Protocol of the Session on September 26, 2001

(Günther Hildebrand)

eine hat. Daran hatten Sie aber anscheinend wenig Interesse.

Stattdessen wird nun im Ministerium von Frau Moser eine zentrale Ansprechstelle für engagierte Menschen geschaffen. Diese soll nach Ansicht der Ministerpräsidentin eine Lotsen- und Servicefunktion wahrnehmen und Bürgerinnen und Bürgern für die Beantwortung aller grundsätzlichen Fragen zum freiwilligen, ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagement zur Verfügung stehen. Grundsätzlich ist das eine zu begrüßende Maßnahme, zumal sie nicht zu höheren Ausgaben im Haushalt führen soll. Allerdings wird diese zentrale Leitstelle dem Gros der ehrenamtlich Tätigen nicht weiter helfen können. Die meisten der ehrenamtlich Tätigen arbeiten nicht bei Landesprojekten mit, sondern in kleinen Verbänden und Vereinen vor Ort. Sie wollen auch keine Fortbildung, um von der Landesregierung erklärt zu bekommen, wie sie eine bessere Gesellschaft schaffen können. Das wissen sie schon selbst aus eigener Anschauung und von der Arbeit, die sie Tag für Tag leisten. Die Ehrenamtlichen erreichen dieses Ziel bereits jetzt faktisch, indem sie täglich Menschen über Konfessions-, Nationalitäts- oder sonstige gesellschaftlichen Grenzen hinweg zusammenbringen. Sie bringen Menschen mit gemeinsamen Interessen zusammen und wecken so durch das Kennenlernen Verständnis und Toleranz füreinander. Das funktioniert so in Feuerwehren, Sportvereinen, Pfadfindergruppen, Umweltverbänden, sozialen Einrichtungen et cetera. Deshalb müssen diese Tätigkeiten auch entsprechend gefördert werden.

Wir möchten als Fraktion den ehrenamtlich Tätigen im Land unseren herzlichen Dank aussprechen. Sie sind und bleiben ein unverzichtbarer Bestandteil in unserer liberalen, sozialen und weltoffenen Gesellschaft.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren, bevor ich weiter das Wort erteile, möchte ich unsere Gäste begrüßen. Wir haben in diesen Wochen zwei Gäste aus Kaliningrad, und zwar von der Gebietsduma Kaliningrad, unserem Partnerschaftsparlament. Es sind Frau Tatjana Lukitschewa, sie ist die Direktorin der Kaliningrader Gebietsduma, und Herr Alexander Songal, er ist Leiter der Abteilung für auswärtige Beziehungen. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich erteile Frau Abgeordneter Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hildebrand, Ihr Beitrag verleitet mich dazu, mein Redemanuskript zu verlassen und ein paar Worte zu Ihren Ausführungen zu machen. Mich wundert es etwas, welche Schärfe Sie hier in diese Debatte bringen.

(Vizepräsident Thomas Stritzl übernimmt den Vorsitz)

Die Beantwortung der Großen Anfrage bietet uns allen doch einen guten Anlass, miteinander in der Sache zu streiten. An dieser Stelle zu polemisieren, ist nicht notwendig.

Die FDP, Herr Hildebrand - Sie haben das eben gesagt -, bringt Folgendes rüber: Sie will mehr Staat das haben Sie gesagt -, mehr Kontrollen, eine bessere Erfassung, was passiert, und was weiß ich von der Regierung. Sie wollen mehr Bürokratie und Sie wollen weniger Steuereinnahmen, denn Sie wollen ja eine höhere Steuerbefreiung. Sagen Sie dann aber doch auch, wo Sie weniger Leistungen im Land anbieten wollen. Sie sagen außerdem, dass der Einzelne vor Ort, der Sport ausüben möchte, nicht stärker belastet werden darf. Ich sage Ihnen an dieser Stelle sehr deutlich: Nicht alle Angebote müssen kostenlos oder ganz billig sein. Ich zahle als Mitglied eines Sportvereines gern meinen Beitrag und ich zahle auch gern das, was zusätzlich entrichtet werden muss, damit meine Gymnastikgruppe stattfinden kann. Ich würde mich schon freuen, wenn Sie sich etwas mehr auf die sachlichen Inhalte des Berichts beziehen würden.

