Dennoch – und darin sind wir uns sicherlich wieder an einem bestimmten Punkt einig – sehen wir, dass es auch Schulen und darin handelnde Personen wie Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern gibt, die nicht die Kraft oder den Willen aufbringen, sich bis zum Letzten selbst damit auseinanderzusetzen, wie schädlich es ist, was sie da tun oder tun könnten, und sich deswegen nicht entscheiden, den gemeinsamen Weg zu gehen, – – (Glocke des Präsidenten)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema „Rauchprävention und Nichtraucherschutz“ entbehrt nicht an Aktualität. Auch im Bund wird derzeit sehr intensiv darüber diskutiert, das Rauchen nicht nur in öffentlichen Gebäuden, sondern auch in der Gastronomie generell gesetzlich zu verbieten. Das wirft ganz andere Probleme auf.
Erst vorgestern wurde auf der Titelseite der „Rheinzeitung“ erneut auf die Ergebnisse einer Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums hingewiesen, die noch einmal die Gefahren des Rauchens ebenso wie die des Passivrauchens sehr deutlich vor Augen geführt hat.
Es ist natürlich auch der FDP-Landtagsfraktion ein dringendes Anliegen, gerade junge Menschen im Einstiegsalter vor dieser nach wie vor frei zugänglichen und sehr gefährlichen Droge zu schützen.
Eine breit gefächerte und intensive Präventionsarbeit und die besondere Rolle der Schule bei dieser Aufgabe sind deshalb Themen, die uns allen ein ständiges Anliegen sein müssen und die wir in diesem Hause auch immer wieder in den Blick nehmen sollten.
Die Hoffnung, die die CDU-Landtagsfraktion allerdings mit einem gesetzlichen Rauchverbot verbindet, können wir so nicht vollständig teilen. Herr Kollege Baldauf, Sie haben bereits die Zahlen zitiert: Rund 41 % der 12- bis 15-Jährigen haben Erfahrung mit dem Rauchen. Das heißt, diese jungen Menschen fangen in einem Alter zu rauchen an, in dem es ihnen ohnehin grundsätzlich vollständig in jedwedem Raum verboten ist.
Aufgrund der Schulordnung – Frau Kollege BredeHoffmann hat dies zitiert – darf bereits heute in Schulen nicht geraucht werden. Es gibt für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe die Möglichkeit, eine Ausnahmeregelung einzuholen und eine so genannte Raucherecke einzurichten. Lehrerinnen und Lehrer können grundsätzlich nur in Raucherlehrerzimmern rauchen.
In dem Prozess, den wir in den vergangenen Jahren durchlaufen haben, ist sehr deutlich geworden, dass diejenigen Schulen, die komplett rauchfrei werden möchten, dann Erfolg haben, wenn dies im Konsens und in einem intensiven Diskussionsprozess geschieht. Einige Schulen haben aber auch immense Probleme bekommen. Es wird draußen geraucht. Die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe haben nicht nur die Möglichkeit, eine Ausnahmeregelung zu bekommen, sondern auch, das Schulgelände zu verlassen. Es gab dann nicht nur Probleme mit Nachbarn, sondern es wurde auch schwieriger zu kontrollieren, ob nicht jüngere Schülerinnen und Schüler mit ausbüxen. Es war teilweise sehr problematisch für die Lehrkräfte, dies zu kontrollieren.
Zum anderen gibt es bei einer solchen Regelung auch noch andere juristische Fragen, die auftauchen, beispielsweise die Frage des Versicherungsschutzes. Beim Verlassen des Schulgeländes besteht nur dann ein Versicherungsschutz, wenn das Verlassen später der Fortführung des Unterrichts dient. Auch diese Fragen müssen entsprechend geklärt werden und werfen neue Fragen auf.
