Protocol of the Session on December 13, 2001

(Glocke des Präsidenten)

- Entschuldigung!

Einen Moment, bitte! - Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wiegard?

Frau Kollegin Heinold, ich hatte auch nur fünf Minuten Redezeit. Dennoch denke ich, einigermaßen deutlich gemacht zu haben, dass die steuersystematischen Probleme durch das Steuerrechtsänderungsgesetz die eigentliche Ursa

(Monika Heinold)

che sind und dass wir dem Gesetz unter Zurückstellung dieser Bedenken zustimmen.

Sie haben das Wort zu einer Frage.

Ist das rübergekommen?

Herr Wiegard, das habe ich heute zur Kenntnis genommen. In den letzten Wochen, im Finanzausschuss hatten Sie noch andere Probleme. Das erste war, dass Sie das Verfahren kritisiert haben. Das haben Sie heute auch wieder getan. Auf die Steuergesetzgebung sind Sie dort nicht eingegangen.

Das zweite Problem, das Sie hatten, war, dass sich Ihre Fraktion nicht so recht entscheiden mochte. Das gibt es manchmal. Das kommt bei mir auch mal vor.

(Zurufe von der CDU)

- Ich mache mir immer Sorgen um die Opposition, weil ich - das habe ich schon oft gesagt - mir in diesem hohen Haus eine starke Opposition wünsche. Manchmal ist mir das nicht kräftig genug.

(Widerspruch bei der CDU)

Jetzt kommen wir zu dem dritten Problem, das wir haben. Wenn Sie sich die Stellungnahme des Gemeindetages angucken, stellen Sie fest, dass er uns schreibt - das sollten wir hier nicht einfach ignorieren -, dass, wenn wir diese neue Regelung im Kirchensteuergesetz machen, dies das in der Landesverfassung verankerte Prinzip der Konnexität beträfe. An dieser Stelle sage ich Folgendes. Wir sollten uns auch einmal über die Konnexität unterhalten, auch darüber, dass die CDU dieses Prinzip im Verhältnis Bund/Land fordert. Wenn die Änderung des Kirchensteuergesetzes für den Gemeindetag ein Signal ist, über Konnexität mehr Mittel in den Finanzausgleich zu fordern, wird Konnexität in diesem Land falsch verstanden. Ich wünschte mir auch von den anderen Fraktionen, dass sie etwas dazu sagen. Den Antrag, mit dieser Regelung mehr Geld in den kommunalen Finanzausgleich einzustellen, hat niemand gestellt, keine Fraktion. Sie schweigen das Thema einfach tot. Das geht nicht. Das zeigt aber, dass uns die Konnexität vor große Probleme aufgrund der Aufgabenverteilung, wie wir sie zwischen Bund, Land und Gemeinden haben, stellt.

Meine Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall der Abgeordneten Renate Gröpel [SPD] und Günter Neugebauer [SPD])

Ich erteile der Frau Abgeordneten Spoorendonk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Steuersenkungsgesetz vom 3. Oktober 2000 hatte naturgemäß Auswirkungen auf die Höhe der Kirchensteuer, da diese mit einem festen Prozentsatz - in Schleswig-Holstein beträgt dieser Satz zurzeit bekanntlich 9 % - automatisch auf die Lohnsteuer abgerechnet wird. Laut Presseberichten hat die Kirche durch diese Einkommensteuerreform dreistellige Millionenverluste erlitten. Deshalb hat der Bundestag einer Neufassung von § 51 des Einkommensteuergesetzes zugestimmt. Damit soll sichergestellt werden, dass bestimmte, ab dem Veranlagungszeitraum 2001 geltende Entlastungen des Steuergesetzes keine negativen Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer haben.

