Protocol of the Session on January 26, 2017

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Für die Landesregierung spricht Minister Dr. Wissing.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Tourismus in Rheinland-Pfalz ist ein bedeutender Wirtschaftsund Standortfaktor. Dazu will ich Ihnen einige Daten zur Veranschaulichung geben.

Der Umsatz aus Tages- und Übernachtungstourismus von rund 7,2 Milliarden Euro im Jahr kommt direkt dem Gastgewerbe, dem Einzelhandel, den Freizeit- und Kultureinrichtungen, Weinbaubetrieben, Verkehrsbetrieben und vielen anderen Bereichen in unserem Land zugute. Er sichert damit rund 150.000 nicht exportierbare Arbeitsplätze in den Tourismusregionen, den Städten und Dörfern des Landes und ist somit auch von hoher Bedeutung in struktureller Hinsicht.

Gerade im ländlichen Raum kann der Tourismus einen wichtigen Impuls zur Regionalentwicklung liefern. Im Wettbewerb um Einwohner, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Unternehmen zeigt sich immer deutlicher, dass der Tourismus sich vom weichen zum harten Standortfaktor entwickelt. Künftiges Ziel muss es sein, die Bedeutung des Tourismus als Wirtschafts- und Standortfaktor sowie als Imageträger und Indikator für Lebensqualität in RheinlandPfalz weiter auszubauen.

Tourismusentwicklung ist aktive Wirtschaftsförderung und daher in meinem Ressort zu Recht angesiedelt. Die Aufgabe hat aber eine Reihe von Bezügen zu anderen Themen. Erfolgreicher Tourismus braucht das Zusammenspiel unterschiedlicher Ebenen von Verwaltung und Privatwirtschaft sowie die Koordination mit flankierenden Aufgabenfeldern. Dazu gehören beispielsweise der Naturschutz, die Landschaftsentwicklung, Kultur, Städtebau, Dorferneuerung und auch die Infrastrukturentwicklung, um nur einige Bereiche zu nennen.

Ich sehe es als Wirtschafts- und somit auch Tourismusminister als meine Aufgabe an, die direkt und indirekt am Tourismus Beteiligten an einen Tisch zu bringen, um den Tourismus in Rheinland-Pfalz weiter voranzubringen. Der Antrag für eine Enquete-Kommission nimmt diesen Gedanken auf. Er bietet eine Plattform für den Austausch zwischen Politik und Verwaltung, Kommunen und Privatwirtschaft sowie mit Experten aus Wissenschaft und Praxis.

Ich unterstütze den vorliegenden Antrag daher und begrüße die Einsetzung einer Enquete-Kommission.

Ein wichtiger Punkt für mich ist in diesem Zusammenhang die flankierende Begleitung der Tourismusstrategie meines Hauses durch die Enquete-Kommission. Die aktuelle Tourismusstrategie 2015 ist seit 2008 sowohl nach innen als auch nach außen der Fahrplan für Maßnahmen und Projekte sowie die Förderung des Tourismus in RheinlandPfalz.

Mitte 2016 hat mein Haus gemeinsam mit den Partnern der Tourismusstrategie, also THV, DEHOGA, den Industrieund Handelskammern und der RPT, mit der Aktualisierung der Tourismusstrategie für Rheinland-Pfalz begonnen. In einer umfangreichen Evaluierung haben uns rund 200 online Befragte und rund 30 Experten ein Stimmungsbild gegeben. So konnten wir erfahren, was bisher erreicht worden ist und welche Handlungsfelder sowie Anregungen für die Weiterentwicklung erforderlich sind.

Aktuell führen wir eine ergänzende Ursachenanalyse zur zahlenmäßigen Entwicklung des Tourismus der vergangenen zehn Jahre durch und werten die Daten der Marktforschung aus. Wir wollen darstellen, wo wir in der Vergangenheit erfolgreich waren, wo Anpassungen erfolgen können, und daraus die richtigen Rückschlüsse für die künftige Vorgehensweise ziehen.

All das sind wichtige Grundlagen, die dazu dienen, dass wir unser Profil im Tourismus für den Zeithorizont 2025 schärfen und noch schlagkräftiger auftreten können. Für die Strategieentwicklung 2025 haben wir gemeinsam mit unseren Partnern einen Dialogprozess angestoßen. In Strategierunden und Workshops wollen wir Altbewährtes auf den Prüfstand stellen und neue Ideen für die Zukunft entwickeln.

Die Arbeit der Enquete-Kommission kann und wird – davon bin ich überzeugt – dabei eine wichtige, bereichernde Unterstützung sein. Sowohl bei der Strategieentwicklung als auch und insbesondere in der nachfolgenden Umsetzung können sich die beiden Prozesse sehr gut ergänzen. In diesem Sinne freue ich mich auf die Zusammenarbeit.

Ich will Ihnen sagen, dass wir in Rheinland-Pfalz einen großen Vorteil haben, dass wir eine enorme Vielfalt zu bieten haben. Darin liegt aber auch eine besondere Herausforderung. Wenn man so viele unterschiedliche schöne Dinge zu bieten hat, ist es nicht einfach, eine klare, für alle auch außerhalb von Rheinland-Pfalz leicht verständliche Tourismusstrategie zu entwickeln.