Das Land Niedersachsen hat festgestellt – dies fand ich in der Beantwortung der Großen Anfrage besonders bizarr –, wenn es ein generelles gesetzliches Rauchverbot wie in Niedersachsen gibt, wird das Rauchen nach außen verlagert, sodass neue Probleme entstehen. Schließlich fing das Land laut Antwort auf die Große Anfrage im letzten Jahr an, mit den Kommunen zu verhandeln, ob man nicht Gelände entwidmen sollte, das dann nicht mehr zum Schulgelände gehört und dann wiederum für eine Raucherecke genutzt werden kann.
Meiner Ansicht nach sind dies Stilblüten, die deutlich machen, dass es, egal, ob man ein Gesetz hat oder nicht, Probleme gibt, die aktiv gelöst werden müssen,
und intensiv über diese Frage diskutiert werden muss. Aber das Gesetz ist in diesem Fall nicht hilfreich.
Der wichtigste Baustein ist nach wie vor die intensive und breit gefächerte Auseinandersetzung mit den Schülerinnen und Schülern, mit den Eltern sowie mit den Lehrkräften über dieses Thema. Ich denke, diesbezüglich geschieht in der Tat einiges an den Schulen. Die Schulen in Rheinland-Pfalz sind sehr engagiert, insbesondere auch in der Präventionsarbeit und in der Auseinandersetzung mit dem Thema „rauchfreie Schule“.
Mir ist dieser aktive Diskussionsprozess wichtig, der alle Menschen erfasst, die möglicherweise dazu beitragen können, dass die Sozialisation im Hinblick auf das Rauchen stattfindet, und der hoffentlich auch die Eltern, hoffentlich auch das restliche soziale Umfeld und den Freundeskreis von Jugendlichen mit anspricht.
Dies sind weitere Felder, auf denen man verhindern muss, dass dort eine solche Sozialisation stattfindet und das Rauchverhalten anfängt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Auch ich möchte zunächst einmal den Konsens an den Anfang stellen. Konsens ist, dass wir das gemeinsame Ziel haben, Kinder und Jugendliche vom Rauchen fernzuhalten, dieses Ziel hohe Priorität genießen muss und die rauchfreie Schule dazu einen Beitrag leisten kann. Deswegen möchte die Landesregierung die rauchfreie Schule. Dies hat sie auch gegenüber den Schulen deutlich gemacht. Alle Schulen sind aufgefordert, sich auf diesen Weg zu begeben. Wir begleiten dieses aktiv in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium durch Aufklärungs- und Präventionsprogramme. Gerade in diesen Tagen findet wieder ein intensives Fortbildungsprogramm für die Lehrerinnen und Lehrer und für die Schulen statt, das wir kontinuierlich durchführen. Insofern ist ein Teil dessen, was Sie beantragen, längst Realität.
Wir sind sehr bewusst diesen mühsamen Weg gegangen, weil wir glauben, dass es der nachhaltigere Weg ist. Wir haben aber dabei nie die rechtliche Situation außer Acht gelassen. Frau Kollegin Brede-Hoffmann hat bereits darauf hingewiesen: Nach § 80 der Übergreifenden Schulordnung ist Schülerinnen und Schülern das Rauchen in der Schule grundsätzlich verboten. Herr Baldauf, wenn Sie die Beispiele der 9. und 10. Klas
sen und des Einstiegsalters der 12-jährigen Kinder bringen – und Sie bringen sie nicht nur in dieser Debatte, sondern auch in Ihrem Antrag –, dann sage ich an dieser Stelle noch einmal ganz klar: Für sie besteht ein Rauchverbot in unseren Schulen ohne jegliche Ausnahme.
Man muss also an dieser Stelle eher noch einmal kritisch hinterfragen: Was passiert dort, obwohl in der Schule ein eindeutiges Rauchverbot besteht?
Zu Ihren Hamburger Zahlen sei mir nur eine Anmerkung gestattet. Mir sind diese Zahlen natürlich auch bekannt. Sie werden auch in Ihrem Antrag zitiert. Ich beziehe mich auf die Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, da sie seit Jahren regelmäßig erhoben werden.