Wenn hier in Schleswig-Holstein - wie Sie sagen alles so schlecht ist, wie erklärt es sich dann, dass sich nach eigenen Angaben etwa 24 % unserer Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich engagieren? Wie erklärt sich das aus Ihrer Sicht? Das sind allein 700.000 Bürgerinnen und Bürger in unserem Bundesland. Diese üben häufig nicht nur eine Tätigkeit aus, sondern sie engagieren sich vielfältig. Die Bereiche kennen Sie. Das geht über die Sportvereine, den Freizeitbereich bis hin zu Kindertagesstätten, Schulen, Feuerwehren, Jugendarbeit, Musik und Politik. Jeder Zweite der ehrenamtlich Tätigen hilft einmal oder mehrmals die Woche und investiert dafür bis zu 20 Stunden im Monat. Das finde ich unglaublich viel und davor habe ich Hochachtung.

Statistisch gesehen sind genauso viel Männer wie Frauen aktiv. Aber wir alle kennen die Unterschiede in den Tätigkeiten. Deshalb ist das Programm der Landesregierung, das Frauen verstärkt motivieren soll, auch im Ehrenamt Führungspositionen einzunehmen, richtig. Ich freue mich darüber.

(Monika Heinold)

Das Ehrenamt ist im Strukturwandel begriffen. Das wurde hier in den Reden schon ausgeführt. Im traditionellen Bereich gibt es eine Positionalisierung. Ehemals ehrenamtliche Funktionen werden inzwischen von hauptamtlichen Kräften besetzt. Wir alle wissen, was im Landeshaushalt an Mitteln für diesen Bereich zur Verfügung gestellt wird. Ich sage sehr deutlich: Ich freue mich, dass dies noch möglich ist. Wir wissen nicht, wie sich die Finanzsituation im Land weiter entwickelt. Und Sie sind diejenigen, die immer weniger Steuereinnahmen wollen. Das müssen Sie gedanklich einmal zusammenbringen.

(Günther Hildebrand [FDP]: Und Sie wollen die Steuern erhöhen!)

Die Pluralisierung der Gesellschaft schafft eine Vielzahl neuer Handlungsfelder für freiwilliges Engagement. Die Landesregierung unterstützt das. Ehrenamt ist aber nicht gleich Ehrenamt. Wir haben das vor ein paar Wochen oder Monaten schon einmal miteinander diskutiert. Ich habe zum Beispiel Frauen von der Norderstedter Tafel getroffen, die nicht nur ihre Arbeitskraft ehrenamtlich einbringen, sondern sich im Prinzip auch noch an den Kosten für die Beköstigung der Obdachlosen beteiligen, indem sie ihren eigenen Privatwagen zur Verfügung stellen. An anderen Stellen auch das haben wir schon miteinander diskutiert - gibt es fließende Übergänge zwischen Beruf und Ehrenamt. Gerade weil in diesen Bereichen die Abgrenzung sehr schwierig ist, erwarte ich, dass die Enquetekommission des Bundestages hierzu Lösungsvorschläge erarbeiten wird.

Ich nenne Ihnen noch einmal ein Beispiel. Wenn Sie sich überlegen, dass sich jemand für eine einfache Tätigkeit am Nachmittag mühsam einen Stundenlohn erarbeitet, beispielsweise Reinigungskräfte, und nebenan jemand ist, der, weil es ehrenamtlich ist, im Bereich des Sports oder der Volkshochschule das Gleiche oder mehr steuerfrei oder ohne entsprechende Belastungen, die die anderen Personen zu zahlen haben, bekommt, dann müssen wir uns darüber unterhalten und neu definieren, was Einkommen ist, um keine neuen Ungerechtigkeiten entstehen zu lassen.

Die Programme, die von der Landesregierung initiiert und unterstützt worden sind, hat die Ministerin vorgestellt. Ich möchte noch einmal für meine Fraktion sagen, dass wir es sehr gut finden, dass sich inzwischen auch ehrenamtliche Seniorenbeiräte betätigen. Angesichts unserer demographischen Entwicklung ist es wichtig, dass die Seniorinnen und Senioren ihre Anliegen verstärkt einbringen.

