Protocol of the Session on January 26, 2017

Ich sage es ganz offen, weil es immer ein Gegenargument ist, dass die Fußfessel kein Allheilmittel wäre. Ich bin völlig bei Ihnen. Diese ist sicherlich kein Allheilmittel. Es gab auch schon einen Gefährder in Frankreich, wo es trotzdem zu einem Anschlag kam. Ich muss aber auch sagen, dass unsere Überwachungen mit der Fußfessel auch in Deutschland funktionieren. Es gibt eine einheitliche Einrichtung bzw. Stelle, die das überwacht. Das muss man schon ein bisschen unterscheiden. Die Fußfessel ist aber auf jeden Fall ein Mittel, das vernünftig ist. Deswegen sollte man dieses Mittel auch nicht gleich wegschieben.Vor dem Hintergrund halten wir sie für sinnvoll, weil sie letztendlich einen Anschlag eindämmen kann und eine Risikoverminderung ist.

Die elektronische Fußfessel wird bereits heute schon erfolgreich im Maßregelvollzug bei Sexual- und Gewalttätern praktiziert und eingesetzt, die nach der Haftverbüßung überprüft werden. Wenn diese beispielsweise eine Auflage bekommen haben, sich in bestimmten Bereichen nicht aufzuhalten, können Sie dort kontrolliert werden. Das funktioniert hervorragend. Es sind weit über 140 Personen, die mit einer solchen Fußfessel in Deutschland entsprechend ausgerüstet werden, um entsprechende Kontrollen durchzuführen.

Genauso könnte man auch Aufenthaltsverbote von sogenannten Gefährdern in Rheinland-Pfalz durchführen. Nach der Anfrage, die ich bekommen habe, sind auch bereits Aufenthaltsverbote gegen Gefährder durch das POG in Rheinland-Pfalz ausgesprochen worden. Das ist gut. Wenn man jetzt endlich die Rechtsmöglichkeit geschaffen hätte oder schafft, könnte man diese Gefährder entsprechend kontrollieren. Das müssen wir umsetzen, weil dies eine gute Möglichkeit wäre. Hier sehen die beiden Bundesminister die rechtlichen Möglichkeiten, die sie auch schaffen wollen. Diese müssen wir dann letztendlich, wenn sie im BKA-Gesetz geschaffen worden sind, auch bei uns umsetzen. Es ist wichtig, dass wir das auch einheitlich haben.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb erwarten wir eine klare Aussage der Koalition. Das scheint ein Stück weit das Problem zu sein. Der Innenminister – ich muss Sie ausdrücklich loben – begrüßt das. Vielleicht hat er auch mit dem Bundesjustizminister gesprochen. Es gibt aber Probleme. Frau Spiegel hält gar nichts davon, und Justizminister Mertin sieht verfassungsrechtliche Bedenken. Das ist sehr bedauerlich.

(Beifall bei der CDU)

Die Argumente von Herrn Mertin greifen zu kurz. Gefährder, die ein Aufenthaltsverbot erhalten haben, wissen sowieso, dass sie letztendlich Gefährder sind oder zumindest im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Ob man diesen noch eine Fußfessel umhängt, um sie zu kontrollieren, und ob man weiß, wo die Kameraden unterwegs sind, ist doch wichtiger, als dass diese vielleicht nicht davon Kenntnis erlangen, dass sie Gefährder sind.

(Beifall bei der CDU)

Es ist mir doch wichtiger, dass derjenige nichts mehr anstellen kann oder zumindest weiß, dass er beobachtet wird.

Deswegen erwarten und erhoffen wir von der Landesregierung klare Aussagen. Wir würden uns freuen, wenn Sie diesen Antrag, der letztendlich auch auf Bundesebene von der Großen Koalition so eingebracht wird, mit unterstützen,

(Glocke des Präsidenten)

weil dieser ein Baustein für unsere Sicherheitsarchitektur wäre und eine Verbesserung für die Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger darstellen würde.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Schwarz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Besonders nach dem Anschlag in Berlin und dem Bekanntwerden, dass der vermutliche Attentäter als sogenannter Gefährder eingestuft war, hat sich die Diskussion über den Umgang mit Gefährdern in der öffentlichen Debatte enorm verstärkt.

Der CDU-Antrag beginnt deshalb auch mit dem Satz: Die Bedrohung der Sicherheit durch Gefährder muss reduziert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, das ist unstrittig. Daran arbeiten wir sicher alle in diesem Parlament. Da dies aber rechts- und handlungssicher geschehen muss, der Antrag dazu aber sehr oberflächlich ist, sind zwingend bestimmte Dinge zu klären und klar zu regeln.