Das sollte die Herausforderung sein: eine kurze Botschaft, in der wir klarmachen, welchen Reichtum, welche Schönheit und Vielfalt unser Land bietet. – Oftmals wissen wir es selbst, aber noch nicht in ausreichendem Maße die Menschen, die wir an unserer schönen Kulturlandschaft und dem Erlebnis Rheinland-Pfalz teilhaben lassen wollen.

Jeder kann sich aus seiner Region und persönlichen Erfahrung mit einbringen. Es ist eine wunderschöne Aufgabe. Der Tourismus gehört mit zu den schönsten Dingen, die im Aufgabenbereich meines Hauses liegen.

Ich finde, dass wir den ganzen Sachverstand des Hauses und auch den Kontakt, den Sie in Ihrer Region zu den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort haben, mit einbringen können und daraus Synergieeffekte entstehen können. Das ist die Chance, die ich in dieser Strategie sehe. Insofern noch einmal: Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.

(Beifall der FDP und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Demuth.

Herr Wissing, in diesem Zusammenhang hätte ich gern zu Ihrer Wortmeldung noch eine Nachfrage gestellt, die mich interessiert, weil ich das Thema eben schon einmal angesprochen hatte und gern eine Konkretisierung hören würde.

Sie sagten gerade in Ihrer Wortmeldung, und so steht es auch im Einsetzungsbeschluss, dass die TourismusEnquete-Kommission flankierend zu der Tourismusstrategie des Landes arbeiten soll. Deshalb würde mich der Zeitrahmen interessieren, in dem die neue Tourismusstrategie von dem Ministerium und anderen zuständigen Organisationen erarbeitet wird, damit wir ungefähr wissen, wie lange dieser Zeitrahmen gedacht ist und sich die Enquete-Kommission dann auch ein bisschen daran orientieren und ausrichten kann.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin, das ist jetzt eigentlich keine Fragestunde. Möchten Sie erwidern? – Für die Landesregierung spricht Herr Dr. Wissing.

Frau Kollegin, ich habe Ihnen verdeutlicht, dass wir zuerst einmal die Daten erheben wollen, die notwendig sind, um zu wissen, was wir mit dem bisherigen Konzept Gutes haben erreichen können und was nicht so gut gelaufen ist. Diese Evaluierung müssen wir in Ruhe vornehmen. Dazu brauchen wir Zeit.

Ich kann Ihnen heute keinen konkreten Zeitraum dafür nennen, weil ich das gemeinsam mit den Partnern entwickeln will. Es macht keinen Sinn, vonseiten der Landesregierung etwas vorzugeben, sondern wir müssen es gemeinsam entwickeln. Es muss eine maßgenaue Lösung sein. Da spielen für mich zum Beispiel die Gastronomie und die Hotellerie eine wesentliche Rolle. Das ist eine wichtige Voraussetzung, damit Menschen einen attraktiven Urlaubsund Ferienort vorfinden. Darauf müssen wir die Lösungen maßgeschneidert abstimmen. Das kann nur im Dialog geschehen.

Wir sind jetzt in der Evaluierungsphase. An der Stelle zu

sagen, wann wir das Ganze zu abschließen, ist zu früh. Ich finde außerdem, dass wir mit der Einsetzung der EnqueteKommission eine neue Chance haben. Das wird auch ein neuer Aspekt sein, was für uns von der Regierungsseite die Entwicklung der Tourismusstrategie betrifft. Wir werden versuchen, alles, was in die Enquete-Kommission mit eingebracht wird, für die Erarbeitung für die Strategie zu nutzen.

Insofern lassen Sie uns nicht heute Enddaten festlegen. Das ist der Beginn eines gemeinsamen Projekts.

(Beifall bei der FDP)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Somit kommen wir zur Abstimmung über den Einsetzungsantrag für eine Enquete-Kommission „Wirtschafts- und Standortfaktor Tourismus in Rheinland-Pfalz“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass der Antrag eine Abweichung von der Geschäftsordnung enthält und somit für die Beschlussfassung über den Antrag gemäß § 133 Vorl. GOLT die Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten, mindestens jedoch der Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl erforderlich ist. Das Erreichen dieses Quorums ist nach der Abstimmung festzustellen.

Wem das vielleicht alles ein wenig verklausuliert war, möchte ich es erklären. Es geht darum, dass die Stellvertreterregelung gegenüber der üblichen Form bei EnqueteKommissionen geändert wird.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag – Drucksache 17/2085 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das ist einstimmig. Der Antrag ist mit den Stimmen einstimmig angenommen. Das erforderliche Quorum ist erreicht worden.

Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:

Abschiebehaft ausweiten – Gefährder überwachen Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/2082 –

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Lammert.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In den vergangenen Wochen ist in der Politik und in der Öffentlichkeit eine Diskussion darüber entstanden, wie wir zukünftig mit Gefährdern umgehen sollen. Nach uns vorliegenden Erkenntnissen – eine aktuelle Kleine Anfrage ist gestern zurückgekommen – befinden sich in Rheinland-Pfalz nach Aussage des Innenministeriums derzeit 14 Personen, die von unseren Sicherheitsbehörden als Gefährder eingestuft werden. Klar ist, dass von diesen Personen eine zumindest erhöhte Anschlagsgefahr ausgeht.

