Protocol of the Session on July 2, 2015

Zweite Anmerkung: Sie haben gesagt, wir hätten gar kein Konzept und es gebe für die duale Energie und für die Regelkraft gar keine Lösung. Wissen Sie, ich komme gerade eben – Sie haben Mittagspause gemacht, ich war im Energiepark Mainz – von der Eröffnung einer großen Anlage, die Windenergie in Wasserstoff umwandelt und im Gasnetz speichert, um das möglich zu machen, was wir alle wollen, nämlich eine Mobilität, die emissionsarm ist. So eine Anlage haben wir auch in Pirmasens. Die habe ich in der vorletzten Woche eröffnet.

Herr Gabriel hat in seinem Papier zur Frage, wie kaltstartfähige Reservekraftwerke laufen können und wie ihre Preise zu berechnen sind, angekündigt, die Reservekraftwerksverordnung zu novellieren, damit endlich die Grundlage für die Preisbildung auch für Pumpspeicherkraftwerke, aber auch für die eben eröffnete Anlage, am Markt geschaffen wird. Sachlicher kann es doch gar nicht sein. Das heißt aber, hier fehlt momentan die Rechtsgrundlage. Sie wird in Berlin hergestellt. Über die Bundesratsebene reden wir da mit. Deswegen hat Rheinland-Pfalz damit ganz deutlich etwas zu tun.

Wir wollen – das ist unser Interesse –, dass das Ganze verursachergerecht stattfindet; denn die Lösung, die Herr Gabriel vereinbart hat, ist nicht verursachergerecht. Wir müssen auch feststellen, die Kohlekraft – auch wenn Ihnen das nicht gefällt, weil Klima ein globales Thema ist – sorgt dafür, dass wir ein Klimaproblem haben, weil so viel CO2 ausgestoßen wird. Dann müssten wir doch die verursachergerechte Rechnung anders aufmachen. Dann dürften doch jetzt nicht die Stromkunden dafür mehr bezahlen, sondern dann müssten doch eigentlich die Kohlekraftwerksbetreiber dafür bezahlen. Das passiert hier aber gerade nicht. Es geht sozusagen falsch herum. Das ist teuer erkauft. Ich finde, das sollten wir uns auch nicht gefallen lassen. Deswegen braucht es Lösungen.

Dann können Sie fragen: Was hat die Ministerin damit zu tun? – Wir lassen uns Lösungen einfallen. Ich habe ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die Gutachter sagen mir, wir werden es in wenigen Wochen bereits vorstellen, dass es eine Lösung gibt, es ohne Mehrkosten für den Stromzahler möglich zu machen und dass wir zu einer Abschaltung von Kohlekraftwerken kommen können, die das sichert, was Sie auch wollen, nämlich einen stabilen Strompreis, das heißt, finanzierbar, technisch lösbar, also versorgungssicher, in einem Übergang, der uns in der Transformation einen gesicherten Kohleausstieg ermöglicht, und das, was Herr Vassiliadis möchte, einen Übergang für die Fachkräfte. Darüber haben wir neulich schon diskutiert. Ich sage, jeder Mitarbeiter in einem Kohlekraftwerk wird in der neuen Energiewirtschaft auch benötigt werden. Wir werden auch da den Übergang herstellen können. Deswegen kommt es darauf an, wie die Transformation gestaltet wird.

Wir werden das vorlegen, und wir werden es rechtzeitig mit Herrn Gabriel diskutieren; denn er hat – ich darf jetzt einmal aus seinem Papier zitieren – noch gar nicht gelöst, wie er es machen will. Ich zitiere jetzt einmal aus dem Papier von Herrn Gabriel aus der vergangenen Nacht: Ergänzend zur Kapazitätsreserve sagt die Braunkohlewirtschaft verbindlich zu, eine gegebenenfalls notwendige zusätzliche Minderung in Höhe von 1,3 Millionen Tonnen CO2 ab 2018 zu erbringen. In welcher rechtlichen Form das umgesetzt wird, ist noch zu entscheiden. Die Bundesregierung wird mit der EU-Kommission klären, wie die konkrete Umsetzung beihilferechtskonform ausgestaltet werden kann. – Das heißt, Herr Gabriel stellt hier selbst fest, dass es sich um eine Hilfe, die nicht beihilfekonform ist, handeln könnte.

