Ich darf unsere Plenarsitzung wiedereröffnen. Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:
„Ergebnisse des Koalitionsgipfels und seine Belastungen für Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 16/1773 –
In der ersten Runde beträgt die Redezeit fünf Minuten je Fraktion, in der zweiten Runde zwei Minuten, und wenn die Redezeit überschritten wird, gilt die bekannte Regelung.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Über den Koalitionsausschuss, der Sonntagnacht in Berlin getagt hat, haben nicht nur Oppositionspolitiker, sondern auch viele Medien berichtet und ihn als Kuhhandel bezeichnet. In Kommentaren von Zeitungen, die nicht in Verdacht stehen, der SPD und den GRÜNEN nahe zu sein, ist von Schönreden, Schachern, von einem schwarzen Sonntag der Koalition gesprochen worden. In ähnlichem Tenor ist die gesamte Berichterstattung über den Koalitionsausschuss erfolgt.
Es ist erstaunlich, wenn die rheinland-pfälzische CDU in Person ihrer Vorsitzenden sich veranlasst sieht, diesen Koalitionsausschuss und deren Ergebnisse zu loben und die Presseerklärung mit dem Satz zu beenden, dass der Kompromiss, der gefunden wurde, gut für die Bürgerinnen und Bürger von Rheinland-Pfalz ist.
Diese Aussage und diesen Beifall kann man nur machen, wenn man mit parteipolitischen Scheuklappen zu Erfolgsrhetorik verurteilt ist. Nur dann kann man zu solchen Aussagen kommen und diese auch noch beklatschen.
Journalisten haben die Fragen gestellt, was dort über sieben Stunden beraten worden ist. Der eigentliche Deal, Praxisgebühr gegen Betreuungsgeld, ist vorher ausgehandelt worden. Deswegen stellt sich die Frage, was dort ausgehandelt worden ist.
Wenn sich die Regierungsspitzen der Bundesregierung und die Spitzen der Regierungskoalition treffen, dann gibt es dazu Anlass. Es gibt eine Reihe von Themen, bei denen es notwendig wäre, Entscheidungen in Deutschland herbeizuführen. Dazu zählen beispielsweise folgende: Wie ist der Beitrag zur Eurokrise? Was kann seitens Deutschlands insbesondere zur Frage Griechenland geleistet werden? Dazu gehört das Thema „Tarifeinheit“. Wie sieht ein nachhaltiges Rentensystem aus? Was muss getan werden, um negativen Anzeichen einer Konjunkturschwäche entgegenzutreten? – Das sind wichtige Fragen, aber hier hat diese Bundesregierung längst resigniert, auf die wichtigen Fragen in Deutschland eine Antwort zu geben. Daher kommen diese Fragen zum Thema „Betreuungsgeld“ zustande.
Wir haben mehrfach über die Fernhalteprämie gesprochen. Ich will die Argumente nicht noch einmal aufführen. Ich bin der festen Überzeugung, die Mehrheit in der CDU und die FDP lehnen dieses Betreuungsgeld ab, weil sie wissen, dass hiermit ein Familienbild verfolgt
Dabei wissen wir, dass wir noch über 220.000 Plätze in Kindergärten brauchen. Das ist das, was die Menschen und junge Familien wollen. Mit diesem Betrag könnten pro Jahr 160.000 Plätze geschaffen werden. Das ist Geld, das die Kommunen in Rheinland-Pfalz sinnvoll ausgeben könnten. Deswegen wirkt sich dieser Kompromiss schädlich für das Land Rheinland-Pfalz aus.
