Protocol of the Session on February 22, 2001

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir sehen allerdings bei den beiden vorliegenden Anträgen nicht, dass man genau dieses Ziel erreichen will. Deshalb werden wir diese Anträge ablehnen.

(Beifall bei SSW und SPD)

Jetzt hat Frau Ministerin Franzen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn ein Schlaglicht auf die wirtschaftliche Betroffenheit der Land- und Ernährungswirtschaft werfen. Die Preise für Rindfleisch sind im Keller. Etwa 70 % Mindereinnahmen hat ein Landwirt bei seinem Erlös für Schlachttiere. Verarbeitende Betriebe, Schlachthöfe sind ganz arg betroffen.

1.282 Kurzarbeiter und Kurzarbeiterinnen haben wir in diesem Bereich. Das ist ein Plus von 230 von Ende Januar bis jetzt. Betroffen ist der ländliche Raum, besonders der nördliche Landesteil in diesem Bereich. Sehr stark betroffen sind auch Frauen, denn hier finden sie Arbeit.

Lassen Sie mich aber auch eine gute Nachricht überbringen. Wir sind ja vom runden Tisch gestern sehr motiviert. Ich zitiere hier einmal die „Bild“-Zeitung. Da kann man sehen, wie weit ich gekommen bin.

(Heiterkeit im ganzen Haus - Beifall des Ab- geordneten Dr. Heiner Garg [F.D.P.])

Der Rindfleischverkauf erholt sich und man ist wieder bei etwa 60 %. Das will ich gerne mit Optimismus glauben. Ich bin diesbezüglich von Medien befragt worden, die ähnliche Zweifel wie ich haben.

Lassen Sie mich deshalb zwei, drei Ziele vorwegstellen, die für mich als Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft, ländliche Räume unverzichtbar sind. Wir haben vor BSE weitgehend gesunde Betriebe gehabt. Schauen Sie einmal in unseren Agrarbericht des letzten Jahres.

(Beifall der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

Wir wollen diese Betriebe erhalten. Wir können uns hier mit vielen Papieren und Programmen zu Tode diskutieren, aber wenn wir vorher die Betriebe in der Landwirtschaft verlieren, und zwar in einer höheren Quote, als wir sie sowieso jährlich haben, dann war unsere Politik nicht erfolgreich.

(Beifall bei SPD und CDU)

Nun muss ich allerdings zur Opposition sagen - zumindest zur CDU; die F.D.P. kann man ausnehmen -: Bei der Beratung des Haushalts 2001 im Dezember müssen Sie irgendwie gepennt haben. Das tut mir Leid. Oder Sie hatten Alternativen, haben aber bei uns zugestimmt.

(Widerspruch bei der CDU)

Ich will Ihnen noch einmal sagen, was wir im Haushalt gemacht haben. In der logischen Konsequenz, als wir den ersten BSE-Fall hatten und der Haus noch nicht verabschiedet war, haben wir 6,915 Millionen DM reine Landesmittel und damit hochgerechnet über 40 Millionen DM in den Haushalt eingestellt. Das können Sie nachlesen. Das steht da drin.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Es ist ein Skandal, wenn Sie so tun, als ob das nicht wahr wäre.

(Ministerin Ingrid Franzen)

