Protocol of the Session on September 2, 2009

Zweites Landesgesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/3694 – Erste Beratung

Zur Begründung erteile ich Herrn Staatsminister Hering das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Unter den Tagesordnungspunkten 5 und 6 legt die Landesregierung zwei Gesetzentwürfe zur Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie vor. In dem ersten Gesetz erfolgt die Aufgabenübertragung des einheitlichen Ansprechpartners auf die Struktur- und Genehmigungsdirektionen in Rheinland-Pfalz.

Zukünftig wird der einheitliche Ansprechpartner alle Verfahren und Formalitäten zur Aufnahme eines Gewerbes bzw. freiberuflicher Tätigkeit, die notwendig sind, abwickeln.

Die Landesregierung ist in dem Entwurf bewusst über die Vorgaben der EU hinausgegangen, weil es für uns selbstverständlich ist, dass diese einheitlichen Ansprechpartner nicht nur für ausländische EU-Bürger zuständig sein sollen, sondern selbstverständlich auch Einheimische von diesen neuen Angeboten Gebrauch machen können.

Vorgabe der Dienstleistungsrichtlinie ist, dass alle Verfahren auch von der Ferne elektronisch abgewickelt werden können. Wir können in Rheinland-Pfalz dank der guten Arbeit der Behörden auf guten Voraussetzungen aufbauen, weil wir im Bereich E-Government sehr weit sind, in vielen Bereichen weiter als andere Bundesländer. Wir sind auch dankbar, dass die Zentralstelle für ITAngelegenheiten und Multimedia und der Landesbetrieb Daten und Information diese Aufgaben übernehmen. Die ersten entsprechenden Vorbereitungsarbeiten sind getätigt. Das, was dort bereitgestellt wird, vom Dienstleistungsportal bis zum Bürger- und Unternehmerservice, wird auch in anderen Bereichen zur Entbürokratisierung und zu effizienterem bürokratischen Handeln beitragen.

Meine Damen und Herren, niemand weiß, in welchem Umfang der einheitliche Ansprechpartner von potenziellen Gewerbetreibenden und Freiberuflern genutzt werden wird. Deswegen haben wir zunächst die Entschei

dung getroffen, nur die Struktur- und Genehmigungsdirektionen mit der Aufgabe zu betrauen. Wir haben davon abgesehen, was eine Alternative gewesen wäre, den Kommunen oder der Wirtschaft diese Aufgabe zu übertragen.

Wir haben bewusst gesagt, dass dies eine Entscheidung ist, die nach drei Jahren evaluiert werden wird. Wir werden dann überprüfen, in welchem Umfang von dieser Einrichtung Gebrauch gemacht wird. Ist diese effizient bei den Struktur- und Genehmigungsdirektionen angesiedelt, oder wäre es effizienter, in die Fläche zu gehen und es den Kommunen oder der Wirtschaft zu übertragen? Dazu werden wir rechtzeitig mit diesen Beteiligten einen Dialog aufnehmen, um dann diese Entscheidung zu treffen. Ich glaube, ein effizienter Einsatz von Ressourcen macht es zum Gebot, zunächst diesen Weg zu gehen. Für andere Länder, die andere Entscheidungen getroffen haben, ist die Umsetzung für die Wirtschaft und die Kommunen erheblich teurer.

In dem zweiten Gesetz, das wir vorlegen, wird das Landesrecht angepasst. Wir haben ein Normen-Screening vorgenommen, ob Landesgesetze und Verordnungen entsprechend der EU-Dienstleistungsrichtlinie angepasst werden müssen. Wir werden die notwenigen Anpassungen vornehmen. Wir haben eine Reihe von Genehmigungsvorbehalten abgeschafft und damit auch einen Beitrag zur Entbürokratisierung geleistet. Wir werden verstärkt mit dem Instrument der Bearbeitungsfristen und Genehmigungsfiktionen arbeiten, also das, was wir selbst schon in einem Entbürokratisierungsgesetz vorgetragen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Wirtschaftsstandort Deutschland und Rheinland-Pfalz hat von dem freien Verkehr der Waren profitiert. Das ist eine Errungenschaft der Europäischen Union gewesen. Wir sollten dazu Selbstbewusstsein haben, dass wir Dienstleistungen mit einem so hohen Qualitätsniveau versehen und so innovativ sind, dass wir auch von der Freizügigkeit der Dienstleistungen als guter Wirtschaftsstandort profitieren. Mit diesem Selbstbewusstsein sollten wir die Dienstleistungsrichtlinie umsetzen. Das ist zumindest der Ansatz der Landesregierung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank.

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Licht das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die beiden Gesetzentwürfe, die wir in verbundener Debatte diskutieren, haben das Ziel zu vereinfachen. Herr Minister, Sie haben beschrieben, um was es geht. Niederlassungen und Neugründungen sollen EU-weit über die Grenzen hinweg einfacher möglich sein. Dazu

soll es eine Ansprechstelle geben. Das ist das, was vorgesehen ist.