Es ist unsere Pflicht, alle rechtlichen Maßnahmen auszu

loten, um unsere Bevölkerung vor solchen Personen zu schützen. Hierzu gehören auch zwei Maßnahmen, über die in den vergangenen Wochen intensiv diskutiert wurde und die gestern in dem Sicherheitspaket hätten diskutiert werden können. Das ist aber aufgrund der Zeit ein bisschen zu kurz gekommen. Deswegen ist es gut, dass wir das heute vielleicht noch einmal intensiver besprechen können.

Es geht um den Einsatz von sogenannten elektronischen Fußfesseln zur Überwachung von Gefährdern und die Einführung eines neuen Haftgrundes „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“. Schon jetzt ist es im Übrigen möglich, einen Ausreisepflichtigen für sechs Monate in Abschiebehaft zu nehmen. Man kann diese sogar um weitere zwölf Monate verlängern. Es ist aber nach der geltenden Rechtslage sehr schwierig, Asylbewerber in Abschiebehaft zu nehmen, da oftmals der Haftgrund in der Regel der richterlichen Feststellung bedarf und dort eine aktuelle Fluchtgefahr bedingt.

Das CDU-geführte Bundesinnenministerium hat daher einen Gesetzentwurf erarbeitet, der die Einführung eines neuen Haftgrundes vorsieht, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.

(Präsident Hendrik Hering übernimmt den Vorsitz)

Der SPD-Bundesjustizminister Maas hat jetzt nun ebenfalls seine Zustimmung signalisiert. Ich sage ganz offen, wir freuen uns sehr, dass die SPD in dieser Sache gemeinsam mit der CDU auch auf Bundesebene voranschreitet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich ist uns bewusst, dass in unserem Land nicht alle Asylbewerber Gefährder sind, die abgeschoben werden sollten, aber wir müssen bei diesen Personen bis zu den Abschiebungen dafür sorgen, dass von ihnen keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit ausgeht.

Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, mit unserem Antrag das Vorhaben der beiden Bundesminister zu unterstützen und damit die Voraussetzungen zu schaffen, dass Gefährder, deren Asylantrag negativ beschieden wurde und die ein Risiko für die öffentliche Sicherheit darstellen, in Abschiebehaft genommen werden können. In dem Spitzengespräch Sicherheit hatten wir hierzu nicht so richtig klare Aussagen, zumindest nicht von allen Koalitionsfraktionen erhalten.

Frau Spiegel, gerade von Ihnen gab es immer noch den Hinweis – ich zitiere aus dem Pressedienst der Staatskanzlei –: Sie fordern eine Lösung, die sich nicht auf die Abschiebehaft konzentriert. – Sie sind auch lange Zeit vorangegangen, dass Sie die Abschiebehaft nicht wollen. Das sehen wir anders. Wir halten die Abschiebehaft sehr wohl für ein gutes und geeignetes Mittel.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts der personellen Unterbesetzung unserer Polizei – und auch wenn wir mehr Polizei hätten – ist es unmöglich, alle Gefährder rund um die Uhr ständig zu überwachen. Das ist

nicht zu machen. Pro Gefährder muss man mit etwa 20 bis 25 Beamtinnen und Beamten für eine absolute Rundumobservation rechnen. Das ist noch niedrig kalkuliert.

Deswegen müssen wir andere Möglichkeiten ausloten, um diese Personen zu überwachen. Da gibt es letztendlich die sogenannte elektronische Fußfessel. Das ist ein kleines Gerät, das um die Fußfessel gelegt wird. Sie ist etwas größer als eine Armbanduhr und wiegt nur wenige Gramm. Ich werde dazu gleich noch das eine oder andere sagen. Damit kann man auch Bewegungsprofile aufzeichnen. Das ist dieses Instrument. Im Fall des Terroristen Amri, der als Gefährder eingestuft wurde und trotzdem einen Anschlag verüben und bis nach Italien ausreisen konnte, hätte diese Maßnahme vielleicht eine Wirkung zeigen können.

Ich sage es ganz offen, weil es immer ein Gegenargument ist, dass die Fußfessel kein Allheilmittel wäre. Ich bin völlig bei Ihnen. Diese ist sicherlich kein Allheilmittel. Es gab auch schon einen Gefährder in Frankreich, wo es trotzdem zu einem Anschlag kam. Ich muss aber auch sagen, dass unsere Überwachungen mit der Fußfessel auch in Deutschland funktionieren. Es gibt eine einheitliche Einrichtung bzw. Stelle, die das überwacht. Das muss man schon ein bisschen unterscheiden. Die Fußfessel ist aber auf jeden Fall ein Mittel, das vernünftig ist. Deswegen sollte man dieses Mittel auch nicht gleich wegschieben.Vor dem Hintergrund halten wir sie für sinnvoll, weil sie letztendlich einen Anschlag eindämmen kann und eine Risikoverminderung ist.