Ulrike Rodust

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Last Statements

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Greve, die Betroffenheit, die Sie in diesem Hause ausgelöst haben, spricht für sich. Darum will ich darauf nicht weiter eingehen.
Auch wir, die SPD-Fraktion, sagen vielen Dank für den Bericht. Jeder Punkt darin hätte es verdient, intensiv behandelt zu werden. Dies ist in der Kürze der Zeit, die mir zur Verfügung steht, nicht möglich. Deshalb werde ich mich auf einige wenige Punkte beschränken. Ich will einen Grundsatz voranstellen: Wir als Landesparlament haben nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Pflicht, uns immer wieder in Europa einzumischen, wie zum Beispiel bei der Europäischen Verfassung. Für die Bürger wird diese nach der Ratifizierung mehr Klarheit und Rechtssicherheit bringen.
Es wird dabei unter anderem drei wichtige Änderungen geben: Die Grundrechte-Charta erlangt Rechtsverbindlichkeit. Grundwerte wie Freiheit, Demokratie, Rechtsstaat, Achtung der Menschenwürde und Schutz der Minderheiten sind dann dauerhaft Grundlage von Staat und Gesellschaft. Es wird zu einer klaren Zuordnung zwischen den verschiedenen politischen Ebenen führen und das Recht auf kommunale Selbstverwaltung wird in der Verfassung verankert sein.
Die Regionen und Kommunen erhalten über den Ausschuss der Regionen die Möglichkeit, vor dem EuGH zu klagen, wenn das Subsidiaritätsprinzip verletzt wird.
Meine Damen und Herren, Europapolitik hat für das Land Schleswig-Holstein also nicht nur aufgrund seiner geographischen Lage einen hohen Stellenwert, sondern wir müssen ein vitales Interesse daran haben, die umfassende Europäisierung in Wirtschaft und Gesellschaft aktiv zu begleiten und mitzugestalten.
Seit dem 1. Mai 2004 ist die größte Erweiterung der Europäischen Union in ihrer Geschichte vollzogen. Sie bietet einen einheitlichen Wirtschafts- und Rechtsraum für 460 Millionen Menschen. Mit dem größten Binnenmarkt der Welt hat die europäische Wirtschaft beste Chancen, ihre Stellung im globalen Wettbewerb zu festigen und auszubauen.
Unsere relative Nähe zu den Märkten der neuen Mitgliedstaaten bringt unser Land in eine gute Ausgangsposition, um auch in Zukunft vom Wachstum in diesen Ländern zu profitieren. Dies wollen wir zusammen mit der Wirtschaft weiterentwickeln.
Ein wichtiges Instrument in der Europapolitik sind die Strukturfonds. In der laufenden Förderperiode haben wir allein hier in Schleswig Holstein 660 Millionen € erhalten. Dieses Geld hat uns bei der Weiterentwicklung unseres Landes maßgeblich geholfen. Wir müssen weiter dafür kämpfen, dass wir auch für die Förderperiode 2006 bis 2013 entspre
chend bedacht werden. Sie finden alles dazu in den strategischen Schwerpunkten des Berichtes.
Ein solcher Schwerpunkt der Landesregierung ist die Initiative „Zukunft Meer“. Die europäische Kommission und der Ausschuss der Regionen haben dies aufgegriffen und interessieren sich brennend für die Vorschläge aus unserem Land.
Damit hat die Ministerpräsidentin einen Volltreffer gelandet. Gratulation!
Am vergangenen Freitag habe ich den Auftrag erhalten, für den Ausschuss der Regionen eine entsprechende Initiativstellungnahme zu erarbeiten. Für Ihre Unterstützung wäre ich sehr dankbar. Ein Drittel der 460 Millionen Menschen der Europäischen Union lebt an oder nahe der Küstenlinie, Tendenz steigend. 90 % des Welthandels werden über Schiffsverkehr abgewickelt. Im Schiffbau sind allein 110.000 Personen direkt beschäftigt, in den verwandten Industrien und Dienstleistungen sind es 2,5 Millionen. Zig Millionen aus aller Welt verbringen Jahr für Jahr an den europäischen Küsten ihren Urlaub. Wer immer noch nicht von der Wichtigkeit dieses Themas überzeugt ist: 70 % des Sauerstoffs, den wir zum Atmen brauchen, wird von maritimer Flora produziert. Wer, wenn nicht wir Schleswig-Holsteiner zwischen zwei Meeren, hat so viel Kompetenz, dieses Thema federführend zu bearbeiten?
Zum Schluss möchte ich noch auf ein wichtiges europäisches Zukunftsthema eingehen, das auch uns Schleswig-Holsteiner angeht, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Ich danke der Landesregierung für ihre positive Haltung. Fakt ist, dass die Türkei seit 1963 auf die Beitrittsverhandlungen wartet. Dieses war damals dem Land an der Peripherie Europas bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen zugesagt worden.
Die Akzeptanz von Werten wie Demokratie, Menschenrechten, Minderheitenschutz und Toleranz gegenüber anderen Kulturen und Religionen in der Türkei wird auch dadurch bestimmt, ob sich Europa selber gegenüber der Türkei diesen Werten entsprechend verhält.
Weist die EU die Türkei ab, würde in der islamischen Welt das Modell Türkei deutlich an Attraktivität verlieren und die Fundamentalisten stärken. Europa hat die Verpflichtung gegenüber diesem Land, das ver
sucht, Islam und Demokratie miteinander zu vereinbaren, Wort zu halten.
Nach einer erfolgreichen Wirtschafts- und Währungsunion müssen wir gemeinsam auf allen Ebenen dafür sorgen, dass wir zukünftig auch eine Sozial-, Bildungs- und Kulturunion werden. Nur so ist Frieden für uns alle garantiert.
Eine Landesregierung mit Heide Simonis an der Spitze wird ihren Teil dazu beitragen. Das hat der Europabericht für mich deutlich gemacht. Davon bin ich also fest überzeugt.
(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW Vizepräsident Thomas Stritzl: Das Wort für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Behm. Joachim Behm [FDP]: Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die mir zustehenden fünf Minuten nutze ich für das The- ma Schleswig-Holstein in Europa. (Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es gibt zu viele Möglichkeiten, sich auch auf andere Felder zu begeben. Aber das würde die Möglichkeiten, die man von diesem Rednerpult aus hat, vielfach überspannen.
Die Landesregierung betont in dem jetzt vorgelegten Bericht, dass Europapolitik ein Arbeitsschwerpunkt für sie sei. Das freut mich natürlich zu hören; denn Europa beeinflusst mittlerweile einen Großteil unserer gesetzlichen Regelungen und die Politik in Deutschland bis in das kleinste Detail. Nicht nur durch Richtlinien und Verordnungen, sondern auch über Förderprogramme und Beschlüsse der Europäischen Kommission wird immer stärker und kleinteiliger auf Schleswig-Holstein eingewirkt. Die Zukunftschancen Schleswig-Holsteins werden deshalb davon abhängen, wie wir die künftige Entwicklung unserer Region gestalten und die Chancen für unser Land wahrnehmen.
Denn Schleswig-Holstein entwickelt sich immer stärker zur Handels- und Wissensdrehscheibe für das
nördliche Europa. Die immer intensiver werdenden Beziehungen zu den Ostseeanrainern, neben den neuen Beitrittsländern Polen und den baltischen Staaten auch zu Russland, steigern auch die Bedeutung unseres Landes als Schnittstelle zwischen dem Ostseeraum und der übrigen Welt.
Meine Damen, meine Herren, liest man den vorgelegten Bericht genauer, so fragt man sich allerdings, welchen Beitrag der von der Landesregierung verkündete Arbeitsschwerpunkt zur Zukunftssicherung unseres Landes bisher geleistet hat.
Wie stellt sich unser Land diesen Herausforderungen? Welche Chancen wurden bisher genutzt?
Geht man der Frage nach, was eigentlich genau getan wurde, um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes in Europa in den letzten zwei Jahren zu verbessern, findet man zu wenig Konkretes. Da wird der wohlwollende Leser des Berichts darauf vorbereitet, dass mit dem Anlaufen der Förderperiode der Strukturfondsmittel nach 2006 weniger Geld für uns zu erwarten ist. Gleichzeitig wird angekündigt, dass so genannte Clusterinitiativen weiter vorangebracht werden sollen. Wenig wird darüber gesagt, ob die rund 660 Millionen € an Strukturfondsmitteln tatsächlich so angelegt worden sind, dass unser Land im Wettbewerb mit den anderen Regionen künftig besser aufgestellt ist. Denn unter dem Stichwort „Wettbewerb“ finde ich lediglich die Warnung vor einem unfairen Steuerwettbewerb und die Werbung für das Steuerkonzept der Landesregierung, das weder der Bundeskanzler noch sonst jemand haben will.
Auch werden wir künftig unseren Beitrag zur Erhaltung der europäischen Stabilitätskriterien leisten müssen. Das ist eine Herkulesaufgabe für den kommenden Landtag und auch die neue Landesregierung.
Meine Damen, meine Herren, Europapolitik muss deshalb ein Schwerpunkt in Schleswig-Holstein sein, um unser Land für den Wettbewerb besser aufzustellen.
