Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Matthias Lammert und Dirk Herber (CDU), Dienstzeitverlängerung bei der Polizei – Nummer 2 der Drucksache 17/2093 betreffend –, auf.
1. Trifft es zu, dass die Landesregierung alleine im Jahr 2016 über 200 Anträge auf Verlängerung der Dienstzeit genehmigt hatte, um vorhandene Personalmissstände bei der Polizei auszugleichen?
2. Ist es nach Auffassung der Landesregierung ein Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung gegenüber den Beamtinnen und Beamten im Polizeidienst, einen Tag vor Heiligabend mitzuteilen, dass Anträge auf Dienstzeitverlängerung nicht mehr genehmigt werden können?
3. Wie bewertet die Landesregierung ihre Entscheidung vor dem Hintergrund, dass sie in den vergangenen beiden Jahren das deutliche Zeichen in die Polizeibeamtenschaft ausgesendet hatte, dass Dienstzeitverlängerungen unbedingt erwünscht und zur Abfederung weiterer massiver Abgänge bei der Polizei dringend notwendig seien?
4. Ist es nach Aussagen des Innenministers somit nach wie vor möglich, dass Anträge auf Dienstzeitverlängerung über die bereits im Doppelhaushalt vorgesehenen 70 Verlängerungen positiv beschieden werden können?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung beabsichtigt, die Zahl der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten deutlich zu steigern. Bis zum Jahr 2021 wird die Zahl der Vollzeitäquivalente – VZÄ – auf 9.160 angehoben. Die Steigerung der Personalstärke soll in erster Linie durch Neueinstellungen erfolgen. Gleichzeitig beabsichtigt die Landesregierung, auch weiterhin die Bewilligung des Hinausschiebens des Ruhestands als Möglichkeit zu nutzen, um die notwendige Personalstärke zu sichern. Es war zu keiner Zeit Gegenstand der Überlegungen, vollständig auf die Möglichkeit des Hinausschiebens des Ruhestands zu verzichten.
Zu den Fragen 1 und 2: Sehr geehrte Damen und Herren, es ist richtig, dass im Jahr 2016 mehr als 200 Fälle des Hinausschiebens des Ruhestands genehmigt wurden. In der Entwicklung der Jahre hat sich das so dargestellt:
2007 neun genehmigte Fälle, 2008 acht, 2009 neun, 2010 und 2011 18, 2012 53, 2013 58, 2014 110, 2015 122 und 2016 die erfragten 218.
Die Motive für Herausschiebungen sind aber, anders als die Mündliche Anfrage unterstellt, sehr vielschichtig. In den letzten beiden Jahren entstand bereits durch die Flüchtlingskrise eine Sondersituation, in der dankenswerterweise die Beamtinnen und Beamten einen erheblichen Beitrag beispielsweise zum Objektschutz für Flüchtlingsunterkünfte und zur Identitätserfassung der ankommenden Menschen geleistet haben.
Die Erfahrungen aus der Silvesternacht 2015/2016 haben dazu geführt, dass Rheinland-Pfalz umgehend die Sicherheitskonzepte für Großveranstaltungen angepasst hat.
Mit Blick auf die gerade genannten Herausforderungen war und bin ich sehr dankbar, dass erfahrene Kolleginnen und Kollegen bereit waren, ihren Ruhestandsbeginn hinauszuschieben, um bei der Bewältigung dieser drängenden Herausforderungen zu helfen.
Daneben gab und gibt es aber insbesondere auch aus Sicht der Beamten eine Vielzahl anderer Motive und Gründe, wie zum Beispiel das Erreichen des Höchstsatzes der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit oder der Ruhegehaltsfähigkeit der letzten Beförderung oder Anpassung an den Ruhestands- oder Renteneintritt der Partnerin bzw. des Partners, finanzielle Verpflichtungen durch persönliche Umstände wie zum Beispiel das Studium von Kindern oder der Wunsch, bereits begonnene berufliche Projekte noch abzuschließen, neben den Notwendigkeiten des Dienstherren, die ich Ihnen geschildert habe.
Auch unter Berücksichtigung des demografischen Wandels ist es Ziel der Landesregierung, die Altersstruktur im Polizeibereich Schritt für Schritt abzusenken und den Personalbestand in erster Linie durch jüngere Kolleginnen und Kollegen zu ergänzen.
Es ist erstaunlich zu hören, dass dieses positive Signal für mehr Sicherheit in unserem Land nun von Ihnen in ein solches Licht gestellt wird.