Allerdings hat der Bundesgesetzgeber festgelegt, dass die konkreten Regelungen auf Landesebene ausgestaltet werden sollen. Das ist heute Thema dieser Debatte. Deshalb gibt es den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Kirchensteuergesetzes. Es geht darum, den finanziellen Verlust, der den Kirchen durch die Einkommensteuerreform entstanden ist, auszugleichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei uns, das heißt bei den SSW-Abgeordneten, hat der Gesetzentwurf bei allem Wohlwollen, bei allem Verständnis der Kirche gegenüber längere Diskussionen ausgelöst. Wir haben uns gefragt, ob diese indirekte Kirchensteueränderung wirklich sinnvoll ist. Zum einen stellt sich die Frage, ob wir nicht als Gesetzgeber zu Recht erwarten können, dass die Kirchen ihre Ausgabenpolitik kritisch überprüfen, bevor sie weitere zusätzliche Einnahmen bekommen. Es war in den vergangenen Jahren nicht so, dass es den Kirchen an Einnahmen gemangelt hätte. Auch wir haben diesen interessanten „Spiegel“Artikel gelesen. So ist es eine Tatsache, dass sich die Einnahmen der Kirchen aus der Kirchensteuer von 1968 bis 1998 mehr als verfünffacht haben. Dies entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Zuwachsrate von 5,7 %, ist also weit mehr als die Inflationsrate oder die Steigerung der Arbeitnehmereinkommen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Sozialarbeit der Kirchen, also ihre wirklich gute Arbeit, im Bereich der Kindertagesstätten oder der älteren Menschen überwiegend gar nicht aus der Kirchensteuer bezahlt wird. Kirchliche Krankenhäuser oder Altenheime finanzieren ihren Betrieb genauso wie öffentliche oder freie Träger, also völlig ohne Kirchensteuermittel.

(Anke Spoorendonk)

Man kann also zu Recht fragen, warum die Kirchen als Ausgleich für die fehlenden Kirchensteuereinnahmen entweder nicht ihre Ausgaben kürzen oder, wenn man meint, keine Kürzung vornehmen zu können, den Kirchensteuerhebesatz erhöhen.

Zum anderen spielt in unseren Diskussionen eine wichtige Rolle, ob nicht die Kirchen wie auch andere Bereiche die gesellschaftliche Entwicklung mittragen müssen.

(Unruhe)

Einen Moment bitte. Ich darf um etwas mehr Aufmerksamkeit bitten. Herr Abgeordneter Arp, sollen wir Ihnen für heute Nachmittag einen Drehstuhl einbauen lassen?

Herr Präsident, ich fahre in meiner Rede fort. - Eine Folge der Einkommensteuerreform, die bekanntlich zu Milliarden DM-Mindereinnahmen geführt hat, war unter anderem ein Sparkurs der öffentlichen Hand, von Bund, Ländern und Kommunen, der auch viele Organisationen, Vereine und Verbände in diesem Land hart getroffen hat.

Da stellt sich unserer Meinung nach die berechtigte Frage: Warum soll denn jetzt ausgerechnet die Kirche von dieser Entwicklung ausgenommen werden?

(Beifall beim SSW)

Drittens geben wir zu bedenken, dass der SchleswigHolsteinische Gemeindetag durch die Änderung des Kirchensteuergesetzes weitere Einbußen für die kommunalen Haushalte erwartet. Die aktuelle Haushaltssituation vieler Kommunen und Städte hier im Lande ist bekannt. Es mag sein, dass wir das aufgreifen sollten, was die Kollegin Heinold ansprach, nämlich uns noch einmal intensiv mit dem Konnexitätsprinzip zu beschäftigen.

Unter dem Strich betrachtet: Angesichts dieser Ungereimtheiten haben wir uns dafür entschieden, diesem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten.

