Protocol of the Session on January 26, 2017

Davon abgesehen liegen viele der derzeit zu vergebenden hausärztlichen Vertragsärzte abseits der Großstädte in

ländlich geprägten Regionen. Diesen scheint es aber aus Sicht der Studenten an Attraktivität zu fehlen. So sehen die Niederlassung als Hausarzt in ländlichen Regionen nur zwischen 4 % und 8 % als eine mögliche berufliche Option an. Das ist auch in der schlechten Infrastruktur begründet.

(Beifall der AfD)

Daher muss diese neben allen anderen denkbaren Möglichkeiten stärker in den Fokus gerückt werden. Es liegt doch auf der Hand, dass eine ausgewogene Infrastruktur nicht nur für den wirtschaftlichen Erfolg einer Hausarztpraxis einen wesentlichen Faktor darstellt, sondern auch für die Work-Life-Balance.

Für eine grundlegende Lösung der aufgezeigten Probleme bedarf es eines frühzeitigen Lösungsansatzes. Wir sind der Auffassung, dass die Chancen, einen jungen Menschen, der sich in einer frühen Phase seiner Lebensplanung befindet, für eine hausärztliche Tätigkeit in einer ländlichen Region zu gewinnen, deutlich höher einzuschätzen sind, als dies bei einem Mediziner im fortgeschrittenen Alter der Fall sein dürfte.

Insofern halten wir Überlegungen dahin gehend für sinnvoll, bestimmte, eventuell auch zusätzliche Kontingente an Studienplätzen solchen Studenten vorzuhalten, die sich dazu verpflichten, nach ihrem Studium eine Tätigkeit als Hausarzt in einer von Unterversorgung betroffenen oder bedrohten Region unseres Landes aufzunehmen, analog zur Bundeswehr.

Den effektivsten Lösungsansatz sehen wir derzeit allerdings in einer an das sächsische Hausarztstipendium für Medizinstudenten angelehnten Regelung. In Sachsen werden interessierte Studenten mit einem Stipendium in Höhe von 1.000 Euro pro Monat gefördert. Dafür müssen sie sich dann verpflichten, nach Abschluss ihres Medizinstudiums und Weiterbildung zum Allgemeinmediziner sechs Jahre als Hausarzt in einem nicht bedarfsgerecht versorgten Gebiet in Sachsen zu arbeiten.

Soweit die Landesregierung in ihrer Antwort auf die gegenständliche Große Anfrage hinweist, dass ihre Partner des Masterplanes einem solchen Modell bisher ablehnend gegenüberstanden, vermögen uns die diesbezüglich angedeuteten Argumente nicht zu überzeugen.

Soweit darauf hingewiesen wurde – Nummer 2 –, dass die Versorgungssituation frühestens dann beeinflusst werde, wenn Ausbildungs- und Weiterbildungsphase abgeschlossen seien, also nach sechs bzw. fünf weiteren Jahren, ist dem zu entgegnen, dass wir es vorliegend mit einem langfristigen Problem zu tun haben, das auch nach einer langfristigen und nachhaltigen Lösung verlangt.

(Beifall der AfD)

Davon abgesehen spricht nichts dagegen, auch solche angehenden Mediziner zu fördern, die sich bereits in einem fortgeschritteneren Stadium ihrer Ausbildung befinden, dann natürlich mit einer entsprechend kürzeren Bindungsdauer. Genau durch die Bindungsdauer im Anschluss an die medizinische Ausbildung können nach unserer Auffassung auch die befürchteten Mitnahmeeffekte verhindert

werden. Nicht umsonst unterstützt die KV Sachsen dieses Modell.

Bedenken hinsichtlich des grundgesetzlich garantierten Rechts der freien Berufswahl könnten mit einer gestaffelten Rückzahlungsverpflichtung für den Fall Rechnung getragen werden, dass der jeweilige angehende Mediziner im Anschluss an seine Ausbildung seiner eingegangenen Verpflichtung, als Hausarzt in einer nicht ausreichend versorgten Region tätig zu werden, nicht oder nicht im vollen Umfang nachkommen möchte oder kann.

Vor diesem Hintergrund fordern wir, die AfD, die Landesregierung auf, ein entsprechendes Modell auch künftig für Rheinland-Pfalz in Betracht zu ziehen,

(Beifall der AfD)

um eine bedarfsgerechte ärztliche Versorgung im Bereich nachhaltig zu sichern.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Wink.