Nur dann haben wir die Chance, davon zu profitieren, und brauchten auch keine Angst mehr vor mehr Wettbewerb oder weniger Strukturmitteln zu haben. Deshalb sollten wir in der Europapolitik handfeste Interessen verfolgen.
Dabei ist es auch völlig gleich, ob diese Interessen „Kompetenzcluster in strategischen Bereichen“ oder „Verbesserung des Know-how-Transfers“ heißen.
Dazu gehört für mich, Schleswig-Holstein zum Dienstleister des Nordens aufzubauen.
Um das aber zu erreichen, sollten wir so konkrete Projekte wie den Ausbau der A 20 und den Ausbau zum Wissenschaftsstandort vorantreiben. Leider steht sich die Landesregierung gerade bei den Verkehrsprojekten häufig selber im Weg, sei es beim Ausbau der Autobahn oder beim Bau einer festen Fehmarnbelt-Querung. Der grüne Koalitionspartner organisiert auf Landes- wie auf Bundesebene, aber auch im regionalen Bereich Widerstand gegen jede Möglichkeit, Schleswig-Holstein auch ökonomisch weiterzubringen.
Ohne eine solche Basis wird Schleswig-Holstein aber nicht wettbewerbsfähig.
Meine Damen, meine Herren, der Bericht macht deshalb eines deutlich: Bisher sind nur kleine Schritte getan worden. Das müssen wir ändern. SchleswigHolstein muss sich selber aktiv als Scharnier für den Norden und den Osten in die Entwicklung des europäischen Wirtschaftsraumes einbringen, sodass wir alle davon profitieren.
Europapolitik ist auch Standortpolitik und auch in der vor uns liegenden Wahlperiode eine große Herausforderung. Das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, wenn wir uns dem Wettbewerb stellen und bestehen wollen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Manfred Ritzek, es ist schade, dass du immer nicht das große Ganze sehen kannst, sondern dich immer im Kleinklein verstrickst. Es tut mir wirklich ein bisschen leid, das hat dieser Bericht nicht verdient.
Die Ostseezusammenarbeit ist für uns nie als alleiniges Aktionsfeld der Regierungen der Anrainerstaaten denkbar gewesen. Es kommt Heinz-Werner Arens das große Verdienst zu, über unser Land hinaus das Selbstbewusstsein der Ostseeparlamentarier als unverzichtbare und eigenständige Kraft in der Fortentwicklung der Ostseezusammenarbeit gestärkt zu haben. Er hat das Projekt der Parlamentarischen Dimension, eigener parlamentarischer Gestaltung der Großregion Ostsee, vorangebracht. Dafür schulden wir ihm Dank.
Diese Rolle der Parlamente ist nicht in allen zugehörigen Staaten selbstverständlich. Das war auch in Bergen spürbar. Schade ist aus meiner Sicht, dass es nicht gelungen ist, weitergehende Vorstellungen zur Verstetigung der Arbeit der Ostseeparlamentarierkonferenz zu verankern. Das bleibt zwingend notwendig und muss nun vom Standing Committee zur Zusammenkunft im nächsten Jahr versucht werden.
Gleichwohl bleibt es wichtig, bestimmte Themen auch jetzt schon auf die Tagesordnung zu setzen und gemeinsam zu diskutieren, auch wenn nicht immer und nicht gleich eine gemeinsame Position daraus erwächst. Das gilt für die Einsetzung eines Beauftragten für Minderheiten und die demokratische Entwicklung.
Das gilt auch für das Thema „Zukunft Meer“, eine Initiative der Ministerpräsidentin. Vielen Dank dafür! Wir haben damit ein zukunftsfähiges Beispiel für nachhaltige Politik. Schleswig-Holstein als Ganzes hat schon aufgrund seiner Geografie ein besonders enges Verhältnis zu den Meeren, zu Flüssen und Seen. Daher ist es kein Wunder, dass sich in Schleswig-Holstein auch eine sehr starke maritime Wirtschaft entwickelt hat. Dies betrifft zum einen den traditionell starken Bereich des Schiffbaus und der Zulieferindustrie. Zum anderen wächst unsere maritime Wirtschaft durch neue Technologien.
In Schleswig-Holstein ist mit dem Kompetenznetz Meerestechnik das erste Kompetenznetz im Innovationsfeld maritime Technologien entstanden. Durch unsere Institute und Forschungseinrichtungen haben wir das entsprechende Know-how und werden nicht nur im Ostseeraum als Experten anerkannt. Diese Leistungsfähigkeit wurde gestern Abend deutlich und wird eindrucksvoll in der Ausstellung hier im Haus dargestellt.
Gerade im Ostseeraum gibt es - vor allem durch die neuen EU-Beitrittskandidaten und Russland - sehr große Potenziale für neue Kooperationen. Wie groß die Potenziale sind, zeigt schon ein Blick in die Vergangenheit der Hanse. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich der Wirtschaftsraum Ostsee auch in Zukunft zu einem Zugpferd der technologischen und ökonomischen Entwicklung in Europa entwickeln wird.
An diesen Beispielen erkennen Sie, wir haben in unserem kleinen, aber feinen Land viel zu bieten.
Ostseekooperation heißt für mich auch, zu gucken, was machen die Nachbarn gut, was sollte übernommen werden oder aber was läuft nicht so gut und welche Fehler sollten wir vermeiden. Die neue OECDStudie hat gezeigt, wir können sehr viel von unseren Nachbarn, zum Beispiel Finnland, lernen. Das hat auch die Debatte am Mittwoch hier im Haus gezeigt.
Die Ostseekooperation lebt von der praktischen Zusammenarbeit rund um die Ostsee. Die Landesregierung hat in den vergangen zehn Jahren erfolgreich ein gut funktionierendes Netzwerk von Partnerschaften im Ostseeraum aufgebaut und die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen. Dafür gilt unser besonderer Dank der Ministerpräsidentin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Meine Damen und Herren, die 60 Millionen Menschen, die rings um die Ostsee zu Hause sind, erleben in diesem Jahr eine neue Dimension ihrer Identität: Sie sind, bis auf Russland, Bürger der Europäischen Union und damit Mitglieder einer Völkerfamilie, wie es sie auf dem alten Kontinent noch nie gegeben hat. Die Europäische Union ist beispiellos in der Geschichte, es gibt keine Vorbilder. Das ist sicher auch der Grund, warum sich manche so schwer tun, die Gemeinschaft anzunehmen. Andere Auffassungen anzuhören, sie zu tolerieren und letztlich auch zu akzeptieren, bedeutet, ein Stück eigener staatlicher Souveränität abzugeben. Sich gegenseitig kennen und
schätzen lernen ist daher eine wichtige Grundlage, die auch die Landesregierung in ihrem Ostseebericht formuliert hat.
Aber wir werden die Zukunft verlieren, wenn wir nicht die nachwachsende Generation in diesen Prozess einbeziehen. Wir beklagen - leider oft zu Recht - das gesellschaftliche Desinteresse von jungen Menschen und die Fokussierung auf die persönlichen Interessen. Dass es auch anders sein kann, beweist die Aktion „Schüler Helfen Leben“. Wenn wir aber fordern, dass die jungen Menschen rund um die Ostsee miteinander in Kontakt kommen sollen, dann müssen dieser Forderung auch Taten folgen. Der SchleswigHolsteinische Landtag ist sich darin einig, dass die Ostseejugendstiftung dazu ein geeignetes Instrument ist.
Junge Menschen finden es immer spannend und aufregend, mit Jugendlichen aus anderen Ländern zusammenzukommen, Erfahrungen auszutauschen und festzustellen, dass eine Menge von gemeinsamen Interessen vorhanden ist, aber auch zu erfahren, dass es andere Traditionen und Gewohnheiten gibt. Dies führt dazu, dass man einander vertraut, denn nur das Unbekannte schürt Misstrauen und Ängste.
Am Anfang dieser Woche haben einige von uns mit unseren Freunden aus Mecklenburg-Vorpommern, den Wojewodschaften Pommern und Westpommern eine Resolution verabschiedet, die uns verpflichtet, Struktur-, Tourismus- und Jugendpolitik für diese vier Regionen an der Ostssee so zu organisieren, dass wir alle einen Mehrwert davon haben. Wir haben drei Tage gemeinsam gearbeitet, Erfahrungen ausgetauscht, aber auch gefeiert. Das Spannende daran war, wir Politiker waren nicht unter uns, sondern wurden begleitet von Jugendlichen aus allen vier Regionen. Dies waren drei Tage gelebte Ostseepolitik.
Die Akzeptanz, die Nachbarn in ihrem Anderssein anzunehmen und sie zu tolerieren, ist ein Grundpfeiler für das friedliche Zusammenleben von Völkern. Je mehr ich über meinen Nachbarn weiß, desto einfacher ist es, mit ihm zu arbeiten, Probleme gemeinsam zu lösen und gemeinsame Entwicklungschancen zu erkennen.