Als Landesregierung kann ich Ihnen sagen, wir haben ein Interesse daran, dass das nicht der Fall ist, weil sonst Strafzahlungen auf uns zukommen, die dann wiederum auf die Stromkunden umgelegt werden. Das kann doch wohl nicht in Ihrem Interesse sein. Es gibt also viel Bedarf, hier tätig zu werden.

Das Papier macht insgesamt einen Eindruck – deshalb komme ich noch einmal auf die Kraft-Wärme-Kopplung zurück –, der nicht ganz rund ist. Herr Abgeordneter Hürter hat gesagt, Herr Gabriel bekennt sich zur KWK. Ja, das tut er, weil er sagt, insbesondere die wärmebezogene KWK soll mit dem 25 %-Ziel angesteuert werden und nicht im Strom. Er weicht zurück, weil er gemerkt hat, dass das offenbar schwierig ist. Das haben wir schon länger gesagt.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Nein, man muss das einfach einmal feststellen. Er macht eine zweite Einschränkung, zu der ich sage, für RheinlandPfalz ist das überhaupt keine freundliche Industriepolitik. Er sagt nämlich, das Thema Eigenstrom ist keines mehr für ihn. Das steht deutlich in dem Papier. KWK fördern, aber den Eigenstrom herausnehmen, funktioniert nicht. Das wird wieder unsere Stadtwerkebetriebe massiv in Bedrängnis bringen. Ich habe jetzt schon die Stadtwerke – nicht nur die, sondern auch mittelständische Betriebe, die die Kraft-Wärme-Kopplung als energieeffiziente Technologie mit Gas nutzen – auf der Matte stehen. Ich kann Ihnen sagen, da werden wir in Berlin noch einmal vorsprechen müssen, weil das Rheinland-Pfalz nicht gut tut.

Da sind wir wieder beim Rheinland-Pfalz-Bezug. Sie wollen doch immer, dass wir uns um die rheinland-pfälzische Wirtschaft kümmern. An dieser Stelle muss ich mich kümmern, weil es nämlich unserer Wirtschaft schadet, wenn das so durchgeht. Deswegen reise ich auch nach Berlin, um das klarzumachen.

Vielen Dank. Ich hoffe, das war sachlich genug.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Kollege Dr. Braun von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ihm steht eine Redezeit von drei Minuten zur Verfügung.

Vielen Dank. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Um es noch einmal konkret zu machen. Herr Baldauf, Sie haben gefragt, was das mit uns zu tun hat.

(Christian Baldauf, CDU: Braunkohle!)

Das hat mit uns so viel zu tun, dass wir es zahlen. Jeder, der hier sitzt – nicht nur der, der hier sitzt, sondern alle 4 Millionen Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer –, ist jetzt verpflichtet, über den Strompreis das zu zahlen, was Herr Seehofer in Bayern fordert, nämlich dass die Stromtrassen dort 4, 5 Milliarden Euro teurer werden. Die Bayern sind dann zufrieden. Herr Seehofer ist zufriedengestellt. Der Kompromiss von heute Nacht sagt, wir, also die Kunden in Rheinland-Pfalz, zahlen davon einen Anteil von 5 %. Ich weiß doch, wer der Erste ist, der hier steht, wenn die Strompreise steigen. Dann kommt doch Herr Baldauf, stellt sich hierher und sagt, wegen der Energiewende steigen die Strompreise. Ihr seid alle böse, und die Energiewende ist böse.

(Christian Baldauf, CDU: Ja, ich bin auch Arbeitgeber!)

Nein, Herr Baldauf, so ist es nicht. Böse ist Herr Seehofer. Das müssen Sie vielleicht einmal verstehen. Der sagt, wir müssen Mehrkosten verursachen.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Ich will es Ihnen einmal in einfacher Sprache erklären, damit Sie es auch verstehen.

