Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zum Thema Hochschulmedizin. Auch darüber ist hier schon mehrfach debattiert worden. Für November ist ein Referentenentwurf zur Änderung des Hochschulgesetzes angekündigt worden. Deshalb möchte ich dazu heute nur Folgendes sagen. Ich möchte die Fakultäten und Rektorate, aber auch die Vorstände und Personalräte der Kliniken und nicht zuletzt das Ministerium ausdrücklich dafür loben, dass dieser Prozess bisher an der Sache orientiert, unaufgeregt und fair gelaufen ist. Wir brauchen einen solchen fairen Prozess, weil
jede Synergie im Bereich der Hochschulmedizin uns dringend notwendige Luft für mehr Innovationen in anderen Bereichen der Universitäten verschafft. Deswegen ist es wichtig, diesen Bereich, in dem es um sehr viel Geld geht, ordentlich abzuarbeiten. Ich glaube auch, dass wir, wenn wir, was den Bereich der Medizin selbst angeht, Exzellenz sichern und ausbauen wollen, hier zu vernünftigen Ergebnissen kommen müssen.
Lassen Sie mich bei allen finanziellen Schwierigkeiten und strukturellen Mängeln, die nicht alle kurzfristig zu beheben sind, auf die Zahlen des gerade begonnenen Wintersemesters hinweisen, die auch für die Hochschulen in Schleswig-Holstein durchaus einen positiven Trend deutlich machen. Wir haben, was die Frage der Studierwilligkeit junger Leute angeht, national noch eine Reihe von Problemen zu lösen. Das ist ein anderes Thema, das wir an anderer Stelle auch noch diskutieren wollen. Wenn ich aber lese und höre, dass an der CAU in Kiel 13 % der Studienanfänger aus dem Ausland kommen - das sind übrigens mehr als jemals zuvor -, dann ist das ein Zeichen für die Attraktivität des Studiums hier in diesem Land. Meines Erachtens ist das auch ein Anlass zum Beifall.
- Der Kollege Klug darf nicht klatschen, weil sein Fraktionsvorsitzender gerade Einspruch erhoben hat. Ich unterstütze ausdrücklich das, was die Wissenschaftsministerin bei der Semestereröffnung an der CAU gesagt hat: Gerade in diesen Tagen der weltweiten Verunsicherung darf und wird sich an der Gastfreundlichkeit Schleswig-Holsteins und seiner Hochschulen nichts ändern. Ich glaube, das ist ein Signal, das wir nach draußen senden sollten.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass nicht nur die knappen öffentlichen Kassen, sondern auch die Internationalisierung des Wettbewerbs zwischen den Hochschulen, die Entwicklung der Nachfrage am Arbeitsmarkt und das Studierverhalten eine hohe Dynamisierung im Hochschulbereich nach sich ziehen werden. Ich bin sicher, dass alle wissenschaftlichen Institutionen und Ausbildungsstätten in SchleswigHolstein, von den Universitäten bis zur Berufsakademie, diesen Herausforderungen standhalten werden. Wir müssen politisch unseren Teil dazu beitragen, dass Sie dazu in die Lage versetzt werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die rotgrüne Landesregierung betreibt Hochschulpolitik wie ein Abbruchunternehmen. Mit erheblichem Aufwand an Schönfärberei und Desinformation wird diese Veranstaltung zu allem Übel auch noch als Hochschulstrukturentwicklung bezeichnet. Zweiprozentige Tarifsteigerungen - diese Zahl geht auch aus der Antwort der Landesregierung hervor - bedeuten für die Hochschuletats etwa 7,5 Millionen DM Mehraufwand pro Jahr. Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass das Land den Mehraufwand in Höhe von 7,5 Millionen DM nicht aufbringen könne, sondern lediglich die Hälfte dieses Betrages.
