könnte, zeigt die Umsetzung des Heilberufegesetzes beispielhaft, dass die EU in vielen Bereichen zu kleinteilig in nationales Recht eingreift.
Wenn darüber hinaus bereits bei der Umsetzung in Landesrecht vom Bund die Drohung ausgesprochen wird, man prüfe, ob die drohende Vertragsstrafe der EU bei nicht erfolgter Umsetzung durch einzelne Bundesländer auf diese umgelegt werden könne, dann bleibt uns Landesparlamentariern nur noch das Abnicken und Umsetzen von Regelungen, ohne dass die Möglichkeit einer nationalen oder regionalen Handschrift besteht. So wird aus meiner Sicht eine erste Lesung im Landtag schlicht zu einer Farce.
Wir als Landesparlamentarier sind aufgefordert, uns massiv dafür einzusetzen, dass künftig landesspezifische Spielräume durch zentralistische Vorgaben von EU und Bund nicht weiter eingeengt werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Kolb, das sehe ich ganz anders als Sie. Wir müssen uns vorstellen: Wir haben die EU, wir haben Freizügigkeit. Wir haben insbesondere im Ärzteberuf natürlich ein Interesse an Freizügigkeit, internationalem Austausch und auch an Niederlassung von ausländischen Ärzten hierzulande. Umgekehrt besteht auch das Interesse an der Niederlassung von unseren Ärzten im Ausland.
Ich darf darauf hinweisen: Fahren Sie in Tourismusorte, beispielsweise in Italien oder Spanien. Selbstverständlich werden Sie dort deutsche niedergelassene Ärzte finden. Selbstverständlich werden mit gleichem Recht auch Ärzte aus dem Ausland hier arbeiten wollen. Also ist die Notwendigkeit da, dass wir zu einheitlichen Standards kommen. Die Beteiligung der Parlamente daran war Thema der Debatte von heute Morgen. Alle Fraktionen haben Position bezogen, nämlich dazu, wie wir uns das Verhältnis zwischen Bundesländern, Bund und EU vorstellen. Ich gebe Ihnen Recht: Dass wir sozusagen nur noch etwas nachvollziehen können, was anderswo schon längst ausgesungen ist, ist misslich. Dass aber die Notwendigkeit einer internationalen Regelung besteht und dass wir in Schleswig-Holstein nicht Ärzte ausbilden,
Hausärztliche Praxen sollen also noch mehr als bisher Lotsenfunktion erhalten. Darauf hat der Kollege Beran hingewiesen. Das heißt, sie sind die erste Anlaufstelle für die Patientinnen und Patienten. Umso wichtiger ist es, dass gerade in diesem Beruf Aus- und Weiterbildungszertifikate für Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner europaweit die gleiche Anerkennung erhalten. In Deutschland ist immerhin seit über zehn Jahren eine Debatte und damit eine Lösung dieses Problems verschoben worden. Ich muss sagen, in Zukunft muss der Abbau von ausländerdiskriminierenden Vorschriften schneller gehen. Dazu können wir uns nicht zehn Jahre Zeit lassen. Wir hätten schon vor zehn Jahren vor der EU klagen oder irgendetwas anderes unternehmen müssen, wenn uns diese Regelung nicht passt. Sie einfach nur auszusitzen, geht nicht!
Endlich sollen auch die erworbenen Berufserfahrungen und Weiterbildungsqualifikationen in der Allgemeinmedizin gleichermaßen anerkannt werden. Man kann darüber streiten, ob es drei oder fünf Jahre sein sollen. Ich möchte aber zu bedenken geben, es kommt auch auf die inhaltliche Ausgestaltung an. Außerdem kommt es auf die Ausbildung der Medizinerinnen und der Mediziner an, denn je nachdem wie diese gestaltet ist, kommen der Weiterbildung ein längerer oder kürzerer Zeitraum und auch eine intensivere Arbeit zu oder nicht. Ich hoffe, dass mit der Einführung von Bachelor und Master und auch mit einer bundesweiten Zertifizierung in Deutschland Bewegung in das Thema Weiterbildung insgesamt kommt und Instrumente geschaffen werden, um die wechselseitige internationale Anerkennung zu beschleunigen. Wir können uns so eine verspätete Reaktion in Zukunft nicht mehr leisten.