Das Ehrenamt und seine Bedingungen ändern sich in dem Maße, wie sich auch unsere gesellschaftlichen Strukturen verändern. So gibt es verstärkt Diskussio

nen über Corporate Citizenship oder Social Sponsoring. Auch das wurde hier erwähnt. Und jeder von uns, der ehrenamtlich tätig ist - ich gehe davon aus, dass viele von Ihnen das genauso machen wie ich auch -, führt mit Sicherheit diese Diskussion in den eigenen Reihen; denn diese neue Form von gemeinnützigem Unternehmensengagement kann in Zeiten knapper Kassen entscheidend dazu beitragen, Projekte zu ermöglichen, die anderenfalls unrealisierbar werden. Social Sponsoring beruht auf der Idee, dass auch private Unternehmer zur Solidarität in der Gesellschaft beitragen.

Ich möchte an dieser Stelle auf die Hamburg-Wahl eingehen und sagen, dass es ein Problem der Hamburg-Wahl war, dass in Hamburg massiver privater Reichtum gegen eine deutlich sichtbare breite öffentliche Armut steht.

(Zurufe von der CDU)

Das ist in Hamburg ein sehr, sehr krasser Unterschied, der gesellschaftliche Probleme mit sich bringt. Von daher begrüße ich es, wenn sich private Unternehmer verstärkt solidarisch an den Aufgaben dieser Gesellschaft neu und freiwillig beteiligen.

(Unruhe bei der CDU)

Beispiele hierfür gibt es in den USA, in Großbritannien, in den Niederlanden und in anderen Ländern. In Hamburg gibt es zum Beispiel das Spendenparlament. Das ist bisher nicht diskutiert worden.

(Lothar Hay [SPD]: Das gibt es in Flensburg auch!)

Wir haben es auf Landesebene nicht. Es ist noch nicht diskutiert worden. Was es in Schleswig-Holstein sehr breit gibt, sind die Stiftungen, etwa 400, die jetzt auch in einem Stiftungsbuch gemeinsam erfasst werden. Und ich freue mich, dass dank der rot-grünen Reformpolitik der Regierung in Berlin im letzten Sommer die Stiftungsförderung insgesamt neu geregelt wurde, um deren finanzielle Ausstattung zu verbessern.

Ein Letztes möchte ich noch zu der Frage sagen, wie wir mit dem Ehrenamt umgehen. Entscheidend ist nach wie vor - das haben auch alle betont - die eigene Motivation der Bürgerinnen und Bürger zu diesem persönlichen Engagement, das sie für die Gesellschaft erbringen wollen. Dieses Engagement kann nicht verordnet werden. Es lässt sich aber - das haben Untersuchungen und Studien immer wieder belegt - natürlich durch Rahmenbedingungen positiv beeinflussen. Der Politik kommt die Aufgabe zu, den richtigen Weg zwischen staatlicher Zurückhaltung - das noch einmal an die FDP - und produktivem Einmischen zu finden. Freiwilliges Engagement kann angeregt, gefördert,

(Monika Heinold)

vernetzt, aber nie vollständig erfasst, geplant und verwaltet werden.

Die Landesregierung hat deutlich gemacht, in welchen Punkten sie das Ehrenamt in Schleswig-Holstein konstruktiv begleitet. Ich brauche das nicht noch einmal zu erwähnen. Ehrenamt, bürgerliches Engagement und Selbsthilfe sind unverzichtbare Voraussetzungen für eine gelebte Demokratie und für ein humanitäres Miteinander aller Menschen in unserem Land. Toleranz und Verantwortungsbewusstsein bilden das soziale Kapital unserer Gesellschaft. Deshalb bedanke ich mich bei den vielen Menschen, die sich freiwillig engagieren und die damit unsere Gesellschaft ein Stück lebens- und liebenswerter machen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der SSW hat seine kulturellen Wurzeln in einer Gesellschaft, die anders mit Staat, Markt und bürgerschaftlichem Engagement umgeht, als wir es aus SchleswigHolstein kennen. Trotzdem können auch wir nur beipflichten, wenn die unermessliche Bedeutung des Ehrenamtes für das Zusammenleben im Lande unterstrichen wird.

