der europäischen Regionen und Kommunen in der Europäischen Union durch das Klagerecht vor dem EuGH bei Verstößen gegen das Subsidiaritätsprinzip in den Verfassungsentwurf aufgenommen wird.
Und nun, kurz vor dem Ziel, droht das Scheitern. Obwohl wir in der Vergangenheit erfahren haben, dass die Probleme, die sich im Vorwege von Regierungskonferenzen auftürmten, fast immer in letzter Sekunde gelöst wurden oder zumindest ein tragbarer Kompromiss gefunden wurde, hat diese Debatte, die im Moment stattfindet, eine bisher nicht da gewesene Schärfe angenommen.
Die Chancen für eine Einigung auf dem EU-Gipfel stehen schlechter denn je. Deshalb halten wir es für erforderlich, heute für uns die letzte Chance zu nutzen, unserer Bundesregierung den Rücken zu stärken und sie aufzufordern, unsere regionalen und lokalen Interessen zu vertreten.
Das heißt, wir dürfen es nicht zulassen, dass das Paket des Verfassungsentwurfs wieder aufgeschnürt wird. Denn sollte es dazu kommen, werden alle alten Forderungen aller Staaten wieder neu zu verhandeln sein. Die Mitglieder des Konvents haben mit großem Fingerspitzengefühl den größtmöglichen Konsens erarbeitet. Wird das Paket geöffnet, wird dieser Konsens wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen.
Wo sind nun die Probleme? - Größter Knackpunkt ist die künftige Stimmengewichtung im Ministerrat und die Größe der Europäischen Kommission. Spanien und Polen lehnen den Konventsvorschlag ab, nach dem Mehrheitsentscheidungen künftig mit einer Mehrheit der Staaten, die aber gleichzeitig 60 % der europäischen Bevölkerung vertreten, getroffen werden sollen.
Beide Länder wollen an dem komplizierten Modus im Vertrag von Nizza festhalten, der sie im Vergleich zu Deutschland bevorzugt. Laut Nizza-Vertrag haben Polen und Spanien nur zwei Stimmen weniger als das doppelt so bevölkerungsstarke Deutschland.
Sie wehren sich vehement gegen eine Umverteilung der Stimmengewichte im europäischen Ministerrat zugunsten der großen Länder. Die Polen drohen sogar mit dem Motto: „Nizza oder der Tod".
Was mich besonders erstaunt, ist, dass nun, wo es zum Schwur kommen soll, einige Länder ein derartiges Theater veranstalten. Alle waren eingebunden. Der Konvent war hochkarätig besetzt, die neuen Beitrittsländer konnten sich rechtzeitig äußern und waren entsprechend beteiligt. Zugegeben, das Prinzip der doppelten Mehrheit im Verfassungsentwurf sichert,
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, sie vertreten eben auch viel mehr Menschen. Deshalb ist es folgerichtig, dass für Deutschland bei der Stimmengewichtung das Prinzip der doppelten Mehrheit nicht verhandelbar ist.
Enttäuschend ist für uns auch, dass die geplante Verkleinerung der Europäischen Kommission am Widerstand der kleinen Staaten zu scheitern droht. Die kleinen Staaten wollen jeweils einen eigenen stimmberechtigten Kommissar. Das wären dann künftig 25 Kommissare. Das bedeutet nicht mehr Effizienz, sondern mehr Bürokratie. Wie das den Bürgern und Bürgerinnen erklärt werden soll, ist mir schleierhaft.
Der Konventsentwurf sieht nur 15 Kommissare in einem Rotationsprinzip vor. Das ist vernünftig. So bleibt die Kommission auch nach der Erweiterung handlungsfähig.
Verhandlungen haben natürlich nur einen Sinn, wenn es etwas zu verhandeln gibt. Die Luxemburger haben ja zu der Größe der Kommission einen interessanten Kompromiss vorgeschlagen. Dieser Punkt wäre für mich vorstellbar - doch mit der gebotenen Vorsicht. Die Kommission ist ein tragender Pfeiler in unserem europäischen Haus. Sollte dieser Pfeiler aber zu schwer sein, weil durch die Größe ein zu starkes Gewicht auf ihm lastet, dann bricht er zusammen.
Ich bitte Sie, aufgrund dieser Diskussionen, die im Moment stattfinden, und unserer heute wirklich letzten Chance, unserem Antrag zuzustimmen. Denn nur so ist gewährleistet, dass unser Anliegen, das wir hier in den vergangenen Monaten intensiv diskutiert haben, auch berücksichtigt wird.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Freitag wird die Regierungskonferenz zusammentreten, um über eine künftige europäische Verfassung zu beraten.