Nun geht ja die Runde viel weiter. Unserem Finanzminister kann man ja vieles nachsagen, aber dass er nicht plietsch ist, das kann man ihm bestimmt nicht nachsagen. Und was ist mit Forderungen in Richtung Berlin? Wie schön wäre es, wenn wir uns da einig wären! Die Richtung ist: Nimm unser reines Landesgeld - das sind fast 7 Millionen DM -, tue es in die GA, packe 40 Millionen DM vom Bund dazu. Dann haben wir 70 Millionen DM. Das hat der Finanzminister in einem ersten Gespräch im Kabinett über den Haushalt 2002 und in der mittelfristigen Finanzplanung schon fortgeschrieben. Wenn Sie das hochrechnen, stellen Sie fest, wir hätten für diese Zeit mit den Mitteln aus der GA - wenn Sie sich da einmal solidarisch für die Bauern und für all die einsetzen würden, die ich hier genannt habe - Mittel, ein Paket von 70 Millionen DM. Und da reden Sie von 30 Millionen - ungedeckten. Das ist ja lächerlich!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich wäre Ihnen auch dankbar, wenn Sie einmal den Finger bei der EU in die Wunde legten. Der gute Kommissar Fischler - ich will die anderen gar nicht nennen - hat ein Sieben-Punkte-Programm aufgelegt. Das habe ich kommentiert, das hat Frau Künast kommentiert. Haben Sie einmal etwas gesagt? Haben Sie keine Meinung dazu? Ich kann Ihnen sagen, er hat kein neues Geld in die Hand genommen, sondern er repariert am bestehenden System herum. Es wäre noch bürokratischer und es ist absolut nicht nachhaltig. Dieses Programm ist einfach abzulehnen. Sie äußern sich dazu gar nicht erst. Wo sind Sie denn eigentlich in diesem Bereich?

(Beifall bei SPD und SSW)

Ich will wieder ruhiger werden. Die Entsorgung läuft. Das war ein begrenztes Lob. Ich kenne Herrn Ehlers auch gut genug. Das war schon ganz gut. Ich habe das in Eckernförde aktiv begleitet, bei Wind, Schnee und Regen. Die Landwirte sind gekommen. Sie liefern an. Sie sind dankbar und froh. Jetzt kann man auch einmal Frau Künast loben, weil sie in der Agrarministerkonferenz politisch und sehr weitsichtig gesagt hat: Die Kosten trage ich allein. - Wir setzen das jetzt im Vorfeld um, wobei wir jetzt sicher sind, dass wir das vom Bund wiederbekommen, und zwar bei den Landwirten.

Bei der Futtermittelindustrie kann es, denke ich, noch ein bisschen dauern, bis wir uns geeinigt haben. Aber das ist unsere Art von Solidarität, dass wir sagen: Wir helfen euch Landwirten, wir zeigen euch, dass es vorwärts geht.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW)

Nun muss ich mich ein bisschen beeilen. - Zur Rindersonderprämie! Sie sind doch Insider. Dann sagen Sie doch alles! Was hindert mich denn, etwas früher zu machen?

HIT-System! 500.000 Fehler haben unsere Landwirte produziert. Dabei sind wir noch das zweitbeste Bundesland. Himmel Herrgott, es muss doch möglich sein, solche Formulare auszufüllen! Dann helfen Sie ihnen doch oder setzen Sie den Bauernverband auf den Pott oder die Kammer! Dass da nicht geholfen wird, geht doch so nicht.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD] - Lothar Hay [SPD]: Das ist eine sinn- volle Aufgabe für die Landwirtschaftskam- mer! - Zuruf des Abgeordneten Klaus Schlie [CDU] - Unruhe)

- Die Kammer berät - das ist ihr Job -, wenn man allein damit nicht zurechtkommt.

Ich möchte folgende Schlussbemerkung machen. Ich stimme Herrn Ehlers zu, der gesagt hat: Das ist die erste Debatte. Wir haben im Moment überhaupt keine Ahnung über das Ausmaß der BSE-Krise. Wir haben derzeit 35 Fälle bei uns, 5 positive und 7 negative, einer ist dazugekommen. Wie wäre es denn, wenn wir gerade in Zeiten des Streits um Finanzen an einem Strang zögen, endlich aufhörten, Schuld und Unschuld zu verteilen, wie das hier wieder passiert ist? Ich bin optimistisch; denn das ist - wie gesagt - nicht die letzte Debatte und nicht die erste; vielleicht raufen wir uns einmal zusammen. Das würde sich die Landwirtschaftsministerin von Herzen wünschen.

