Verehrte Frau Ministerin, ich nenne die Stichworte demografischer Wandel und Fachkräftemangel im Pflegebereich. Das jetzige Finanzierungssystem ist ungerecht und nicht tragfähig für die Zukunft. Warum tut sich die Bundesregierung so schwer, ein solidarisches und zukunftsfähiges Finanzierungssystem, eine Bürgerversicherung, einzuführen?
Herr Dr. Schmidt, das ist eine sehr politische Frage. Wir kämpfen schon ziemlich lange. In der Großen Koalition gab es kleine Schritte in die richtige Richtung. Natürlich denken die CDU und erst recht die FDP in eine völlig andere Richtung. Die FDP ist eine Anhängerin der Privatisierung oder Teilprivatisierung unserer sozialen Sicherungssysteme.
Bei der Krankenkasse haben wir es mit dieser Regierung erlebt, dass eine Teilprivatisierung eingegangen wurde. Das waren nicht wir, sondern die, die die Weichen dafür gestellt haben. Das Gleiche passiert jetzt in der Pflege. Das ist unsäglich. Das ist letztendlich eine ideologische Frage. Wir alle wissen, dass das sowieso nichts bringt. Wir sind der Auffassung, dass man die großen Risiken solidarisch absichern muss. Dazu gehört auch die Pflege.
Die Aussage der Pflegeversicherung, die damals noch unter der Federführung von Herrn Blüm eingeführt worden ist, war ursprünglich, dass man diese Risiken gemeinsam solidarisch absichert. Das war das frühere gemeinsame Denken der Volksparteien. Das muss man ganz klar sagen.
Das ist immer noch unsere Meinung als SPD, unsere gemeinsame Meinung. Wir kämpfen dafür, dass wir diesen Weg wieder einschlagen können.
Die private Pflegeversicherung hat Rücklagen, ich glaube von 21 Milliarden Euro oder 24 Milliarden Euro, obwohl sie exakt die gleichen Leistungen leistet wie die gesetzliche Pflegeversicherung. Das zeigt eindeutig, dass das System der privaten Krankenversicherung und Pflegeversicherung privilegiert ist durch die Art der Versicherten, die dort versichert sind.
Das schadet unserem Gesundheitssystem. Es schadet unserer Pflegeversicherung. Der richtige Weg wäre eigentlich gewesen, die solidarisch abgesicherte Pflegeversicherung zu stärken. Der allerbeste Weg wäre, wenn man die Trennung zwischen privater Pflegeversicherung und gesetzlicher aufgehoben hätte.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dorothea Schäfer und Susanne Ganster (CDU), Proteste an rheinland-pfälzischen Universitäten – Nummer 2 der Drucksache 16/1335 – betreffend, auf.
1. Wie haben sich die Landeszuweisungen an die rheinland-pfälzischen Hochschulen in den vergangenen fünf Jahren in absoluten und relativen Zahlen entwickelt?
2. Wie haben sich die Personal- und Sachkostenausgaben der rheinland-pfälzischen Hochschulen in den vergangenen fünf Jahren in absoluten und relativen Zahlen entwickelt?
3. Wie haben sich die Studierendenzahlen an rheinland-pfälzischen Hochschulen in den vergangenen fünf Jahren in absoluten und relativen Zahlen entwickelt?
4. Teilt die Landesregierung die Aussage der Trierer Universitätsleitung, dass ohne drastische Einschnitte bei Personal- und Sachausgaben die Universität 2014/2015 vor Engpässen stehe, die nicht aus eigener Kraft zu bewältigen seien?