Frau Kollegin Rodust, Sie haben die Probleme, die sich dabei stellen, völlig richtig beschrieben Es geht um die Stimmengewichtung im europäischen Gesetzgebungsverfahren. Es geht um die Größe der Kommission und ich kann Ihnen da fast nahtlos zustimmen.
Aber, meine Damen und Herren, was hat das eigentlich mit dem Resolutionsentwurf zu tun, den wir heute beraten wollen? - Da geht es um ganz andere Dinge. Die Dinge, die Sie beschreiben, sind überhaupt nicht streitig. Ich frage mich, welchen Sinn diese Resolution entfalten soll. Vielleicht schaffen wir es noch, sie rechtzeitig zuzuleiten. Der Parlamentsdienst arbeitet schnell und E-Mails sind auch schon erfunden worden. Aber es ist ein Stückweit eine Farce, in letzter Minute den Eindruck zu erwecken, als könne eine solche Resolution noch irgendeinen Einfluss auf die Verhandlungen auf europäischer Ebene haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bezüglich des Inhalts des Antrages wird es in diesem Haus wenig Differenzen geben. Wir haben darüber seit Monaten beraten und sehr schnell einen Konsens erzielt. Deshalb werden wir Ihrem Antrag auch zustimmen. Aber die Debatte wird folgenlos verlaufen.
Zur Sache selbst: Artikel 5 des Entwurfs der europäischen Verfassung streicht die Bedeutung der regionalen kommunalen Selbstverwaltung heraus. Wir haben die kommunale Selbstverwaltung als tragenden Pfeiler im Grundgesetz verankert. Es ist gut, dass dieser Verfassungsgrundsatz, der in Deutschland entwickelt worden ist, nun auch Bestandteil der europäischen Verfassungsordnung wird. Das ist für uns unverzichtbar. Ich kenne aber auch keinen Mitgliedstaat, der ernsthaft den Versuch unternehmen würde, diese Bestimmung wieder aus dem europäischen Vertragswerk herauszubekommen.
Föderalismus ist jedoch mehr als regionale Selbstverwaltung. Die Bundesländer sind Staaten im Sinne des Völkerrechtes. Einen föderativen Staatsaufbau hat innerhalb der Europäischen Union neben Deutschland nur Österreich; die belgische Verfassung hat föderative Züge. Alles andere sind regionalisierte Staaten, aber keine föderativen Staaten. Die Verankerung des Subsidiaritätsprinzips in der europäischen Verfassung
hat daher für die Bundesländer eine besondere Bedeutung. Es ist vorprogrammiert, dass es in der Praxis immer wieder zu Streitigkeiten darüber kommen wird, ob Angelegenheiten durch die Europäische Union geregelt werden müssen oder ob es das Subsidiaritätsprinzip gebietet, die Regelungshoheit den Mitgliedstaaten, den lokalen Gebietskörperschaften oder im Fall der Bundesrepublik Deutschland den Bundesländern zu überlassen. Es ist nicht akzeptabel, dass die erforderliche nationale Subsidiaritätsprüfung allein von Organen des Bundes durchgeführt wird, wenn Rechte der Länder und Kommunen betroffen sind. Insofern unterstützen wir die Forderung nach einer Beteilung der Länder und Kommunen an der nationalen Subsidiaritätsprüfung.
In der Vergangenheit haben sich die nationalen Parlamente erst dann mit EU-Richtlinien beschäftigt, wenn diese längst auf europäischer Ebene verabschiedet worden waren und es nur noch um die Transformation in nationales Recht ging. Da hat es manche böse Überraschung auch in den Ländern gegeben. Darüber haben wir ja vor kurzem im Zusammenhang mit der FFH-Richtlinie Debatten geführt, da wir die Konsequenzen erst zu einem Zeitpunkt gesehen haben, zu dem nichts mehr zu beeinflussen war. Dafür gibt es auch andere Beispiele.
In Zukunft wird es einen Frühwarnmechanismus geben, um den nationalen Parlamenten die Möglichkeit zu geben, das Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene zu einem Zeitpunkt zu beeinflussen, wo Entscheidungen noch nicht definitiv gefallen sind. Es ist für uns auch eine Selbstverständlichkeit, Bundesrat und Bundesregierung aufzufordern, bei der Umsetzung und Anwendung dieses Frühwarnmechanismus die Länder und Kommunen regelmäßig und rechtzeitig einzubeziehen, damit wir als Landesparlamente nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden, sondern Kompetenzen erhalten können, wo auf europäischer Ebene darüber verhandelt wird.