Wir alle können aus eigener Erfahrung erzählen, dass Schleswig-Holstein ohne das freiwillige Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger arm dran wäre. Gerade wir in den Minderheiten wissen nur allzu gut: Ohne die vielen Menschen, die ihre freie Zeit den anderen opfern und dies auch noch gern tun, wäre die Welt wohl grau und unmenschlich wie im Märchen vom Momo. Dafür schulden wir ihnen Dank und Anerkennung.

(Beifall bei SSW, SPD und CDU)

Auch ich werde jetzt nicht allen ehrenamtlich Tätigen gebührend meinen Respekt zollen können. Die Antwort auf die Große Anfrage macht deutlich, dass das bürgerschaftliche Engagement im Lande viele Facetten hat. Die Vielfalt ist so groß, dass sie sich einer Aufzählung entzieht. Damit das klar wird: Auch wir begrüßen es, dass diese Große Anfrage gestellt wurde, und wir möchten uns bei der Ministerin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür bedanken, weil die Antwort auf diese Große Anfrage doch eine gute Arbeitsgrundlage darstellt.

Diese Vielfalt in dem bürgerschaftlichen Engagement ist sogar so groß, dass der Landesregierung entgangen ist, dass es in Schleswig-Holstein durchaus ein Spendenparlament gibt. Es wurde vorhin schon angesprochen. Obwohl auf Seite 30 des Berichtes festgestellt wird, dass es keine solche Initiative im Lande gebe, haben wir - ich sage es noch einmal - seit Jahren in Flensburg ein Spendenparlament, ein waschechtes Spendenparlament sogar, dem, nebenbei bemerkt, die Kollegin Silke Hinrichsen vorsitzt, wenn sie denn nicht wie gerade jetzt mit einem gebrochenen Bein aus dem Krankenhaus gekommen ist. Daran sieht man, wie groß und unüberschaubar die Welt des Ehrenamtes ist, wenn so etwas noch nicht einmal bis nach Kiel vordringt.

Das bürgerschaftliche Engagement blüht aber nicht nur im zwischenmenschlichen Miteinander. Es ist seit über einem Jahrzehnt auch zu einem wichtigen politischen Konzept geworden. Insbesondere nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Entstehung der jungen osteuropäischen Demokratien ist das bürgerschaftliche Engagement zu einem hochgelobten Grundpfeiler der demokratischen Gesellschaften geworden. Es bildet das Fundament der Zivilgesellschaft, die auch in Zukunft Demokratie und Wohlfahrt sichern soll. Auch deshalb ist das Ehrenamt zum Gegenstand eines Internationalen Jahres der Vereinten Nationen geworden. Das ist ja auch einer der Gründe, weshalb sich der Landtag und die Landesregierung so intensiv mit diesem Thema beschäftigen.

Denn es ist noch nicht gesagt, dass das bürgerschaftliche Engagement in Zukunft wirklich eine solche Entwicklung tragen kann. Der Feststellung der enormen Bedeutung des Ehrenamtes steht die bange Frage nach der Zukunft des ehrenamtlichen Engagements gegenüber. Die Welt verändert sich und die Menschen mit. Wir wissen mit Sicherheit, dass die Zukunft des Ehrenamtes anders aussieht als das, was wir bisher kennen. Wir alle kennen Menschen, die ihr ganzes Leben einer oder mehreren Sachen geopfert haben. Und ich sagte vorhin, dass die Minderheiten vom Ehrenamt leben. Wir waren bisher ohne exzessives Ehrenamt überhaupt nicht denkbar. Aber auch wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass die Menschen seltener werden, die sich in jeder freien Minute für eine Sache aufschleißen. Die Menschen von heute haben andere Lebensstile entwickelt. Sie haben andere Ziele in ihrem Leben. Sie werden sicherlich auch immer noch ehrenamtlich tätig sein, aber sie stellen sich unter Ehrenamt etwas anderes vor als heute. Die potenziellen Ehrenamtlichen der Zukunft lassen sich nicht mehr so gern dauerhaft in feste Strukturen einbinden. Ihre ehrenamtliche Arbeit ist zielorientiert, soll in sich sinnstiftend sein, ist weniger zeitaufwändig und flexibler.