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dorothea Schäfer und Susanne Ganster beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:
Wenn in der Anfrage von Protesten an rheinlandpfälzischen Universitäten die Rede ist, geschieht dies wahrscheinlich unter Bezugnahme auf eine Protestveranstaltung von Studierenden an der Universität Trier am 13. Mai; denn weitere Proteste an rheinland-pfälzischen Hochschulen sind uns nicht bekannt. Auslöser für diese studentische Kundgebung an der Universität Trier war ein vom Senat der Universität am 3. Mai geschlossenes Moratorium für die Neuausschreibung und die Neubesetzung von Dauerstellen. Der Senat hat das Moratorium am 14. Juni bestätigt und die Hochschulleitung beauftragt, eine Strukturdiskussion an der Universität Trier zu initiieren und durchzuführen.
Ich darf mit Erlaubnis der Präsidentin aus der Beschlussvorlage der 10. Sitzung des Senates der Universität Trier vom 14. Juni 2012 zitieren: Ziel soll ein Konsolidierungskonzept sein, das die Universität angesichts der zu erwartenden Haushaltsentwicklung in Lehre und Forschung leistungs- und zukunftsfähig erhält. –
An einer anderen Stelle dieser Beschlussvorlage heißt es auch, dass der Konsolidierungsprozess die Relation von Servicequalität und Kosten in allen Dienstleistungsbereichen prüfen soll und zum Aufbau eines Prozessmanagements und eines Qualitätssicherungssystems führen soll.
Ich beantworte jetzt die Frage 1: Die Zuweisungen des Landes an die Hochschulen sind für alle Ausgabenbereiche der Hochschulen unseres Landes einschließlich der Mittel aus dem Hochschulpakt von 2007 bis 2011 von 671 Millionen Euro in 2007 auf 978 Millionen Euro in 2011 gestiegen.
Absolut ist das eine Erhöhung um 307 Millionen Euro oder – anders ausgedrückt – um 46 %. Diese Steigerungen sind unter anderem natürlich auch auf den Hochschulpakt und auf das Sondervermögen zurückzuführen. Bei diesen Angaben, die ich eben gemacht habe, sind die privaten Hochschulen nicht einbezogen und auch die Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer nicht, weil diese gemeinsam von Bund und Ländern finanziert wird, und auch nicht die entsprechenden Mittel aus anderen Einzelplänen, wie zum Beispiel dem Einzelplan 12.
Zu Frage 2: Die Ausgaben der Hochschulen für die Bereiche Personal und Sachkosten lassen sich derzeit nur bis zum Jahr 2010 betrachten, weil die Ist-Zahlen der Hochschulen mit Globalhaushalten noch nicht vorliegen. Es wird daher nur ein Vergleich für die Jahre 2007 und 2010 gezogen. In den genannten Bereichen sind die Ausgaben der Hochschulen von 2007 bis 2010
von ca. 599 Millionen Euro auf ca. 710 Millionen Euro gestiegen. Das ist absolut eine Erhöhung um ca. 111,6 Millionen Euro oder – wiederum prozentual ausgedrückt – um 19 %. In diesen Ausgaben sind auch Mittel von Dritten, also sogenannte Drittmittel, enthalten.
Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass ein Vergleich der unter Frage 1 genannten Zuweisungen des Landes und der Ausgaben für Hochschulen für die Bereiche Personal und Sachkosten nicht möglich ist, weil hier noch die Angaben für 2011 fehlen.
Zu Frage 3: Die Zahl der Studierenden an den Hochschulen des Landes ist von 2007 bis 2011 von 100.581 auf 111.375 gestiegen. Dies sind ca. 11.000 Studierende bzw. 11,3 % mehr. Auch im Jahr 2010 ist es in Rheinland-Pfalz gelungen, die Personalausstattung schneller zu steigern als die Zahl der Studierenden. Das kann man an der Relation Studierende zu wissenschaftlichem Personal, also am Betreuungsverhältnis, ablesen, das sich von 18,6 im Jahr 2009 auf 18,0 im Jahr 2010 verbessert hat.
