Meine Vorredner haben schon darauf hingewiesen. Gerade die Frage der Schlachtchargen ist ein unerledigtes Problem, für das wir eine Regelung finden müssen. Ich weiß, dass die Landwirtschaftsministerin gerade daran arbeitet.
Den Vorschlag, eine „Superabgabe“ für Milchquoten einzuführen, halte ich für problematisch, da die Gefahr besteht, dass wir eine Überproduktion bewirken. Das ist ein Problem der Landwirtschaftspolitik, das wir lösen wollen. Deshalb werden wir diesem CDUAntrag nicht zustimmen, auch wenn wir einige Punkte für bedenkenswert halten. Gerade im Bereich der Milchquote halte ich es für viel vernünftiger, das Leasingmodell weiter zu verbreiten, das den Landwirten konkret hilft.
Wenn wir aber über Maßnahmen für die Landwirtschaft sprechen wollen, die den Landwirten tatsächlich helfen, dann müssen wir den Betrieben eine Perspektive aufzeichnen, wie es weitergehen soll. Es wäre allerdings gut und vernünftig, wenn wir uns über solche Aspekte unterhielten, wie wir beispielsweise im Rahmen des Frühvermarktungsprogramms für Kälber das Schlachtgewicht für Schlachtvieh möglichst schnell begrenzen. Wir sollten nämlich nicht in eine Situation hineingeraten, die die EU angedacht hat, ein Vernichtungsprogramm für Kälber aufzulegen, das mir - das sage ich sehr deutlich - absolut widerspricht. Mit Milliarden sind Kälber aufgemästet worden. Jetzt geben wir Milliarden aus, um diese Kälber zu verbrennen. Das kann ich keinem Bürger draußen im Lande erklären.
Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass es jetzt im Bundeslandwirtschafts- und -Verbraucherministerium Überlegungen dahin gibt, das BSE-getestete Fleisch an Verbraucher zu geben - wo auch immer, ohne regionale Märkte zu stören -, statt es zu verbrennen. Das ist ethisch-moralisch nicht zu verantworten!
Wir brauchen deshalb Programme, um das zu verhindern. Statt durch die Art und Weise, wie wir Landwirtschaft betreiben, Überproduktion hervorzurufen, müssen wir zu Programmen kommen, wie wir die Tierprämie senken oder wie ein Tier an Fläche gebunden werden kann.
Meine Damen und Herren, lieber Claus Ehlers, es wäre schön, wenn wir über konkrete Programme redeten, wie den Rinder- und Bullenmästern sowie den Rinderhaltern eine Perspektive für ihr Fleisch geboten werden kann. Es wäre gut, wenn wir darüber redeten, wie wir die Landwirtschaftsministerin Frau Frantzen bei der Aufteilung von Geld, um die es zwischen Land und Bund geht, unterstützen können. Es muss darum gehen, dass wir hier eine vernünftige Perspektive bekommen. Ich bin sehr dafür, dass wir die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz für Maßnahme der BSE-Folgekostenfinanzierung öffnen.