Ich hoffe auf eine lebhafte Ausschussberatung. Sicher werden wir dazu auch die Voten der Ärztekammer hören. Meine bisherigen Recherchen hierzu bei der Ärztekammer haben nicht deutlich gemacht, dass dort aufgeschrien wird. Wir haben uns sachlich über die Dinge auseinander gesetzt. Ich habe dem nicht entnommen, dass befürchtet wird, dass Deutschland in Zukunft keine qualifizierten Allgemeinärzte haben wird.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Kollegen haben es schon ausgeführt, so auch die Frau Ministerin: Bei diesem Gesetzentwurf geht es unter anderem um die Abwendung eines Vertragsverletzungsverfahrens der EU und um die Ausbildung im Bereich der Allgemeinmedizin. Die Vorlage war auch deshalb etwas schwerer zu lesen, weil man solche Sätze lesen muss: Die spezielle Ausbildung zur Weiterbildung wird jetzt umbenannt in einen Weiterbildungsgang bei der Ärztekammer. Ich sage nur: Man ist schon viel gewohnt, das aber war eine sehr harte Nummer.
Die Kommission der EU stellte fest, dass es nur einen allgemeinmedizinischen Weiterbildungsgang geben darf. Das ist Hintergrund der Geschichte. Dieser soll nun zukünftig in Schleswig-Holstein als Weiterbildung im Gebiet Allgemeinmedizin stattfinden. Bereits mit Wirkung vom 1. Januar 2003 ist die Dauer der Ausbildung durch die EU auf drei Jahre reduziert worden. Die Ärztekammer erhält durch dieses Gesetz nun die Satzungshoheit über die Ausgestaltung dieser allgemeinmedizinischen Ausbildung. Gleichzeitig wird mitgeteilt, sie muss sich an die Anforderungen der Richtlinien der EU halten.
Die landesrechtlichen Vorschriften werden somit in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der EUKommission gebracht. Zu begrüßen ist aus unserer Sicht ein Punkt, der in diesem Gesetzentwurf enthalten ist, nämlich die Anerkennung von Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Nachweisen aus anderen Ländern. Hier ist unserer Ansicht nach eindeutig eine erweiterte Regelung geschaffen, wodurch vielleicht auch Kolleginnen und Kollegen, die schon im Land leben und den Beruf eigentlich erlernt haben, endlich hier anerkannt werden. Es wird nicht mehr an dem ganz starren System festgehalten.
Wir werden uns morgen mit einem interessanten Antrag beschäftigen, nämlich mit dem Konzept der Landesregierung zur Integration von Migrantinnen und Migranten. Ich denke, hier ist ein erster Schritt geschaffen worden, damit diejenigen, die häufig mit sehr hohen Qualifikationen im Beruf des Arztes oder der Ärztin kommen, Erleichterungen finden, um den Beruf endlich auch hier im Zuwandererland ergreifen zu können. Es wäre ja schön!
- Darüber werden wir uns morgen unterhalten. Es geht vor allem um die Anerkennung derjenigen, die schon seit Jahren in Deutschland leben. Gerade im Gesundheitsbereich ist es sicherlich von Vorteil, wenn die Voraussetzungen genau und konkret geprüft werden. Es ist aber interessant, dass zumindest die erworbenen Fachkenntnisse, die innerhalb der EU bereits anerkannt worden sind, nun endlich auch Berücksichtigung erfahren sollen. Auch das finde ich sehr gut, weil ich denke, dass das sehr vielen hilft, die den Beruf erlernt haben, ihn hier im Moment aber nicht ausüben dürfen.
Aus dem Entwurf der Landesregierung geht aber auch hervor, dass wir wieder den Vorgaben der EU hinterherhinken. Bereits am 9. Mai 2003 hat die Bundesregierung in Übereinstimmung mit den Bundesländern notifiziert. Zur Abwendung des Vertragsverletzungsverfahrens wollen wir alle diese Änderungen jetzt übernehmen.
Wir haben uns bereits im Jahr 2001 im Landtag mit diesem Gesetz beschäftigt, und zwar im Zusammenhang mit der Psychotherapeutenkammer. Manchmal frage ich mich, warum wir nicht gleich die SLIMRichtlinie umgesetzt haben. Ich wollte das einmal nennen, um Ihnen zu zeigen, dass ich die Vorlage sehr gründlich gelesen habe. Sie sehen, welche Fleißaufgabe das war.
