Protocol of the Session on September 2, 2009

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Land Rheinland-Pfalz hat wieder einmal eine Chance vertan.

(Frau Mohr, SPD: Schade, dass ich jetzt – – –)

Frau Kollegin, hören Sie erst einmal zu.

Mit dem ersten Landesgesetz zur Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt in rheinland-pfälzisches Landesrecht schafft man neue Bürokratie, anstatt diese zu verhindern. Anstatt bei der Umsetzung der sogenannten Dienstleistungsrichtlinie eine kostenlose Lösung zu wählen, werden Millionen Steuergelder verschwendet.

Die Landesregierung handelt nicht nach dem Motto „Wir machen’s einfach“, wobei die Betonung auf „einfach“ liegt, sondern die Landesregierung handelt wieder einmal nach dem Motto „Wir machen’s einfach“, wobei dies sinngemäß heißt, was interessieren uns die Angebote der Kammern, wir wollen den Struktur- und Genehmigungsdirektionen neue Aufgaben geben, koste es, was es wolle.

Mit dem ersten Landesgesetz zur Umsetzung der sogenannten Dienstleistungsrichtlinie geht es um den einheitlichen Ansprechpartner, der in Zukunft – ich zitiere – alle Verfahren und Formalitäten, die für die Aufnahme von Dienstleistungen erforderlich sind, abwickeln wird. Das war die Richtlinie.

Mit Schreiben vom 29. Februar 2008 an den Herrn Ministerpräsidenten haben die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern und der Landesverband der freien Berufe angeboten, die Umsetzung der

EU-Dienstleistungsrichtlinie zu realisieren, und dies für den Staat kostenlos, meine Damen und Herren. Ich zitiere aus dem Schreiben: Die Aufgaben des einheitlichen Ansprechpartners würden die Kammern kostendeckend über Gebühren finanzieren. – Damit hätte das Land Rheinland-Pfalz nicht nur die Investitionskosten gespart, sondern auch die Folgekosten.

Ich hoffe, dass die im Regierungsentwurf für die ITUmsetzung angegebene Zahl von maximal 3 Millionen Euro auch eingehalten werden kann. Ich habe daran jedoch höchste Zweifel; denn das Land Hessen, das ein ähnliches Modell wie Rheinland-Pfalz realisieren will, beziffert den IT-Etat auf insgesamt 5 Millionen Euro. Es entstehen jedoch nicht nur Investitionskosten – – –

(Frau Mohr, SPD: Und die Kammern hätten das gratis gemacht?)

Das hätte das Land nichts gekostet. Frau Kollegin, Sie müssen immer zuhören. Ich recherchiere eben. Neben den Investitionskosten entstehen dem Land laut Regierungsentwurf noch unmittelbare Personalkosten von jährlich 0,5 Millionen Euro, wobei keine Angaben zu den mittelbaren Kosten und zu den Sachkosten gemacht werden.

Die FDP-Fraktion kann nicht nach nachvollziehen, warum die Landesregierung diese Chance nicht ergriffen hat, den Kammern die neue Aufgabe als einheitlichem Ansprechpartner zu überlassen und damit Millionenkosten einzusparen, da das Land Rheinland-Pfalz doch jeden Euro gut gebrauchen könnte.

(Beifall der Abg. Frau Morsblech, FDP – Ministerpräsident Beck: Das stimmt doch gar nicht!)

Das stimmt doch, Herr Ministerpräsident. Wenn man Ihnen schreibt, wir machen das kostendeckend über Gebühren, und Sie gehen jetzt her und nehmen 3 bis 5 Millionen und erzählen noch, Sie wollen das vielleicht in drei Jahren evaluieren, dann ist das Geld erst einmal fort.

(Schweitzer, SPD: Wer bezahlt die denn?)

Das hätten die Kammern kostenlos gemacht, meine Damen und Herren.

(Ministerpräsident Beck: Wer’s glaubt, wird selig!)

Nein. Genau darauf habe ich gewartet, genau auf dieses habe ich gewartet. Es ist schön, dass Sie immer hereinreden.

(Schweitzer, SPD: Stell Dich mal nicht so an!)

