Qualität im fachlichen Bereich und Professionalität im pädagogischen Bereich sind wesentliche Faktoren, die die Zukunft der beruflichen Schulen und die Zukunft der Auszubildenden in unserem Land entscheidend bestimmen werden.
(Beifall bei der CDU - Günter Neugebauer [SPD]: Auf diese Rede hätten wir auch ver- zichten können!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben im Februar einen Antrag gestellt, die Landesregierung möge berichten, welche Anstrengungen es gibt, um den Lehrernachwuchs für unsere Schulen zu sichern und den Lehrerberuf attraktiv zu machen. Diesen Bericht haben wir in der Mai-Tagung diskutiert. Neben einer Auflistung einer Reihe von Maßnahmen wurde deutlich formuliert, dass zum Beispiel im Hochschulbereich Wechsel aus Magisteroder Diplomstudiengängen in Lehramtsstudiengänge erleichtert werden und bereits erbrachte Leistungen flexibel anerkannt werden sollen. Mangelbereiche sollen für qualifizierte Quereinsteiger geöffnet werden.
Ich verstehe daher den Antrag der CDU nicht, in dem etwas gefordert wird, was schon längst Praxis ist beziehungsweise woran gearbeitet wird.
Frau Eisenberg, Ihr Redebeitrag erweckte den falschen Eindruck, als würde auf diesem Gebiet nichts getan. Es war schon immer möglich, als Quereinsteiger in den Schuldienst zu gelangen, schon Anfang der 70erJahre und eher.
Zu den von der CDU-Fraktion vorgeschlagenen drei Wegen des Quereinstiegs will ich Folgendes bemerken:
Der erste Weg, Bewerberinnen und Bewerbern mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium den Einstieg in den Vorbereitungsdienst zu eröffnen, wird bereits von der Landesregierung verfolgt. Eine formelle Umsetzung - auch ohne die sich bisher möglicherweise ergebenden finanziellen Nachteile - ist ohnehin durch die vom Ministerium vorgesehene Änderung der Lehrerlaufbahnverordnung zum Februar 2002 geplant.
Der zweite Weg wird bei Bedarf bereits praktiziert, allerdings sind ihm durch das Beamtenrecht bestimmte Hürden gesetzt. Dazu zählt die Zustimmung des Landesbeamtenausschusses oder das institutionalisierte Testverfahren.
Der dritte Weg, der Zugang in den gehobenen Dienst ohne Hochschulstudium, ist bisher nicht vorgesehen. Ich halte den Vorschlag auch für wenig praktikabel und für nicht durchführbar.
Wir werden im Bildungsausschuss über die Vorschläge beraten. Zwei Aspekte sollten dabei im Vordergrund stehen: Wir sollten uns davor hüten, die Erteilung einer Lehrbefähigung für berufliche Schulen von der Situation am Bewerbermarkt abhängig zu machen und dabei möglicherweise Qualifikation und pädagogische Eignung aus dem Auge zu verlieren. Die fachliche Qualifizierung ist nur ein Teil der Ausbildung zum Berufschullehrer. Ich behaupte, dass die pädagogische Qualifikation heutzutage wichtiger ist als die fachliche. Angesichts vieler Erziehungsdefizite und wegen vielschichtiger Bildungswege nicht mehr harmonischer Schülerjahrgänge, angesichts der häufig negativen Erfahrungen vieler Schülerinnen und Schüler mit dem System Schule sind die Lehrkräfte an den beruflichen Schulen heute in erster Linie als Pädagogen gefordert.
Gute Fachkräfte sind nicht automatisch gute Lehrerinnen und Lehrer. Daher halte ich es für unbedingt erforderlich, die pädagogischen Komponenten zu fordern und abzusichern. Wer Schülerinnen und Schüler diszipliniert und engagiert ans Lernen heranführen und zum Lernen anhalten möchte, braucht mehr als gutes Fachwissen und Berufserfahrung, er braucht vor allem pädagogisches Geschick.
(Beifall des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD] - Sylvia Eisenberg [CDU]: Das be- streitet auch niemand!)
Mit der Schaffung weiterer neuer Wege in den Beruf als Lehrer an den beruflichen Schulen riskieren wir, den klassischen Weg über ein volles Studium zu unterlaufen. Wenn die Zahl der Sonderwege größer, die Bezahlung der diese Wege gehenden Bewerberinnen und Bewerber höher und deren Chancen besser sind, machen wir keine Werbung für den klassischen Weg der Lehrerausbildung.
Die Schaffung vieler Ausnahmen und Sonderregelungen trägt dazu bei, die Attraktivität des traditionellen
Bildungsweges zu mindern. Eine solche Entwicklung können wir uns angesichts des zukünftigen Bedarfs an Lehrkräften nicht erlauben.
Wir beantragen deshalb, die Vorschläge der CDUFraktion zur weiteren Beratung an den zuständigen Bildungsausschuss zu überweisen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im März hat meine Fraktion hier im Landtag ein Konzept zur Sicherung des Lehrerbedarfs in Schleswig-Holstein eingebracht, das im Wesentlichen fünf Hauptpunkte umfasste. Einer dieser Punkte bezog sich auf die Aufnahme von Quereinsteigern in den Schuldienst, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen der Sicherung der entsprechenden fachlichen Eignung - also der fachwissenschaftlichen Ausbildung - und der Sicherung einer pädagogischen und didaktischen Nachqualifizierung, die wir für unverzichtbar halten. Unter diesen Bedingungen halten wir die Aufnahme von Quereinsteigern in den Schuldienst - das wissen Sie; darüber haben wir schon debattiert - für eines von mehreren - aber für ein wichtiges - Instrumentarien, die notwendig sind, um in den nächsten Jahren den Lehrerbedarf zu decken.
