Protocol of the Session on January 25, 2001

Wir begrüßen ausdrücklich die Intention des Antrags der Fraktion der CDU und freuen uns auf die Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss. Dort kann die CDU Vorschläge unterbreiten, wie sie beispielsweise die organisatorischen und rechtlichen Dinge anpacken will.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zur Ehrlichkeit in dieser Debatte gehören zwei Dinge. Das Erste ist: Diejenigen, die in Berlin die Verantwortung haben und die Regierung stellen, sind immer weitaus zögerlicher mit der Frage, ob sie das Konnexitätsprinzip tatsächlich verankern wollen. Darauf gehe ich gleich noch einmal ein.

Der zweite Aspekt, der zur Ehrlichkeit in der Debatte gehört, ist die Erfahrung in Schleswig-Holstein mit dem Konnexitätsprinzip im Zusammenhang mit der Finanzausstattung der Kommunen.

Zu Punkt eins: CDU und F.D.P. haben in Berlin nie das Konnexitätsprinzip eingeführt, obwohl sie es jahrzehntelang hätten tun können.

(Zuruf des Abgeordneten Klaus Schlie [CDU])

Zu Punkt zwei: Die CDU hat auch in Schleswig-Holstein, als sie Regierungsverantwortung trug, das Konnexitätsprinzip nicht eingeführt.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Punkt drei: Die Situation hat sich insofern in Berlin geändert, als dass zum ersten Mal eine Koalition zumindest im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat Herr Schlie hat es erwähnt -, dass sie dies tun will.

(Martin Kayenburg [CDU]: Aber sie hält es doch nicht ein!)

Nun freuen wir uns ja, Herr Kayenburg, dass nicht nur unsere eigene Basis uns dabei hilft, in Berlin unseren Koalitionsvertrag umzusetzen, sondern dass wir auch Sie haben, die uns drängen und sagen: Das habt ihr euch vorgenommen, nun man los! Also, willkommen im Club unserer grünen Basis, die wir immer sehr ernst nehmen.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und CDU)

Ergänzend zu dem, was wir uns im Koalitionsvertrag in Berlin vorgenommen haben, steht auch im Koalitionsvertrag in Schleswig-Holstein, dass wir uns - das muss man schon genau lesen - an der Diskussion um den Länderfinanzausgleich beteiligen wollen. Darin steht, Schleswig-Holstein solle sich dafür einsetzen, bei der Neubestimmung der Kompetenzen zwischen EU, Bund, Ländern und Kommunen zu einer klaren finanziellen Verantwortung zu kommen. Die F.D.P. hat auch eben noch einmal sehr deutlich angesprochen,

dass in dieser Debatte auch die EU-Ebene eine Rolle spielen muss.

Über einen weiteren Punkt müssen wir noch etwas reflektieren. Wir haben in Schleswig-Holstein das Konnexitätsprinzip. Ich sage sehr selbstkritisch: Deshalb geht es den Kommunen im Lande nicht besser. Wir halten zwar das Konnexitätsprinzip ein, indem wir bei Aufgaben, die wir verlagern, die Mittel mitliefern; aber trotzdem ist die Höhe des Finanzausgleichs - das habe ich hier immer wieder deutlich gemacht - eine politische Entscheidung. Wenn wir auf der einen Seite politisch den Rahmen des Finanzausgleichs, die Höhe der Mittel setzen, die die Kommunen bekommen, und diese aus Haushaltsgründen kürzen, aber auf der anderen Seite bei übertragenen Aufgaben Geld mitliefern, geht es den Kommunen danach nicht besser, obwohl verfassungsrechtlich verbrieft ist, dass sie für Aufgaben auch die Ausgaben mitgeliefert bekommen.

Deshalb plädiere ich dafür, Herr Schlie, im Interesse aller hier im Land, dass wir diese Diskussion so wie besprochen im Ausschuss führen, dass wir sie sehr ausführlich führen und versuchen, sie im Rahmen des Länderfinanzausgleichs zu führen, weil dort auch neue Strukturen geschaffen werden.

Wir werden morgen die Debatte um die Enquetekommission führen. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal sagen: Ich bedaure außerordentlich, dass die CDU diese Enquetekommission auflösen will; denn genau dort wäre der Ort gewesen, dieses Problem mit Sachund Fachkenntnis wie besprochen ausführlich zu beraten, Gutachten hinzuzuziehen und so weiter. Was uns nicht weiterbringt, ist die platte Forderung, dieses Konnexitätsprinzip hier zu verankern; denn Sie sehen ja, wie in Schleswig-Holstein trotz Konnexitätsprinzip die Situation der Kommunen ist.

(Zuruf von der CDU: Das ist allerdings ein wahres Wort!)

- Ich bin doch sehr selbstkritisch. Schauen Sie sich die Realität an und nehmen Sie das zur Kenntnis! Wenn Sie das Konnexitätsprinzip fordern, müssen Sie im Zusammenhang damit die ganze Finanzdebatte führen.

(Zuruf von der CDU: Das wäre Verfassungs- bruch!)

- Das ist kein Verfassungsbruch. Wenn Sie diese Bedenken hätten, hätten Sie schon lange geklagt. Sie sind ja sehr schnell mit dem Klagen. Sie wollen nicht verlieren.

Deshalb lassen Sie uns im Zusammenhang mit dem Länderfinanzausgleich diese Debatte sehr ehrlich und offen führen.