Dann ist nämlich ganz klar, jeder Stromkunde zahlt, und die Forderungen von Herrn Seehofer, die Sonderforderungen aus Bayern, werden damit umgesetzt. Es werden dann auch Sonderforderungen von RWE umgesetzt. Ich will nicht gegen RWE sein, aber wenn Sie heute die Börse beobachtet haben, stellen Sie fest, 5 % mehr für RWE. Die Aktien sind um 5 % gestiegen. Dies doch nicht deshalb, weil RWE eine so tolle Politik macht, sondern weil die Stromkunden demnächst RWE dafür zahlen müssen, dass es Kraftwerke stilllegt. Es kann doch nicht Sinn von Politik sein, Stromkunden zu belasten, damit Großkonzerne mehr verdienen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christian Baldauf, CDU: Was hat das jetzt mit dem Kompromiss zu tun?)

Also, Herr Baldauf. Herr Baldauf hat gefragt, was das jetzt mit dem Kompromiss zu tun hat. Das ist doch der Kompromiss, dass die Stromkunden zahlen und RWE die Kraftwerke, die es nicht mehr verwendet, bezahlt bekommt. Ursprünglich war geplant, dass RWE zahlen muss, wenn es dreckigen Strom produziert. Das ist im ganzen ökologischen Steuersystem eine sinnvolle Sache, aber jetzt haben es die Gewerkschaft IG BCE und die CDU gemeinsam geschafft, dass die Stromkunden zahlen und eben nicht die Verursacher, sondern die Bezieher von Strom. Die Stromkunden hätten gerne sauberen Strom, aber sie müssen den dreckigen Strom von RWE noch extra bezahlen. Das ist doch das, was wir diskutieren.

Meine Damen und Herren, Herr Baldauf, das hat auf jeden Fall etwas mit Rheinland-Pfalz zu tun. Das hat etwas mit den Stromkunden hier zu tun. Wir wollen, dass wir billigen und sauberen Strom haben. Die Ministerin hat schon gesagt, wenn das so kommt, was im Papier steht, wird natürlich auch der Mittelstand in Rheinland-Pfalz zusätzlich belastet. Wer zahlt denn diesen Strom? – Der Mittelstand, der nicht befreit ist, und die, die selbst sauberen Strom produzieren. Das ist mittelstandsfeindlich,

(Glocke des Präsidenten)

das ist kundenfeindlich, und das ist bürgerinnenfeindlich, was da vereinbart wurde.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Baldauf das Wort. Ihm steht eine Redezeit von vier Minuten zur Verfügung.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Braun vor mir hat erzählt, wir würden jetzt eine sachliche Diskussion führen. Aber kaum kommt die zweite Runde, sind wir schon wieder da, wo wir immer sind: Es

gibt Böse und Gute. Die Bösen sind immer wir, und die Guten seid immer ihr. So kommt es rüber.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen einmal einiges dazu. Wissen Sie, es ist ganz spannend: Eine Wirtschaftsministerin, die eigentlich keine mehr ist, weil sie nur noch aus dem Torso einer Energieministerin besteht, stellt sich heute Mittag hierhin und erzählt uns voller Stolz,

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Anne Spiegel, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Torso!)

sie habe sich in der Mittagspause – eieiei, da müssen wir einmal schauen, ob die Arbeitszeitverordnung eingehalten worden ist – einen Windpark angeschaut, der Strom erzeugt, der dann umgewandelt wird in Gas: Power to Gas. – Liebe Frau Lemke, da müsste ich eigentlich den Spruch bringen: „Wer hat es erfunden?“; wir waren nämlich vorher da. Sie lobt sich hier bis in den Himmel.

(Astrid Schmitt, SPD: Das ist doch Quatsch!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wissen Sie eigentlich, dass dieses Projekt Millionen Euro gekostet hat und sich überhaupt nicht wirtschaftlich trägt, was die Betreiber selbst sagen?

(Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ein Pilotprojekt!)

Sie haben die Verve, sich hierhin zustellen und uns erklären zu wollen, dass das die Zukunft der Energiegewinnung in Rheinland-Pfalz sei. Liebe Frau Lemke, da haben Sie ihren Job definitiv falsch verstanden. Das kann ich Ihnen nur sagen. Das kostet die Steuerzahler das Geld, nicht das, was wir hier vorgeschlagen haben.

