Protocol of the Session on June 1, 2001

Dann müssen Sie aber auch Ross und Reiter nennen. Wie definieren Sie die Kernaufgaben der Polizei? Wo werden Beamten unnütz eingesetzt?

Wir unterstützen den CDU-Antrag, weil die Bedarfsanalyse unbedingt erforderlich ist.

(Klaus Schlie [CDU]: Sehr gut!)

Die Mangelverwaltung muss ein Ende haben. Wir müssen uns endlich an den Notwendigkeiten orientieren, um die Personalplanung langfristig vornehmen zu können.

(Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Aber nicht nur beim Personal, auch bei der Sachausstattung besteht erheblicher Bedarf.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Es geht hier beispielsweise um die notwendige Ausstattung der Kriminalpolizeistellen mit EDV zur Abarbeitung der so genannten DNA-Altfälle. Seit dem 15. November 2000 liegen im Lande Datenträger in Form von verschlüsselten Disketten mit über 10.000 Datensätzen verurteilter Personen vor, bei denen eine entsprechende Relevanz hinsichtlich einer Einstellung in die so genannte Gendatei gemäß § 2 DNAIdentitätsfeststellungsgesetz zu prüfen ist. Ein weiterer Zeitverzug ist überhaupt nicht hinnehmbar.

Probleme gibt es auch bei der Einführung von INPOLneu. Wir alle haben das gelesen. Jeder Zeitverzug verursacht hier Kosten von bis zu 500.000 DM pro Monat.

Abschließend stelle ich fest: Wenn dieser Antrag der SPD beschlossen wird, ist das Vertrauen der Polizei in die Landesregierung und in die sie tragende Fraktionen über Jahre zerstört. Nun könnte man natürlich sagen, das soll uns egal sein, aber ich glaube, gerade im Bereich der inneren Sicherheit und gerade bei der Polizei ist hier erforderlich, dass es einen Konsens zwischen dem Parlament und der Polizei gibt.

(Beifall bei FDP und CDU - Zuruf des Abge- ordneten Bernd Schröder [SPD])

Ich erteile Herrn Abgeordneten Steenblock das Wort.

(Zuruf des Abgeordneten Bernd Schröder [SPD])

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in dieser Parlamentswoche eine Reihe von Positionsverschiebungen - besonders von der CDU - gehört. Wir haben das mit Freude zur Kenntnis genommen. Ich glaube, dass bei den Grünen Ähnliches angesagt ist. Die Bedeutung der inneren Sicherheit und die Bedeutung der Polizei stellen sich für die Grünen neu. Wir sind an dieser Stelle aufgefordert, unsere Politik zu überdenken.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben in diesem Bereich eine Geschichte, die ich nicht abstreiten will und die es uns nicht leicht macht. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir akzeptieren und anerkennen, dass das Gefühl von physischer und psychischer Sicherheit für die Menschen in diesem Lande zur Lebensqualität gehört.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Wir sind dafür verantwortlich, das Unsrige dazu beizutragen. Deshalb finde ich diese Debatte gemeinsam mit der Polizei wichtig, damit die Kolleginnen und Kollegen das Gefühl haben, hier nicht nur gelobt zu werden, sondern dass ihre Interessen ernst genommen werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Lieber Kollege Schlie, es gibt zwei wesentliche Unterschiede zu Hamburg. Erstens haben wir glücklicherweise keine Landtagswahl vor uns, die dieses Thema emotionalisiert. Zweitens haben wir - und das ist für mich viel wichtiger - einen Innenminister, der mit seiner couragierten und engagierten Art das Vertrauen der Polizei in diesem Lande hat und der viele Themen angepackt hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das ist seiner Arbeit zu verdanken, weil er eine ganze Reihe von Themen angepackt hat und den Beamten in diesem Bereich damit das Gefühl vermittelt hat, er kümmere sich um sie. Wir haben dadurch in diesem Lande die Grundlage, dass wir von der Opposition bis

(Rainder Steenblock)

zur Landesregierung ein Interesse und - noch - eine Gesprächskultur haben, um vernünftig zu diskutieren, wie hoch der Bedarf auch an Personen ist, um innere Sicherheit in diesem Lande zu gewährleisten.

Herr Kollege Hildebrand, deshalb fand ich Ihren Beitrag etwas zu scharf. Man kann das als Opposition so machen. Weil das aber so ein sensibles Thema ist, wäre ich ausgesprochen dafür, dies im Ausschuss zu debattieren. Ich bin sehr froh darüber, dass die SPDFraktion unserem Ansinnen folgt. Das war von Anfang an unsere Intention.

(Beifall bei der CDU - Zuruf des Abgeord- neten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Lieber Kollege Kubicki, ich halte nichts davon, dieses Thema an dieser Stelle lustig zu behandeln. Für mich geht es darum zu gucken, wie man die Schere des Erzeugens von Ansprüchen, von denen wir alle wissen, dass man sie nicht realisieren kann, schließen kann. Wir haben keine Landtagswahl, für die man das Thema aufpusten muss. Auf der anderen Seite besteht das - auch für mich - berechtigte Anliegen, Kriterien zu entwickeln, um zu sehen, wo Bedarf besteht und wo es in der Sache gerechtfertigt ist, lang- und mittelfristig zu arbeiten. Das müssen wir zusammen schaffen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Deshalb bin ich mit keinem dieser beiden Anträge zufrieden. Die Grünen haben auch keinen vorliegenden Antrag unterstützt. Wir sind mit der Antragslage noch nicht so zufrieden, dass wir uns zurücklehnen können. Deshalb ist der Ausschuss das geeignete Instrument. Vielleicht sollten wir uns überlegen, zusammen mit Fachleuten eine Anhörung zu diesem Thema zu machen, weil es aus anderen Bundesländern dazu Erfahrungen gibt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, CDU und FDP - Klaus Schlie [CDU]: Guter Vorschlag!)

