Ich rufe die Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Anna Neuhof (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Legehennenhaltung – Nummer 3 der Drucksache 16/1063 – betreffend, auf. Ich erteile Frau Neuhof das Wort.
Herr Präsident Schnabel, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste! Das Aufstöhnen der Kollegen aus der CDU, dass das Thema schon wieder behandelt und angesprochen wird, denke ich, kann nicht uns gelten, sondern sollte Ihren Kollegen in Berlin gelten. Es sollte auch Ihrer Bundesministerin gelten.
Ich muss mir ganz ernsthaft die Frage stellen, was ein Bundesratsbeschluss in Zeiten der schwarz-gelben Koalition noch wert ist.
Diese Frage stelle ich ganz intensiv. Ich meine es sehr ernst, und es ist keine pure Polemik. Denn ich muss schon fragen: Was ist los in diesem Staat, wenn der Beschluss des Bundesrats keine Konsequenz und keine Relevanz für Bundesministerinnen hat?
Ich möchte einmal eine Zeitreise machen; das hat die Qualität von „Die unendliche Geschichte“. 1999 hat das Verfassungsgericht gesprochen – verständlich, klar und eindeutig. Wenn wir jetzt davon ausgehen, dass nach dem Willen der Bundesregierung 2035 endlich das Ganze in trockenen Tüchern sein soll, dann reden wir von 36 Jahren. Ich möchte irgendeinen Biologen bitten, mir zu erklären, wie viele Generationen Legehennen davon dann betroffen sind. Ich habe keine Zeit gehabt, mir das auszurechnen, aber wir reden hier durchaus in Generationen auch von Menschen.
Ich bin froh, dass das Land Rheinland-Pfalz aktiv geworden ist, obwohl die Legehennenhaltung in RheinlandPfalz doch eher marginale Bedeutung hat. Wenn ich irgendwann einmal beschließe, dass ich es ernst mit dem Tierschutz nehme, dann bin ich auch initiativ, wenn es sich um Bereiche handelt, die in dem Land selbst nicht die große Rolle in der Landwirtschaft spielen.
Als ich über die Legehennenhaltung nachgedacht habe, ist mir auch die eine oder andere Frage in Richtung Frau Aigner durch den Kopf gegangen. Warum macht sie das? Sie ist doch sonst eigentlich ganz patent und weiß, was Recht und Gesetz ist. Warum stellt sie sich gegen diesen Bundesratsbeschluss? Außerdem: Wem nützt das? – Ich tue Ihnen jetzt nicht den Gefallen, alle diese Fragen im Einzelnen zu beantworten.
Ich sage Ihnen jedoch ganz klar: Dem Tierschutz nützt sie nichts, und die Lobbyisten würde ich mal fragen.
Ich muss kein Tierschützer sein, um zu erkennen, dass vernünftige Tierhaltung durchaus monetäre Effekte hat und finanziell sinnvoll ist. Die Verbraucher sowie die Discounter haben das erkannt. Ich denke, es würde noch sehr viel mehr Unterstützung, ob gewollt oder ungewollt, für den Tierschutz geben, wenn die Auszeichnungen so weit fortgeschritten wären, dass zum Beispiel im Bereich „Eier“ alle Eiprodukte, auch die verarbeiteten, gekennzeichnet würden. Sie können doch wirklich glauben, wie schnell dann die Eier erzeugende Industrie bereit ist, ihre Haltungsformen umzustellen.
Es kann auch nicht sein, dass wir als Menschen, die durchaus respektabel für Tiere eintreten, nicht wirklich dagegen protestieren und Frau Aigner in die Pflicht nehmen, dass wir es lieber akzeptieren, dass Lebensmittel möglichst billig erzeugt werden und Lebensmittel auch möglichst billig zu haben sind.
Aber wie schon ausgeführt worden ist, die Verbraucherinnen und Verbraucher sind bereit, mehr Geld für aus artgerechter Haltung hergestellte Lebensmittel zu zahlen. Das ist ein Profitcenter für Rheinland-Pfalz, das ist ein Profitcenter für die bäuerliche Landwirtschaft.
Ich glaube, es ist ziemlich dumm, wenn man dieses nicht nutzen könnte, um die eigenen Infrastrukturen und Ressourcen zu verstärken.
Da wir hier sozusagen in einer eigenartigen Situation nach dem 1. April sind, möchte ich Ihnen kurz sinngemäß den § 2 Abs. 2 aus dem Bundestierschutzgesetz in Erinnerung rufen. Darin steht geschrieben, wie Tiere zu halten sind, nämlich dass ihnen keine Schmerzen zugefügt, vermeidbare Leiden und Schäden vermieden werden sollen bzw. nicht stattzufinden haben. Das ist eine ganz klare Handlungsanweisung.
Ich war sehr beruhigt, als die Ministerin eben sagte, dass genau dieser Paragraf und alle Ausführungen der Nutztierhaltung zum Tragen kommen. Dann wollen wir einmal sehen, wie es weitergeht.
