Protocol of the Session on May 28, 2020

(Unruhe im Hause)

An der Stelle, an der es tarifliche Bedingungen gibt, bzw. bei Firmen, die der Tarifbindung unterliegen, haben Frauen und Männer besserer Arbeitsverhältnisse.

(Glocke des Präsidenten)

Ich könnte noch ganz viel sagen.

Sie haben noch Zeit.

Ach so, ich war gar nicht gemeint.

Das war dem Gemurmel geschuldet.

Ich sage vielleicht noch zwei bis drei Dinge, die wir machen und sehr gut sind. Das ist Führung in Teilzeit. Das wird in der Landesregierung in einigen Ministerien gemacht. Mentoring für Frauen ist ein wichtiger Ansatz.

Ich glaube schon, dass wir den Überblick brauchen, damit wir schauen können, wie die Menschen in unserem Land arbeiten. Dazu gehören die sozialen Berufe. Es wurde viel geklatscht. Es wurden Pralinen und Blumen verteilt. Das ist alles nett. Aber am Ende brauchen wir einfach gute Bedingungen in den Berufen, die vielfach von Frauen gewählt werden. Wenn man sich die Ausbildungsberufe von Jungs und Mädchen ansieht, sieht man, dass sich in den letzten Jahren nichts bewegt hat. Die meisten Berufe, die junge Frauen wählen, sind keine, bei denen man viel Geld verdienen kann. Deswegen ist es wichtig, dass an unseren Schulen Projekte wie klischeefreie Berufswahl praktiziert werden und eine Offenheit gegenüber anderen Berufen vorhanden ist.

Im Bund könnten beispielsweise folgende Themen angegangen werden: Familienarbeitszeit, teilweise sechs Stunden, Partnermonate verlängern beim Elterngeld, um den

Karriereknick zu verhindern, Ehegattensplitting reformieren. Das sind alles Dinge für die Zukunft; denn es geht nach Corona darum, den Backlash zu verhindern, dass wir wieder in Verhältnisse kommen, in die man gar nicht will.

Das Wichtigste für mich ist, dass Frauen unabhängig sind, ihr ganzes Leben lang unabhängig ihr Geld verdienen und für sich sorgen können, ohne von irgendjemandem abhängig zu sein. Ich sage das vielen jungen Frauen, wenn ich in Berufsschulklassen oder Schulklassen bin. Ich denke, das sollte uns allen wichtig sein, dass eine Angleichung passiert. Es steht im Grundgesetz, es gibt eine Gleichberechtigung. Die sollte es auch auf dem Arbeitsmarkt geben.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht Abgeordnete Nieland.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, ja, Konsens. Es herrscht weitgehend Konsens darüber, dass heute kein seriöses Unternehmen Männer und Frauen vorsätzlich ungleich bezahlt. Wir haben es bei möglichen Gehaltsunterschieden also nicht mit struktureller Diskriminierung zu tun, wie es von den antragstellenden Fraktionen durchaus suggeriert werden soll, sondern zunächst einmal schlicht und ergreifend mit Unterschieden. Diese Erkenntnis ist wichtig für eine objektive und sachliche Analyse der Situation.

(Beifall der AfD)

Aber wie hoch ist überhaupt die angebliche Geschlechterkluft bei den Einkommen? Konstant 40 % sagen die Gewerkschafter. Rechnet man nun die bei Frauen besonders beliebten und bevorzugten Teilzeitarbeitsverhältnisse raus und vergleicht die Bruttojahreseinkommen der Vollzeitbeschäftigten, sollen es 19 % sein, also sind wir schon bei der Hälfte. Wie aussagekräftig ist diese Zahl?

Das Statistische Bundesamt hat im letzten Herbst den Gender Pay Gap etwas genauer unter die Lupe genommen, als es die Gewerkschaftsfunktionäre tun, und festgestellt, zwei Drittel der Lücke hängen von Arbeitsplatzstruktur, Berufsund Branchenwahl, Ausbildungsstand, Arbeitszeitmodell usw. ab. Bleiben nur noch 8 %. In diese fließen wiederum zahlreiche Faktoren ein, die statistisch nicht mehr messund erfassbar sind.

Lassen wir also die Kirche im Dorf. Kurz gesagt, die Unterschiede sind bei Weitem nicht so dramatisch wie dargestellt. Die Gründe sind vielfältig und haben eine Menge mit individueller Entscheidungs- und Vertragsfreiheit zu tun.

Wer bis zur letzten Konsequenz Gleichstellung statt Gleich

berechtigung und Ergebnisgleichheit statt Chancengleichheit durchpeitschen möchte, der muss diese Grundpfeiler der Marktwirtschaft so lange schleifen, bis am Ende alle aus der Einheitswohnung im Einheitsauto für Einheitslohn im VEB arbeiten gehen.

(Beifall der AfD – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach herrje, Thema verfehlt!)

Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung kam zu dem Resultat, 17 % verdienen Frauen im brandenburgischen Cottbus durchschnittlich mehr als Männer, Frauen mehr als Männer. Auch in Schwerin und Frankfurt an der Oder gehen sozialversicherungspflichtige Beschäftigte weiblichen Geschlechts am Ende des Monats mit mehr nach Hause als Männer. Einen Ruf nach mehr Lohngerechtigkeit für ostdeutsche Männer hatten diese Zahlen aber erwartungsgemäß nicht zur Folge.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Weil es nicht passt ins Programm!)