Ich will mit dem Begriff „Gefährder“ beginnen. Es ist leider noch keine festgelegte oder höchstrichterlich bestätigte Definition zu finden. Der Begriff wird nach wie vor durch die Polizei, die Landeskriminalämter und das Bundeskriminalamt festgelegt. Er orientiert sich an folgenden Kriterien, nämlich an Personen, bei denen bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung – in der Regel sind das die Katalogtaten nach § 100a StPO – begehen werden. Das ist alles sehr unbestimmt und deshalb mit weiteren Fragen zu versehen. Sind

alle Gefährder grundsätzlich gleich einzustufen? Gibt es Unterschiede im Gefährdungsgrad? Müssen wir einen Anschlagsgefährder definieren? Das ist alles sehr schwierig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sprechen in Deutschland aktuell von etwa 550 und in Rheinland-Pfalz von 14 Gefährdern. Das haben wir gerade gehört. Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass sich darunter auch Rechtsextremisten befinden. Nicht alle Gefährder haben eine ausländische Staatsangehörigkeit. Darunter gibt es sicher auch Deutsche bzw. Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft. Ich erwähne dies deshalb, weil es im CDU-Antrag auch um die Frage der Abschiebung und der Abschiebehaft geht. Bei Deutschen ist das grundsätzlich nicht möglich. Bei Gefährdern geht es nicht automatisch um Abschiebung.

Ich möchte allerdings deutlich sagen, dass dort, wo es möglich ist, nämlich wenn Ausreisepflicht und Terrorgefahr bestehen, auch alles getan werden muss, um abzuschieben. Im Bund wird gerade eine Gesetzesergänzung vorbereitet, in dem es den Haftgrund „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ geben wird. Als Ergebnis aus dem Sicherheitstreffen gibt es den Beschluss, diese Bundesinitiative im Land Rheinland-Pfalz zu unterstützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Antrag wird auch das Thema Fußfessel angesprochen. Auch hier ist keine einfache und schnelle Antwort bzw. Lösung möglich. Aus dem Strafrecht heraus ist sie als Maßnahme der Maßregel unter engen strengen gesetzlichen Voraussetzungen geregelt.

Herr Lammert, es muss noch eine dreijährige Freiheitsstrafe mit dabei sein, die der Täter abgesessen hat, und noch viele andere Dinge, bislang in der Hauptsache nur für Gewalt- und Sexualstraftäter. Seit November gibt es im Bund Bestrebungen, auch den Bereich des Terrorismus mit einzubeziehen.

Das Ergebnis des Sicherheitstreffens war auch hier, dass Rheinland-Pfalz dies unter Umständen begleiten wird. Es gibt aber keine absolute Sicherheit. Das haben Sie angesprochen. Es gibt leider ein Beispiel in Frankreich, als der Täter mit Fußfessel den Priester in der Kirche ermordet hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht alle Gefährder haben bereits in der Vergangenheit schwere Straftaten begannen und sind erst recht nicht rechtskräftig verurteilt. Probleme gibt es deshalb gerade in den Fällen, in denen der Gefährder gar nicht weiß, dass er als Gefährder eingestuft ist. Der Begründungsaufwand für Behörden, die bei Gericht eine Fußfessel für einen bisher in Freiheit lebenden Gefährder beantragen wollen, dürfte dagegen sehr viel höher sein als im Strafverfahren.

(Abg. Martin Haller, SPD: Sehr richtig!)

Die Behörden werden offenlegen müssen, warum jemand aus ihrer Sicht ein Gefährder ist, und zwar nicht nur gegenüber dem Gericht, sondern auch gegenüber dem Gefährder selbst, der sich in einem Rechtsstaat gegen die Anordnung einer Fußfessel wehren können muss.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Ja, Herr Baldauf, Sie können hier etwas lernen.

Hier ist die Fußfessel ein absolut untaugliches Mittel und dürfte damit ausscheiden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir dürfen feststellen, in Rheinland-Pfalz ist bereits einiges geregelt und Weiteres ist im Fluss. Ich erinnere an die POG-Evaluierung, an die Unterstützung bei den Bundeszuständigkeiten. Vieles in Ihrem Antrag ist rechtlich problematisch und unklar, und deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Junge das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Antrag der CDU soll die Möglichkeit geschaffen werden, den Haftgrund Gefährder in die Strafprozessordnung einzufügen und die Verwendung von elektronischen Fußfesseln zu ermöglichen. Des Weiteren soll die Möglichkeit geprüft werden, ob eine Abschiebung des Gefährders in sein Heimatland erfolgen kann.

