Wir wollen, dass Familienarbeit und Erwerbsarbeit gleich aufgeteilt werden zwischen Männern und Frauen. Es gibt genügend Länder auf dieser Welt, in denen das – die Kollegin von der SPD hat es erwähnt – gesetzlich festgelegt wird und in denen es eine gleichwertige Bezahlung gibt. Uns geht es nicht darum, die Frauen, die Männer oder wer immer die Kinder versorgt, ins Haus zu schicken, ihnen nicht den Rücken zu stärken und sie finanziell gerade im Alter nicht alleinzulassen. Uns geht es um Gleichberechtigung.
Liebe Frau Kollegin, wenn Sie sich nicht gleich zu Anfang meiner Rede in eine hysterische Panik verschossen hätten, hätten Sie vielleicht bis zum Ende zugehört.
Am Ende habe ich sehr deutlich gemacht, was wir wollen, wofür wir stehen und was wir fordern. Ich lese es Ihnen gerne noch einmal vor, aber Sie können es auch im Protokoll nachlesen.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gerne noch einmal auf den eigentlichen Anlass dieses Antrags zurückkommen. Das war der Equal Pay Day. Ich möchte mich deswegen mit der Materie besonders auseinandersetzen. Ich kann Ihnen versprechen, es kommt eine völlig andere Sichtweise heraus als bei dem, was die Kollegin von der AfD gerade vorgetragen hat. Man hat das Gefühl, die AfD hat mit solchen Themen nichts zu tun. Das findet alles nicht statt. Wir sehen das anders.
Meine Damen und Herren, wenn wir über den sogenannten Gender Pay Gap sprechen, gibt es dazu unterschiedliche Berechnungen. Ich möchte den Blick auf den sogenannte bereinigten Gender Pay Gap richten.
Der Errechnung liegt eine Methodik zugrunde, die sehr treffend den Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern deutlich macht. Sie bildet statistisch konstruierte Zwillinge, also Frauen und Männer mit vergleichbaren Eigenschaften und vergleichbarer Vita. Anhand dieser Zwillinge, die sich nur im Geschlecht unterscheiden, tut sich nach den Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft eine Lücke von 2 %, nach dem Statistischen Bundesamt von 6 % auf. Die Differenz der Ergebnisse resultiert vor allem aus unterschiedlichen Datengrundlagen.
Meine Damen und Herren, klar wird aber, es gibt diese Lücke. Sie wird auch von wirtschaftsnahen Instituten beziffert. Das heißt, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik müssen schauen, was dahintersteckt und darüber diskutieren. Die Lohnlücke ist nicht unmittelbar, nicht direkt und nicht ausschließlich mit Diskriminierung gleichzusetzen. Sie spielt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine Rolle, aber auch Risikobereitschaft und Verhandlungsgeschick, zwei Eigenschaften, die in klassischen Rollenbildern eher Männern zugeschrieben werden.
Für diesen Bereich fehlt es bis zu einem seriösen Ergebnis noch an geeigneten Daten und entsprechender Forschung. Aber genau deshalb haben wir heute diesen Antrag vorgelegt. Er beschäftigt sich nämlich mit diesen Rollenbildern. Deshalb ist es richtig, dass die Landesregierung mit einer Vielzahl an Maßnahmen diese Rollenbilder aufzubrechen versucht.
Für uns Freie Demokraten steht immer die oder der Einzelne mit ihren oder seinen individuellen Eigenschaften im Vordergrund und nicht das Kollektiv, das klassische Rollenbilder tradiert und Stereotype aufrechterhält. Wir begrüßen deshalb die gute Arbeit der Landesregierung in diesem Bereich.
Meine Damen und Herren, wir wollen auch an die Datengrundlage heran. Um sich fundiert über Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern unterhalten zu können, brauchen wir entsprechende Analysen. Deshalb ist es der richtige Schritt, dass wir gemeinsam mit dem Statistischen Landesamt einen detaillierten Überblick über die Situation des Gender Pay Gap in Rheinland-Pfalz erarbeiten wollen.
Wichtig ist mir, dass wir in dieser Debatte nicht vorschnell urteilen. Es geht mir auch um Anerkennung. Ich will herausstellen, dass sich in den vergangenen Jahren sowohl in der freien Wirtschaft als auch im öffentlichen Dienst extrem
viel in Sachen Gleichstellung getan hat. Ein kluges Diversity Management gehört heute ganz selbstverständlich zur modernen Arbeitswelt. Es verwundert mich deshalb nicht, dass sich das an Mitarbeitenden größte Unternehmen in Rheinland-Pfalz, ein Chemiekonzern in Ludwigshafen, in der Initiative Chefsache engagiert. Die Initiative ist ein Netzwerk von Führungskräften aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlichem Sektor und Medien, das sich für die Chancengleichheit von Frauen und Männern in Toppositionen einsetzt.
Die Wirtschaft braucht von uns keine Belehrungen. Es gibt große Player, die bereits vorangehen. Gehen wir diesen Schritt mit.
Ich sage noch eines zum Schluss. Ich habe es gerade schon angedeutet. Mir war sehr bewusst, dass die ganz rechte Seite dieses Parlaments versucht, sich als die ach so wirtschaftsliberale Kraft in diesem Saal zu gerieren. Aber es gelingt Ihnen nicht.