Wir stehen nicht unter dem Druck von Landtagswahlen und können das Thema ohne hohe Emotionen diskutieren. Auch haben wir einen Landesminister, der als Person so ein Projekt vertreten kann, weil er vertrauenswürdig ist und das Vertrauen der Polizeibeamten in diesem Lande hat. Das ist für mich die Grundlage dafür, bei dem Thema nicht zu polarisieren, sondern vernünftig zu beraten.

(Beifall im ganzen Haus)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Hinrichsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fand den Beitrag des Kollegen Steenblock ganz toll. Für mich stellt sich folgendes Problem in dieser Angelegenheit: Ich hatte es so verstanden, dass wir hier über die Personalverteilungskriterien bei der Schutzpolizei reden. Der Kollege Hildebrand sprach davon, wie es bei der Kripo aussieht.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich wollte nur klarstellen, wie ich das verstanden hatte. Bei der Erstellung des vorgelegten Diskussionspapiers sind die Polizeiinspektionen beteiligt gewesen, so habe ich es wenigstens verstanden. Kriterien und Grundlagen des Diskussionspapiers waren unter anderem die Mindestpräsenzstärke, Prävention und die Sondersituation auch bei KKWs und Inseln. Bedauerlicherweise wurden langfristige Abordnungen als Gegenstand des Personaleinsatzes nicht berücksichtigt. Ausgangspunkt sollte aber die gleichmäßige Bürgerbetreuung sein, was zu entsprechenden Formulierungen der Personalverteilungskriterien führte.

Als SSW begrüßen wir, dass hier auch Gebietsspezifika und Strukturdaten entscheidende Grundlagen waren. Ausdrücklich ergibt sich jedoch hieraus, dass Personalbedarfsberechnungen nicht berücksichtigt worden sind. Vor diesem Hintergrund hat es mich etwas verwundert, als ich dieses Diskussionspapier gesehen habe, dass dieses von der CDU in den Vordergrund gerückt wurde. Es wäre sicherlich gut, eine derartige Ermittlung vorzunehmen. Nur, wie soll das gehen und welche Kriterien sollen hier zugrunde gelegt werden? Herr Schlie, das konnte ich Ihrem Antrag nicht entnehmen.

(Klaus Schlie [CDU]: Die gleichen wie bei der Verteilung!)

- Entschuldigen Sie bitte! Will man die Kriminalstatistik, die Bevölkerung, die Anzahl der Großdemonstrationen zugrunde legen?

(Klaus Schlie [CDU]: Ja, alles!)

- Das verstehe ich nicht. In Ihrem Antrag ist kein Vorschlag enthalten.

(Zurufe von der CDU)

Bei der gestrigen Diskussion über das DNAIdentitätsfeststellungsgesetz wurde vom Kollegen Kubicki festgestellt, dass man im Rahmen der verbesserten technischen und gesetzlichen Ermittlungsmöglichkeiten trotzdem immer wieder den Wunsch - insbesondere vonseiten der CDU - äußert, der Polizei und den Ermittlungsbehörden noch weitere Möglichkeiten

(Silke Hinrichsen)

zu geben. Ich habe manchmal das Gefühl, die CDU möchte jedem Bürger einen Polizisten oder eine Polizistin zur Seite stellen, denn nur so könnte man den Einzelnen am besten schützen und jeden von einer Straftat abhalten.

(Zuruf des Abgeordneten Klaus Schlie [CDU])

Sie machen keine Vorschläge. Die Problemstellung ist: Mehr Präsenz von Schutzpolizei und auch deren Hilfe zur Prävention sind notwendig. Diese Kriterien müssen berücksichtigt werden.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Wir räumen der Bezahlung und der Ausstattung der Schutzpolizei eine hohe Priorität ein, denn gerade diese Mängel führen zu großem Frust. Wenn wir hier vielleicht erst einmal zu einer Lösung kommen könnten, würden wir auch eine größere Mitarbeiterinnenund Mitarbeiterzufriedenheit erreichen. Ich halte aber auch den Punkt der Abordnung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für sehr problematisch, da dies großen Einfluss auf die Präsenz hat und damit auch auf die Personalverteilung. Die Zahl der jeweiligen Abordnungen müssen nämlich dabei nach unserer Ansicht berücksichtigt werden.

Das vorgelegte Papier ist - so weit ich das gesehen habe - ein Diskussionspapier und ich hoffe, dass es wie angekündigt - noch Nachjustierungen geben kann. Wir werden den Antrag der CDU auf jeden Fall ablehnen. Trotzdem freue ich mich auf eine lebhafte Ausschussberatung.

(Beifall beim SSW)