Protocol of the Session on February 4, 2010

Wenn wir für unser Schulsystem weiterhin Chancengerechtigkeit wollen, muss gerade in integrativen Systemen genügend Personal zur Verfügung stehen, damit Lehrerinnen und Lehrer auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler eingehen können. Wenn ab Klasse 7

in den Realschulen plus wieder Klassen von 30 Schülerinnen und Schülern die Regel sind,

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wie viele?)

gerade auch für eine Altersgruppe, die danach in die Pubertät eintritt und nicht gerade unproblematisch sein wird,

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Sie sollten sich einmal mit der durchschnittlichen Klassengröße beschäftigen, Frau Kollegin!)

dann wird es problematisch werden.

Schon heute fordern VDR und GEW zu Recht, dass die Schülerhöchstzahl von 25 Kindern doch bitte auch in den Klassen 7 bis 10 fortgeschrieben werden soll. Der VDR fordert darüber hinaus auch für die Orientierungsstufe schon eine Doppelbesetzung in den Kernfächern.

(Schweitzer, SPD: Dreifach wäre noch besser!)

Das spiegelt offensichtlich die Lernbedingungen in den Realschulen plus wider. Sie sollten sich auch dieser Kritik annehmen. Die FDP-Landtagsfraktion unterstützt diese Forderungen nachdrücklich.

(Beifall bei der FDP – Schweitzer, SPD: Dreifach wäre noch besser!)

Wir können – das wissen wir alle – das von Ihnen mit absoluter Mehrheit beschlossene Gesetz nicht rückgängig machen. Wir konnten auch nichts dagegen tun. Aber wir hoffen, dass wir wenigstens etwas dazu beitragen können, durch eine öffentliche Diskussion die Bedingungen für die Schülerinnen und Schüler zu verbessern,

(Glocke des Präsidenten)

unter denen sie lernen müssen. Wir glauben, dass hier ein wichtiger Schlüssel liegt.

In der zweiten Runde werde ich noch weitere Dinge vortragen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP und bei der CDU)

Das Wort hat die Kollegin Beilstein für die CDU-Fraktion.

(Fuhr, SPD: Das war die Rede von vor einem Jahr!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zweimal in einem Schuljahr wird Bilanz gezogen, dann gibt es Zeugnisse.

(Vizepräsident Bauckhage übernimmt den Vorsitz)

Nach einem Halbjahr Realschule plus wird es auch Zeit, hier einmal Bilanz zu ziehen.

(Pörksen, SPD: Ja, ja!)

Da wird immerhin klar, wofür jetzt das „plus“ steht. Es steht für ein Plus an Verwirrung bei den Eltern, es steht für ein Plus an Verärgerung bei den Schulträgern wegen vieler ungeklärter Fragen,

(Beifall bei der CDU)

es steht für ein Plus an Unmut in den Lehrerzimmern wegen ungleicher Bezahlung, und es steht für ein Plus an der Erkenntnis, dass auch inhaltlich nicht das gehalten wurde, was vom Bildungsministerium versprochen worden war.

(Beifall der CDU)

Ich möchte insbesondere die Problematik von der kommunalen Seite her beleuchten. Hier wird zunehmend mehr deutlich, dass es von Anfang an erklärter Wille der Landesregierung war, die Schulträgerschaft insgesamt auf die Kreisebene zu hieven.

Nachdem ursprünglich der angedachte Weg, der direkte, im Gesetzgebungsverfahren gescheitert ist, versucht man es jetzt durch die Hintertür, nämlich auf dem Weg, der jedem Bürgermeister und jedem Kämmerer am meisten weh tut und den auch die Ratsmitglieder verstehen, nämlich den Weg über den kommunalen Geldbeutel.

(Noss, SPD: Das ist doch Schwachsinn, was Sie da erzählen!)

Wenn in einer Verbandsgemeinde sowohl der Kreis als auch die Verbandsgemeinde Träger einer Realschule plus sind, dann wird es künftig nicht mehr möglich sein, dass der Kreis sich an den Kosten der Trägerschaft beteiligt. Das hat der Präsident der ADD, Herr Dr. Mertes, ganz klar ausgeführt. Es handelt sich hierbei um freiwillige Leistungen, die er bei defizitären Kreisen nicht dulden wird.