(Beifall beim SSW sowie der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Ich erteile das Wort der Frau Ministerin Erdsiek-Rave.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Vorwurf der Verfassungswidrigkeit der Entscheidung, das Kirchensteueränderungsgesetz zu beschließen, muss ich mit Nachdruck zurückweisen, Herr Abgeordneter Wiegard oder - indirekt kam dies auch bei Ihnen zum Ausdruck - Herr Abgeordneter Kubicki. Ich stehe nun wirklich nicht an, mich für Fehler zu entschuldigen, aber hier bestand und besteht eine völlige Übereinstimmung mit der Auffassung des Finanzministers, dass mit der Entscheidung des Bundesgesetzgebers vom Dezember 2000 eine wesentliche Leitentscheidung getroffen worden ist und wir deswegen befugt waren, das 7. Kirchensteueränderungsgesetz der Nordelbischen Kirche zu genehmigen. Die Entscheidung des Landtages wird heute - ich bin froh, dass dies signalisiert worden ist - hoffentlich mit großer Mehrheit getroffen werden.

Meine Damen und Herren, es ist heute vielleicht nicht der Platz, manche Zwischentöne zur finanziellen Situation der Kirchen, die heute geäußert worden sind, zu kommentieren.

(Martin Kayenburg [CDU]: Es ist kurz vor Weihnachten! Das ist schlecht!)

- Manche Leute nehmen die Kirche doch nur zu Weihnachten wahr, Herr Kayenburg.

(Martin Kayenburg [CDU]: Leider ja!)

- Das ist leider so, ja.

Es bleibt trotzdem darauf hinzuweisen, dass die Kirche bei der Finanzierung ihrer Aufgaben zu 80 % von der Kirchensteuer abhängig ist. Für viele Menschen ist dies auch die einzige Steuer, die sie gern zahlen, weil es eine freiwillige ist und weil es eine ist, die eigentlich gar keine Steuer ist, sondern ein Beitrag für die Mitgliedschaft in einer Glaubensgemeinschaft. Man leistet diesen Beitrag aus guten Gründen, weil es nicht nur um die soziale und seelsorgerische und im engeren Sinne kirchliche Arbeit geht, sondern nach meiner Auffassung auch um einen Beitrag zum Zusammenhalt dieser Gesellschaft, den die Kirche leistet.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich sage dies - Frau Abgeordnete, Sie müssen sich davon nicht angesprochen fühlen -, weil in dieser gesamten Debatte gelegentlich so ein Unterton zu hören gewesen ist, dass die Nordelbische Kirche den Verlust an Steuern, der sich ergäbe, wenn wir die Vorlage heute nicht beschließen sollten, so einfach ausgleichen könnte, ohne Abstriche in der kirchlichen Arbeit vorzunehmen, weil die Kirche finanziell offenbar in einer

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

sehr gesunden Lage sei. Dies kann man nun wirklich nicht sagen.

(Zuruf der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

- Ich verstehe leider nicht, was Sie sagen. Sie müssten dann schon einen Beitrag leisten. - Ich habe den Eindruck, dass Sie nicht verstehen, was ich jetzt meine. Ich hebe jetzt nicht unmittelbar auf die Frage ab, die Herr Wiegard angesprochen hat, sondern auf andere Beiträge, die hier geleistet worden sind.

Meine Damen und Herren, es handelt sich um eine Anpassung und nichts sonst. Dieses Gesetz entspricht natürlich einem Anliegen, das die Kirchen an uns herangetragen haben. Es beseitigt Nachteile für die Kirchen, die durch die Steuerreform entstanden waren. Ich bin froh, dass diese schwierige Debatte jetzt zu einem Ende gekommen ist. Die Landesregierung hat im Finanzausschuss alles Notwendige dazu gesagt. Der Finanzminister wird noch etwas zu den steuertechnischen Fragen sagen. Ich bedanke mich dafür, dass alle Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf signalisiert haben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir nicht!)

Ich finde - um auf Ihren Beitrag, Herr Kayenburg, zurückzukommen - es gut, dass wir dies vor Weihnachten über die Bühne bekommen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach unserem berühmten Paragrafen hat Herr Abgeordneter Kubicki.