Ich muss Ihnen sagen, ich freue mich, wenn die Hamburger solche Erfolge haben. Aber ich muss Ihnen auch sagen, mit diesen Zahlen sind die Hamburger keineswegs in irgendeiner Form besser, als dies für den Bundesdurchschnitt bei der Bundeszentrale ausgewiesen ist. Dann haben sie vorher sehr schwierige Verhältnisse gehabt; denn die Bundeszentrale bescheinigt uns seit Jahren, dass der Anteil bei den 12- bis 17-Jährigen deutlich zurückgeht. Insofern sollte man ein bisschen vorsichtig sein mit diesen Zahlen.
Aber wir haben auch auf der rechtlichen Ebene gehandelt. Es gab und gibt die Ausnahmemöglichkeiten für Oberstufenschülerinnen und -schüler. Diese sind mit der letzten Novellierung der Übergreifenden Schulordnung – darüber haben wir des Öfteren diskutiert, und dies war auch eine Forderung, der wir gern nachgekommen sind – rigide beschränkt worden.
Es darf jetzt nur noch Ausnahmen geben, wenn die nichtrauchenden Schülerinnen und Schüler weder beeinträchtigt noch zum Konsum verleitet werden. Jetzt kommt ein Zweites hinzu. Die Schulen sind jetzt seit Beginn dieses Schuljahrs rechtlich verpflichtet, in Verantwortung für eine gesundheitsbewusste Erziehung Vereinbarungen und Regelungen zu treffen, die eine rauchfreie Schule zum Ziel haben. Wir haben also auf Aufklärung und Prävention gesetzt und setzen weiter darauf. Wir haben aber den rechtlichen Bereich keineswegs außer Acht gelassen, sondern wir haben auch hier gehandelt und sind tätig geworden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landesregierung ist dabei gerade auch vor dem Hintergrund der eben genannten Zahlen wichtig, dass dies eingebettet ist. Es geht nicht nur darum, dass Kinder und Jugendliche nicht nur in der Schule nicht rauchen, sondern unser Ziel muss es sein, dass Kinder und Jugendliche insgesamt vom Rauchen ferngehalten werden.
Ich sage Ihnen, ich finde es schon bemerkenswert, wenn ich zum Beispiel dieser Tage Folgendes lese: „Am AhrGymnasium rauchen nur noch die Köpfe. 75 % der Schüler votieren gegen Zigarettenqualm. Das Verbot betrifft auch die Lehrer und alle schulischen Veranstal
Oder: „Im Böll-Gymnasium rauchen bald nur noch die Köpfe. Schüler und Lehrer vereinbaren rauchfreie Schule. Alternatives Pausenprogramm entwickelt, Signal am Weltnichtrauchertag.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbst wenn man weitergehende gesetzliche Regelungen anstrebt, ich bin der festen Überzeugung, man muss eine solche Phase der Bewusstseinsbildung und der Diskussion voranstellen,
weil es nur dann vor Ort zu nachhaltigen Regelungen kommen kann. Unsere Schulen nehmen sich dieser Frage an, wie ich an den Beispielen gezeigt habe.
Die Landesregierung wird aufmerksam auch das Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene begleiten. Wir werden gleichzeitig nachhaltig unsere bisherige Aufklärungs- und Präventionsarbeit fortsetzen.
Wir haben auch angekündigt, dass wir eine erneute Abfrage bei den Schulen noch im ersten Schulhalbjahr dieses Schuljahres machen werden, um zu erfahren, wie weit sie insgesamt auf dem Weg sind.
Wir haben bei diesen Abfragen bei den Schulen immer darauf hingewiesen, dass wir auch abfragen, um zu entscheiden, ob weitere Maßnahmen, gegebenenfalls auch rechtliche, notwendig sind. Insofern werden wir auf der Grundlage dieser erneuten Befragung der Schulen zu entscheiden haben, welche weiteren zusätzlichen Maßnahmen gegebenenfalls notwendig sind.