Für uns war es wichtig, schnell die Polizeibehörden und Einrichtungen über die neue Situation zu informieren, zum einen, damit die Beamtinnen und Beamten, deren Antrag bereits genehmigt war, Planungssicherheit erhalten, und zum anderen zu signalisieren, dass künftig nicht alle, sondern nur eine begrenzte Anzahl von Anträgen genehmigt werden kann.
Zum Zeitpunkt der Unterrichtung der Polizeibehörden und Einrichtungen am 23. Dezember 2016 waren für das Haushaltsjahr 2017 bereits mehr als 140 sowie für das Haus
Ich möchte noch einmal ausdrücklich klarstellen: Keine der erteilten Genehmigungen wird widerrufen. Nur die laufenden Verfahren wurden erst einmal angehalten, bis die Neuregelung der Verfahrensweise abgeschlossen ist.
Zu Frage 3: Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Antwort zu den Fragen 1 und 2 habe ich bereits ausgeführt, dass es nicht primär darum ging, die so bezeichneten massiven Abgänge bei der Polizei abzufedern, sondern auf temporäre Sondersituationen angemessen reagieren zu können. Wir werden die Abgänge aus grundsätzlichen Erwägungen heraus eben gerade nicht über kurzfristige Dienstzeitverlängerung, sondern über die langfristige Einstellung von neuen Polizistinnen und Polizisten kompensieren. Diese Einstellungszahlen – wir hatten gestern darüber gesprochen – haben wir nochmals deutlich gesteigert: 2016 535 Neueinstellungen. Das sind die Zahlen, die mindestens für 2017 und 2018, also mindestens 535 pro Jahr, vorgesehen sind.
Klar ist doch, durch die reinen Verlängerungsmaßnahmen ist es eine immanente zeitliche Begrenzung der Hinausschiebungsfälle. Das kann die Personalstärke der Polizei eben nur temporär unterstützen.
Zu Frage 4: Nach Neuregelung der Verfahrensweise durch mein Haus werden die Polizeibehörden und Einrichtungen über die Bewilligung weiterer Anträge auf Hinausschieben des Erreichens des Eintritts in den Ruhestand für die Zukunft entscheiden können. Bereits auf dem Spitzentreffen Sicherheit – auch darüber haben wir gestern intensiv diskutiert – vom letzten Freitag habe ich angekündigt, dass die Personalmaßnahmen zu einem besseren Schutz vor terroristischen Gefährdern unter anderem auch über eine weitere Erhöhung der Dienstzeitverlängerungskontingente um 30 Stellen pro Jahr unterstützt werden soll.
Sehr geehrter Herr Minister, der Polizeiberuf stellt eine hohe Anforderung an die physische und psychische Belastbarkeit der Beamten. Können die Beamten den hohen Anforderungen nach bereits langer Dienstzeit, teilweise 30 bis zu 40 Jahre, auch noch gerecht werden, und in welchem Bereich werden die Dienstzeitverlängerungen im Schwerpunkt genehmigt?
Wenn man überlegt, auf der einen Seite haben wir eine spezielle Dienstzeitregelung für Beamtinnen und Beamten bei der Polizei, insbesondere für die, die im Wechselschichtdienst sind, die den Belastungen bis zu einer Länge von 25 Jahren ausgesetzt sind. Sie können in einer eigenen Altersregelung, also vorgezogen mit Blick auf
die allgemeinen Verwaltungsbeamtinnen und Verwaltungsbeamten, in Ruhestand treten. Das gilt auch für andere Berufsgruppen, die diese Belastungen erfahren. Deswegen erweist es sich auf den ersten Blick, wenn man die Anzahl derjenigen sieht, die einen Antrag auf Dienstzeitverlängerung stellen, eine sehr hohe ist, weil wir natürlich alle davon ausgehen, auch über die Fragen berufliches Gesundheitsmanagement, Ausweitung der Unterstützung für diese sehr stark belasteten Gruppen innerhalb der Polizei – – –
Wir sind gerade dabei zu erheben, wie sich diese Zahl mit Blick auf die verteilt, die – sagen wir einmal – die Tätigkeiten haben, die eben nicht zur vorgezogenen Ruhestandsregelung passen, und wollen das auch auswerten. Man muss da sehr genau hinschauen; denn wir haben aus guten Gründen immer argumentiert, dass zum Beispiel beim Wechselschichtdienst und in anderen Verantwortlichkeiten bei der Polizei ganz besondere Belastungen gelten, deswegen ganz eigene Ruhestandseintrittsgrenzen bei der Polizei und bei Feuerwehr und bei anderen vorhanden sind.
Wir haben auch immer wieder betont, dass wir diese Belastung sehen und deswegen diese besonderen Regelungen eingeführt haben.