Es ist von einer Lebensleistungsrente gesprochen worden. Zunächst einmal ist festgestellt worden, dass die Zuschussrente von Frau von der Leyen gescheitert ist und sie von der Bundesregierung abgelehnt wird. Stattdessen gibt es jetzt die Lebensleistungsrente. Selbst Teilnehmer des Koalitionsausschusses können heute, vier Tage danach, nicht sagen, was dort eigentlich vereinbart worden ist. Es sind mehr Fragen als Klarheiten aufgetaucht. Handelt es sich um Beitragsjahre oder Versicherungsjahre? Was bedeutet eine parallele private Vorsorge? Ist damit ein Monat oder 40 Jahre gemeint? Auf all diese Fragen können keine plausiblen Antworten gegeben werden, weil hier etwas mit einer heißen Nadel gestrickt wurde, was nicht zu Ende gedacht worden ist.
Hier werden vom Grundsatz her die Menschen hinter die Fichte geführt; denn wenn jemand 40 Jahre lang Beitragszahlungen geleistet hat und dann eine Rente unter dem Existenzminimum erhält, dann ist dieser Personenkreis nicht in der Lage, auch nur einen Cent für private Vorsorge vorzusehen. Hier werden die Menschen für dumm verkauft. Das bezeichnen Sie als gute Politik.
Wenn man sich die Finanzierung anschaut – es wird gleich noch Gelegenheit geben, darüber zu sprechen –, dann stellt man fest, dass aus dem Bereich KfW, der Krankenversicherung, den Fonds und anderen Sozialversicherungen Milliardenbeträge geräubert werden, um diese kurzfristige Finanzierung zu gewährleisten. Das hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. Dieser Kompromiss ist nachhaltig schädlich für Deutschland und in vielen Bereichen für Rheinland-Pfalz. Das können wir in der zweiten Runde noch darstellen.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Landesregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Die Entscheidungen, die beim Koalitionsausschuss getroffen worden sind, sind gut für unser Land. Sie sind gut für die Rheinland-Pfälzerinnen und Pfälzer.
Denn die jüngsten Beschlüsse haben Folgendes als Ergebnis – darüber hat Herr Hering leider nicht gesprochen; ich meine, er war auch einmal ehemaliger Verkehrsminister –: Es wird 750 Millionen Euro mehr für Investitionen in die Infrastruktur geben. Davon wird auch Rheinland-Pfalz profitieren. Das hängt aber davon ab, ob Rheinland-Pfalz in der Koalition mit den GRÜNEN auch bereit ist. Dort werden Kompromisse geschlossen, haben wir gelernt. Wenn Schwarz-Gelb das macht, ist das ein Kuhhandel. Das finde ich immer interessant. Das ist eine Frage der Perspektive. Ich finde, in der Demokratie muss man zu Kompromissen bereit sein und es nicht despektierlich als – wie der Ministerpräsident Beck sagte – primitiven Kuhhandel bezeichnen. Ich glaube, das fällt dann auf die komplette politische Klasse zurück. Das finde ich sehr, sehr schade.
Ich will aber vorab noch einmal eines sagen. Hier in Rheinland-Pfalz gab es für die GRÜNEN die Erhöhung der Cannabis-Grenze. Es gab das Abblasen der Mittelrheinbrücke. Vor allen Dingen wurden auch die Studiengebühren für Langzeitstudenten abgeschafft, damit die SPD die Hochmoselbrücke bauen kann, was wir unterstützen. Das ist dann aber kein Kuhhandel oder sachfremd, sondern das ist ein Kompromiss. Das muss möglich sein. Ich bitte aber schon darauf zu achten, auch in Zukunft wird es zwischen verschiedenen Parteien und Fraktionen Kompromisse geben müssen. Ich bin dankbar, dass bei uns, bei Schwarz-Gelb, gute Kompromisse herausgekommen sind;
Ein Zweites: Durch die Abschaffung der Praxisgebühren werden die Bürgerinnen und Bürger um rund 2 Milliarden Euro entlastet. Vor allen Dingen auch von Bürokratie entlastet werden die Ärzte und auch die Krankenkassen, was richtig und auch wichtig ist. Darüber hat Herr Hering gar nicht gesprochen, genauso wenig wie über die Infrastrukturkosten. Die KfW soll ihre Ausschüttung unter anderem – es sind etwa 500 Millionen Euro vorge- sehen – an die Länder herausgeben. Auch darüber hat Herr Hering nicht gesprochen, weil das gute Punkte sind, die gut für die Bürgerinnen und Bürger und auch für das Land sind.