Ich behaupte, bei dem vorliegenden Antrag handelt es sich um den verzweifelten Versuch, einer Angelegenheit Sinn einzuhauchen, deren Geburtsfehler in der falschen Annahme liegt, dass es eine nennenswerte systematische Lohndiskriminierung auf der Basis des Geschlechts überhaupt gibt. Was soll eine Analyse über Diskriminierung aussagen, die sich noch nicht einmal die Mühe macht, unterschiedliche Abschlüsse, Jobpräferenzen und geschlechtsspezifische Arbeitszeitgestaltungen zu berücksichtigen?

(Zuruf der der Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD)

Die Schimäre eines Gender Pay Gaps ist für politische Parteien von CDU bis in die andere Richtung ein gefundenes Fressen, staatlichen Dirigismus zu forcieren.

(Abg. Michael Frisch, AfD: So ist es!)

Tatsache ist doch, allen ideologischen Strömungen zum Trotz entscheiden sich immer noch die weit überwiegende Zahl von Frauen ganz bewusst für Kinder, auch wenn mit der großen Verantwortung finanzielle Belastungen sowie zahlreiche persönliche Einschränkungen inklusive beruflicher Unterbrechungen verbunden sind. Dass durch die Babypause mit schrittweiser Rückkehr in den Beruf gewisse Einkommensverluste entstehen, liegt in der Natur der Sache und lässt sich nicht vollständig ausgleichen.

(Beifall der AfD – Abg. Martin Haller, SPD: Unglaublich! – Zuruf der Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD)

Der coronabedingte Digitalisierungsschub lässt derzeit hoffen, dass Homeoffice und ähnliche Möglichkeiten ausgebaut werden können, wovon vor allem Frauen und Familien profitieren könnten.

Abschließend bleibt festzustellen, dass es sich bei der vor

liegenden Drucksache in erster Linie um einen linksideologischen Schaufensterantrag der Ampelfraktion handelt, der die Gleichstellungsbemühungen der Landesregierung in zwölf Einzelpunkten bejubelt und am Ende wenig Neues liefert.

(Abg. Joachim Paul, AfD: So ist es!)

Wieder einmal propagieren Sie die staatlich vorangetriebene Überwindung struktureller Benachteiligungen traditioneller Rollenbilder, anstatt – jetzt hören Sie gut zu – Freiheit und selbstbestimmte Entscheidungen emanzipierter Frauen anzuerkennen. Warum fällt es Ihnen so schwer an dieser Stelle?

Meine Damen und Herren, Frauen verdienen in der Tat mehr.

(Zurufe der Abg. Martin Brandl, CDU, und Giorgina Kazungu-Haß, SPD)

Wertschätzung von Lebensleistung sollte sich nicht ausschließlich auf Berufs- und Erwerbsarbeit beschränken. Gerade in der Corona-Krise hat sich wieder einmal gezeigt, wie wertvoll die Familienarbeit ist, die Väter und Mütter gleichermaßen leisten.

Wenn es Ihnen wirklich ernst wäre mit Ihrer Forderung nach gerechter Bezahlung, wenn Sie wirklich etwas gegen die finanzielle Benachteiligung von Frauen tun wollen, dann müssten Sie mit uns gemeinsam dafür kämpfen, dass häusliche Erziehungs- und Pflegeleistungen monetär deutlich stärker anerkannt werden als bisher, beispielsweise über ein Landeserziehungsgeld oder über eine stärkere Anerkennung bei der Rente;

(Abg. Jens Guth, SPD: Sicher nicht!)

denn nirgendwo ist der Pay Gap größer als bei einer Mutter, die mindestens die gleiche, für unsere Gesellschaft so wichtige Arbeit leistet wie eine Erzieherin in der Kita, und dafür keinen einzigen Euro erhält.

(Beifall der AfD – Abg. Martin Haller, SPD: Ja, das war ein finsterer Blick ins Mittelalter, den Sie hier abgeliefert haben!)

Letzter Satz: Ein wirklichkeitsfremder, zusammengestrickter Antrag, der die wesentlichen Aspekte außer Acht lässt.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Zu einer Kurzintervention hat sich die Kollegin BlatzheimRoegler gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte nur einen Aspekt aus diesem ganzen Konglomerat, das Sie vorgetragen haben, herausgreifen.

Sie sagten, es gibt immer noch Frauen, die sich für Kinder entscheiden. Dann ist es so. Sie müssen das Los irgendwie tragen. Genau das ist nicht der Ansatz, den wir verfolgen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen, dass Familienarbeit und Erwerbsarbeit gleich aufgeteilt werden zwischen Männern und Frauen. Es gibt genügend Länder auf dieser Welt, in denen das – die Kollegin von der SPD hat es erwähnt – gesetzlich festgelegt wird und in denen es eine gleichwertige Bezahlung gibt. Uns geht es nicht darum, die Frauen, die Männer oder wer immer die Kinder versorgt, ins Haus zu schicken, ihnen nicht den Rücken zu stärken und sie finanziell gerade im Alter nicht alleinzulassen. Uns geht es um Gleichberechtigung.