Wenn Sie ehrlich sind, werden Sie das auch eingestehen. Herr Kollege Kayenburg, natürlich haben Sie Recht, wenn Sie das Verhalten der SPD 1998 im Bundesrat anprangern. Mein Steckenpferd in diesem Zusammenhang ist die Finanzierung der deutschen Einheit. Damals hatten wir die Möglichkeit, die Weichen neu zu stellen. Diese Chance ist vertan worden. Das gilt auch für die Weiterentwicklung oder Modernisierung unseres Föderalismus. Dies ist doch das allergrößte Problem.
Eine wirkliche Haushaltssanierung, die diesen Namen auch verdient und bei der nicht nur einige Millionen hin- und hergeschoben werden, ist letztlich nur durch eine grundlegende Änderung der Wirtschafts- und Finanzpolitik auf Bundesebene möglich, kombiniert mit aktiver Arbeitsmarktpolitik und einer grundlegenden Reform der föderalen Strukturen. In dieser Hinsicht könnte man, wie ich denke, durchaus etwas vom Norden lernen.
Auf der Tribüne begrüße ich als Gäste Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler der Klaus-Groth-Schule aus Neumünster, Mitglieder der Jungen Union Breitenfelde, den Herrn Bürgermeister aus Fürstenfeldbruck sowie Mitglieder der Stadtfraktion der SPD aus Wedel. - Seien Sie alle im Schleswig-Holsteinischen Landtag herzlich willkommen!
Wir kommen nun zu den Kurzbeiträgen. Als Erster hat der Kollege Dr. Heiner Garg zu einem Kurzbeitrag das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Kollegin Spoorendonk hat mich herausgefordert, denn ich habe mein schriftliches Examen bei einem abgelegt, den Sie wahrscheinlich als Keynesianer - er hat sich nämlich selbst so bezeichnet - bezeichnen würden. Später habe ich dann für jemanden gearbeitet, der sich selbst als angebotsorientiert bezeichnet hat und den Sie wahrscheinlich einen Monetaristen
nennen würden. Das Problem bei dem keynesianischen Kollegen war, dass er, wie er in seinen Übungen und Vorlesungen immer wieder dargelegt hat, die gesamte deutsche Einheit - deren Finanzierung ist ja Ihr Steckenpferd, Frau Spoorendonk - über die zweite Kaldorianische Verteilungsgleichung finanzieren wollte. Bis zu einem gewissen Grade hat Bundeskanzler Kohl das ja auch versucht. Was dabei bedauerlicherweise herausgekommen ist, sehen wir nun. Ich bin sicher, dass bei der Finanzierung der deutschen Einheit massive Fehler gemacht worden sind. Hinterher ist man aber immer klüger. Wir hatten vor zwölf Jahren für dieses Projekt keine Blaupause. Das ist kein gutes Beispiel für nachfrageorientierte oder keynsianische Politik.
Frau Kollegin Spoorendonk, ich habe mich zu einer Zwischenfrage gemeldet, weil die Vorstellung, man könnte die Staatsfinanzen durch die reine Lehre, also durch reine keynsianische, nachfrageorientierte Politik in Ordnung bringen, zwar sehr schön und lehrbuchmäßig immer einfach zu erklären ist. Da funktioniert immer alles bei den beiden grundsätzlichen Gleichungen, die man dafür braucht. Das Problem ist allerdings, dass wir in einem föderalen System leben.
Die Voraussetzung, dass dieser Theorieansatz in praktische Politik umgesetzt werden könnte, wäre, dass alle 16 Bundesländer und der Bund gleichzeitig eine gleichgerichtete, nämlich genau dem Lehrbuch folgende Politik machen müssten, und das widerspricht in vielen Fällen den Interessen der Länder, die im Zweifel vor ganz anderen Finanzproblemen stehen oder möglicherweise zu dem Zeitpunkt, für den der Bund die Notwendigkeit sehen würde, überhaupt keine Finanzprobleme haben.
Liebe Kollegin Spoorendonk, so charmant der Vorschlag auch immer ist, die reine Lehre oder ein keynsianischer Ansatz in einem föderalen System wie der Bundesrepublik Deutschland mit 16 Bundesländern und dem Bund als Finanzverantwortliche wird bedauerlicherweise nie funktionieren.
Ich darf noch eines hinzufügen: Die Finanzpolitik war in weiten Strecken der Bundesrepublik immer eher nachfrageorientiert denn angebotsorientiert. Dass das nicht so ganz geklappt hat, darüber haben wir uns heute schon über 60 Minuten unterhalten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir bitte einige Bemerkungen zur Richtigstellung.
Der designierte Bundespräsident hat uns allen einiges ins Stammbuch geschrieben. Darüber habe ich mich geärgert, aber immerhin. Er hat gesagt, die Agenda 2010 ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Deshalb hätten wir heute gute Möglichkeiten gehabt, uns darüber zu unterhalten, ob wir auf einer solchen Basis nicht vielleicht auch überlegen könnten, was man in diesem Land gemeinsam oder was man auf keinen Fall gemeinsam macht. Es gibt auch Sachen, die man nicht gemeinsam machen kann.