Zu Frage 4: Wie in der Vorbemerkung bereits ausgeführt, hat die Universität Trier beschlossen, sich einer mittel- und langfristigen Strategiediskussion zu stellen. Dies hat in Verbindung dann auch mit dem Moratorium offensichtlich zu erheblichen Irritationen und Sorgen insbesondere bei den Studierenden geführt. Die Landesregierung legt Wert darauf, dass das Anstoßen dieser Strategiediskussion und auch das Moratorium eine alleinige Entscheidung der Universität Trier ist. Es gibt entsprechende Aussagen im Senatsbeschluss vom 15. Juni, dass ein kontinuierlicher Dialog mit dem zuständigen Ministerium diese Reform begleiten soll. Es ist selbstverständlich mit dem Präsidenten der Universität Trier vereinbart, dass gemeinsame Gespräche geführt werden.
Die Leitung der Universität Trier selbst sieht 2012 und 2013 keine wesentlichen Schwierigkeiten. So ist es ihren Pressemeldungen zu entnehmen. Ab 2014 erwartet die Hochschule aufgrund der Schuldenbremse Einsparungen, von denen sie wiederum selbst sagt, dass sie nicht kalkulierbar sind. In der Tat haben weder die Landesregierung noch der Landtag die von der Universität Trier in den Raum gestellten Kürzungen oder befürchtete Kürzungen in den Haushalten ab 2014 beschlossen. Einige ihrer Befürchtungen kann man der Universität Trier nehmen. So werden Übererfüllungsmittel des Hochschulpaktes für die zweite Phase – für die Nichthochschulpolitiker unter Ihnen, das sind Zuweisungen für die zusätzlichen Studienanfängerinnen und -anfänger; das nennt man in der technischen Sprache Übererfüllungsmittel –, die die Universität Trier in ihren Vorausberechnungen wohl noch nicht einbezogen hat, auf der vertraglich vereinbarten Grundlage fließen.
Auch gibt es, anders als in den Prämissen der Universität Trier angenommen, keine Belege dafür, dass der Hochschulpakt im Jahr 2015 endet – davon geht die Universität Trier offensichtlich aus –; denn auf Druck der Länder wurde bei der letzten gemeinsamen Wissenschaftskonferenz im März beschlossen, eine BundLänder-Staatssekretärs-Arbeitsgruppe mit dem Auftrag einzurichten, die finanziellen Auswirkungen der gestie
genen Zahl an zusätzlichen Studienanfängerinnen und -anfängern zu berechnen. Frau Ministerin Ahnen, die heute wegen der Kultusministerkonferenz leider nicht hier sein kann, hat sich exakt bei dieser gemeinsamen Wissenschaftskonferenz sehr massiv für eine rasche Nachverhandlung mit dem Bund eingesetzt.
Abschließend kann ich sagen, dass die Landesregierung sich auch weiter bemühen wird, die Hochschulen des Landes adäquat auszustatten. Dazu gehört dann auch die erforderliche Kofinanzierung des Hochschulpaktes.
Frau Staatssekretärin, wie beurteilen Sie die Diskrepanz zwischen dem, was Sie uns eben vorgetragen haben, und dem, was unter anderem die Hochschule in Trier hinsichtlich der Versorgung bzw. der Engpasssituation an dieser Hochschule sieht, unter anderem auch noch einmal, was die Forderung nach einer mittelfristigen Finanzplanung angeht? Wie kommt es zu dieser Diskrepanz? Woran liegt es Ihrer Auffassung nach, dass diese Engpässe vorgetragen werden?
Ich habe eben versucht zu erläutern, dass die Universität Trier sagt, 2012 und 2013 kommen sie mit ihrem Haushalt hin. Sie befürchtet aber Kürzungen ab 2014. Diese Befürchtung ist von der Universität so formuliert worden, dass sie gesagt hat, sie machen jetzt ein Moratorium und können keine dauerhaften Stellen mehr besetzen, was wiederum zu diesen studentischen Protesten geführt hat.