Was wir über die genannten Ziele und Kooperationen hinaus brauchen, was wir uns wünschen sollten, ist die Ostsee als Region der Gerechtigkeit. Ich meine damit nicht so sehr die Rechtsgrundlagen im Sinne der Rechtsprechung, sondern vielmehr Regelungen für soziale Gerechtigkeit, für wirtschaftliche Gerechtigkeit und für demokratische Gerechtigkeit. Letztere
ist, was die formalen Voraussetzungen betrifft, durch freie Wahlen weitestgehend erfüllt. Aber mir geht es um den demokratischen Umgang zum Beispiel mit Minderheiten. In diesem Zusammenhang erinnere ich an die Kieler Erklärung, die genau heute vor 25 Jahren unterzeichnet wurde. Aber mir geht es um die Beteiligungsmöglichkeit aller Volksgruppen und Schichten und um Transparenz von Entscheidungen.
Die soziale Gerechtigkeit wird am schwersten zu erringen sein. Wenn aber ein friedliches Miteinander langfristig von Dauer sein soll, dann darf kein zu großes Gefälle zwischen den Staaten herrschen und auch innerhalb der Staaten nicht zwischen den Generationen. Nur wenn die Europäische Union mit all ihren Einrichtungen von den Menschen als gerecht empfunden wird und sie sich sicher fühlen, wird es ein zukunftsfähiges Europa geben.
Ich freue mich, dass die Landesregierung und wir Parlamentarier in Sachen Ostseekooperation durch neue Ideen und Aktivitäten der Motor im Ostseeraum sind.
Der Bericht gibt eine Menge von Anregungen und Diskussionsstoff. Es ist nicht nur eine Diskussion, die die Europapolitiker der Fraktionen führen sollten. Alle Mitglieder dieses hohen Hauses sind aufgefordert mitzumachen und sich auch einzumischen. Darum bitte ich. Das belebt die Diskussion und bringt die Sache voran.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem 3. Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in der EU, dem Kohäsionsbericht, tritt die Diskussion über die Zukunft der Strukturfonds in eine neue Phase ein. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass wir uns heute mit diesem Thema beschäftigen, um Möglichkeiten der politischen Willensbildung und Einflussnahme auszuloten. Was wir in diesem Jahr nicht auf den Weg gebracht haben, hat kaum eine Chance auf Berücksichtigung. Im Jahre 2005 wird alles festgezurrt sein.
Die europäische Strukturpolitik baut Entwicklungsrückstände ab und fördert die Wettbewerbsfähigkeit rückständiger Regionen. Wir stehen deshalb uneingeschränkt hinter dieser Politik.
Wenn wir für die Regionalpolitik künftig 0,41 % des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union verwenden, ist es auch richtig, davon 78 % für das Ziel1-Gebiet und 4 % für URBAN zur Verfügung zu stellen. Die übrigen 18 % sind für weitere Förderungen im Rahmen der Ziel-2-Förderung erforderlich. Auch das gehört zur solidarischen Entwicklung in der Europäischen Union: Wir können nicht nur ein Interesse daran haben, dass die Schwachen stark werden, sondern wir müssen auch ein Interesse daran haben, dass die Starken stark bleiben.
Wir haben in den vergangenen Monaten deutlich gemacht - ich im AdR in Brüssel, die Regierung in Berlin und auch in der Diskussion im Europaausschuss -, dass wir weiterhin, und zwar nicht allein, sondern zusammen mit den anderen europäischen Ziel-2-Regionen auf eine besondere Strukturförderung durch die Europäische Union angewiesen sind. Gerade für Schleswig-Holstein kommt der europäischen Strukturpolitik eine besondere Bedeutung zu, denn die schleswig-holsteinischen Ziel-2- und Ziel-3Programme haben den Handlungsspielraum unserer regionalen Struktur- und Arbeitsmarktpolitik sowohl quantitativ als auch qualitativ erheblich erweitert. Ich erinnere daran, dass wir in der Förderperiode 2000 bis 2006 aus den Strukturfonds bisher circa 650 Millionen €, die im Rahmen der Landesinitiative ziel - Zukunft im eigenen Land - eingesetzt werden, erhalten haben. Dazu kommen im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative noch weitere Strukturfondsmittel in Höhe von circa 31 Millionen €.
Wie übereinstimmenden Äußerungen auf Europa-, Bundes- und Landesebene zu entnehmen ist, soll von den Gemeinschaftsinitiativen zumindest das INTERREG-Programm aufgrund des eindeutigen euro
päischen Mehrwerts weitergeführt werden. Die Diskussion über das mögliche Nachfolgeprogramm für INTERREG muss im Zusammenhang mit der Debatte über die Sicherung der Zukunft der Euregios gesehen werden. Es ist daher sehr wichtig, den Diskussionsprozess zu beobachten, um gegebenenfalls frühzeitig reagieren zu können. Es ist noch nicht endgültig geklärt, ob sich die Förderung weiterhin auf die Binnengrenzen oder ab 2007 nur noch auf die alten beziehungsweise die neuen EU-Außengrenzen beziehen soll. Hier muss sich das Land klar positionieren. Es gilt auch dem Versuch entgegenzuwirken, europäische Fördermittel zukünftig nur zentral zu verteilen, da dies die Grenzregionen - zumal jene mit Binnengrenzen - benachteiligen würde.
Zeitgleich mit dem Kohäsionsbericht hat die Kommission ihre Vorschläge für den künftigen Finanzrahmen für 2007 bis 2013 vorgelegt. Danach würde, wie die Ministerpräsidentin berichtete, das durchschnittliche Volumen der Gesamtausgaben der erweiterten EU in dieser Periode bei 1,14 % des Bruttonationaleinkommens liegen. Hier ist sicher Vorsicht geboten. Einerseits sind die Bundesregierung und die Regierungen fünf weiterer Staaten nicht bereit, mehr als 1 % des Bruttonationaleinkommens zu zahlen, da die Nationalhaushalte der Nettozahler im Moment nichts anderes mehr hergeben; andererseits sind die Aufgaben durch die Erweiterung für die EU vehement gewachsen. Kommissarin Schreyer schlägt vor, die ostdeutschen Länder aus der Ziel-1-Förderung zu entlassen. Die Bundesregierung denkt laut über eine Ziel-2-Förderung in Höhe von 5 bis 10 % nach.
Wir in Schleswig-Holstein benötigen dringend diese 18 %. Die Bundesregierung wird, wenn sie 1,14 % zahlen soll, die Differenz von den Ländern zurückholen. Das Problem ist: Der Bund ist Nettozahler, die Länder sind Nettoempfänger. Wir haben es also mit ganz andere Interessen zu tun. Außerdem gibt es zwischen den Ländern Differenzen zwischen Arm und Reich und zwischen Rot und Schwarz.
Ich möchte an dieser Stelle vor Streit warnen. Wir, die Länder, müssen genau aufpassen, dass wir am Ende nicht die Verlierer sind. Deshalb sollten wir dieses Thema nicht aus den Augen verlieren und im Europaausschuss weiter beraten, um am Ende eine Einigkeit zu erzielen.
Zusammenfassung: Um eine realistische und zukunftweisende Position zur Reform der Strukturpolitik
zu erarbeiten, muss eine Balance zwischen drei berechtigten Interessen gefunden werden. Das Interesse
Schleswig-Holsteins ist darauf gerichtet, auch weiter in einigen Teilen unseres Landes den schwierigen und langwierigen wirtschaftlichen Entwicklungsprozess, der durch die Strukturfonds unterstützt wird, nicht vorzeitig abzubrechen. Unser bundesdeutsches Interesse muss unter anderem darauf zielen, eine zusätzliche Verschlechterung der Nettozahlerposition zu verhindern. Unser europäisches Interesse schließlich zielt darauf, das Instrument
- ich komme zum letzten Satz - der Europäischen Strukturfonds auf die antizipierte künftige Entwicklung auszurichten und bewährte Ziele, Strukturen und Verfahren beizubehalten beziehungsweise effizienter zu gestalten. Darum bitte ich, dass wir im Europaausschuss weiter diskutieren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gerade gehört: Europapolitik ist Landespolitik. Unsere Ministerpräsidentin hat dies in ihrem Bericht sehr anschaulich dargestellt.
Im neuen Europa ist Schleswig-Holstein ökonomisch und geopolitisch in die Mitte gerückt. Wir sind eine europäische Region mit besonderen Chancen, mit Verbindung zu den nordischen Staaten und zu den östlichen Anrainern. Deshalb wollen und werden wir Wegbereiter von Vereinbarungen und Verbindungen mit unseren Freunden in Dänemark, in Norwegen, in Schweden, in Finnland, in den baltischen Staaten und in Polen sein und uns in besonderem Maße für eine zügige Integration der russischen Regionen an der Ostsee einsetzen.
Auch wenn wir in der Europapolitik des Landes zumeist über Fraktionsgrenzen hinweg einvernehmlich politische Beschlüsse fassen, möchte ich doch an dieser Stelle daran erinnern: Es waren Sozialdemokraten, die das Mare Balticum wieder mit Leben erfüllt haben.
„Das Mare Balticum, die Ostsee, als Region einer aufblühenden wirtschaftlichen und kulturellen Begegnung ist eine unserer großen Visionen. Unser Land Schleswig-Holstein steht als Partner dafür bereit.“
Dies konnten wir in der Regierungserklärung von Björn Engholm im Jahre 1988 lesen. Es war HeinzWerner Arens, der die Parlamentarier der OstseeAnrainer zusammengebracht hat. Es war Franz Froschmeier, der das Hanse-Office zu einer leistungsfähigen Vertretung in Brüssel aufgebaut hat. Es war Gerd Walter, der diese Initiativen über die Ostsee hinaus verkörperte. Es ist Heide Simonis, die Europapolitik in diesem Land zur Chefsache gemacht hat.
