das Problem.