Im Ausschuss selbst sollten wir uns intensiv mit der tatsächlichen Ausgestaltung der Weiterbildung beschäftigen. Denn ausweislich der Einzelbegründung zu dem Gesetzentwurf wird es nun ohne weiteres möglich sein zu verlangen, dass ein Teil der Weiterbildung im Bereich der Allgemeinmedizin auch in Vollzeitbeschäftigung absolviert wird. Das ist sicherlich aufgrund der Verkürzung der Ausbildung geschehen. Trotzdem sollten wir einmal genau darauf schauen. Wie wir alle wissen, haben wir alle uns dem Gender-Prinzip verpflichtet. Deshalb sollten wir auf diese Vorschrift und darauf, ob das geht, noch einmal genau schauen. Das werden wir sicherlich im Ausschuss beleuchten.
Ich möchte noch auf eine Verblüffung von mir aufmerksam machen. In Artikel 3 des Gesetzentwurfs heißt es unter anderem, wer die Bezeichnung „Praktische Ärztin“ oder „Praktischer Arzt“ führe, dürfe diese weiterführen. Auf Antrag erteile die Ärztekammer nunmehr das Recht, die Bezeichnung „Fachärztin
für Allgemeinmedizin“ oder „Facharzt für Allgemeinmedizin“ zu führen. Ich habe nicht ganz verstanden, dass hier gesagt wurde, es gebe keine Fachärzte mehr, wo wir uns doch gerade anhand dieses Gesetzentwurfs darüber unterhalten.
Als Patientin muss ich sagen: Ich freue mich, dass wir so viele toll ausgebildete Ärzte haben. Der Unterschied zwischen einem praktischen Arzt und einem Facharzt für Allgemeinmedizin oder einem Arzt für Allgemeinmedizin ist für mich nicht so ganz offensichtlich. Ich fühle mich von meinen Ärzten gut behandelt. Darauf kommt es mir in erster Linie an.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Kolb das Wort.
Ihre Beiträge fordern mich richtig heraus, liebe Silke und auch Andreas Beran. Zur Aufklärung: Das mag nach dem EU-Recht möglicherweise zulässig sein. Nach dem Recht der Ärztekammer SchleswigHolstein ist es nicht zulässig. Den Ärzten ist - ich weiß nicht genau, wann; das könnte ich aber herausfinden - untersagt worden, die Bezeichnung „Facharzt für“ auf ihren Praxisschildern zu führen. Nach einer Übergangszeit - das war eine sehr kurze Frist - wurde das Führen des Titels „Facharzt“ durch die Ärztekammer Schleswig-Holstein mit einer Strafe belegt. Im Land Schleswig-Holstein ist also die Bezeichnung „Facharzt“ nicht zulässig. Das hat seine Richtigkeit.
Ihnen, liebe Frau Birk, möchte ich widersprechen. Das, was Sie jetzt an Anpassungen an das EU-Recht und im Rahmen der Vereinfachung für die Ärzte fordern, muss dann - bitte schön! - auch für die Apotheker gelten, nicht nur für die Ärzte.
Sie fordern internationale Standards, europäische Anerkennung. Die will ich auch. Da wollen wir gern zusammenkommen. Warum aber sollen wir uns in einem so umfassenden Fach wie der Allgemeinmedizin - wir sprechen nicht vom praktischen Arzt, sondern vom Allgemeinmediziner - die Minimalregelung wählen? Wollen Sie denn, dass die Ärzte einen Schnellkurs kriegen? Der Allgemeinmediziner muss eine Zeit in der inneren Medizin, in der Chirurgie, in der Pädiatrie, in der Radiologie, in der Psychiatrie
Dem muss ich heftig widersprechen. Nichts anderes ist in zwei oder drei Jahren möglich. Unterhalten Sie sich mit der Ärztekammer!
Ich erinnere mich daran, dass die Ärztekammer Schleswig-Holstein lange Zeit dafür gekämpft hat, bis es zu dieser fünfjährigen Weiterbildungszeit gekommen ist. Sie hat durchaus Sinn. Den halte ich heute immer noch für gegeben.
Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf dem Sozialausschuss zu überweisen. Wird Mitberatung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich bitte um ein Handzeichen, wer so beschließen will. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so angenommen.
Meine Damen und Herren, die Fraktionen haben sich darauf verständigt, keine weiteren Tagesordnungspunkte vor der Mittagspause aufzurufen. Wir beginnen um 15 Uhr mit dem gesetzten Punkt 22.
Die Sitzung ist wieder eröffnet. Bevor wir wieder in die Tagesordnung eintreten, darf ich auf der Tribüne neue Gäste, Damen und Herren des CDU-Ortsverbandes Friedrichskoog, begrüßen. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!