Dann hätten wir eine faire Kostenaufteilung zwischen Bund und Land. In diese Richtung denkt man auch im Landwirtschaftsministerium. Es wäre im Interesse des Landes und im Interesse der Landwirte vernünftig, wenn wir hier geschlossen eine gemeinsame Finanzierung zwischen Bund und Land erzielen würden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines ärgert mich dann doch. Frau Happach-Kasan und Claus Ehlers haben gesagt, dies sei wie eine Naturkatastrophe über uns gekommen und die Landwirte seien überhaupt nicht in der Verantwortung für das, was hier passiert ist. Ich gebe ihnen auch nicht die alleinige Schuld. Aber ich möchte Ihnen zu einem anderen Bereich der Landwirtschaftspolitik eine Pressemitteilung von vorgestern zitieren:
„Auch in Hessen und Nordrheinwestfalen ermitteln jetzt Staatsanwälte wegen illegaler Weitergabe von Tier- und Arzneimitteln. Das hessische Gesundheitsministerium teilte mit,
zwei in Bayern und Thüringen verdächtige Tierärzte hätten auch Kontakt zu den Höfen in Hessen gehabt. Das Landeskriminalamt habe Kontrollen durchgeführt. Das ARDMagazin „Report“ berichtet unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft Verden, bundesweit hätten rund 250 Tierärzte illegal mit Antibiotika gehandelt. Jeder zweite Landwirt setzt Antibiotika als Leistungsförderer ein.“
Egal, ob die Zahl 100-prozentig stimmt. Wenn wir nicht wegen BSE, sondern wegen dieser Strukturen keine Alternative zu dieser Landwirtschaftspolitik finden, die nicht auf Kosten der Gesundheit von Verbrauchern geht - diese Verquickung zwischen Pharmaindustrie, Chemieindustrie und Landwirtschaft, wo die Bauern häufig Opfer sind, aber wissen, was da passiert -, dann können wir uns aus unserer Verantwortung als herausgestohlen betrachten. Das darf nicht sein. Deshalb können wir uns hier nicht hinstellen und sagen, es habe niemand gewusst, was da passiert. Wir haben es alle gewusst und wir müssen jetzt die Weichen für eine alternative Landwirtschaftspolitik stellen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einleitend möchte ich zwei Bemerkungen voranstellen. Erstens. Die Landesregierung steht derzeit gerade in Verhandlungen mit der Bundesregierung über die Aufteilung der Kosten der BSE-Krise. Die Bundesregierung hat die Übernahme von 1 Milliarde DM der auf rund 2 Milliarden DM geschätzten Kosten bisher zugesagt. Hier darf sich die Bundesregierung auf keinen Fall aus der Verantwortung stehlen.
Die Summe von 1 Milliarde DM ist für die Bewältigung der BSE-Krise zugesagt worden. Den Ländern ist dies mit Recht zu wenig. Bei den Verhandlungen dreht es sich nicht nur um die jeweils zu tragenden Kosten, sondern auch darum, welche Bereiche kostenmäßig von Bund und Land übernommen werden sollen. Diesen Verhandlungen allerdings sollten wir nicht vorgreifen, da wir sonst unsere Verhandlungsposition gegenüber dem Bund verschlechtern würden.
sagt werden, bei welchen Haushaltstiteln gespart werden soll. 30 Millionen DM lassen sich nicht so einfach durch Einsparung innerhalb eines Haushalts erreichen. Bei 30.000 DM oder 300.000 DM mag dies noch möglich sein. Bei 30 Millionen DM brauchen wir einen Deckungsvorschlag.
Von den Grünen wurde beispielsweise der Vorschlag unterbreitet, 12 Millionen DM für die Förderung standortangepasster Landwirtschaft dadurch freizumachen, dass man die Mittel für die Dorferneuerung kürzt. Darüber kann man durchaus diskutieren. So werden Möglichkeiten geschaffen, die Landwirtschaft zusätzlich mit 12 Millionen DM zu fördern, und außerdem würde ein Schritt hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft gemacht.
Dass die Land- und Ernährungswirtschaft unterstützt werden muss, ist allen klar. Die Frage ist daher: Woran machen wir künftige Förderungen fest? In diesem Zusammenhang ist es für mich wichtig, dass wir die Zahlungen an bestimmte Leistungen binden. Wir können keine reinen Zuschüsse zahlen, sondern wir müssen Anreize schaffen, schon jetzt anders zu wirtschaften als bisher. Öffentliche Förderungen müssen schon jetzt an umweltschonende Bewirtschaftungsformen und an Qualitätssicherung ausgerichtet werden.
Dafür müssen jetzt aber auch Übergangsbeihilfen und Übergangsprämien bereitgestellt werden, um den Landwirten eine reale Chance zu geben.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, dass es wichtig ist, dass Banken bei der Gewährung oder bei der Rückzahlung von Krediten für die betroffenen Landwirte großzügig vorgehen sollten.
Diese Krise lässt sich nur langfristig lösen. Daher ist es auch wichtig, dass vonseiten der Kreditwirtschaft auch längerfristige Ansätze zugrunde gelegt werden. Vertreter der Landwirtschaft und der Kreditwirtschaft sollten sich zusammensetzen und Maßnahmen ausarbeiten, wie zum Beispiel Umstellungsberatung inklusive Finanzierung, damit betroffenen Landwirten von dieser Seite geholfen wird.