Dabei geht es um wichtige Debatten, die in den Führungsetagen der Wirtschaft geführt werden. In der AfD gibt es diese Debatten nicht. Sie sagen einfach, dass Sie das alles nichts angeht. Sie verschleiern damit aber nur, dass Sie absolut blank auf diesem Gebiet sind. Sie haben kein Interesse an einer fundierten Debatte und an der frauenpolitischen Situation in diesem Land.
Anders ist es mir auch nicht erklärbar, warum ihre letzte parlamentarische Initiative im entsprechenden Ausschuss aus dem März 2018 datiert und mit „Frauen im linken Milieu“ überschrieben war. Ihr Bild von Gleichberechtigung und moderner Arbeitswelt ist in der Vergangenheit hängen geblieben. Die Ampel hingegen hat ein modernes Verständnis von Frauenpolitik. Darüber sind wir froh und dankbar.
(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Die steht auf Rot die Ampel!)
den Antrag von SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN könnte man auch unter der Überschrift zusammenfassen „Steter Tropfen höhlt den Stein“. Das ist notwendig. Noch immer bestehen Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten.
Nach dem Statistischen Landesamt, das aktuell ein Faltblatt – ich halte es einmal hoch, eigentlich müssten es alle haben – „Frauen in Rheinland-Pfalz“ herausgegeben hat, lag der durchschnittliche Bruttostundenverdienst 2018 – das sind die jüngsten Zahlen, die wir haben – bei Frauen bei 16,67 Euro und bei Männern bei 20,58 Euro. Der prozentuale Unterschied im durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Frauen und Männern aller Arbeitnehmergruppen, der sogenannter Gender Pay Gap, lag 2018 bei 19 %. Dies betrifft alle, von den ungelernten Arbeitnehmerinnen bis zu Frauen in leitender Stellung.
Analog dazu ist die Armutsgefährdungsquote bei Frauen deutlich höher als bei Männern. Das hängt mit der Zahl der in Teilzeit arbeitenden Frauen, 51,3 %, zusammen. Bei Männern sind dies nur 9,4 %. Aber auch Betreuungszeiten von Kindern und Angehörigen sowie Bürgschaften für den Partner erhöhen die Wahrscheinlichkeit der Armut im Alter.
Um die Ursachen des Gender Pay Gap näher zu beleuchten, begrüße ich die Erarbeitung eines detaillierten statistisch analytischen Überblicks zusammen mit dem Statistischen Landesamt. Einige Ursachen habe ich bereits genannt. Doch es bleibt die Frage, wie gegengesteuert werden kann. Aber dazu bedarf es zunächst der Faktenbasis.
Das Land hat als Arbeitgeber dabei Vorbildfunktion. In vielen Berichtsanträgen der Landesregierung im Ausschuss für Frauen und Gleichstellung wird immer wieder thematisiert, wie sich die Beschäftigungsverhältnisse auf Ebene der Landtagsverwaltung, der Ministerien, der Landesbeamten usw. gestalten.
Auf Bundesebene hat das Entgelttransparenzgesetz nicht die Wirkung gebracht, die wir uns erhofft haben. Auskunftsanspruch, Prüfverfahren und Berichtspflicht bleiben hinter den Erwartungen zurück. Weniger als 50 % der Unternehmen haben ihre Entgeltstrukturen auf den Prüfstand gestellt.
All diese Beispiele zeigen, dass noch viel getan werden muss, um die finanzielle Ungleichbehandlung von Frauen zu verhindern und auf Dauer abzuschaffen. Ich stimme daher dem Antrag zu.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sowohl an der Drucksache als auch am Datum der Veröffentlichung lässt sich erkennen: Das war eine der letzten Drucksachen, bevor wir durch die Corona-Pandemie über viele Wochen mit ganz anderen Themen beschäftigt waren. Wer hätte damals gedacht, als dieser Antrag eingereicht wurde, dass genau dieses Thema und dieser Antrag jetzt auch in den letzten Wochen und Monaten noch einmal einen dramatischen Schub an Aktualität erfahren wird?
Denn ganz konkret geht es jetzt in der Corona-Pandemie auch um die Rolle von Frauen. Ja, es geht auch um die Frage von Retraditionalisierung. Es geht aber auch um die Frage, welche Rolle Frauen in der Corona-Pandemie spielen. Es ist schon erstaunlich – das hat eine Studie jetzt gerade noch einmal gesagt –, dass in der Öffentlichkeit gerade einmal 20 % weibliche Expertinnen auftauchen. Das heißt, wenn man fünf Expertinnen und Experten in eine Talkshow einlädt, dann sind das vier Männer und eine Frau. Das treibt mich schon etwas um.
Das bereitet mir Sorge; denn es wird damit auch ein Stück weit das Bild kultiviert, dass man in einer Krise männliche Experten befragt, aber zugleich sind es doch die Frauen, die systemrelevant in dieser Krise sind und in dieser Krise die Gesellschaft zusammenhalten. Unter der Ärzteschaft ist die Hälfte weiblich. Ich würde mir wünschen, dass auch die weiblichen Stimmen in dieser Krise viel stärker öffentlich zu Wort kommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Sie müssen öffentlich stärker zu Wort kommen; denn das, was die Frauen in dieser Krise schultern, ist wirklich enorm. Wir reden über den Pflegebereich. Wir reden über den medizinischen Bereich. Wir reden über die Frauen als Mütter, Großmütter und als diejenigen, die Angehörige pflegen, sowie als diejenigen, die wirklich viel Last tragen müssen.