Die Idee der Zusammenarbeit im Ostseeraum als Region mit eigener Identität hat sich seitdem durchgesetzt und etabliert. Ostseekooperation steht heute auf der politischen Tagesordnung der Europäischen Union, der nationalen Regierungen, der Nichtregierungsorganisationen und zahlreicher lokaler und regionaler Gebietskörperschaften.
Die Ostseekooperation ist schon heute eine faszinierende Erfolgsgeschichte. Wo vor knapp 60 Jahren Krieg und Zerstörung herrschten und noch vor wenigen Jahren verfeindete Blöcke aufeinander stießen, hat sich in den letzten Jahren ein Klima des Vertrauens, der Zusammenarbeit und der Verständigung entwickelt. Heute trennt die Ostsee nicht mehr, sondern sie ist ein Identitätsstifter geworden, ein Meer, das verbindet.
Grundlage dieses Erfolges ist die zunehmende Besinnung auf das gemeinsame Potenzial dieser Region: die Gemeinsamkeiten in Kultur und Geschichte, die den Ostsee-Anrainern das Gefühl der Zusammengehörigkeit geben, und der gemeinsame Markt mit mehr als 50 Millionen Menschen.
Handel und Verkehr sind auf Wachstumskurs. Ohne Zweifel gehört der Ostseeraum zu den Zukunftsregionen Europas. Ostseepolitik wird in einer erweiterten Europäischen Union immer wichtiger. Je größer die Europäische Union wird, desto nötiger ist eine gemeinsame Entwicklungspolitik der Ostsee-Anrainer für die Regionen und ihr gemeinsames Handeln in Brüssel. Nur so können sie im Wettbewerb mit anderen Großregionen in Europa bestehen. Die Alternative heißt: Entweder behauptet sich der Nordosten Europas gemeinsam in einer größeren Europäischen Union oder er wird politisch und ökonomisch an den Rand gedrängt.
Diese Richtungsentscheidung hat auch für SchleswigHolstein Konsequenzen. Wenn die Ostseeregion als Ganzes wächst, wird auch unser Land besser vorankommen. Die Stärken Schleswig-Holsteins liegen nicht nur im fachlichen Bereich, sondern in erster Linie darin, dass die neuen Beitrittsländer großes Vertrauen in Deutschland und hier insbesondere in Schleswig-Holstein setzen. Unsere fachlichen Stärken liegen in den Bereichen Gesundheit, Energie und Ernährungswirtschaft. Hierin haben wir Know-how, sind kooperationsfähig und können daraus am ehesten einen neuen Markt entwickeln.
In der Medizintechnik sind wir führend. Wir haben zwei medizinische Universitäten, die weit über die Grenzen anerkannt sind. Im Umfeld haben sich un
zählige Firmen mit großem Wissen angesiedelt, die die Möglichkeiten und Chancen für Zusammenarbeit und Kooperation nutzen werden. Beispielhaft erinnere ich an die gute Zusammenarbeit mit Norwegen auf diesem Gebiet.
Kein Bundesland hat mehr Erfahrung mit erneuerbarer Energie als wir. Nach der Zusammenführung der Energiestiftung und der Technologiestiftung zur Innovationsstiftung haben wir unsere Kräfte so gebündelt, dass auch hier mit großen Erfolgen zu rechnen ist.
Für unsere Ernährungswirtschaft haben wir eine leistungsfähige Landwirtschaft im ökologischen und ökonomischen Landbau. Bei der Veredelung von Nahrungsmitteln besitzen wir Kompetenzen, die die Fachleute gewinnbringend einbringen können.
Die Politik hat in den letzten Jahren die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn erarbeitet. Meine Damen und Herren, die Ostseepolitik braucht den Motor Schleswig-Holstein. Das gilt für die großen Verkehrsprojekte wie die A 20 und die Fehmarnbelt-Querung, für die grenzüberschreitende Vernetzung der Hochschulen, für die Europäisierung von Bildung und Ausbildung und so weiter. Diese erfolgreiche Kooperation der Partner aus Südschweden, Dänemark und Schleswig-Holstein im Projekt „Südliche Ostsee“ wollen wir fortsetzen und vertiefen.
Die Wachstums- und Zukunftsregion Ostsee birgt hervorragende Chancen im Europa von morgen. Dabei kann der Ostseerat eine führende Rolle übernehmen. In dem vom Ostseerat im Jahre 1996 in Kalmar beschlossene Aktionsprogramm sind alle wichtigen Forderungen für die Entwicklung der Ostseeregion enthalten: Förderung menschlicher Begegnungen und Sicherheit der Bürger, wirtschaftliche Entwicklung und Integration, Schutz der Umwelt und ökologische Erneuerung. Dies gilt es, Schritt für Schritt unter Einbeziehung aller Akteure umzusetzen.
Wir wollen die gemeinsame Interessenvertretung der Ostseepartner in Brüssel stärken. Dabei ist das Hanse-Office für uns eine große Hilfe. Das HanseOffice - die Ministerpräsidentin sagte es bereits - ist nicht nur das älteste Länderbüro, sondern auch eines der erfolgreichsten. Mehrere Tausend Anfragen aus unserem Land pro Jahr beweisen, dass viele Firmen, Kommunen, Institutionen und auch Privatpersonen das Wissen dieses Büros und diesen Service nutzen.
Erstaunt hat mich allerdings vor einigen Tagen, als ich im „Flensburger Tageblatt“ las, dass der Spitzenkandidat der CDU davon noch nichts mitbekommen hat.
Unter der Telefonnummer 0032 2285 4640 wird ihm geholfen.
Meine Damen und Herren, die politische Union Europas ist nicht nur Kern und Garant künftiger Stabilität auf dem Kontinent, sondern auch die europäische Antwort auf die Globalisierung und auf die Frage nach der künftigen geistigen und politischen Identität der europäischen Völker und Staaten.
Die Prinzipien der Aufklärung, die Tradition des Sozialstaates, die Achtung der Menschenrechte, die Bereitschaft zu ökologischer und ökonomischer Verantwortung und internationaler Solidarität sind vor allem im Norden in Europa stärker ausgeprägt als in anderen Teilen der Welt. Europa ist für die Sozialdemokraten nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft, sondern vor allem eine politische Wertegemeinschaft. Die Seele Europas ist eine soziale Demokratie.
Mit der künftigen europäischen Verfassung werden große Fortschritte in Kernbereichen der europäischen Politik gemacht. Die Europäische Union wird dadurch bürgernäher, handlungsfähiger und demokratischer. Schon heute ist klar: Das Ergebnis ist ein Meilenstein in der Geschichte der europäischen Integration. Europas Verfassung wird ein fortschrittlicher und zukunftsweisender Werte- und Zielkatalog vorangestellt. Werte wie Frieden, Solidarität und Gerechtigkeit werden in der europäischen Politik zukünftig qua Verfassung eine zentrale Rolle spielen.
Meine Damen und Herren, zum Schluss fasse ich wie folgt zusammen. Die Osterweiterung der Europäischen Union ist kein Gnadenakt des Westens gegenüber dem Osten, sondern ein Vorhaben von gegenseitigem Nutzen. Die bisherige Mitgliedstaaten der Europäischen Union und auch Schleswig-Holstein haben politische und wirtschaftliche Vorteile bei der Erweiterung. Die neue Europäische Union wird durch die damit verbundene Intensivierung der Kontakte zu einer Stabilisierung von Demokratie, Rechtsstaat, Wirtschaft und Gesellschaft in den Reformländern führen und die Gefahr unkontrollierter politischer Entwicklungen vermindern. Gleichzeitig verbessern sich die Voraussetzungen für die Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen entscheidend. Vor diesem wirtschaftlichen Hintergrund wird sich auch das soziale und kulturelle Europa schneller entwickeln. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die gemeinsam erarbeitete Verfassung auch eine gemeinsame Grundlage wird. Das Zusammenwachsen Europas zu einem
Raum des Friedens, der Sicherheit, des Wohlstands und der Stabilität ist nach wie vor die historische Aufgabe der Europäischen Union und oberstes Ziel ihrer Politik. Für uns in Schleswig-Holstein ist dies Verpflichtung und Chance zugleich. Darum bitte ich auch Sie: Werben Sie dafür, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen zur Europawahl gehen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 1. Mai 2004 wird ein Meilenstein in der Geschichte der Europäischen Union und in der Geschichte Europas. Zehn Staaten werden mit ihren Menschen und ihren Problemen zu uns kommen. Aus Partnern werden Nachbarn in der europäischen Familie. Unsere gemeinsame Resolution soll daher in zwei Richtungen wirken. Zum einen an die Adresse der Beitrittsländer. Da sagen wir: „Seid uns willkommen!“ Zum anderen an die Menschen in Schleswig-Holstein mit der Mitteilung: „Habt keine Angst!“
Viele Menschen bewegen Fragen, die sich aus dieser Erweiterung durch die mittelosteuropäischen und südosteuropäischen Staaten ergeben. Wichtig für uns ist: Welche Chancen ergeben sich für Deutschland, für Schleswig-Holstein, für jeden Einzelnen?