Ich möchte noch eines sagen. Uns ist Folgendes wichtig. Ich bin ziemlich erschrocken darüber, wie Sie mit den Frauen und Männern umgehen, die sich entscheiden, in den ersten zwei Jahren ihrer Kinder zuliebe zuhause zu bleiben. Die CDU sieht diese Frauen und Männern nicht als Heimchen am Herd, genauso wenig wie die Frauen und Männer, die nach der Geburt wieder arbeiten gehen.
Die bezeichnen wir auch nicht als Rabenmütter und Rabenväter. Das hat etwas mit Respekt vor der Wahlfreiheit zu tun.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Wahlfreiheit ist jetzt auch erweitert worden. Das heißt, dass das Betreuungsgeld, das zum 1. August 2013 eingeführt wird, parallel auch mit dem Rechtsanspruch, natürlich ein Dreiklang ist, dass es auch nur mit dem parallelen massiven Ausbau laufen muss. Das stimmt absolut. Aber nach der Argumentation von Herrn Hering, die sachlich zumindest formal falsch ist zu sagen, dann stünde das Geld für den Ausbau der Kitas zur Verfügung, müssen Sie aber erst den Antrag stellen, dass der Bund alles übernimmt und die Länder sich dann gar nicht mehr daran beteiligen. Sie wissen doch, dass es unterschiedliche Töpfe gibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, um es noch einmal konkret zu machen, es ist aber beschlossen worden, dass es eine Auswahl gibt. Es gibt zum Beispiel auch die Möglichkeit, das Betreuungsgeld als ein Bildungssparen mit 15 Euro Zuschuss zusätzlich zum Betreuungsgeld für die Kinder anzulegen. Dann kommen nachher fast 4.000 Euro heraus, damit man einen guten Start für eine teure Weiterbildung auch der Kinder hat. Das ist eine gute Entscheidung der schwarz-gelben Koalition in Berlin.
Eine weitere Möglichkeit ist mit der Erweiterung der Basis des Betreuungsgelds gegeben, dass man es nämlich auch für die eigene Altersversorgung nutzen kann, weil einem nämlich Rentenpunkte fehlen, weil man sich in dieser Zeit zuhause um das Kind gekümmert hat. Ich denke auch, wir sollten wegkommen von den beiden Polen, dass wir gegenseitig anderen ihren Lebensentwurf oder ihr Lebensgefühl vorwerfen. Die CDU Rheinland-Pfalz, aber auch die CDU im Bund steht für die Wahlfreiheit der Väter und Mütter und der Familien. Das ist uns wichtiger als eine Ideologie, sondern es soll den Kindern gut gehen. Das können Eltern besser entscheiden als wir hier im Parlament.
Lassen Sie mich noch ein Weiteres zur Lebensleistungsrente sagen. Herr Hering, es ging darum, ob man über der Grundsicherung liegt. Ich glaube, das vereint uns alle. Wir haben jetzt etwa 2,5 % Rentner, die nach der jetzigen Definition Probleme haben. Es wird aber schwieriger werden, weil wir länger leben, weil wir einen intensiven demografischen Wandel haben. Es geht uns doch erstens darum, dass wir das Thema der Altersar
mut aufgegriffen haben. Das ist richtig. Wenn ich mir aber die Vorschläge der SPD anschaue, sind das Milliarden an Mehrforderungen und eine Verlagerung der Lasten in die Zukunft. Das ist auch nicht sozial gerecht. Vor allen Dingen hält es nicht die Generationen zusammen. Deshalb haben wir hier deutlich gesagt, diejenigen, die Anspruch auf diese Lebensleistungsrente haben,