(Monika Heinold)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und gehe davon aus, dass wir spätestens in zwei Jahren den gleichen Antrag hier wieder haben. Aber das stört uns nicht im Geringsten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile das Wort der Frau Abgeordneten Spoorendonk.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte es mir leicht machen und bei diesem Antrag der CDU einfach auf meine Rede vom 20. Januar 1999 verweisen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Aber so leicht werde ich es mir nicht machen. Damals haben wir hier im Landtag - Sie wissen es genauso gut wie ich - den identischen Antrag der CDU zur Einführung des Konnexitätsprinzips auf Bundesebene diskutiert. Damals unterstützte der SSW die Zielsetzung dieser Initiative und das tun wir auch heute.

(Vereinzeltewr Beifall bei SPD und CDU)

Konkret fordert die CDU, dass die Landesregierung eine Bundesratsinitiative ergreift, um eine Novellierung des Artikels 104 a des Grundgesetzes durchzusetzen, damit auch das Konnexitätsprinzip gegenüber den Kommunen gewährleistet ist, wenn der Bund den Gemeinden durch gesetzliche Aufgaben Kosten auferlegt.

Der gesunde Grundsatz, „Wer die Musik bestellt, soll auch bezahlen“, muss auch für das Verhältnis von Bund und Land/Kommunen gelten. Es gibt das berühmte Negativbeispiel aus der Ära der KohlRegierung, wo die Bundesregierung den Eltern einen populären Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz gesetzlich zugesichert hatte, der letztlich von den Kommunen bezahlt werden musste. Mit einer solchen Politik hat man über Jahrzehnte die kommunale Selbstverwaltung ausgehöhlt.

Auch auf Landesebene hat es leider ähnliche Fälle gegeben. Wir alle kennen die Probleme der Kommunen hier im Lande, ihren geringen finanziellen Spielraum und die damit verbundene Reduzierung der freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben, die auch durch diese Aufgabenverlagerungen von Bund und Land entstanden sind.

Natürlich kann man fragen: Warum kam dieser Antrag vonseiten der CDU nicht schon einige Jahre früher?

Das sagte ich auch in meiner Rede damals. Aber ich möchte daran festhalten, dass wir hier über einen Grundsatz sprechen und dass dieser Grundsatz richtig ist. Deshalb war es ein großer Fortschritt, dass wir hier im Landtag 1998 das Konnexitätsprinzip zwischen Land und Kommunen in die Landesverfassung aufgenommen haben. Das heißt, auf Landesebene haben wir unsere Hausaufgaben gemacht.

Die Debatte, die wir 1999 um eine Einführung des Konnexitätsprinzips auch auf Bundesebene geführt haben, hat gezeigt, dass es auch in dieser Frage im Schleswig-Holsteinischen Landtag eine parteiübergreifende Einigkeit gibt. Die ist auch heute wieder da. Umstritten waren allein der Weg und der Zeitpunkt der Umsetzung dieser Forderung.

1999 wurde zu Recht darauf verwiesen, dass die Bundesregierung gerade erst neu im Amt sei und dass man dazu auch die Verhandlungen um eine neue Finanzverfassung und um einen neuen Bundesfinanzausgleich abwarten müsse, weil man davon ausgehen könne, dass dieses Thema dabei aufgegriffen werde. Deshalb wurde der damalige Antrag in die Ausschüsse überwiesen.

Heute, zwei Jahre später, sind diese Verhandlungen zwischen den Ländern und der Bundesregierung um eine Reform des Föderalismus voll im Gange. Die Ministerpräsidentin hat gerade wieder konkrete Gespräche über die Ausgestaltung des künftigen Bundesfinanzausgleichs geführt. Der Landtag hat im letzten Herbst einen Bericht der Landesregierung über den aktuellen Stand dieser Reformbemühungen diskutiert. Auch in diesem Bericht wurde das Problem der Abkoppelung der Finanzierungsverantwortung von der Gesetzgebungszuständigkeit angesprochen. Im Bericht wurde darauf hingewiesen, dass bereits die Enquetekommission „Verfassungsreform“ des Deutschen Bundestages von 1973 bis 1976

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit.

- einen Vorschlag beraten hatte, der darauf abzielte, im Grundgesetz festzulegen, dass zulasten der Länder ausgabenwirksame Bundesgesetze unabhängig von ihrem sonstigen Inhalt nur mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen werden dürfen. Der Vorschlag wurde abgelehnt mit der Begründung, dass diese Problematik im Rahmen einer grundlegenden Finanzre

(Anke Spoorendonk)

form zu lösen sei. Genau diese Finanzreform steht jetzt an.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also: Das Problem ist längst erkannt. Höchste Zeit, dass wir endlich diese Grundgesetzänderung bekommen! Leider haben wir nicht den Eindruck, dass dieses Thema aktuell auf der Tagesordnung bei den Verhandlungen über eine Reform des Föderalismus steht. Eine gesonderte Bundesratsinitiative könnte daher einen Anstoß geben, sich wieder mit diesem Thema zu beschäftigen.

Wir unterstützen den Antrag. Wir stimmen der Ausschussüberweisung zu.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Minister Buß das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch bei bundesrechtlichen Maßnahmen, die Gemeinden und Kreise direkt belasten, sollten die finanziellen Auswirkungen beachtet werden. So viel Übereinstimmung hatten wir bereits bei der letzten Beratung des Antrages vor zwei Jahren erzielt. Auch im Rahmen der Novellierung der Landesverfassung ist der Aspekt der Konnexität erörtert worden.

Nach Artikel 104 a Abs. 1 des Grundgesetzes tragen Bund und Länder gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben. Das heißt, die Länder und damit auch die Gemeinden haben die von der Bundesgesetzgebung vorgegebenen Aufgaben grundsätzlich als eigene Angelegenheiten zu vollziehen und dafür sowohl die Zweck- als auch die Verwaltungsausgaben zu tragen.