Dazu der frühere dänische Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen:
„Europa ist nicht ein Teil des Problems oder das Problem selbst, es ist ein Teil der Lösung. Denn Europa ist mein Partner und nicht irgendein bürokratisches System.“
Europa ist die Antwort auf viele Fragen, auch eine Antwort auf die Probleme, die sich aus der Globalisierung ergeben. Die Europäische Union ist sehr viel mehr als eine Wirtschafts- und Finanzunion. Allein die Perspektive auf eine europäische Mitgliedschaft brachte den neuen Nachbarn und Partnern bereits mehr Sicherheit in Hinsicht auf Stabilität, demokratische Entwicklung und friedliche Kooperation. Das bedeutet für die Zukunft keine Grenzschwierigkeiten mehr und mehr Möglichkeiten für die Lösung von Minderheitenkonflikten.
Eine zentrale Forderung in Europa ist und bleibt die Weiterführung und Durchsetzung des LissabonProzesses, der die Beschäftigungssituation in den Ländern der Europäischen Union aktiv verbessern soll - allerdings unter den Bedingungen, ein „soziales Europa“ zu schaffen. Aus diesem Grund war die Politik des Landtages und der Landesregierung bezogen
auf die Ostseekooperation richtig und bleibt zukunftweisend.
Wir in Schleswig-Holstein legen unser besonderes Augenmerk auf die neuen Mitglieder an der Ostsee. Diese europäischen Staaten bilden gemeinsam mit den russischen Ostseeregionen einen neuen Schwerpunkt in Europa. Die frühere Sowjetunion forderte als Schlagwort: „Die Ostsee soll ein Meer des Friedens werden“. - Nun, die UdSSR gibt es nicht mehr. Aber das Ziel ist erreicht. Das bedeutet aber auch eine Verpflichtung, die russischen Ostseeregionen und die Oblast Kaliningrad nicht von der Entwicklung abzukoppeln,
damit der Friede auf Dauer erhalten bleibt.
Daher nehmen wir die Forderung an die Bundesregierung und die Europäische Kommission sowie an die jeweilige Ratspräsidentschaft sehr ernst, die Kooperation mit Russland weiter zu intensivieren.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit, wie sie heute schon an der Westgrenze Deutschlands selbstverständlich ist, wird im Ostseeraum zu einer tragenden Säule werden. Die Kooperation mit den Regionen wird weiter eine besondere Bedeutung haben, da die Schwerpunkte einer gesamteuropäischen Politik künftig in der Politik für die Regionen liegen werden. Heißen wir die Menschen und Länder in der Europäischen Union herzlich willkommen. Für uns ist es eine große Chance.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich noch einmal kurz auf den europäischen Aspekt dieser Diskussion eingehen möchte. In dem Entwurf zu einer europäischen Verfassung, der hoffentlich noch in diesem Jahr durch einen Beschluss der Regierungskonferenz umgesetzt wird, spielt der Begriff der Subsidiarität eine besondere und entscheidende Rolle. Hiervon ist meiner Meinung nach aber weniger der Bund betroffen als vielmehr die Länder, die die Richtlinien vor Ort umsetzen müssen.
Aus diesem Grund ist auf Drängen des Ausschusses der Regionen in Brüssel, in dem ich unser Land vertrete, in den Verfassungsentwurf auch das neue
„Frühwarnsystem“ eingebaut worden. Das soll ermöglichen, dass der Bund eine Richtlinie und andere EU-Dokumente unter anderem durch den Klageweg beim EuGH stoppen kann. Nach dieser Vorstellung können die Länder dies über den AdR verfolgen.
Das „Frühwarnsystem“ sieht jedoch nur eine Sechswochenfrist für die Abgabe einer begründeten Stellungnahme vor. Dies ist ein extrem kurzer Zeitraum. Die Teilziffer 5 des Subsidiaritätsprotokolls des Konvents sieht neben anderen Bestimmungen die Möglichkeit der Konsultation der regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen vor, die den nationalen Parlamenten obliegt. Hier sind also die Landtage betroffen. Dabei besteht der Konflikt darin, dass nach dem Grundgesetz die europapolitischen Landesinteressen auf Bundesebene allein durch den Bundesrat wahrgenommen werden.
Hinsichtlich des Konsultationsprozesses mit den Ländern läge es verfassungspolitisch und -systematisch nahe, diesen über den Bundesrat zu organisieren. Eine Festschreibung der Information könnte über den Artikel 50 und über den Artikel 23 des Grundgesetzes erfolgen.
Die Lösung des Problems wäre aus meiner Sicht, innerhalb kürzester Zeit muss eine Informationsschiene von der Bundesregierung über den Bundesrat an die Landesparlamente aufgebaut werden, damit diese in der genannten Sechswochenfrist ihr Votum gegenüber der EU abgeben können. Es wird daher eine besonders schwierige Aufgabe der Bundesstaatskommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung in Deutschland sein, hier Mittel und Wege zu finden, einen schnellstmöglichen Informationsweg aufzubauen und der Informationspflicht der Bundesregierung Rechnung zu tragen.
Europapolitik ist Landespolitik. Darum bitte ich, bei der Überweisung auch den Europaausschuss zu berücksichtigen, damit wir uns damit in diesem Ausschuss noch einmal näher befassen können.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine liebe Kolleginnen und Kollegen! Wieder einmal befinden wir uns in einer hoch interessanten, weil geschichtsträchtig auch äußerst spannenden Woche in der Entwicklung Europas.
Am Freitag wird die Regierungskonferenz in Brüssel beginnen und darüber entscheiden, ob wir in Europa eine Verfassung erhalten. Wir Abgeordnete haben in den vergangenen Monaten aufmerksam den Prozess beobachtet und diskutiert und waren stolz darauf, dass wir parteiübergreifend durch unsere Vertreter im Konvent unsere Wünsche, nämlich die Stellung der Länder und Kommunen zu stärken, in dem Verfassungsentwurf berücksichtigt fanden.
Die deutschen Länder, auch Schleswig-Holstein, haben sich vehement dafür eingesetzt, dass im Verfassungsentwurf die regionale und kommunale Selbstverwaltung, das von der Union zu beachtende Subsidiaritätsprinzip, der Dialog mit den Regierungen der Länder und den repräsentativen Verbänden der Kommunen aufgenommen wird.
Ebenso haben wir uns dafür eingesetzt, dass der Ausschuss der Regionen als institutionelle Vertretung
der europäischen Regionen und Kommunen in der Europäischen Union durch das Klagerecht vor dem EuGH bei Verstößen gegen das Subsidiaritätsprinzip in den Verfassungsentwurf aufgenommen wird.
Und nun, kurz vor dem Ziel, droht das Scheitern. Obwohl wir in der Vergangenheit erfahren haben, dass die Probleme, die sich im Vorwege von Regierungskonferenzen auftürmten, fast immer in letzter Sekunde gelöst wurden oder zumindest ein tragbarer Kompromiss gefunden wurde, hat diese Debatte, die im Moment stattfindet, eine bisher nicht da gewesene Schärfe angenommen.
Die Chancen für eine Einigung auf dem EU-Gipfel stehen schlechter denn je. Deshalb halten wir es für erforderlich, heute für uns die letzte Chance zu nutzen, unserer Bundesregierung den Rücken zu stärken und sie aufzufordern, unsere regionalen und lokalen Interessen zu vertreten.
Das heißt, wir dürfen es nicht zulassen, dass das Paket des Verfassungsentwurfs wieder aufgeschnürt wird. Denn sollte es dazu kommen, werden alle alten Forderungen aller Staaten wieder neu zu verhandeln sein. Die Mitglieder des Konvents haben mit großem Fingerspitzengefühl den größtmöglichen Konsens erarbeitet. Wird das Paket geöffnet, wird dieser Konsens wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen.
Wo sind nun die Probleme? - Größter Knackpunkt ist die künftige Stimmengewichtung im Ministerrat und die Größe der Europäischen Kommission. Spanien und Polen lehnen den Konventsvorschlag ab, nach dem Mehrheitsentscheidungen künftig mit einer Mehrheit der Staaten, die aber gleichzeitig 60 % der europäischen Bevölkerung vertreten, getroffen werden sollen.
Beide Länder wollen an dem komplizierten Modus im Vertrag von Nizza festhalten, der sie im Vergleich zu Deutschland bevorzugt. Laut Nizza-Vertrag haben Polen und Spanien nur zwei Stimmen weniger als das doppelt so bevölkerungsstarke Deutschland.
Sie wehren sich vehement gegen eine Umverteilung der Stimmengewichte im europäischen Ministerrat zugunsten der großen Länder. Die Polen drohen sogar mit dem Motto: „Nizza oder der Tod".
Was mich besonders erstaunt, ist, dass nun, wo es zum Schwur kommen soll, einige Länder ein derartiges Theater veranstalten. Alle waren eingebunden. Der Konvent war hochkarätig besetzt, die neuen Beitrittsländer konnten sich rechtzeitig äußern und waren entsprechend beteiligt. Zugegeben, das Prinzip der doppelten Mehrheit im Verfassungsentwurf sichert,
dass die großen Länder nicht überstimmt werden können.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, sie vertreten eben auch viel mehr Menschen. Deshalb ist es folgerichtig, dass für Deutschland bei der Stimmengewichtung das Prinzip der doppelten Mehrheit nicht verhandelbar ist.