Ich kann Ihnen nur sagen – das ist auch ein Stück Lebenserfahrung –: Wer den Tierschutz ernst nimmt, muss dafür sorgen, dass er alltägliche Realität wird und auch konsequent eingesetzt und verfolgt wird.
Ich bin gleich fertig. – Das wird letztendlich zum Wohl der Tiere und zum Wohl der Menschen, auch in Bezug auf Antibiotika und Ähnlichem, beitragen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte nicht glauben, dass wir heute Morgen schon wieder über die Legehennen sprechen müssen, aber nicht deshalb, weil es kein wichtiges und ernstes Thema ist, sondern weil ich nur noch mit dem Kopf schütteln kann, wie die Bundeslandwirtschaftsministerin und auch der schon namentlich angesprochene Peter Bleser als Staatssekretär mit der Neuregelung der Legehennenhaltung jetzt umgehen.
Man kann es aber auch ganz einfach ausdrücken und den Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands zitieren, der sagt: Es ist einfach ein Trauerspiel. –
Obwohl Ministerin Aigner sich Anfang letzten Jahres selbst für den Tierschutz stark machen wollte, blockiert sie jetzt das Verfahren und verweigert die Umsetzung des mühsam gefunden, dann jedoch breit getragenen Konsenses. Das erschließt sich mir überhaupt nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will es ein bisschen konkreter machen als Frau Kollegin Neuhof. Ich sage, das liegt daran, weil sie keinen Rückhalt in der eigenen Koalition hat. Die schwarz-gelbe Koalition diktiert ihr die Richtung, und die Lobbyisten dort geben die Marschrichtung an.
Aus meiner Sicht hat sie wieder einmal ihrem Spitznamen als „Ankündigungsministerin“ alle Ehre gemacht. Von daher herzlichen Glückwunsch!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Bundesrat hat einen guten Vorschlag gemacht, an dem RheinlandPfalz maßgeblich beteiligt war. An dieser Stelle auch mein Dank an Frau Ministerin Höfken, die da auch sehr stark involviert war.
Es ist nicht so, dass das ein Kompromissvorschlag war, der im luftleeren Raum stand. Es ist schon angesprochen worden, das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft hat ein Gutachten vorgelegt, an das man sich halten konnte. Die Zahlen 2023 bzw. 2025 haben nicht gegriffen. Man hat darüber diskutiert. Das ist ein Stück Bestandsschutz und Planungssicherheit. Im Gegensatz zu der grotesk langen Frist bis 2035 ist das ein Datum, mit dem alle Beteiligten hätten leben können.
Ich will kurz die europäische Dimension ansprechen, weil die Bodenhaltung und Freilandhaltung kostenintensiver sind als Käfighaltung. Ich will deswegen jedoch ausdrücklich betonen, dass ich von der Europäischen Kommission erwarte, dass sie rigoros für die Umsetzung der Richtlinien sorgt.
Das erzwungene Importverbot ist aus meiner Sicht daher eindeutig zu begrüßen. Es ist von Frau Höfken schon angesprochen worden, dass es nicht unbedingt zu Wettbewerbsverzerrungen gekommen ist und die Horrorszenarien, die damals gemalt worden sind, wenn diese Regelungen umgesetzt werden, nicht auf Kosten der Landwirtschaft in Deutschland gehen. Es ist so, dass gerade hier Wachstumsziele erreicht werden konnten.
Gleichzeitig will ich betonen, dass wir den Tierschutz, der immerhin Verfassungsrang hat, und die Landwirtschaft nicht gegeneinander ausspielen sollten. Das versuchen Sie immer wieder. Insofern kann ich mir nur wünschen, dass wir nach dem 31. März – ich habe zwar wenig Hoffnung, dass noch ein Umdenken in der Bundesregierung erfolgen wird – keinen Flickenteppich haben und uns dann wirklich darum kümmern können, im Interesse des Tierschutzes, im Interesse der Landwirtschaft und der Verbraucher, eine gemeinsame Lösung hinzubekommen.
Das ist wichtig, wichtig über Rheinland-Pfalz hinaus, und ist nicht nur ein rheinland-pfälzisches Thema, sondern ein Thema, das uns alle interessieren sollte. Denn Ostern steht vor der Tür, und ich denke, wir alle wollen unsere Ostereier aus artgerechter Haltung.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Vorab: Es ist absolut gut, dass Legebatterien und Käfiganlagen mit Drahtgeflechten als Boden ein Ende haben und nicht mehr im Einsatz sind.
Aber wir sind schon einen Schritt weiter. Ich möchte kurz darstellen, welche Voraussetzung in der Kleingruppenhaltung gegeben sein muss.
Eine solche Erhaltungseinrichtung sieht eine Gesamtmindestfläche von 2,5 m2 vor, eine Mindesthöhe von 60 cm, eine Mindestfläche von 800 bzw. 900 cm2, je nach Lebendgewicht der Hennen, und Legenest, Sitzstange, Einstreubereich, Einrichtungen für Abrieb vor.