Meine Damen und Herren, ich rege an, dass wir das in die Föderalismusdebatte einbeziehen und beispielsweise darüber nachdenken, eine ähnliche Norm ins Grundgesetz aufzunehmen wie Artikel 32 Abs. 2, der normiert, dass vor dem Abschluss eines Vertrages, der die besonderen Verhältnisse eines Landes berührt, das Land durch den Bund rechtzeitig zu hören ist. Eine solche Norm würde sicherstellen, dass wir auch im einfachen Gesetzgebungsverfahren ein institutionelles Recht auf Beteiligung hätten und wir dieses Recht geltend machen können.
Ich begrüße auch, dass dem Ausschuss der Regionen, dem die Aufgabe des Wächters über das Subsidiaritätsprinzip zukommt, in Zukunft ein Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof eröffnet wird. Noch wichtiger ist es natürlich, Rechtsstreitigkeiten durch Konfliktlösung im Gesetzgebungsverfahren zu vermeiden. Daher wollen wir die Einbeziehung in eine nationale Subsidiaritätsprüfung und wir wollen eine rechtzeitige Anhörung der Länder im Gesetzgebungsverfahren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Sache gibt es hier einen breiten Konsens. Wir können diese Resolution einstimmig verabschieden. Dann ist der Parlamentsdienst gefordert, sie sehr schnell der deutschen Delegation zuzuleiten. Wir rennen offene Türen ein. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn nichts ist angenehmer, als wenn man weiß, dass sich die Regierung unseren Forderungen anschließen wird. Insofern kann ich nur sagen: Unschädlich ist die Debatte heute Morgen in jedem Fall. Darum haben wir auch überhaupt keine Probleme, Ihrem Antrag zuzustimmen.
- Zum Niveau will ich mich nicht äußern; das bleibt den einzelnen Mitgliedern des hohen Hauses überlassen. - Verabschieden wir den Antrag einstimmig und seien wir uns gleichzeitig bewusst, dass diese Debatte folgenlos sein wird!
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Im Prinzip stimme ich mit meinem Vorredner, Herrn Geißler, überein, dass auf der Regierungskonferenz über die EU-Verfassung die Sache auf des Messers Schneide steht. Es ist praktisch die letzte Möglichkeit, dass wir uns noch einmal mit dieser Sache befassen, Wir werden damit sicherlich nicht viel bewegen, aber schaden kann es insgesamt nicht.
Die Europäische Union ist ein Raum mit einer Vielzahl von Kulturen und Traditionen. Sie ist und soll eine Union der Bürgerinnen und Bürger sein, die über Nationalitätsgrenzen hinweg europäische Fragen demokratisch entscheiden wollen. Genau diese müssen im Sinne der europäischen Identität beantwortet
werden. Deshalb erwarten die Bürgerinnen und Bürger von einer gemeinsamen europäischen Verfassung, dass sie die Aufgabenverteilung in der Union klarer und in einer für den Bürger verständlichen Art regelt. Ob dies aber der Fall ist, zeigt sich leider erst dann, wenn sich Entscheidungen auf europäischer Ebene in nationales Recht umgesetzt insbesondere auf kommunaler oder Landesebene auswirken.
In dem vom Konvent vorgelegten Verfassungsentwurf wird festgehalten, dass die Union die nationale Identität ihrer Mitgliedstaaten achtet, die in deren grundlegender politischer und verfassungsrechtlicher Struktur einschließlich der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. Demnach ist zu hoffen, dass die damit verbundenen Erwartungen tatsächlich erfüllt werden.
Wenn ich den hier vorgelegten Antrag aber genauer betrachte, dann stelle ich mir doch die Frage, ob die Verfasser dieses Antrages nicht selber daran zweifeln. Ansonsten sehe ich keinen Grund, warum das Land Schleswig-Holstein, das selber im Bundesrat vertreten ist, an den Bundesrat und die Bundesregierung appellieren sollte, dass die Länder und Kommunen im Rahmen einer nationalen Subsidiaritätsprüfung rechtzeitig beteiligt werden sollten. Wer, wenn nicht der Bundesrat, ist dazu aufgefordert, als „Frühwarnmechanismus“ zu agieren?
Es ist deshalb schon etwas verwunderlich, Frau Rodust und Herr Matthiessen - Sie beide haben ja den Antrag gestellt -, wenn Sie an die eigene rot-grüne Bundesregierung appellieren müssen, regionale und kommunale Bestandteile der Verfassung als Bausteine für eine europäische Integration zu verstehen.