Wir werden je nach Schulart in unterschiedlichem Maße mit einem Lehrermangel zu rechnen haben; denn alle Bundesländer fragen verstärkt Lehrkräfte auf dem Arbeitsmarkt nach, jedenfalls in den westlichen Bundesländern steigt die Pensionierungsrate und in großen Bundesländern werden in den nächsten Jahren in erheblichem Umfang zusätzliche Lehrerstellen eingerichtet werden. Das ist beschlossen und auch so in Planung. Wir werden also erleben, dass die anderen Länder den Lehrerarbeitsmarkt immer mehr leerfischen werden. Das heißt, dass wir dort, wo die Knappheit am größten ist - das gilt sicherlich für die berufsbildenden Schulen -, darauf angewiesen sind, Quereinsteiger - wie schon gesagt - mit klaren Vorgaben und Qualitätsanforderungen in die Schulen aufzunehmen - cetero censeo; das wissen Sie. Darüber hinaus halte ich es aber für unbedingt erforderlich, die Palette der Ausbildungsangebote für den Lehrerberuf in Schleswig-Holstein zu verbreitern.
Wir reden hier über die berufsbildenden Schulen; deshalb hier nur die kurze Anmerkung: Ich halte es für sehr sinnvoll, an der Technischen Fakultät der Kieler
Universität neben den Studiengängen, die es in Flensburg schon gibt, weitere Studiengänge für das Lehramt an berufsbildenden Schulen einzurichten. Das bietet sich insbesondere für die IT-Fächer an. Angesichts der sehr guten Ausstattung der Informatik in Kiel könnte man für diese Fächer, die in den beruflichen Schulen immer wichtiger werden - moderne Ausbildungsberufe im Bereich Informationstechnik, Multimedia sind für die jungen Leute ein Renner; der Bedarf wächst -, mittelfristig eigene qualifizierte Nachwuchslehrkräfte in Schleswig-Holstein ausbilden. Das ist die feste Überzeugung der FDP-Fraktion.
Ansonsten bin ich damit einverstanden, dass wir die Vorschläge, die Frau Kollegin Eisenberg im Detail vorgestellt hat, vertiefend im Bildungsausschuss weiterberaten. Die restlichen zwei Minuten meiner Redezeit schenke ich Ihnen aus Anlass der bevorstehenden Sommerpause.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Tor auf für die Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger als neue Lehrerinnen und Lehrer an Berufsschulen! Das ist etwas, was wir schon Anfang des Jahres gefordert haben. Nicht nur hier, sondern landauf und landab hat BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gleich lautende Forderungen aufgestellt. Inzwischen hat das - wie man sieht - in anderen Bundesländern und in anderen Fraktionen auch Nachahmer gefunden. Es hat sogar das Regierungshandeln beeinflusst.
Dem zukünftig drohenden Lehrermangel muss mit verschiedenen Schritten begegnet werden. Dazu haben wir eine Gesamtkonzeption aufgestellt, die ich hier nicht wiederholen möchte.
Schon jetzt wird bei den Berufsschullehrerinnen und -lehrern der Nachwuchs sichtbar knapp. Die Vorschläge der CDU, wie Akademikerinnen und Akademikern, die nicht die klassische Lehrerlaufbahn durchschritten haben, zu einem Einstieg in die Schule verholfen werden kann, greifen diesen Dauerbrenner mit konkreten Vorschlägen auf. Frau Eisenberg, so weit so gut. Allerdings überschneiden sich die Vorschläge zum Teil mit denen, die die Regierung schon vorgestellt hat. Insofern gehe ich davon aus, dass die Landesregierung handelt. Frau Erdsiek-Rave, uns interessiert, mit welchem Erfolg Sie handeln. Ähnlich wie bei der „Welcome back“-Aktion möchten wir natürlich wis
sen, wie die Quereinsteigerproblematik von Ihnen angepackt worden ist. Ich denke, die nächste Sitzung des Bildungsausschusses wird der richtige Ort sein, um darüber detailliert zu sprechen.
Frau Eisenberg, zum Teil sind die Vorschläge etwas umständlich. Wenn ich mir zum Beispiel überlege, was Sie unter Punkt 2 gefordert haben, nämlich dass einerseits ein finanzieller Anreiz für die Berufseinführungszeit geschaffen werden soll, andererseits immer noch eine dreijährige Ausbildung für jemanden gefordert wird, der schon ein abgeschlossenes Hochschulstudium und Berufserfahrung hat, dann weiß ich nicht, ob die finanziellen Anreize - einmal abgesehen von der Frage, wer sie zahlen soll - ausreichen werden, um jemand noch einmal drei Jahre in eine Ausbildungszeit zu locken.
Ähnliches gilt für Punkt 3. Da fordern Sie für Fachhochschulabsolventen mit der benötigten Fachrichtung eine Nachqualifizierung von vier Semestern und zusätzlich ein volles Referendariat. Ich denke, bei solch qualifizierten Leuten muss man zu kürzeren Nachqualifizierungszeiten kommen.
Es freut mich allerdings, dass Sie sich überhaupt so detailliert mit dieser Frage auseinander setzen. Ich erinnere mich daran, dass Sie früher dem Gedanken des Quereinstiegs sehr skeptisch gegenüberstanden.