Herr Minister, wie viele Dienstzeitverlängerer kamen denn in den letzten zwei bis drei Jahren, als die Anzahl sprunghaft angestiegen ist, aus der Schutzpolizei und wie viele aus der Kriminalpolizei?
Herr Schwarz, das ist genau die Antwort, die ich Herrn Junge gegeben habe. Wir erheben diese Zahlen und stellen sie gerne zur Verfügung: Kriminalpolizei, Schutzpolizei und natürlich auch aus den anderen Dienststellen der Polizei. Wir wollen uns einmal sehr genau anschauen, wo diese Anträge im Gros herkommen, wo sie insgesamt herkommen.
Herr Minister, verstehe ich Sie dann richtig, dass aktuell gestellte Anträge auf Dienstzeitverlängerung, die noch nicht genehmigt wurden, dann praktisch nach Ihrer Mail aus dem Innenministerium ausgesetzt wurden, dass Sie aber trotzdem vermutlich einer Genehmigung zugeführt werden?
Sie werden einer Genehmigungsprüfung zugeführt. Wir haben, wenn ich das richtig sehe, im Augenblick 48 noch nicht beschiedene Anträge. 30 weitere Möglichkeiten sind über die Entscheidungen rund um das Sicherheitsgespräch genehmigt worden.
Sie wissen grundsätzlich, deswegen habe ich die lange Linie noch einmal dargestellt, dass wir sehr restriktiv mit der Verlängerung umgegangen sind, auch aus der Frage berufliches Gesundheitsmanagement, Schutz der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten all dem, was wir eben angesprochen haben, und dass hier zunächst einmal das Bedürfnis des Dienstherrn gilt.
Ich akzeptiere und verstehe auch Wünsche, die eher mit der Lebensführung der Beamtinnen und Beamten zu tun haben. Einige Punkte habe ich genannt. Dafür muss man als Dienstherr auch Verständnis haben. Deswegen ist, wenn jetzt noch 48 offen sind und wir 30 Stellen haben, das Verhältnis, glaube ich, aus Sicht der Beamtinnen und Beamten sehr gut.
Also, ein 100 %-Anrecht auf Bewilligung hat es nie gegeben. Das kann es auch nicht geben. Vorneweg müssen die dienstlichen Interessen und damit die Definition des Dienstherrn stehen.
Herr Minister, Sie sprachen davon, dass die Personalkonzeption vorsieht, bis 2021 9.160 Vollzeitäquivalente zu haben. Wir haben früher eigentlich in Personen gerechnet, mit einer anderen Komponente. Gibt es Berechnungen dazu, was es bedeuten wird, 2021 dann als Personen in der Polizei zu haben, und ist Ihnen dazu auch bekannt, wie in den 90er-Jahren der Personalstand bei der Polizei war?
Wir haben das oft diskutiert, Herr Hüttner. Der Personalbestand bei der Polizei war 1990/91 in Köpfen 8.800. Das waren Zeiten, da hatten wir RAF-Terrorismus, sehr hohe Wohnungseinbruchs- und Diebstahlzahlen. 8.800. Unsere Planungen der Einstellung, die ich Ihnen eben vorgestellt habe, werden dafür sorgen, dass wir im Bereich der VZÄ dann im Jahr 2021 9.161,18 erreichen werden. Das würde nach heutiger Sicht 9.592 Köpfe bedeuten. Da die Köpfe auch Teilzeitberechnungen haben, ist das eine Momentaufnahme. Es können mehr oder weniger in Teilzeit sein, aber natürlich ist die Entwicklung eine, die diesem Tableau absolut folgen wird, weil sich aus den 9.100 dann 9.161,18 VZÄ ergeben.
Herr Minister, ich weiß jetzt nicht, ob die Zahlen schon erhoben wurden, aber wenn Zahlen erhoben werden, wäre es vielleicht auch interessant zu wissen, in welchen Besoldungsgruppen die Dienstzeitverlängerer waren. Ich frage, ob Sie die Zahlen jetzt schon haben.
Also wir haben einen Überblick, den ich gerne zur Verfügung stelle. Das Gros ist aus meiner Erinnerung im Bereich A 11/A 12, allerdings dann aber über die gesamte Spreizung. Aber das Gros ist in dem Bereich A 11.
Herr Minister, können Sie uns sagen, wie sich der Krankenstand und die Dienstunfähigkeitszahlen in den letzten fünf Jahren entwickelt haben?
Das kann ich Ihnen gern nachliefern. Die habe ich jetzt hier in diesem Zusammenhang nicht vorliegen. Diese Zahlen erheben wir natürlich regelmäßig, auch die Frage der eingeschränkt Dienstfähigen. Das können wir gern zur Verfügung stellen.