Lieber Kollege Braun, der Kollege Hürter hat vorhin zutreffend gesagt, natürlich können wir gewisse Eckpunkte – das, was kommt – heute nicht festlegen. Aber eines ist gewiss: Wenn die Abgabe gekommen wäre, wären mehrere Tausend Arbeitsplätze entfallen. Sonst hätte sich die Gewerkschaft dafür nicht so stark gemacht; das wissen Sie doch selbst.

(Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die entfallen doch jetzt auch!)

Sagen Sie das doch auch einmal. Sagen Sie den Menschen bitte auch einmal, dass all die Kosten, die sie zu tragen haben, auch dadurch entstehen, dass Sie in Rheinland-Pfalz einen völlig unkoordinierten Ausbau von Windkraft und Photovoltaik zulassen, was eine Kostenexplosion nach sich gezogen hat, die wir alle über das EEG bezahlen müssen. Meine Damen und Herren, das ist doch die Wahrheit, nicht aber das, was Sie hier behaupten zu müssen meinen.

Lassen Sie mich zum guten Schluss noch eines sagen: Frau Lemke, ich finde es immer gut, wenn man über neue Dinge nachdenkt. Es spricht auch nicht dagegen, dass

man einmal in diese Richtung arbeitet. Aber darin gleich das einzig und Wahre und Heilsbringende zu sehen, erscheint mir doch sehr unlogisch. Seien Sie bitte so gut: Wir alle machen uns Gedanken – auf der Landesebene, auf der Bundesebene –, wie diese Energiewende funktionieren kann. Da wissen Sie so gut wie ich, der Wind bläst nicht immer, die Sonne scheint nicht immer, gewisse Grundlasten brauchen wir also. Kümmern Sie sich darum, dass wir die haben, und dann haben Sie eine super Energiewende geschafft, nichts anderes.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Der Kollege Hürter von der SPD-Fraktion hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte meine Zeit nutzen, um auf einen Punkt einzugehen, der in den Beschlüssen der Koalitionsfraktionen des gestrigen Abends ganz wesentlich ist, bis jetzt aber zu kurz gekommen ist. Es geht um das Thema „Strommarkt 2.0“, insbesondere um die Frage, wie der Bilanzkreis in Zukunft strukturiert wird. Der Grundsatzbeschluss ist, dass man nicht über den Kapazitätsmarkt gehen, sondern es über den Strommarkt 2.0 machen möchte. Das heißt, die Bilanzkreisverantwortlichen, also hauptsächlich die EVUs, sind in Zukunft gezwungen, ihre Mengen noch genauer zu planen, und Abweichungen von dieser Planung werden dann verursachergerecht auf die jeweiligen Verursacher umgelegt, sodass da eine Kostengerechtigkeit entsteht und über diese Kostengerechtigkeit vor allem Anreize hervorgebracht werden, langfristige Verträge abzuschließen und so das Kapazitätsproblem, auf das wir strukturell hinauslaufen, ein Stück weit in den Griff zu bekommen.

Ich glaube, dass diese Probleme grundsätzlich auch mit einem Kapazitätsmarkt gelöst werden könnten. Es kommt sehr stark auf die Ausgestaltung an. Aber der Vorteil der jetzigen Lösung ist nach meinem Empfinden, dass Drehtüreffekte, die im Kapazitätsmarkt zu befürchten gewesen wären, hier vermieden werden können. Das heißt, die Gefahr, dass im Kapazitätsmarkt insbesondere Braunkohlekraftwerke davon profitieren und damit auch Stromkosten verteuert werden, wäre sehr groß gewesen.

Hier hängt es jetzt davon ab, wie die Reservekapazitäten und die entsprechende Kapazitätsverordnung ausfallen, ob sich diese Befürchtung in Zukunft bewahrheitet. Das ist eine sehr spannende Frage, aber auch hier gilt: Wir müssen die entsprechenden Verordnungen und die entsprechenden Regelungen im Detail abwarten, damit wir eine abschließende Bewertung vornehmen können.

Zu dieser Frage passt das Thema „Lastgangmanagement“ sehr gut, das Sie, Herr Kollege Baldauf, am Rande angesprochen haben. Sie haben es an den – sage ich mal – alten Begrifflichkeiten „Grundlast“ und „Spitzenlast“ festgemacht. Wir werden in Zukunft in einer Stromversorgungslandschaft leben, in der diese Aspekte immer geringe