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die meisten Fragen beschäftigen sich mit dem medizinischen Nachwuchs. Hier wird klar, dass Rheinland-Pfalz ebenso wie viele andere Bundesländer noch einiges zu tun hat und bei den jungen Menschen intensiv für den Weg in das Medizinstudium werben muss, vor allem im Bereich der Allgemeinmedizin.

Liebe Kollegen der Opposition, sicherlich haben Sie nach Erhalt der Antworten sofort in den Koalitionsvertrag geschaut und waren genauso begeistert wie ich, dass diese Problemstellungen in diesem schon aufgegriffen sind.

(Heiterkeit bei dem Abg. Jens Guth, SPD – Zuruf der Abg. Christine Schneider, CDU)

Ein Scherz am Rande darf auch einmal sein.

Zur Vermeidung von Versorgungslücken in der Grundversorgung durch Fach- und Hausärzte wird die Koalition daher das Zukunftsprogramm „Gesundheit und Pflege 2020“ weiterentwickeln.

Es ist uns hierbei wichtig, dass besonders im ländlichen Raum die Akteure des Gesundheitswesens in die Planungen der regionalen Angebote einbezogen werden. Das heißt für uns natürlich, dass nicht nur öffentliche Gesundheitsdienste, Gesundheitsfachberufe und Gesundheitsinstitutionen einbezogen werden, sondern auch eine enge Abstimmung mit den Trägern und der Selbstverwaltung erfolgt.

Eine Verzahnung von ambulanten und stationären Sektoren wird hierbei unumgänglich sein. Daher stehen wir

als FDP-Fraktion hinter dem Vorhaben, das Gemeinsame Landesgremium nach § 90a SGB V zu optimieren. Modellprojekte zur sektorenübergreifenden Versorgung sowie Zielvereinbarungen mit der Selbstverwaltung sind hier ein Mittel der Wahl.

Eine gute ärztliche Versorgung ist nicht nur im Krankheitsfall wichtig. Der Bedarf besteht auch in der Zusammenarbeit aus Pflege und Unterstützung, Rehabilitation und natürlich auch in der Prävention. Daher ist es der FDPFraktion wichtig, den Masterplan zur Stärkung der ambulanten hausärztlichen Versorgung fortzuführen und diesen durch weitere Maßnahmen zu ergänzen.

Das gemeinsame Ziel der Ampelkoalition ist es hierbei, Maßnahmen zu ergreifen, die es für junge Ärztinnen und Ärzte attraktiv machen, in Rheinland-Pfalz tätig zu sein.

Dass für eine ausreichende ärztliche Versorgung auch eine zahlenmäßig angemessene Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern notwendig ist, ist klar. Daher haben die Ampelpartner Schritte beschlossen, die dem Rechnung tragen werden.

Unter anderem wollen wir neben der Überprüfung des Studienzugangs weitere Anreize für junge Mediziner und Medizinerinnen schaffen und das Allgemeinmedizinische Kompetenzzentrum an der Johannes Gutenberg-Universität voranbringen.

Ebenso werden wir die Vernetzung der Allgemeinmediziner vorantreiben und durch die Gründung von mindestens zehn allgemeinmedizinischen Weiterbildungszentren die Weiterbildung junger Hausärzte und Hausärztinnen organisieren.

In der Grundintention sind wir uns alle einig. Weder Sie von der CDU oder AfD – oder jeder anderen Partei – noch wir möchten, dass in Rheinland-Pfalz ein Mensch unter einer schlechten medizinischen Versorgung leidet. Der Entschließungsantrag wärmt aber Kritikpunkte auf, die durch den Koalitionsvertrag zur Lösung anstehen.

Andererseits wollen Sie junge Menschen rein mit Geld nach Rheinland-Pfalz locken, wo Sie an anderer Stelle doch kritisieren, die Schuldenbremse werde nicht früh genug eingehalten. Die Vorschläge kommen deshalb finanziell teuer und sind politisch teilweise zu kurz gesprungen, Stichwort Telemedizin. Deshalb werden auch die Freien Demokraten diesmal den Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Kollege Köbler.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Volksmund hört man immer einmal wieder, auf dem Land findet man

keinen Arzt, und in der Stadt bekommt man keinen Termin.

Aktuelle Statistiken zeigen auch, dass es paradox ist, dass wir in Deutschland bundesweit immer mehr Medizinerinnen und Mediziner und gleichzeitig immer weniger Hausärzte haben.