Wenn die Kostensteigerungen bis 2005 - das ist das Vorhaben der Landesregierung - jeweils nur zur Hälfte vom Land ausgeglichen werden, dann bedeutet das für die Hochschulen massive Stellenstreichungen; das geht gar nicht anders. Nennenswerte neue Akzente in Forschung und Lehre können dann bis zur Mitte des Jahrzehnts nicht mehr finanziell unterlegt werden.
Nehmen wir das Beispiel der Universität Kiel. Pro Jahr bedeutet der Beschluss der Landesregierung etwa 20 zusätzliche Stellenstreichungen für die CAU. Der erst im vergangenen Jahr beschlossene Struktur- und Entwicklungsplan der Kieler Universität sieht ohnehin vor, dass im Laufe dieses Jahrzehnts von 2.000 Stellen 200 wegfallen sollen, und zwar 100 davon völlig; 100 sollten für neue Studiengänge und neue Forschungsgebiete umgewandelt werden. Das ist erst im vergangenen Jahr zwischen Landesregierung und Universität als Sparkonzept vereinbart worden.
Dieser ohnehin schon erhebliche Einschnitte bedeutende Plan vom vergangenen Jahr ist aufgrund der Entscheidung der Landesregierung vom Juni Makulatur. Das geht nicht mehr; denn gerade die Stellen, die zur Umwandlung für neue Forschungsgebiete und Studiengänge vorgesehen waren, wird das Rektorat der Universität einbringen müssen, um die neue Finanzlücke, die sich durch den Beschluss der Landesregierung Jahr für Jahr auftut, schließen zu können. Das ist die Realität in diesem Land: ein Jahr für Jahr voranschreitender Bildungsabbau.
Dabei hat Schleswig-Holstein - das geht aus den letzten Grund- und Strukturdaten des Bundesbildungsministeriums hervor; das ist dieses schöne kleine Taschenbuch, das uns jährlich vom Bund zugesandt wird - eine neue Rekordmarke beim Studentenexport er
reicht. Mit einem Minus von fast 32 % sind wir das Bundesland, das seinen akademischen Nachwuchs im stärksten Umfang zur Abwanderung zwingt. Der erste und bisher letzte Landeshochschulplan, den eine Landesregierung vorgelegt hat - das war vor zehn Jahren die damalige Regierung Engholm -, ist, ausgehend von einem Studentenexport von knapp 28 %, zu dem Schluss gekommen, dass die Hochschulen ausgebaut werden müssten, um einen größeren Anteil des wissenschaftlichen Nachwuchses im eigenen Land zu halten. Das war seinerzeit die Zielsetzung. Wir sind, was den Studentenexport angeht, hinter die Marke von 1991 zurückgefallen.
Die finanzielle Auszehrung, die nach Auffassung der Landesregierung bis zum Jahre 2005 fortdauern soll, wird nie und nimmer ohne die Schließung von Studiengängen und ohne den Abbau von Forschungsbereichen zu verkraften sein, es sei denn, die Landesregierung würde eine allgemeine Auszehrung aller Hochschulbereiche in Kauf nehmen. Das würde massiv die Attraktivität all jener Institute und Forschungsbereiche tangieren, die wir im überregionalen und internationalen Vergleich nach wie vor vorzeigen können.
Die Landesregierung hat die Probleme der Hochschulen durch Fehlentscheidungen in der Vergangenheit verschärft. Ich will nur daran erinnern, dass der kleinen Flensburger Universität vor vier Jahren die alleinige Verantwortung für die Ausbildung eines wesentlichen Teils des Lehrernachwuchses aufgebürdet worden ist.
In den letzten Jahren sind jährlich rund 150 Absolventen für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen aus Kiel gekommen. Da dort seit 1998 keine Studienanfänger mehr aufgenommen werden, wird diese Ausbildungsleistung der Kieler Universität jedoch bald nicht mehr da sein. Ich gebe Ihnen Brief und Siegel, dass Flensburg die dadurch entstehende Lücke - diese wird ja größer, weil der Lehrerbedarf in der nächsten Zeit wachsen wird - nicht zu schließen in der Lage sein wird; jedenfalls wird sie in den vor uns liegenden fünf bis acht Jahren keinen Ausgleich für diese Ausbildungsleistung schaffen können.
