Protocol of the Session on September 3, 2009

Das ist meine Auffassung, die ich auch darlegen kann.

Wenn in einer Regierung eine Entscheidung getroffen wird, ist zu erwarten, dass diese Entscheidung von der gesamten Regierung getragen wird. Das ist konsequentes Regierungshandeln.

(Beifall der SPD)

Dies hat Herr zu Guttenberg nicht getan. Es gab eine klare Entscheidung der Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern. Sie wissen, in den Sitzungen im Bundeskanzleramt ist eine klare Entscheidung für das Konzept von Magna gefallen. Nach dieser klaren Entscheidung hat Herr zu Guttenberg erneut andere Varianten – auch die einer Insolvenz – ins Spiel gebracht. Dies hat auch im GM-Konzern zu Verwirrung geführt. Dies hat diese motiviert, auch andere Konzepte, die ihrer Interessenlage vielleicht eher entsprechen, nämlich der rein amerikanischen, weiterzuverfolgen – RHJI.

Ich bin der Auffassung, wenn es hier eine klare Positionierung auch des Bundeswirtschaftsministers gegeben hätte, wären die Chancen sehr hoch gewesen, dass schon jetzt eine Entscheidung zugunsten von Magna gefallen wäre. Herr zu Guttenberg trägt ein hohes Maß an Verantwortung, wenn es hier zu Problemen kommt.

(Beifall der SPD – Frau Kohnle-Gros, CDU: Das ist doch reine Spekulation!)

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Eymael.

Herr Minister, die bisherigen Verhandlungen haben überhaupt kein erfolgreiches Ergebnis gebracht, sondern sie haben zur Verunsicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beigetragen. Sie waren noch nie so verunsichert wie zum jetzigen Zeitpunkt. Ich habe mit einigen gesprochen. Man muss aufpassen, dass die Politik insgesamt glaubwürdig bleibt.

Ich frage Sie: Sitzen Sie eigentlich selbst am Verhandlungstisch oder in irgendeiner Gruppe? – Sie haben angekündigt, bereits bevor ein Konzept vorlag, dass Sie 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt haben. Ich möchte wissen, ob Sie selbst bei den Verhandlungen

dabeisitzen. Oder wie können Sie überhaupt GM beeinflussen mit Ausnahme von verbalen Forderungen?

Es gibt unterschriftsreife Verträge sowohl von RHJI als auch von Magna, ausgehandelt mit GM. Die Verhandlungen bezüglich GM und Deutschland werden von der Task Force begleitet, in der in Vereinbarung mit der Bundesregierung die Länder einen Vertreter haben, über den wir an den Verhandlungen teilnehmen. Es gibt ein vollkommen unkompliziertes Abstimmungsverhalten zwischen den Ländern, eine klare gemeinsame Position der vier Bundesländer, die sich auf eine klare Position verständigt haben und die wir auch klar nach außen vertreten. Das Problem liegt innerhalb der Bundesregierung bezüglich der Positionierung.

Ich halte es, um es noch einmal zu betonen – das hat jetzt nichts mit Parteipolitik zu tun –, für unerträglich, dass nach einer Entscheidung in einer Regierung Teile der Regierung diese Entscheidung konterkarieren und andere Positionen nach außen vertreten. Das ist im Regierungshandeln inakzeptabel. Das kann gegebenenfalls Ursache dafür sein, dass wir zeitnah keine konstruktive Entscheidung bekommen werden. Dann muss auch benannt werden, wer dafür gegebenenfalls die Verantwortung trägt.

Ich habe auch dargelegt, dass eine Insolvenz aufgrund der Rahmenbedingungen, die wir haben, unverantwortlich ist. Bei einem internationalen Konzern mit sechs Standorten in Europa ist das praktisch nicht umsetzbar.

(Beifall der SPD)

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Mohr.

Herr Minister, in dieser tragischen Situation, die von allen Fragestellern angesprochen worden ist, sind gerade in der letzten Augusthälfte von Autoexperten Meinungen in Presse und Rundfunk dargestellt worden. Liegen Ihnen Erkenntnisse darüber vor, was diese Autoexperten zu dieser tragischen Situation, in der wir uns jetzt befinden, geäußert haben?

(Licht, CDU: Welche meinen Sie? Wie viele gibt es? Wer könnte etwas gesagt haben?)

Herr Licht, keine Angst, die Frage bringt mich nicht in Verlegenheit.

Es gibt einen Autoexperten, der häufiger zu dieser Frage zitiert wird. Noch häufiger als der Kollege Licht wird Herr

Dudenhöffer als Autoexperte in dieser Frage zu Rate gezogen und zitiert. Dieser hat sich gegenüber „RP ONLINE“ am 26. August 2009 geäußert.

(Licht, CDU: Sind Sie auf die Frage vorbereitet?)

Wir sind, wie Sie wissen, immer gut vorbereitet, insbesondere auf die Fragen der Opposition.

Ich will zwei Sätze dieses Autoexperten zitieren, weil in ihnen sehr prägnant das zusammengefasst wird, was ich eben geäußert habe.

Das Zitat von Herrn Dudenhöffer: „Wirtschaftsminister zu Guttenberg hat die Sache verbockt. Die Kanzlerin muss Opel zur Chefsache erklären.“ So der Professor aus Duisburg.

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Kohnle-Gros.

(Licht, CDU: Jetzt wissen wir, woher die Frage kam!)

Ich will noch einmal auf die für Deutschland in diesem Zusammenhang existenziellen Fragen zurückkommen. Herr Minister, Sie haben angedeutet, dass es um ein tragfähiges, nachhaltiges industriepolitisches Konzept geht. Das ist auch – in Person der Bundeskanzlerin – die Haltung der Bundesregierung.