- Lieber Herr Oppositionsführer, Sie haben mich mit Ihrer Bemerkung vorhin hier hingetrieben. - Stattdessen erheben Sie immer die gleichen Vorwürfe. Es kommt reflexartig: Frau Simonis, Sie sind eine Steuererhöherin.
Warum haben Sie denn nicht mit uns darüber diskutiert - was Frau Spoorendonk gesagt hat -, dass in den Ländern, in denen die Mehrwertsteuer höher ist, aber die Lohnnebenkosten niedriger oder bei null sind, die Balance bei der Arbeitslosigkeit, die Balance in Haushalten erreicht worden ist?
Das ist nicht nur Dänemark. Es ist quasi in jedem Land, wo man diesen Systemwechsel durchgeführt hat. Darüber hätte man sich unterhalten können.
Ja, ich habe auch gesagt: Die Erbschaftsteuer muss erhöht werden. Es kann doch nicht angehen, dass jeder in diesem Land einen Beitrag zur Sanierung des Landes leisten muss, nur diejenigen, die ein großes Erbe machen, geben nicht einen Pfennig. Das ist keine Steuererhöhung, die die Leute davon abbringen könnte zu arbeiten, das ist allein der Versuch, ein bisschen Gerechtigkeit walten zu lassen.
Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Die Kopfpauschale, die Sie vorgeschlagen haben, wo der Pförtner und ich das Gleiche in die Krankenkasse zahlen sollen, ist mir unangenehmer als die Diskussion über die Erbschaftsteuer. Damit kann ich ganz gut leben.
Damit auch darüber Klarheit herrscht: Sie haben den Landesrechnungshofbericht immer auf Ihrer Seite, das ist ja auch Ihr gutes Recht. Aber nehmen Sie bitte auch die Passagen mit, die nicht so schön sind. Wenn der Rechnungshof beispielsweise empfiehlt, jede frei gewordene Polizistenstelle abzubauen, wegfallen zu lassen, müssen Sie das den Polizisten sagen.
Das müssen Sie ihnen schon sagen. Wenn Sie den Rechnungshofbericht als die Grundlage für Ihre Kritik nehmen, müssen Sie auch diese Punkte nennen. Und Sie müssen einem Viertel der Beschäftigten in unserer Verwaltung sagen, dass der Landesrechnungshof vorschlägt, ihre Stellen abzubauen, 1.000 Stellen. Auch das müssen Sie mit dazu sagen.
Immer nur einen Teil zu diskutieren, führt am Ende dazu, dass es Ihnen passieren kann wie Frau Merkel, über die heute in der „Financial Times“ steht: „Saboteure im Bundestag“. Das ist ein ziemlich heftiger Vorwurf für eine Frau, die angetreten ist, um Macht zu gewinnen.
Letzte Bemerkung! Ich bin vorhin fast von meinem Stuhl gefallen, als Sie gesagt haben, Herr Oppositionsführer, der Finanzminister habe das Land in den Dreck gefahren.
Sie merken gar nicht, was Sie da machen. Dann ist es fast unmöglich, es Ihnen zu erklären. Sie können doch nicht von dem Land, in dem Sie Parlamentarier sind, sagen, es sei im Dreck. Wer um Himmels willen soll denn hier Urlaub machen, wer um Himmels willen soll sich denn hier ansiedeln, wer um Himmels willen soll denn hier wohnen,
wenn Sie hier hingehen und das Land, für das auch Sie als Opposition Verantwortung tragen, nach außen so beschreiben? Stellen Sie sich einmal so eine Überschrift vor: Schleswig-Holstein ist in den Dreck ge
fahren worden! Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Wenn das einer von uns gesagt hätte, hätte ich erstens gequietscht und zweitens hätten Sie hier sofort einen Antrag gestellt, dass derjenige hier hinzitiert und befragt worden wäre.
Herr Oppositionsführer, es ist Ihr gutes Recht, auf uns herumzuhacken, soviel Sie wollen. Das ist nun auch einmal die Aufgabe der Opposition und Sie üben ja auch noch einmal schön für das nächste Jahr, damit es weitergehen kann.
Ich weise hier mit allem Nachdruck zurück, dass dieses Land a) im Dreck ist, b) diese Bezeichnung verdient hat, und c) - Sie sind doch sonst so patriotisch - halte ich es für unpatriotisch, vom eigenen Heimatland zu sagen, dass es in den Dreck gefahren worden ist. Das tut mir sehr Leid.
Ich verweise auf § 58 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung. Jetzt steht allen Fraktionen fünf Minuten Redezeit zu, soweit Sie davon Gebrauch machen wollen. Eine Wortmeldung liegt vor. Für die Fraktion der CDU erteile ich Herrn Abgeordneten Rainer Wiegard das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerpräsidentin, ich glaube, man kann dieses Land so schlecht nicht reden, wie die Politik ist, die für dieses Land gemacht wird, von Ihnen in den letzten Jahren zu verantworten.
Ich hätte mir eigentlich gewünscht, dass ein paar mehr Sachbeiträge geleistet werden vom Herrn Finanzminister zu dem, was das Parlament beschlossen hat, nämlich einen Bericht über die finanzielle Lage, in der sich dieses Land befindet, abzugeben.