(Anke Spoorendonk)

Die Politik für das Ehrenamt muss sich auf diese neuen Bedingungen einstellen.

Das Ehrenamt ist wichtig für unsere Zukunft. Deshalb müssen die Weichen gestellt werden. Das Jahr des Ehrenamts ruft uns ja ins Bewusstsein, dass wir uns nicht einfach zurücklehnen können. Die Politik ist aufgerufen, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um ehrenamtliche Arbeit zu unterstützen und zu fördern. Das kann natürlich durch Geld geschehen. Der Antrag der FDP macht deutlich, dass sie hier ein zentrales Element sieht. Auch der Beitrag des Kollegen Hildebrand machte das deutlich.

Andere Möglichkeiten bestehen zum Beispiel darin, dass man das Ehrenamt als Qualifikation für Berufsausbildung oder Erwerbsarbeit anerkennt. Es ist zum Beispiel gut, dass Schülerinnen und Schüler ab diesem Schuljahr solche Tätigkeiten ihrem Zeugnis hinzufügen lassen können. Der SSW meint auch immer noch wir haben das bereits mehrfach in die Debatte eingebracht -, dass Ehrenämter im Rahmen der Hochschulzulassung als Zusatzqualifikation anerkannt werden sollten. Solche Anerkennungen des bürgerschaftlichen Engagements in anderen Lebensbereichen sind eine Möglichkeit, das Engagement zu fördern.

Ich glaube allerdings nicht, dass die meisten potenziellen Ehrenamtlichen sich wegen Geld, steuerrechtlicher Regelungen oder ähnlicher Vorteile für oder gegen das Ehrenamt entscheiden. Ich glaube vielmehr, dass sie vor allem gute Rahmenbedingungen erwarten. Sie wollen vor allem, dass das Ehrenamt so strukturiert ist, dass es ihnen erlaubt, wirklich den angesprochenen nicht materiellen Nutzen aus dem Engagement zu ziehen. Es geht also darum, dass man sie zunächst darin unterstützt, sich über die ehrenamtlichen Tätigkeit selbst zu verwirklichen. Dazu gehören sinnvolle Strukturen, die das Ehrenamt erleichtern. Dazu gehören zum Beispiel Fortbildung und Qualifizierung. Dazu gehört vor allem die Möglichkeit, auf die ehrenamtliche Tätigkeit Einfluss nehmen zu können und selbst Entscheidungen zu treffen.

Zu einer konsequenten Förderung des Ehrenamts gehört eben auch, dass man erkennt, dass modernes Ehrenamt und Mitsprache zwei Seiten derselben Medaille sind. Die Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler wollen natürlich nicht nur als billige, anspruchslose Arbeitskraft in Vereinen arbeiten. Die Zukunft des Ehrenamtes hängt unter anderem maßgeblich davon ab, ob die Menschen demokratisch mitreden können. Gerade in dieser Hinsicht ist es Aufgabe der Politik, hier nicht nur schöne Sonntagsreden zu schwingen, sondern mit gutem Beispiel voranzugehen.

(Thorsten Geißler [CDU]: So wie du!)

Die Demokratie lebt nicht nur von Ehrenamt in Jugendverbänden und in Bürgerinitiativen. Auch wenn es durch die große Politik im Fernsehen mit ihren Bodyguards und dunklen Limousinen in den Hintergrund rückt, ist es so, dass der weit größte Teil der Politikerinnen und Politiker ehrenamtlich tätig ist.

Zur politischen Mitsprache gehört zum einen, dass Kinder und Jugendliche an die Teilhabe herangeführt werden. Hier liegt Schleswig-Holstein bundesweit an der Spitze. Zur Mitsprache gehört zum anderen, dass erwachsene Menschen, die sich in die Demokratie einbringen wollen, auch wirklich Einflussmöglichkeiten erhalten. In diesem Sinn kann man nicht ignorieren, was gegenwärtig in unseren Kommunen abläuft. Verwaltungsreformen, die Städte, Kreise und Gemeinden am Modell eines Wirtschaftsunternehmens ausrichten und hierarchische Managementstrukturen einführen, machen vielleicht den Job des Verwaltungschefs attraktiver, tragen aber kaum dazu bei, das ehrenamtliche Engagement in der Demokratie zu fördern.