Enttäuschend ist für uns auch, dass die geplante Verkleinerung der Europäischen Kommission am Widerstand der kleinen Staaten zu scheitern droht. Die kleinen Staaten wollen jeweils einen eigenen stimmberechtigten Kommissar. Das wären dann künftig 25 Kommissare. Das bedeutet nicht mehr Effizienz, sondern mehr Bürokratie. Wie das den Bürgern und Bürgerinnen erklärt werden soll, ist mir schleierhaft.
Der Konventsentwurf sieht nur 15 Kommissare in einem Rotationsprinzip vor. Das ist vernünftig. So bleibt die Kommission auch nach der Erweiterung handlungsfähig.
Verhandlungen haben natürlich nur einen Sinn, wenn es etwas zu verhandeln gibt. Die Luxemburger haben ja zu der Größe der Kommission einen interessanten Kompromiss vorgeschlagen. Dieser Punkt wäre für mich vorstellbar - doch mit der gebotenen Vorsicht. Die Kommission ist ein tragender Pfeiler in unserem europäischen Haus. Sollte dieser Pfeiler aber zu schwer sein, weil durch die Größe ein zu starkes Gewicht auf ihm lastet, dann bricht er zusammen.
Dann wäre Europa eine Ruine und somit zerbrochen.
Ich bitte Sie, aufgrund dieser Diskussionen, die im Moment stattfinden, und unserer heute wirklich letzten Chance, unserem Antrag zuzustimmen. Denn nur so ist gewährleistet, dass unser Anliegen, das wir hier in den vergangenen Monaten intensiv diskutiert haben, auch berücksichtigt wird.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in dieser Legislaturperiode schon einmal die Debatte über die Ostseebüros geführt. Damals, am 16. Juli 2000, haben wir in verbundener Debatte mit dem Ostseebericht übereinstimmend die Notwendigkeit der Ostseebüros gesehen. Sie werden sich alle daran erinnern. Diese Notwendigkeit ist für uns Sozialdemokraten auch heute in gleicher Weise gegeben.
Wir haben es bei den Schleswig-Holstein-Büros nicht mit Einrichtungen der Regierungen zu tun, sehr geehrter Herr Ritzek, sondern mit einem Joint Venture. Wir fördern die Träger nur. Ich gebe Ihnen einen guten Rat: Sie sollten Ihre Rede an die Träger versenden, damit diese einmal mitbekommen, welche Kritik die CDU auszusprechen hat.
Weil wir die Träger fördern, dürfen wir die Beiträge unserer Partner, die hier geleistet wurden, nicht vergessen. Das sind im Wesentlichen die Kammern, die IHK zu Kiel und die Schwedische Handelskammer, aber auch der Lübecker Förderverein für Jugendbildung und Wirtschaftsbeziehungen NorddeutschlandKaliningrad e.V.
Heute ist daher auch Gelegenheit, diesen Partnern Dank zu sagen. Herr Ritzek, ich wäre Ihnen dankbar gewesen, wenn Sie einige diesbezügliche Worte gefunden hätten.
Ich möchte Dank für die gute Zusammenarbeit sagen. Dank sage ich auch allen, die ich nicht genannt habe, und vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ostseebüros.
Ein Arbeitsergebnis liegt uns heute vor; denn wir haben, wie schon verkündet, einen hohen Besuch in diesem Haus. Auch ich begrüße die Vertreter der Gebietsduma aus Kaliningrad ganz herzlich. Sie, sehr geehrter Herr Präsident Wladimir Nikitin, und Ihre Kollegen verkörpern nicht nur unsere politische Verbundenheit, sondern machen mit Ihrer Anwesenheit auch die sportlichen und freundschaftlichen Beziehungen deutlich.
Für das Fußballspiel am Samstag wünsche ich Ihnen viel Erfolg.
Sehen Sie es mir aber bitte nach: Dies wünsche ich auch unseren Kollegen. Mir wurde vorhin schon bedeutet, dass ich Ärger mit ihnen bekäme, wenn ich nur Ihnen Erfolg wünschen würde.
In der befristeten Bezuschussung, die wir immer für drei Jahre gewährt haben, sehe ich den Grund für den Ostseebericht. Die Förderung von 110.000 € ist für uns gut angelegtes Geld. Noch einmal zu Ihnen, Herr Ritzek: Für 110.000 € arbeitet kaum ein Manager in unserem Land. Wir bezuschussen damit etliche Ostseebüros. Ich denke, Sie sollten sich einmal die Rela
tion anschauen und daran denken, was man mit diesem Geld leisten kann.
Nichtsdestotrotz geben wir die Hoffnung, dass es eines Tages zu einer eigenständigen Finanzierung kommen wird, nicht auf.
Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten stehen vor grundlegenden sozioökonomischen, sicherheitspolitischen und ökologischen Herausforderungen. Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, die Reform und Modernisierung der Wirtschaftsstrukturen, eine effiziente Bildungspolitik, die Anpassung der sozialen Sicherungssysteme an die demographische Entwicklung sowie friedenserhaltende Maßnahmen fordern ein gemeinsames Handeln.
Dabei muss uns klar sein, dass in diesen Fragen nationale oder gar regionale - ich meine jetzt die kleinen Regionen - Einzellösungen keine Aussicht auf Erfolg haben werden. Wir sind auf gemeinsame Strategien und auf ein abgestimmtes Vorgehen angewiesen. Dazu brauchen wir unsere Ostseebüros. Sie arbeiten nicht nur im wirtschaftlichen und politischen, sondern auch im umweltpolitischen, im touristischen und im verkehrspolitischen Bereich zusammen und sorgen für einen Wissensaustausch.
Auch die Pflege der kulturellen Beziehungen und die Verbesserung der Kommunikation und Information zwischen den Mitgliedstaaten sind Ziele der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie stellen wichtige Kontakte her und sind Anlaufstellen und Mittler auf beiden Seiten. Für alle, die sich engagieren wollen, sind sie Ansprechpartner vor Ort. Sie sind moderne Servicecenter, die für das positive Image unseres Landes bei den Freunden und Partnern der gesamten Ostseeregion von großer Bedeutung sind.
Zusammengefasst: Der Ostseeraum hat seine Zukunft noch vor sich. Er ist ein Raum, der in der globalen Konkurrenz durch sein hohes Potenzial an gut ausgebildeten Menschen im Wettbewerb standhalten und gewinnen kann. Es ist eine Region, die mittel- und langfristig durch die Anbindung an das westliche Russland ganz erhebliche Wachstums- und Nachfragepotenziale entwickelt.
Die Landesregierung hat in den vergangenen 14 Jahren zusammen mit vielen anderen Akteuren die praktische Ostseezusammenarbeit zielstrebig aufgebaut und die infrastrukturelle Entwicklung vorangetrieben. Als Ergebnis steht fest: Schleswig-Holstein ist für die Zukunft der Ostseeregion gut vorbereitet. Dabei hel
fen uns unsere Ostseebüros mit großem Engagement. Dafür noch einmal meinen ganz herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor die Spekulationen weitergehen, möchte ich Sie bitten, mir jetzt zuzuhören.
- Ich denke, wir sollten jetzt beginnen. Der Ministerrat in Thessaloniki und wir hier in Schleswig-Holstein diskutieren heute zeitgleich über den nun vorliegenden Verfassungsentwurf - einen Vertrag, der vor anderthalb Jahren von 105 überzeugten Europäern in einem kaum zu überbietenden Arbeitspensum entworfen worden ist. Diese europäische Verfassung ist eine demokratische Neubegründung. Thukydides, der größte Geschichtsschreiber der Antike, hat folgenden Satz formuliert:
„Die Verfassung, die wir haben (…), heißt Demokratie, weil der Staat nicht auf wenige Bürger, sondern auf die Mehrheit ausgerichtet ist."
Das werden die ersten Worte unserer europäischen Verfassung sein.
Als Union der Bürger und der Staaten wird die Europäische Union nun zum Fixpunkt einer politischen Antwort auf wirtschaftliche Globalisierung, Bedrohung für die internationale Sicherheit und Umweltzerstörung werden. Europa baut als politisches Projekt auf der kreativen Mitwirkung seiner Bürger auf. Dazu bedarf es dieser Verfassung, die Entscheidungsverfahren transparent, subsidiär und für Bürger zugänglich macht.
Der Vertag von Nizza war der Anlass für die Einberufung des Konvents. In Nizza hatten die Staats- und
Regierungschefs einen inhaltlich schludrigen und von nationalen Egoismen geprägten Vertrag über die Mechanismen und die Machtverteilung in der Union geschlossen, sodass sie selber relativ bald begriffen, dass eine Reparatur nicht mehr durch die hinter verschlossenen Türen tagende Regierungskonferenz, sondern nur noch durch das offene und öffentliche Ereignis eines Konvents aus demokratisch legitimierter Politik möglich war.