Ich will aber trotzdem vorweg sagen, dass man im internationalen Vergleich immer wieder feststellen muss, dass bei allen Problemen, die wir auch in Deutschland haben, unsere Gesundheits- und ärztliche Versorgung weltweit nach wie vor ganz weit vorne liegt. Ich rate dazu, die Probleme zielgenau anzugehen. Ich warne aber davor, in der Bevölkerung Ängste vor einem drohenden Absturz zu schüren, was die Gesundheits- und medizinische Versorgung angeht. Ich glaube, das ist insbesondere im internationalen Vergleich nicht angemessen.

Das heißt aber nicht, dass wir nicht etwas tun müssen. Herr Dr. Enders, es ist schon angesprochen worden: Das haben wir auch im Gesundheitsausschuss immer sehr zielorientiert und gemeinsam getan. Ich glaube, dass die medizinische, ärztliche und gerade auch die hausärztliche Versorgung der Menschen in Rheinland-Pfalz kein Thema ist, das man mit der parteipolitischen Brille gewinnen kann. Es ist eine Aufgabe, der wir uns doch alle gemeinsam auf den entsprechenden verschiedenen Ebenen stellen müssen.

Ja, wir haben in Rheinland-Pfalz, aber auch in anderen Bundesländern, einen drohenden, zumindest zum Teil an manchen Orten auch schon einen faktischen Mangel in der hausärztlichen Versorgung, aber nicht nur dort. Das hatte auch die Antwort auf Ihre Anfrage ergeben.

Wir haben beispielsweise auch im Bereich der Kinder- und Jugendpsychatrie oder auch in der dermatologischen Versorgung Probleme. Wir sollten es uns also sehr zielgenau anschauen. Wenn wir uns die Zahlen anschauen, die in der Antwort auf Ihre Anfrage herausgekommen sind, sehen wir, dass es auch im ländlichen Bereich, was die hausärztliche Versorgung angeht, Unterschiede gibt und wir beispielsweise in den Mittelbereichen Prüm und Diez im Moment den größten akuten Handlungsbedarf haben.

Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dort hinzuschauen, wo die Problematik vorhanden ist.

Warum ist das so? Weshalb haben wir insbesondere im ländlichen Raum immer weniger Hausärztinnen und Hausärzte? Ich glaube, dafür gibt es im Wesentlichen drei Gründe.

Der eine ist, dass wir überall in der Bevölkerung feststellen können, dass es gerade bei den jüngeren Leuten einen Trend zur Stadt gibt. Wir sehen nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern in ganz Deutschland an der demografischen Entwicklung, dass wir insgesamt eine älter werdende und auch geringere Bevölkerung haben und es in den Städten – Stichwort: Schwarmstädte – zu Zuzügen kommt und die Menschen wieder verstärkt in den Städten leben. Das hat überhaupt nichts mit Medizinern zu tun. Das ist ein allgemeiner Trend.

Der zweite Grund ist, dass es um Einkommensperspekti

ven geht. Es ist nun einmal so, dass der Orthopäde und die Orthopädin eine höhere Einkommenserwartung hat als die Hausärztin und der Hausarzt. Aus diesem Grund fangen junge Leute, wenn sie sich überlegen, in welche Richtung sie gehen, an, knallhart zu rechnen. Zum einen fragen sie sich, was ihnen Spaß macht. Zum anderen schauen sie auch, wo sie ein entsprechendes Einkommen erhalten können, um sich und eventuell später auch die Familie ernähren zu können. Man muss sagen, dass es gravierende Unterschiede gibt und die Hausärztin und der Hausarzt ein gewisses Maß an Altruismus mitbringen muss.

Ich komme zum dritten Grund. Es ist so, dass die alte Vorstellung vom Hausarzt, der 24 Stunden sieben Tage die Woche verfügbar ist, nicht mit der Lebensrealität der Menschen in Einklang zu bringen ist. Deswegen haben wir auch eine höhere Angestelltenquote insbesondere beim Thema Hausärzte.

Wir haben in Rheinland-Pfalz insbesondere beim Thema Frauen einen großen Nachholbedarf, weil die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht gegeben ist, wenn es die Erwartungshaltung gibt, dass der Hausarzt oder die Hausärztin auf dem Land 24 Stunden sieben Tage die Woche erreichbar ist. Wenn man sich noch um die eigenen Kinder zu kümmern hat, müssen diese hintanstehen, weil man bei den Patienten sein muss. Das ist in Deutschland und in Rheinland-Pfalz nicht mehr die Lebensrealität. Daran müssen sich ein Stück weit die Strukturen anpassen.