Wir wissen, dass das Land bisher in der BSE-Krise erheblich in Vorleistung gegangen ist. Die Landesregierung hat sich eingesetzt für den Aufbau von Testmöglichkeiten, für die Verstärkung der Kontrolle, für die Schaffung neuer Laborkapazitäten. Sie hat auch eine sofortige Informationspolitik in die Wege geleitet.
Die aktuellste Maßnahme ist die Aktion zum Aufkauf von Altfuttermischbeständen und Milchaustauschern. Die Landesregierung stellt für diese Aktion derzeit 820.000 DM zur Verfügung, um den betroffenen Landwirten diese Mittel zum Kaufpreis abzukaufen.
Derartige Maßnahmen der Landesregierung begrüßt auch der SSW. Diese Leistungen und Zahlungen kommen der Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft direkt zugute.
Die Forderung im Antrag, dass die Landesregierung sich umgehend beim Bund für eine begrenzte Aussetzung der Superabgaben bei der Überschreitung der Milchquote einsetzen soll, ist bereits von der Wirklichkeit eingeholt. Die Abschaffung dieser Abgabe, die von den Landwirten eingefordert wird, halte ich auch für sinnvoll, wenn man sie zeitlich begrenzt. Durch die BSE-Krise kommt es dazu, dass Landwirte derzeit teilweise mehr Milchkühe im Stall halten, als es ihre Milchquote zulässt. Dies ist für die betroffenen Landwirte keine haltbare Situation. Daher begrüßt es der SSW, dass die Landesregierung im Bundesrat einen Antrag aus Baden-Württemberg zur Aussetzung dieser Abgabe unterstützt hat.
Wichtig ist mir hierbei jedoch, dass die Aussetzungszeit nicht ewig anhält. Es wäre der absolut falsche Ansatz, wenn wir aufs Neue Anreize schaffen würden, die zu einer mengenorientierten Produktion führen.
Die Aussetzung der Abgabe, wie im Bundesrat vorgeschlagen, ist die absolute Notlösung und muss zeitlich begrenzt bleiben.
Für alle Bereiche der Landwirtschaft gilt, dass über kurz oder lang das gesamte System der Quotierung, der Ausgleichszahlungen, der Interventionszahlungen und der Exporterstattungen völlig abgeschafft und durch qualitätsbezogene Leistungen ersetzt werden muss.
In Bezug auf die Milchquote begrüßen wir im Übrigen, dass Milchbetrieben, die von BSE-Fällen betroffen sind und die ihre Produktion daher aussetzen müssen, die Möglichkeit eingeräumt worden ist, ohne bürokratischen Aufwand ihre Milchquoten auf andere Betriebe übertragen zu können, um so wenigstens einige Einnahmen aus der Milchquote zu erhalten. Diese Problemlösung ist meines Erachtens eine gute kurzfristige Hilfe.
Wir dürfen jedoch die Aufstellung von Soforthilfeprogrammen nicht nur unter finanziellen Aspekten sehen, sondern müssen vielmehr auch strukturelle Änderungen als Ziel setzen. Dies beinhaltet zum Beispiel die Ausrichtung der Arbeit der Landwirtschaftskammer. Hier müssen Gelder für bestimmte Forschungsvorhaben und für bestimmte Ausbildungsgänge bereitgestellt werden. Über die Höhe solcher Mittelzuweisungen lässt sich durchaus diskutieren. Wie wir wissen, wird dieses Thema in den Ausschüssen behandelt werden. Es wurde vorhin schon gesagt, wie viele BSE-Anträge schon in den Ausschüssen sind. Das ist auch ein Zeichen für Wahnsinn.
In diesem Zusammenhang muss die Landwirtschaftskammer allerdings auch auf andere Forschungsstellen zugehen und eine stärkere Zusammenarbeit zum Beispiel mit der CAU suchen oder auch mit ökologischen Landwirtschaftsverbänden in Schleswig-Holstein anstreben.
Wichtig ist auf jeden Fall, dass mögliche Zahlungen und Initiativen darauf ausgerichtet werden, dass sich die Land- und Ernährungswirtschaft nachhaltig ändert. Dieses Ziel sollten wir nicht aus den Augen verlieren.