Das heißt, Sie haben Folgendes verursacht. In einer Zeit, in der wir einen steigenden Lehrerbedarf haben, haben Sie die Ausbildungsleistung im eigenen Bundesland extrem verknappt. Das fällt zusammen. Das ist wirklich verfehlte Landespolitik.
Es ist schon angesprochen worden: Neuerdings werkelt die Landesregierung an einer neuen tollen Idee für den Standort Flensburg, an der Zusammenlegung der Verwaltungsfunktionen von Universität und Fachhochschule in einer „gemeinsamen Management- und Verwaltungsorganisation“ beider Flensburger Hochschulen. Wir wissen, schon heute haben beide Hochschulen, so weit sie schon jetzt in Teilen nebeneinander auf dem Sandberg-Campus residieren, Abgrenzungsprobleme beim Rasenmähen zwischen den Institutsgebäuden.
Dort, wo gemeinsame Einrichtungen bestehen, Frau Kollegin, gibt es getrennte Kaffeemaschinen und Fotokopiergeräte, jeweils in der Fachhochschule und in der Universität.
um sich zu überzeugen, um wie viel besser jetzt die Zusammenarbeit zwischen den beiden Hochschulen funktioniert?
- Ich gebe zu, das waren ein paar überspitzte Beispiele. Aber ich frage mich, wie das mit der gemeinsamen Verwaltung funktionieren soll, wenn bei allen Entscheidungen, die zu treffen sind, zwei Rektorate, zwei Senate, zwei Frauenbeauftragte, vier Personalräte, nämlich zwei wissenschaftliche und zwei nicht wis
senschaftliche, und zwei Allgemeine Studierendenausschüsse mitzureden und mitzubestimmen haben. Da wird es nicht nur Sand, da wird es regelrechte Granitklötze im Getriebe geben.
Das Einzige, was ich mir als praktikablen Weg vorstellen kann, ist eine echte Ausgliederung, ein echtes Outsourcing, also die Schaffung einer Serviceeinrichtung, die bestimmte Dienstleistungsfunktionen übernimmt und über befristete Verträge an beide Hochschulen angekoppelt ist, ohne dass wir diesen ganzen Klumpatsch an Mitbestimmungsprozeduren für eine gemeinsame Verwaltungseinrichtung haben. Das darf es nicht geben.
Das müssen die Sozialdemokraten wissen: Wenn Sie beides wollen - die Gruppenuniversität in extenso und angeblich effiziente wirtschaftliche Organisationsformen -, dann sprengen Sie die ganze Veranstaltung, dann machen Sie wirklich die Arbeitsfähigkeit beider Flensburger Hochschulen kaputt. Das ist meine feste Überzeugung. Das sagen Ihnen auch Leute aus den Hochschulen.
Wenn wir schon über Chaos sprechen, muss über das Thema Muthesius-Hochschule geredet werden. Was da passiert ist, ist wirklich ein Bilderbuchbeispiel für die total bürokratisierte Regelungsdichte deutscher Hochschulpolitik. Die Muthesius-Hochschule selbst nehme ich in Schutz. Die Ursache für den Verschiebebahnhof, um den es geht, hat die Landesregierung nicht zu verantworten. Sie arbeitet innerhalb der Rahmenbedingungen, die das Bundesrecht setzt. Das Ergebnis ist aber wirklich katastrophal. Die Ursache besteht schlicht und einfach darin, dass sich die MuthesiusHochschule in absehbarer Zeit in totaler Raumnot befindet. Es wäre sinnvoll, sie in das Gebäude zu transferieren, das in der Legienstraße vom bisherigen Fachbereich Technik der Kieler Fachhochschule frei gemacht wird. Dieser geht auf den Ostufer-Campus über.