Ich habe nämlich, als ich gehört hatte, die wollen das nicht machen, noch einmal nachgefragt, Herr Ministerpräsident. Mit Schreiben vom 31. August – das ist zwei Tage alt – haben mir die Kammern – ich habe das hier vorliegen, das können Sie gern haben – gesagt – ich lese Ihnen das gern vor –, sie sind nach wie vor interessiert. Das ist unterschrieben von der IHK-Arbeitsgemein

schaft Rheinland-Pfalz, allen IHK-Präsidenten, allen Handwerkskammerpräsidenten und allen freien Berufen.

(Frau Mohr, SPD: Das ist klar: „interessiert“!)

Natürlich gibt es Bundesländer, die das machen. Es ist nicht so, als wäre Rheinland-Pfalz dann das einzige Bundesland, das eine andere Lösung machen würde. Bayern und Baden-Württemberg machen das so, meine Damen und Herren. Es ist nichts Neues.

(Beifall der FDP)

Das macht auch noch viel Sinn. Die Kammern haben eine hohe Sachkompetenz. Sie haben die ITInfrastruktur. Das müssen sich die Struktur- und Genehmigungsdirektionen erst noch erarbeiten.

(Beifall der FDP)

Das Tolle ist – ich verstehe das nicht, Herr Ministerpräsident –, das Land Rheinland-Pfalz hat beispielsweise das Pilotprojekt der elektronischen Gewerbeanmeldung in den Kammern seit 2007 etabliert. Dies ist ein Beleg für eine reibungslose Kooperation zwischen kommunalen Gewerbeämtern und Kammern.

(Beifall der FDP)

Das heißt, auf der einen Seite kooperieren Sie, und dort, wo Sie es könnten, machen Sie es nicht. „Wir machen’s einfach“, das versteht kein Mensch, meine Damen und Herren.

(Glocke des Präsidenten)

Ich habe eine viel zu große Rede. Überlegen Sie einmal, die Kammern haben 120 Repräsentationen innerhalb von Europa. Die könnten das spielend machen. Leider ist mir versagt, das tolle Beispiel in Absatz 3 zu bringen, das kein Mensch versteht. Frau Kollegin, wenn die EU das ernst nimmt, was Sie machen, dann prophezeie ich Ihnen, dass Sie ein Klageverfahren am Hals haben. Wie Sie es nämlich umsetzen wollen, das kapiert kein Mensch, kein Spanier, kein Franzose und die Deutschen auch nicht.

(Frau Mohr, SPD: Vielleicht so, wie es in Baden-Württemberg ist!)

Vielen Dank.

(Beifall der FDP)

Das war meine letzte Rede. Ich wollte das eigentlich ein bisschen „smoother“ angehen, aber – – –

(Schweitzer, SPD: Jetzt tut es auch noch weh! – Zuruf von der SPD: Es hätte schlimmer sein können!)

Es hätte schlimmer sein können, in Ordnung.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, das war meine letzte Rede hier im rheinland-pfälzischen Landtag. Die einen werden sich freuen, dass ich gehe, die

anderen werden es bedauern. Das ist so im politischen Geschäft.

Ich möchte mich bei allen hier bedanken. Es waren fast elf Jahre. Wenn man sich fragt, was man hier erreicht hat, dann bleiben eigentlich zwei Dinge bei mir haften.

(Pörksen, SPD: Harte Jahre!)

Herr Ministerpräsident, zum einen habe ich es geschafft, als ich innenpolitischer Sprecher war, das Personalvertretungsgesetz mit den Gewerkschaften mit den Liberalen auf den Weg zu bringen. Das war gut.

(Ministerpräsident Beck: Wir waren auch ein bisschen dabei!)

Herr Ministerpräsident, wir hatten es vorher blockiert gehabt. Verstehen Sie?

(Heiterkeit bei FDP und SPD)

Wir. Das ist der Unterschied.

(Beifall der FDP)

Die Gespräche mit den Gewerkschaften waren gut.

(Schweitzer, SPD: Jetzt wird er am Schluss noch Gewerkschaftsmitglied! – Zuruf von der FDP)

Nein, nein. Auch auf das Zweite, was ich geschafft habe, bin ich stolz. Es gibt keine Sperrzeiten mehr in Rheinland-Pfalz.

(Beifall der FDP)