(Anhaltender Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich möchte allen Rednerinnen und Rednern für die Kürzung ihrer Beiträge danken, damit wir die Beratung ordnungsgemäß zu Ende führen konnten. Ich muss allerdings vorerst noch eine Reihe von Kurzbeiträgen aufrufen. Zunächst erteile ich das Wort nach § 56 Abs. 4 der Frau Abgeordneten Dr. HappachKasan.

(Zuruf: Eigentlich ist alles gesagt! - Zuruf des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Herr Präsident! Herr Kollege Steenblock! Kriminelles Handeln ist in keinem Fall, auch bei keinem Landwirt in irgendeiner Weise zu entschuldigen. Das möchte ich für meine Fraktion ganz klarstellen. Da gibt es keine Entschuldigung.

(Dr. Christel Happach-Kasan)

Aber wir müssen auch sehen, dass wir durch den Abbau von Kontrollen im Bereich Lebensmittel und Futtermittel teilweise zu kriminellem Handeln einladen. Es ist schon merkwürdig, wenn das Ministerium sogar bei den Oppositionsabgeordneten anruft und sie darum bittet, in den eigenen Kreisen dafür zu sorgen, dass ein paar Stellen für Veterinäre erhalten bleiben. Das habe auch ich selbstverständlich getan.

Aber ich finde es schon merkwürdig, wenn mit dem Hinweis auf hessische Kriminalität Schleswiger Bauern die Solidarität verwehrt wird. Es gehört zu den ganz wichtigen rechtsstaatlichen Grundprinzipien, dass Schuld nachgewiesen werden muss.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Wir können nicht, weil es in Hessen Kriminalität gibt, darauf schließen, dass bei den Rinderzüchtern in Schleswig-Holstein auch etwas sein wird. Wir können das auch im Vorbeigehen nicht einfach so sagen. Ich halte das nicht für richtig. Wir wissen auch, dass die Kriminalität im Bereich Schweinemast eine Ursache in den äußerst harten Wettbewerbsbedingungen hat. Wir wissen, dass nur noch 62 % der Schweinemast in Deutschland passiert. Alles andere ist woanders. Wie dort gemästet wird, wissen wir überhaupt nicht. Ob es dort Kriminelles gibt, wissen wir auch nicht. Insofern ist es schon richtig, sich dafür einzusetzen, eigene Produktion im Lande zu behalten.

(Vereinzelter Beifall bei F.D.P. und CDU)

Herr Harms, ich kann mir einen Hinweis nicht ganz verkneifen. Wenn es hier um Einsparung öffentlicher Stellen und so weiter geht, macht sich der SSW vehement stark dafür, öffentliche Stellen im Bereich der Verwaltung im Landesteil Schleswig zu behalten. Wenn es aber darum geht, den Betrieben im Landesteil Schleswig ein bisschen zu helfen, dass sie diese Krise überstehen können, rühren Sie keinen Finger. Das finde ich schon komisch.

(Beifall bei F.D.P. und CDU - Widerspruch beim SSW)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag erhält Herr Abgeordneter Kalinka. - Er verzichtet. Dann hat jetzt zu einem weiteren Kurzbeitrag Herr Abgeordneter Ehlers das Wort.

(Konrad Nabel [SPD]: Nun entschuldigt er sich! - Claus Ehlers [CDU]: Damit kannst du rechnen!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann es nur als Arroganz der Macht bezeichnen, wenn unsere Anträge im Ausschuss nicht weiter beraten werden sollen.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Wenn denn vom Abgeordneten Harms unsere Anträge so bezeichnet werden, als wenn sie von „Wahnsinnigen“ gestellt worden seien - für diese verbale Entgleisung sollten Sie sich entschuldigen, junger Mann!

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Frau Ministerin, zur Finanzierung! Ich habe in meinem Redebeitrag gesagt: Das Land Schleswig-Holstein hat 186 Millionen DM mehr Steuereinnahmen; von diesen 186 Millionen wollen wir unser 30-Millionen-DMSoforthilfeprogramm finanzieren.

(Beifall bei der CDU)