Der gut lesbare Verfassungsentwurf offenbart ein größeres gemeinsames Grundverständnis unter den Europäern, als angesichts der Verwerfungen aufgrund des Irak-Krieges zu erwarten gewesen wäre. In den zähen, teilweise von scharfen Auseinandersetzungen geprägten Debatten ist man doch nie wirklich an den Punkt eines Bruchs geraten. Selbst Briten oder Spanier, aber auch die Polen, die als besonders reformresistent gelten, wagten am Ende nicht, das Werk zu gefährden.
Wie sehr im Konvent um Einigkeit gerungen wurde, machten die letzten Tage deutlich: Noch auf den Sitzungen am 30. und 31. Mai und am 5. und 6. Juni dieses Jahres waren die Fronten zwischen den verschiedenen Lagern festgefahren. Der Erfolg war ungewiss. Als sich Anfang Juni 18 Regierungsvertreter, angeführt von Großbritannien und Spanien, gegen institutionelle Veränderungen und für ein Festhalten am Vertrag von Nizza aussprachen, befand sich der Konvent am Rande einer offenen politischen Krise. Die politische Einigung über alle Parteigrenzen hinweg kam dennoch zustande. Dies halte ich für besonders bemerkenswert,
weil die Vertreter des Europäischen Parlaments, der nationalen Parlamente und der Kommission den Konvent unterstützten, um einen politischen Erfolg dieses Gremiums zu sichern.
In der Plenarsitzung vom 11. Juni kristallisierten sich die verbliebenen Hauptstreitpunkte heraus. Ich benenne die fünf wichtigsten: Erwähnung des Christentums in der Präambel, Befugnisse und Bestellung der Kommission, Zusammensetzung der Kommission, Ausbau der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und Ausdehnung der qualifizierten Mehrheit im Rat. Im Übrigen machten einzelne Mitgliedstaaten ihre wichtigsten Verhandlungspunkte deutlich: Deutschland forderte, die nationale Zuständigkeit für den Zugang zum Arbeitsmarkt beizubehalten. Frankreich verlangte weiterhin Einstimmigkeit bei WTOVerhandlungen über kulturelle, audiovisuelle und gesundheitliche Dienstleistungen.
Auf der Plenarsitzung am 13. Juni haben die Sprecher aller Komponenten des Konvents den Verfassungsentwurf des Präsidiums als ausgeglichenen Gesamtkompromiss gebilligt. Die Teile III - Politik in der Europäischen Union - und IV - Schlussbestimmungen - werden allerdings in der Zeit vom 9. bis zum 11. Juli abschließend behandelt werden. Der Konvent zeigt, dass die demokratische und transparente Arbeitsmethode richtig war.
Der Inhalt des Vertrages entspricht in großem Maße den Erwartungen und Hoffnungen, die wir alle in diese Unternehmung setzten. Die sozialdemokratische Familie in Europa war es, die von Anfang an für eine Verfassung war, die sich vor allen anderen für den Konvent ausgesprochen und dafür geworben hat. Sie arbeitete sehr aktiv mit, denn sie hatte gute Gründe, die neuen Vorschläge zu unterstützen. Wir glauben, dass dies gerade im Moment der Erweiterung ein Quantensprung in der Geschichte der Europäischen Union ist. Wir Sozialdemokraten werden uns bemühen, dass unseren Forderungen nach einem sozialen Europa und einer einheitlichen Wirtschaftsregierung nachgekommen wird.
Obwohl sich nicht alle unsere Bestrebungen im Text des neuen Verfassungsentwurfs wieder finden, ist die Bilanz des Kompromisses, der für den Konsens notwendig war, zufrieden stellend, denn wir lesen darin die Vorschläge, die für die institutionelle Erneuerung der Europäischen Union und für die Vereinfachung seiner Vertragstexte mit einer neuen Hierarchie und Definition der Gemeinschaft nötig waren.
Ich will jetzt nicht auf die ganzen Erfolge eingehen. Das hat die Ministerpräsidentin bereits ausreichend gemacht. Ich möchte Sie jedoch gern auf Folgendes hinweisen: Das Mitglied des Europäischen Parlaments, Elmar Brok, CDU, würdigte als Sprecher der EVP-Gruppe den Konvent als eine große Leistung, die weit über das hinausgehe, was in Maastricht, Amsterdam und Nizza erreicht worden sei. Der Entwurf werde von allen Parlamentariern getragen und dürfe jetzt nicht in Diplomatenkonferenzen kaputtgemacht werden.
Recht hat er! Leider ist es ihm nicht gelungen, Bayerns Ministerpräsidenten davon zu überzeugen. Unmittelbar nach der Verabschiedung der wichtigsten
Teile des Verfassungsentwurfs hat dieser sich mit scharfer Kritik zu Wort gemeldet. Nach der Vorstellung des Bayern sollen 16 Punkte geändert werden. Elmar Brook ist entsetzt und warnt, jetzt noch einmal nachzulegen und Forderungen zu erheben, die nicht durchsetzbar sind. Der CDU-Abgeordnete fragte - ich zitiere -: „Wie soll denn das noch eingebracht werden?“ - Auch hier stimme ich ihm zu; denn der erzielte Konsens darf jetzt nicht mehr aufgeschnürt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch ich werde zum Schluss meiner Rede noch einen besonderen Blick auf den Teil des Vertrages werfen, in dem die Länderparlamente eine besondere Rolle spielen. Aus meiner Sicht sind die Vorschläge des Konvents in vielen Punkten positiv zu bewerten. Die zentralen Anliegen, die die Ministerpräsidentenkonferenz am 23. Mai und der Ausschuss der Regionen mit 40 Änderungsanträgen formuliert haben, finden sich zu einem großen Teil in dem Verfassungsentwurf wieder.
So wird das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung und das der Regionen ausdrücklich respektiert. Außerdem werden die innerstaatlichen Zuständigkeiten der Regionen als Teil der staatlichen Ordnung anerkannt und auch das Ziel der territorialen Kohäsion dem der sozialen und ökonomischen angefügt. Dem Ausschuss der Regionen wird das Recht zugestanden, den Europäischen Gerichtshof wegen des Verstoßes eines Gesetzgebungsaktes gegen das Subsidiaritätsprinzip anzurufen.
Lassen Sie mich mit einem Zitat von Klaus Hänsch, Mitglied des Präsidiums des Konvents und der SPEFraktion im Europäischen Parlament, enden:
„Verträge beruhen auf Misstrauen, das aus der Vergangenheit erwächst - Verfassung auf Vertrauen in die Zukunft! Mit dieser Verfassung verbinden die Bürgerinnen und Bürger Europas ihr Schicksal miteinander für eine bessere Zukunft. Geben wir den Weg frei und stellen wir die Regierung vor ihre europäische Verantwortung!“
Herr Ritzek, haben Sie die Protokolle des Ausschusses der Regionen, die immer nach der Tagung versendet werden, nicht lesen können?
- Ja, wahrscheinlich habe ich sie nicht bekommen.
Dann gucken Sie bitte auf Ihrem Rechner nach! Sie kriegen sie alle hier im Hause.
- Wunderbar, vielleicht geht die Übermittlung jetzt besser.
Im zweiten Teil sind in 54 Artikeln die Grundrechte der EU-Bürgerinnen und EU-Bürger aufgeführt, und zwar im Wortlaut der Ende 2000 in Nizza angenommenen Charta der Grundrechte. Damit erhalten die Grundrechte Verfassungscharakter, sie werden
rechtsverbindlich und damit einklagbar beim Europäischen Gerichtshof.
Der umfangreichste, dritte Teil mit 340 Artikeln, der erst Mitte Juli fertig gestellt sein wird, listet die Politikfelder und die Arbeitsweise der Union auf. Es gibt einige Bereiche, die angesprochen worden sind, in denen es noch keine eindeutige Zuordnung gibt, ob es ein Mehrheitsabstimmungsrecht gibt oder eine Abstimmung durch Veto erfolgen kann. Darauf möchte ich jetzt nicht weiter eingehen.
Der vierte Teil mit verbleibenden neun Artikeln regelt Schlussbestimmungen wie zum Beispiel die Möglichkeit der Verfassungsänderung, aber auch des Austritts aus der Europäischen Union.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle politisch Verantwortlichen beobachten mit großer Aufmerksamkeit die Arbeit des Europäischen Konvents, geht es dabei doch um nichts Geringeres als um die Erarbeitung eines Verfassungsvertrages der Gemeinschaft.
Dem Konvent ist in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Nizza und von Laeken der ausdrückliche Auftrag erteilt worden, über Mechanismen für die Kontrolle des Subsidiaritätsprinzips nachzudenken.
Jede gut funktionierende Demokratie nimmt in der örtlichen Ebene ihren Anfang. Ein Europa von künftig 500 Millionen Bürgerinnen und Bürgern kann nicht zentral regiert werden. Die Union sollte zwar über alle Kompetenzen verfügen, die zur Erreichung ihrer Ziele erforderlich sind, es muss allerdings eine klare Unterscheidung zwischen den ausschließlichen, den geteilten und den ergänzenden Kompetenzen geben. Die Europäische Union wird von der Öffentlichkeit erst dann wirklich akzeptiert, wenn die Bür
ger wissen, wer in Europa wofür zuständig ist. Sie muss daher die Souveränität ihrer Regionen, also ihrer regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, genau so respektieren, wie es bezüglich der Souveränität ihrer Mitgliedstaaten üblich ist. Dies gilt insbesondere für die institutionellen Regionen, zum Beispiel die Länderparlamente.