Dann steht ganz schnell fest, was das in der Praxis bedeutet. Die Verbandsgemeinden, die Schulträger bleiben wollen, sind finanziell ganz klar schlechtergestellt, weil sie nicht nur ihre eigene Schule zu schultern haben, sondern über die Kreisumlage noch ein zweites Mal mit im Boot sind. Auf diese Weise werden die Verbandsgemeinden als bisheriger Schulträger ganz klar hinten herum genötigt, die Schulträgerschaft abzugeben; denn wer hat heute noch das Geld zweimal in der Tasche, um zu zahlen.

(Pörksen, SPD: Sehr hilfreich Ihre Rede! Das muss ich schon sagen! Sehr hilfreich!)

Fakt ist auch, dass es in den Fällen, in denen sich unterschiedliche Schulträger über eine gemeinsame Verantwortung für eine künftige Realschule plus unterhalten wollen, im rechtlichen Nebel stochern – wir hatten das Thema schon eben in der Aktuellen Stunde –, weil nach wie vor keine Verordnung da ist, die klarstellt, welche

gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten wie im Praktischen umgesetzt werden können. Das führt dann zu solchen Auswüchsen, dass zwar für eine künftige Realschule plus Räume gebaut und Investitionen getätigt werden sollen, aber da noch niemand so recht weiß, wer Schulträger sein wird und wer dann die Kosten bezahlen soll, wird das Ganze noch aufgeschoben, und es wird weiter zugewartet.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zu einem weiteren Punkt, der Ärger verbreitet und bei dem ebenfalls wieder deutlich wird, dass die Betroffenen vor Ort mit der Umsetzung alleingelassen werden. Da spreche ich die Schulbuchausleihe an.

Sie betrifft nämlich insbesondere die neuen Realschulen plus, die jetzt an den Start gehen. Das sind diejenigen, die quasi neu entstehen aus einer ehemaligen alleinigen Realschule oder aus einer neuen Gemeinschaft mit der Hauptschule. Um so etwas zu schultern, braucht man pädagogische Konzepte. Das bedeutet eine Menge Arbeit, einen großen Aufwand, viel Einsatz. Da darf man sich schon fragen, warum die Landesregierung in einer Zeit solch starker Umbrüche gerade den Schulen auch noch diese zusätzliche Organisation zumutet.

(Fuhr, SPD: Das gibt es ja wohl nicht! Das ist ja wohl der absolute Hammer! – Weitere Zurufe von der SPD)

Sie sollten sich vielleicht mit den Leuten in der Praxis unterhalten. Dann werden auch Sie von diesen Problemen erfahren. Unser Bestreben war es, genau aus diesem Grund mit der Schulbuchausleihe in der Grundschule zu beginnen. Aber Sie müssen natürlich im Sekundarstufen-I-Bereich den Realschulen plus alles zumuten.

(Beifall bei der CDU)

Um das Ganze zu komplettieren, kommen dann jetzt noch Organisation und Entscheidungsfindung bezüglich der Einrichtung von Fachoberschulen dazu. Da gibt es ebenfalls noch keine Verordnung. Aber die Schulträger sollen sich schon bis Ende März gemeldet haben. Auch hier wird wieder deutlich: unausgegorene Gedanken. Die Schulträger werden scharf gemacht auf etwas, wofür es noch keine Umsetzungsanleitung gibt. Die Verantwortlichen vor Ort sollen sich gegenseitig den Rang ablaufen, damit da auch später der Schwarze Peter festgemacht werden kann. Aber das Heft des Handelns, das Ja oder das Nein, will man hier in Mainz in der Hand behalten.

(Zuruf der Abg. Frau Brück, SPD)

Frau Ministerin, wenn die GEW resümiert, die Realschule plus läuft noch lange nicht rund, wenn der Regionalelternsprecher feststellt, dass im Hinblick auf die versprochene individuelle Förderung mehr Lehrerwochenstunden fehlen, und wenn Sie dann in der Praxis noch nicht einmal die normalen Stunden abdecken,

(Glocke des Präsidenten)

wenn dann auch noch bei der kommunalen Umsetzung gravierende Mängel bekannt sind,

(Glocke des Präsidenten)

muss man einfach das Fazit ziehen: Inhaltlich klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander, und in der Umsetzung haben Sie das Ganze ohne die Menschen vor Ort gemacht.

(Glocke des Präsidenten)

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Brück für die SPDFraktion.