Parallel zu dieser Befürchtung der Universität Trier – das weiß auch der Präsident, weil ich mit ihm darüber gesprochen habe – laufen zurzeit in Berlin im Rahmen einer Staatssekretärsarbeitsgruppe zwischen der Bundesregierung und den Ländern Verhandlungen über die Liftung des Deckels im Hochschulpakt, weil man ganz einfach weiß – wir alle wissen das –, dass die reale Zahl von Studienanfängerinnen und -anfängern, die auf der KMK-Prognose von 2009 berechnet worden ist, jetzt schon deutlich höher liegt bzw. 2013 das Maß erreicht, das eigentlich erst für 2015 prognostiziert war.
Wenn Sie so wollen, ist das eine sehr erfreuliche Entwicklung, weil Deutschland genügend gut ausgebildete Menschen braucht. Der Hochschulpakt ist aber auf einer anderen Grundlage berechnet.
Alle unsere Hochschulen, nicht nur die Universität Trier, wissen, dass wir uns sehr dafür einsetzen, dass wir im Rahmen der Verhandlungen mit der Bundesregierung mehr Mittel im Hochschulpakt jetzt schon für die zweite Phase bekommen, damit wir unsere Hochschulen in Bezug auf die zusätzlichen Studienanfänger auskömmlich finanzieren können. Diese Diskussion ist aber im Prozess. Man kann also den Universitäten – so auch der Universität Trier – sagen, ja, wir sehen, dass wir zusätzliche Studienanfänger haben, dass wir ab 2014 spätestens auch zusätzliche Mittel durch den Hochschulpakt brauchen.
Das ist zumindest die Länderauffassung. Der Bund sieht das ein bisschen anders. Deswegen haben wir auch die Initiative ergriffen – ich sagte ja, sie ging auch sehr stark von Frau Ministerin Ahnen aus –, dass man hier dringend Verhandlungen aufnehmen muss. De facto – das sagt die Universität Trier auch selbst – gibt es in den Jahren 2012 und 2013 keine massiven oder keine wesentlichen Probleme. Für die Situation im Jahr 2014 versuchen wir, Vorsorge im Sinne einer guten Verhandlung über den Hochschulpakt zu treffen.
Frau Staatssekretärin, ich habe eine Frage zu den Rücklagen. Ich erinnere mich, dass in den Haushaltsberatungen auch die Rücklagen der Hochschulen eine wesentliche Rolle gespielt haben. Haben Sie Kenntnis davon, ob es relevante Rücklagen gibt und ob die dann auch Teil der Überlegungen zum Konsolidierungsprozess sind?
Ja, wir haben Kenntnis über die Rücklagen der Hochschulen. Auch die Universität Trier – auch darüber habe ich mit dem Präsidenten gesprochen – hat Rücklagen. Diese betragen etwas mehr als 35 Millionen Euro, die als Rücklage vorhanden sind. Ihre Frage verstehe ich insofern, ob es konkreten Anlass für das Moratorium, für diese Proteste gibt. Das Moratorium – das habe ich dargestellt – ist eine autonome Entscheidung der Hochschule. Einen konkreten aktuellen Anlass in dem Sinne gibt es derzeit nicht.
Frau Staatssekretärin, wie bewerten Sie in diesem Kontext die Einnahmeausfälle der Hochschulen durch die Abschaffung der Langzeitstudiengebühren?
Ich möchte die Frage gern noch einmal im Kontext der Frage der Abgeordneten Frau Schleicher-Rothmund beantworten, die mich gefragt hat, wie hoch die Rücklagen sind. Ich habe sie mit etwa 35 Millionen Euro beantwortet.
Ihre Frage, wie hoch die Ausfälle aufgrund des Wegfalls der Langzeitstudiengebühren sind, kann ich wie folgt beantworten: Für die Universität bedeutet das in etwa eine Größenordnung von 600.000 Euro.