(Staatsminister Hering: „Der Kanzlerin“ ist richtig!)

Sie sagt, sie machten das mit den Bürgschaften bevorzugt für Magna, weil sie dort ein industriepolitisches Konzept sähen.

Die Sache lässt sich noch ausweiten – das ist meine Frage –: Es geht, vor allem auch für den Standort Rheinland-Pfalz, darum, dass wir Ingenieurleistungen, die zum Beispiel in Rüsselsheim erbracht werden, aber auch die qualifizierte Arbeit der Mitarbeiter in Kaiserslautern und an anderen Standorten sichern und damit auch ein Stück weit den Standort Deutschland. Sind Sie ebenfalls dieser Meinung, und tragen Sie dieses Konzept mit?

Wir haben uns sehr frühzeitig positioniert und uns für das Konzept von Magma ausgesprochen. Wir tragen dieses Konzept aus den von Ihnen genannten Gründen mit.

Die Übernahme durch RHJI bedeutet de facto nichts anderes, als dass das GM-Management, das bisher die Entscheidungen getroffen hat, auch zukünftig die Entscheidungen bei Opel trifft. Die, die die Misere bei Opel mit verursacht haben, sollen diejenigen sein, die das

Zukunftskonzept von Opel umsetzen. Dahinter setzen wir ein großes Fragezeichen.

(Zuruf des Abg. Dr. Rosenbauer, CDU)

Wir haben immer gesagt, wir brauchen dort einen strategischen Investor, der Know-how, Kompetenz und zusätzliches Auftragsvolumen mit einbringt. Das ist das Konzept von Magna, einem kompetenten Zulieferer, der den nächsten konsequenten Schritt hin zur Endmontage macht. Das ist die Weiterentwicklung eines leistungsfähigen Zulieferers. Wir glauben auch, dass sich die Automobilindustrie in diesem Bereich dorthin entwickelt.

Deswegen ist das Konzept von Magna überzeugend und das bessere Konzept für den Standort Deutschland. Ich will ausdrücklich betonen, die Bundeskanzlerin hat sich klar für dieses Konzept entschieden und vertritt auch die Auffassung der vier Länder, sich nur für das MagnaKonzept zu engagieren. Das ist eben auch die Möglichkeit, uns in die Verhandlungen einzubringen und zu sagen, dass es aus Deutschland nur für ein tragfähiges Konzept Geld geben wird. Das ist nach unserer Auffassung das Magna-Konzept.

(Beifall der SPD)

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Billen. – Herr Kollege Billen, Sie hatten eine Frage. Haben Sie sie noch?

Aber selbstverständlich. – Da er auf dem Laufenden ist, wollte ich den Herrn Minister fragen, zu welchen Steuergeldeinsparungen gegenüber dem Ursprungskonzept die verschiedenen Konzeptionen führen würden, wenn sie jetzt zum Tragen kämen.

Das Magna-Konzept sieht Bürgschaften in der Größenordnung von insgesamt 4,5 Milliarden Euro vor. Das RHJI-Konzept in seiner modifizierten Form sieht einen geringeren Betrag vor, wobei das Entscheidende nicht ist, wie hoch die Bürgschaft im Ergebnis ist, sondern das Entscheidende ist, ob das Konzept tragfähig ist.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Finde ich auch!)

4,5 Milliarden Euro, die verbürgt worden sind und nachher mit Bürgschaftsgebühren zurückgezahlt werden, sind gegebenenfalls sogar ein Gewinn für den Steuerzahler. Eine Bürgschaft von 3 Milliarden Euro, die nachher in nennenswertem Umfang fällig wird, ist ein hoher Verlust für den Steuerzahler. Deswegen können Sie das Engagement des Steuerzahlers nicht an der Höhe der Bürgschaft festmachen, sondern an der Tragfähigkeit des Konzeptes und daran, wie wahrscheinlich es ist, dass der Steuerzahler de facto über die Bürgschaften

zur Kasse gebeten wird. Das, und nicht die Höhe der Bürgschaften, ist die entscheidende Frage, die beantwortet werden muss.

(Beifall der SPD)

Eine Zusatzfrage des Kollegen Schmitz. Herr Eymael, dann kommen Sie dran.

Herr Minister, Sie haben eben den Bundeswirtschaftsminister ob seines Verhaltens in der jetzt besprochenen Angelegenheit heftig kritisiert. Wie würden Sie sich in einer Situation verhalten, in der Sie sehen, dass eine Kabinettsentscheidung zweifelsfrei in die falsche Richtung läuft? Wo liegt Ihre persönliche Grenze zwischen Amtseid und Kabinettssolidarität?

(Zurufe von der SPD)

Wir haben in der Verfassung klare Regeln dafür, wie Entscheidungsprozesse zustande kommen und dass Kabinettsentscheidungen mit Mehrheit gefällt werden bzw. der Regierungschef oder die Regierungschefin von seiner bzw. ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch macht. Es ist die Aufgabe der jeweiligen Mitarbeiter oder auch Minister, die entsprechenden Entscheidungen umzusetzen. Wenn man meint, dies nicht umsetzen zu können, muss man die Konsequenzen ziehen. Aber man kann nicht sagen, man trägt das mit, und macht dann de facto etwas anderes. Das habe ich kritisiert. Die Entscheidung ist gefallen, von ihm akzeptiert worden, und dann ist sie auch umzusetzen. Alles andere ist ein Verhalten, das nicht akzeptabel ist.

(Beifall der SPD)

Ich habe diese Frage ausnahmsweise zugelassen. Sie gehört nun wirklich nicht zum Kernbereich des Verkaufs des Autobauers Opel.

(Zuruf des Abg. Schmitz, FDP)