So gut und so richtig. Ich möchte aber deutlich machen, dass der Teufel immer im Detail steckt. Dass Sie an dieser Stelle eine Evaluation nach drei Jahren anbieten, zeigt, dass Sie durchaus bereit sind, in drei Jahren wieder umzudenken, und zwar Sie persönlich. Nur, glauben Sie wirklich, dass Sie nach drei Jahren neun geschaffene Stellen bei den Struktur- und Genehmigungsdirektionen und bei der ADD wieder abschaffen? Glauben Sie das? Ich glaube es nicht. Ich bin davon überzeugt, dass in drei Jahren irgendeine Expertise deutlich macht: Jawohl, Daseinsberechtigung, und es bleibt dabei.

(Frau Mohr, SPD: Ist das schlimm?)

Ich hätte mir gewünscht, dass Sie als Wirtschaftsminister die Gespräche mit den Kammern wirklich aufgenommen hätten. Ich glaube, die Kammern, die in diesem Bereich unterwegs sind und Hervorragendes leisten, wären nach meinem Dafürhalten besser geeignet, diese Stellen einzurichten.

In allen Bundesländern wird es unterschiedlich gemacht. Es gibt das Kammersystem in einigen Ländern. Manche machen es mit den Kommunen. Manche machen es da und dort. Ich befürchte, dass es wirklich in den nächsten drei Jahren eine ganz schwierige Situation geben wird, die dann dem Ziel dieser Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie wirklich nicht entspricht. Schade eigentlich.

Ich möchte auf die Dinge, die in dem zweiten Gesetz angesprochen werden, nämlich Landesbauordnung, Bodenschutzgesetz, Jagd, Fischerei, Feiertagsgesetz – viele andere Punkte sind angesprochen – nicht im Einzelnen eingehen. Ich kann nicht exakt nachprüfen, ob alle Bedenken, die vorgetragen wurden, auch im Einzelnen ausgeräumt worden sind. Ich bin sicher, dass Vieles in Zusammenarbeit mit den einzelnen Institutionen und Verbänden geschehen ist. Davon gehe ich einmal aus. Die Beratung in den einzelnen Ausschüssen wird noch einmal zeigen, ob in dem einen oder anderen Fall noch einmal nachjustiert werden kann.

Nur, meine Damen und Herren, ich verlasse mich darauf – mehr bleibt mir an dieser Stelle auch nicht übrig –, dass der Absatz auf Seite 3 in der Drucksache 15/3693, in dem das noch einmal genau beschrieben wird, auch umgesetzt wird. Ich möchte noch einmal zitieren: „Sowohl die Übertragung der Aufgaben der einheitlichen Ansprechpartner auf die Struktur- und Genehmigungsdirektionen Nord und Süd als auch die Übertragung der Koordinationsaufgaben im Rahmen des europäischen Binnenmarktinformationssystems auf die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion sollen mit der im jeweiligen Gesetz vorgesehenen Evaluation nach einem Zeitraum von drei Jahren einer Bewährungsprüfung unterzogen werden.“

Meine Damen und Herren, wenn Sie daraus ernst machen, kann es sein, dass es am Schluss, am Ende der Beratung eine breite Zustimmung im Haus gibt. Versichern Sie uns wirklich, dass Sie daraus ernst machen wollen.

Herr Minister, ich hätte mir gewünscht, dass Sie als Wirtschaftsminister dem Anliegen gerecht werden und sich mehr dem Kammermodell zugewandt hätten. Ich denke, am Schluss müssen wir umsetzen. Bis Ende des Jahres muss umgesetzt sein. Am Schluss kann sich die Opposition nicht dagegenstellen; denn sonst haben wir noch größere Probleme. Nehmen Sie das ernst, was Ihnen die Wirtschaft aufgetragen hat. Überprüfen Sie wirklich. Ich hoffe, dass wir am Schluss dazu kommen und Mögliches wieder in Richtung Wirtschaftskammern lenken können. Das wäre zumindest mein Wunsch. Ich hoffe, Sie nehmen das so auf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Frau Kollegin Mohr das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Licht, ich denke, bevor man sich über die Verordnung unterhält, wo dieser einheitliche Ansprechpartner anzusiedeln ist, sollte man genauer hinschauen, was dieses Gesetz will. Davon leiten sich einige Entscheidungen ab. Es ist nicht die Frage, wo ich den ganzen Vorgang implementiere.

Ich meine, mit diesem Gesetz wird ein bedeutender Meilenstein auf dem Weg zur Schaffung eines gemeinsamen Marktes in Europa geleistet. Das Ganze geht natürlich nur, wenn ich die Gründung von Betrieben und das Erbringen von Dienstleistungen über Landesgrenzen hinweg so einfach wie möglich mache. Man muss sich einmal in die Rolle des Dienstleisters versetzen, der irgendwo in einem anderen Mitgliedsstaat eine Dienstleistung erbringen will, dessen Sprache und Rechtsrahmen er nicht kennt. Er will zum Beispiel dort eine Niederlassung als Friseur, IT-Spezialist oder als anderer Dienstleister gründen. Es muss die Möglichkeit gegeben werden, dass jedermann das diskriminierungsfrei bewältigen kann. Ich denke, das ist da optimal gelöst.