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Grundsätze der Selbstbestimmung und Selbstverwaltung in einem Verfassungsvertrag festgeschrieben werden müssen. Damit das gelingt, brauchen wir Verbündete, zum Beispiel den Ausschuss der Regionen.
Besonders der Ausschuss der Regionen hat sich in der Vergangenheit in unzähligen Stellungnahmen für die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips eingesetzt. Er hat sich mit Vorschlägen für Gesetze der Gemeinschaft Akzeptanz verschafft und sich beharrlich für die Interessen der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften ausgesprochen. Der AdR hat im Maastrichter Vertrag erreicht, dass er schon heute zwingend zu den Themen, die wir auch hier im Landtag diskutieren - zum Beispiel allgemeine Bildung und Jugend, Sozial-, Arbeitsmarkt- und Umweltpolitik -, gehört werden muss. Wie dann allerdings mit den Vorschlägen des AdR zu verfahren ist, ist bisher nicht geregelt. Aus diesem Grund sollte die Kommission zukünftig verpflichtet werden, eine Begründung abzugeben, wenn sie die Berücksichtigung einer Stellungnahme ablehnt.
In politischen Bereichen mit deutlich regionaler Tragweite, wie etwa der Regionalpolitik und der Strukturpolitik, ist es wichtig, dem Ausschuss der Regionen Vetorecht einzuräumen. Aufgrund dessen werden ihm zum Beispiel sechs Monate Zeit gegeben, um sich mit der Kommission, dem Parlament und dem Rat auf eine bürgernahe Politik zu verständigen, was wiederum bedeutet, dass wir von hier aus Einfluss nehmen könnten. Sinnvoll wäre es, wenn dem AdR außerdem die Möglichkeit eingeräumt würde, schriftliche und mündliche Anfragen an die Kommission zu richten. Auch diese Möglichkeit könnten wir dann trefflich nutzen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wie häufig stellen wir auch hier im Hause fest, dass diejenigen, die auf EU-Ebene Ziele und Prioritäten festlegen, sich über die finanziellen Konsequenzen ihrer Entscheidungen für andere Verwaltungsebenen keine Gedanken machen.
In solcher Situation wäre es zum Beispiel sinnvoll, wenn wir - das heißt der Ausschuss der Regionen für uns - Klage vor dem Europäischen Gerichtshof erheben könnten, falls Belange der Subsidiarität betroffen sind.
Dem Europäischen Rechnungshof ist vor einiger Zeit der Status eines Organs verliehen worden. Damals stellte sich die Frage: Wieso dann nicht auch dem Ausschuss der Regionen? Denn ein gravierender Vorteil wäre die finanzielle und personelle Ausstattung, die dann zu beanspruchen wäre.
Damit hier kein Missverständnis entsteht, möchte ich hier an dieser Stelle auch als stellvertretendes AdRMitglied betonen: Es ist zu keiner Zeit im AdR diskutiert worden, ein Gegenparlament zum Europäischen Parlament aufzubauen. Im Gegenteil, wir fordern und unterstützen alle Maßnahmen, die die Rechte des Europäischen Parlaments ausbauen und ihm die Instrumente an die Hand geben, die es für die Ausübung einer verlässlichen Demokratie braucht. Da jetzt der neue Vertrag ausgearbeitet wird, ist es klug, mit einer Maximalforderung in die Verhandlungen zu gehen. Sollte dies nicht gelingen, wäre darauf zu achten, dass die inhaltlichen Forderungen des AdR in den Vertrag mit aufgenommen werden. Der AdR sieht sich auch künftig in erster Linie als Beratungsgremium und nicht als Entscheidungsträger.
Doch wir sollten alle ein Interesse daran haben, dass Entscheidungen auf die Grundsätze der Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und Bürgernähe gestützt sind. Der AdR steht für diese Forderung und sollte deshalb gestärkt werden, da er sich in Brüssel für unsere regionalen Belange einsetzt. Deshalb ist dieser Antrag besonders wichtig.
Ich hätte mich sehr gefreut, wenn ihm alle Fraktionen zugestimmt hätten. Nun weiß ich, dass es noch Beratungsbedarf gibt. Deshalb bitte ich um Überweisung in den Europaausschuss zur abschließenden Beratung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Europapolitik ist in Deutschland auch Länderpolitik. Jeder, der heute noch denkt, die Europapolitik gehe ihn nichts an, dem empfehle ich den wirklich sehr informativen Europabericht der Landesregierung, für den ich recht herzlich danke.
Unzählige Programme der Europäischen Union helfen uns, Schleswig-Holstein zu einem noch moderneren, weltoffeneren Land weiterzuentwickeln. Wir haben mit der Initiative „ziel: Zukunft im eigenen Land“ unter anderem den ländlichen Raum mit großen Schritten weiterentwickeln können. Allein wäre uns zum Beispiel die Finanzierung der millionenschweren zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen nur schwer gelungen. Auch die Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur hätten wir wohl kaum allein geschafft. Eckernförde hätte kein TÖZ, Kiel nicht die Hörn, Lübeck keinen Hafenausbau, die Weiterentwicklung der Westküste wäre wohl nicht möglich gewesen und über LSE würde heute auch keiner reden.
Die konkrete Diskussion über die Zukunft und die Ziele der Strukturfonds auf nationaler und europäischer Ebene hat begonnen. Der dritte Kohäsionsbericht wird im Jahr 2003 vorgelegt und den gilt es zu beeinflussen. Wir in Schleswig-Holstein haben damit bereits begonnen, zum Beispiel durch die Forderung, die Instrumente der Strukturpolitik so zu verändern, dass keine relative Benachteiligung für das Land entsteht, dass ein nationaler Förderspielraum für die Regionalförderung erhalten bleibt, dass die Strukturpolitik insgesamt vereinfacht und dass der Verwaltungsaufwand erheblich reduziert wird.
Gerade die letzte Forderung gilt für den Binnenmarkt. Mit dem Binnenmarkt will die Europäische Union bis zum Jahr 2010 die weltweit dynamischste und wettbewerbsfähigste Wirtschaft werden. Zu den Zielvorhaben gehören die Notwendigkeit der Liberalisierung in den Basissektoren wie Verkehr und Grundversorgung, die Notwendigkeit zur Schaffung eines inte
grierten Kapital- und Finanzmarktes, die Notwendigkeit, das Potenzial der Dienstleistungsgesellschaft freizusetzen und große Wirtschaftszweige wie das öffentliche Auftragswesen wirklich dem Wettbewerb zu öffnen.
Diese Vorhaben sind richtig und wichtig. Ich habe mich im Auftrag des Ausschusses der Regionen in den vergangenen Monaten intensiv mit dem Binnenmarkt befasst und musste Folgendes feststellen: Die Verwirklichung des Binnenmarktes ist nach wie vor eine zentrale und bisher nur unvollständig gelöste Aufgabe der europäischen Integration. Erschwert wird diese durch die Debatte über die eigene Zukunft der EU, durch die Erweiterungspolitik, durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Globalisierung und die Ignoranz einiger nationaler Regierungen, die sich bis heute nicht an die Verabredungen halten. Ich behaupte: Vor allem über einen funktionierenden Binnenmarkt kann die Union für die Bürger Europas erfahrbar werden.
Die Mobilität der Arbeitnehmer im Binnenmarkt wird immer noch durch zahlreiche Faktoren gebremst; der Abbau dieser Mobilitätsschranken ist eine zentrale Aufgabe in der Umsetzung der Binnenmarktstrategie. Entscheidend sind pauschale Regeln, die für den einzelnen Arbeitnehmer unterschiedliche institutionelle Systeme kompatibel machen. Fehlende Sprach- und Kulturkenntnisse oder Informationsdefizite über relevante Organisationen stellen ein weiteres Problem dar. Der Spracherwerb, vor allem in den Grenzgebieten, muss zu einer Schwerpunktaktion werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, Europa wird natürlich nur dann ein wettbewerbsfähiger Wirtschaftsraum, wenn es gelingt, Wirtschafts-, Beschäftigungsund Sozialpolitik miteinander zu verflechten.
Die in Nizza beschlossene Sozialagenda hat unter anderem folgende Handlungsfelder: mehr und bessere Arbeitsplätze, Sicherheit für Arbeitnehmer in einer sich wandelnden Wirtschaft, Bekämpfung von Armut, sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung. Für Schleswig-Holstein und die übrigen Länder ist von besonderer Bedeutung, dass die Ziele nicht wie bisher durch legislative Maßnahmen erreicht werden sollen, sondern durch die völlig neue Methode der offenen Koordinierung.
Bei meinem letzten Punkt möchte ich noch einen Blick auf die innere Sicherheit der Europäischen Union werfen. In diesen Monaten befasst sich die spanische Präsidentschaft intensiv mit diesem Problem. Es wird zum Beispiel über einen Aktionsplan zu einer gemeinsamen Politik bei der Bekämpfung der illegalen Ein
wanderung beraten. Die Organisation der illegalen Einwanderung hat sich zu einem profitablen Geschäft entwickelt. Pro Jahr fließen weltweit rund 12 Milliarden € in die Taschen internationaler Schleuserbanden.