Was ist ein Gefährder? Herr Schwarz, Sie haben es gerade schon gesagt. Ich habe eine ähnliche Definition gefunden. Gefährder sind Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese eine erhebliche Straftat planen.

Allein diese kurze Definition ist problematisch, da die Begrifflichkeiten zwar Raum zur Deutung geben und damit den Vollzugsbehörden mehr Freiheit, aber auch Handlungsunsicherheit erzeugen. Deshalb müssen eben diese Begrifflichkeiten im Zuge einer Änderung der Strafprozessordnung enger gefasst werden, um eine mögliche Flut auch an Gefährderprozessen bereits im Vorfeld abzuwenden und Rechts- und Handlungssicherheit für die ermittelnden Behörden zu gewährleisten.

An diesem Punkt können wir dem Antrag der CDU-Fraktion durchaus folgen. Aber schon in der Überwachung der Telefonkommunikation bedarf es bereits eines begründeten Verdachtsmoments, möchte man nicht die gesamte Kommunikation aller Bürger überwachen – wer will das schon –, was rechtlich auch unzulässig wäre und auf der Arbeitsebene personell nahezu unmöglich ist.

Heute gibt es allerdings so viele Kommunikationswege, dass eine flächendeckende Überwachung bereits im Kern scheitern würde.

Die Ausrichtung auf eine spezielle Personengruppe ist also zwingend notwendig. Wenn dies nicht auf der entsprechen

den Ebene erfolgen kann, muss sich der Beobachtungsstatus dieses Personenkreises verschärfen, um zielgerichtet und effizient ermitteln zu können.

Derzeit ist die Gefahr vor allem vonseiten des expansivaggressiven Islamismus am größten. Das beweisen die Anschläge der letzten Jahre.

Allein in Europa wurden von 2004 bis heute 436 Menschen getötet und fast 3.000 verletzt. Weltweit wurden erheblich mehr Anschläge im Namen Allahs verübt, und damit sage ich nicht, damit hier kein Missverständnis entsteht, dass jeder Moslem ein Attentäter ist. Aber Fakt ist, dass fast alle Attentäter der letzten 12 Jahre Moslems waren.

Die Zielgruppe ist also klar. Eine intensive Überwachung der salafistischen Szene und die Überwachung der DITIBMoscheen sowie andere auffällige Akteure aus diesem Spektrum, das sind – meine Damen und Herren, auch wenn ich wieder ein Reizwort verwende –, Brückenköpfe und trojanische Pferde des islamistischen Terrors und stellen eine permanente Gefahr für unsere Bürger dar.

(Beifall der AfD)

Meine Damen und Herren, wir müssen den Dingen doch ins Auge sehen. Der fundamentale Islam hat uns den Krieg im eigenen Land erklärt.

(Beifall der AfD)

Genauso müssen wir jetzt wirksame Mittel und Methoden dagegensetzen und bekannte Gefährder als Kombattanten begreifen und behandeln. Der Schutz der eigenen Bürger muss jetzt wirklich im Vordergrund stehen.

Der vorgetragene Lösungsansatz der CDU-Fraktion, mit Fußfesseln Gefährder überwachen zu wollen, ist, verzeihen Sie, ein politisches Placebo. Er ist realitätsfern und gegenüber der genannten Zielgruppe wirkungslos. Elektronische Fußfesseln können derzeit als Verschärfung einer Straferleichterung auferlegt werden und dienen der Aufenthaltsbestimmung der zu überwachenden Person. Das macht bei allgemeinen Straftätern durchaus Sinn, wird aber bei zu allem entschlossenen Attentätern ins Leere laufen.

Die Fußfessel ist mit einem Sender ausgestattet, die mittels ständigem Funkkontakt mit einer Basisstation den Standort und etwaige Manipulationsversuche meldet. Nicht mehr. In der Praxis ist eine elektronische Aufenthaltsüberwachung insbesondere bei Gefährdern, bei denen ein erhebliches Gewaltpotenzial im Sinne eines Anschlags prognostiziert ist, mehr als ungeeignet. Zum einen wird vom Träger erwartet, dass die elektronische Fußfessel wie beim Handy selbstständig geladen wird. Zum anderen ist ein ständiger Funkkontakt Voraussetzung für die Übertragung der Standortdaten.

Der islamistische Gefährder wird sich an diese Auflage kaum halten, meine Damen und Herren.