In diesem Gesetz gibt es zwei wesentliche Bausteine. Dazu gehört das Verfahren, das aus der Ferne elektronisch leicht zugänglich sein muss. Die Informationen und Unterstützungen müssen in einer klaren und unzweideutigen Weise erfolgen. Das sind Forderungen, die darin stehen. Bei diesem elektronischen Abwicklungsverfahren muss alles auf dem neuesten Stand sein.

Der zweite Punkt ist der einheitliche Ansprechpartner, der alle erforderlichen Verfahren und Formalitäten abwickeln muss. Über ihn muss man dieses abwickeln können. Das sind zwei Elemente. Der Minister hat es schon gesagt. Diese beiden Elemente sind auch für heimische Dienstleister zugänglich.

Wir haben diese beiden Elemente. Mit der Schaffung dieser beiden Elemente ist die Latte für Dienstleistungserbringer heruntergesetzt worden. Die EU und die Bun

desregierung haben gesagt, die Länder können das in eigener Verantwortung regeln, an welcher Stelle sie das andocken. Mindestanforderungen bzw. Mindeststandards müssen erfüllt werden. Die Aufgaben müssen effizient und effektiv im Sinne des Dienstleisters umgesetzt werden.

Sie haben selbst angesprochen, es gibt verschiedene Lösungen auf der Ebene der Bundesländer. Ich habe nachgelesen, Baden-Württemberg bricht das herunter bis in den regionalen Bereich.

(Licht, CDU: Aus der Sicht der Wirtschaft leider ein Flickenteppich!)

Zum Beispiel hat das kleine Saarland vor, einen einzigen einheitlichen Ansprechpartner zu schaffen. Das Saarland hat es vor, es ist noch nicht vollzogen. Im Internet steht, dieser soll gegebenenfalls mit den interessierten Kammern und einer juristischen Person, bei Bedarf, zusammen gemacht werden.

Rheinland-Pfalz ist diesen Weg gegangen und hat praktisch zwei Stellen bei den Struktur- und Genehmigungsdirektionen angesiedelt. Das ist für eine Erprobungszeit von drei Jahren vorgesehen. Sie haben das auch angesprochen. Danach soll eine Bewährungsprüfung erfolgen, um zu beurteilen, ob das Angebot wirtschaftsnah und effizient ist und die Ziele erreicht, die man damit erreichen wollte.

Ich muss Ihnen sagen, dabei bin ich komplett leidenschaftslos. Ich denke, das ist ein annehmbarer Ansatz, wenn man das mit den Zielen der EU vergleicht. Diese Verordnung macht schon irgendwo ein bisschen Sinn. Es gibt schon Vorleistungen bei diesen Struktur- und Genehmigungsdirektionen.

Man muss die Anmeldeverfahren sehen. Alles muss über den einheitlichen Ansprechpartner laufen. Die ganzen informationstechnischen Dinge müssen über ihn laufen. Es werden Forderungen an den Datenschutz gestellt. Im Hinblick auf die Genehmigungsfristen werden Forderungen gestellt. Diese müssen eingehalten werden. Es können haftungsrechtliche Gründe geltend gemacht werden, wenn diese Genehmigungsfristen nicht eingehalten werden. In dieser Forderung steht eine ganze Latte von Prämissen.

Ich denke, die Überlegung des Landes macht in meinen Augen Sinn. Das habe ich schon einmal gesagt. Sicher kann man anderer Meinung sein und andere Möglichkeiten diskutieren. Wir haben die Option, uns nach drei Jahren noch einmal darüber zu unterhalten.

In dem Zusammenhang möchte ich noch einen Punkt, das Konnexitätsprinzip, anführen. Das heißt, wenn wir eine Dienstleistung nach unten weitergeben, müssen wir Kostenersatz leisten. In dem Zusammenhang muss man beachten, dass noch keiner weiß, in welcher Weise das Angebot in Anspruch genommen wird.

(Zuruf des Abg. Licht, CDU)

Wie viel Nachfragen kommen? Macht es Sinn, das ganz groß aufzuziehen?

(Vizepräsident Schnabel übernimmt den Vorsitz)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, das war für mich ein Argument zu sagen, lassen wir es einmal drei Jahre bei den Struktur- und Genehmigungsbehörden, und dann unterhalten wir uns noch einmal darüber. Wir sehen, wie es läuft. Es besteht dann die Möglichkeit, immer noch eine andere Entscheidung in Zusammenarbeit mit den Kammern zu treffen.

Ich denke, man muss das Ganze nur gut machen und sonst nichts.

Danke schön.

(Beifall der SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Creutzmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Land Rheinland-Pfalz hat wieder einmal eine Chance vertan.