Wir begrüßen deshalb ausdrücklich die ausführliche Regelung, die § 7 des Gesetzentwurfs enthält, damit sichergestellt werden kann, dass schon zu Beginn der Untersuchungshaft die Weichen richtig gestellt werden.
Wir haben gerade im letzten Jahr den tragischen Fall des Suizidanten gehabt, der sich im Krankenhaus in Wittlich selbst getötet hat. Das hat uns in Erinnerung gerufen, wie wichtig es ist, gleich am Anfang der Verhängung von Untersuchungshaft und der Aufnahme in den Staatsgewahrsam entsprechend einzugreifen. Dass auch ein Gebot alsbaldiger ärztlicher Untersuchung im Gesetz mit aufgenommen werden soll, findet absolut unsere Billigung.
Zu den weiteren wichtigen Aspekten bedingt durch die Unschuldsvermutung gehört das Trennungsgebot. Ich glaube, das haben Sie auch erwähnt. Der Entwurf ist in der Hinsicht klar und eindeutig. Wenn Gesetze gemacht werden, muss natürlich immer bedacht werden, dass die Vollzugspraxis in der einen oder anderen rheinlandpfälzischen Anstalt noch einen gewissen Aufholbedarf hat. Ich will das aber heute nicht vertiefen.
Der Kontakt nach draußen ist ganz wichtig. Sie hatten das Thema der Besuche erwähnt. Es ist positiv, dass die Besuchsrechte verdoppelt wurden, und zwar beim erwachsenen Untersuchungshäftling von einer auf zwei Stunden und beim Jugendstrafgefangenen sogar auf vier Stunden.
Wir bitten aber zu überlegen, ob man nicht im ersten, dem entscheidenden Monat, in dem eine Untersuchungshaft besteht, dieses Besuchsrecht noch einmal ausbaut. Gerade dann ist es wichtig, dass der Untersuchungshäftling sehr engen Kontakt zu seinem Umfeld hält, damit sich die Familie auf die neue Situation einstellen kann. Das ist ein Punkt, den wir noch als Anregung einbringen wollen.
Ich komme zur Vollzugsgestaltung. Zu Recht betont der Entwurf keine Arbeitspflicht. Sie hatten es erwähnt. Wir begrüßen auch, dass ein Angebot von Arbeit und Beschäftigung und von Bildung und Ausbildung unterbreitet werden soll. Das ist ein echter Fortschritt gegenüber der bisherigen Rechtslage und findet unsere Billigung.
Inhaltlich gibt es auf der anderen Seite aber auch Dinge, die uns Probleme bereiten und über die wir im Ausschuss diskutieren wollen. Es geht um zwei Punkte. Schon wie beim Jugendstrafvollzug ist es das Thema „Drogenkonsum“ und die Feststellung von Drogenabhängigkeit. Hier waren wir schon beim Jugendstrafvollzug dafür, eine gesetzliche Grundlage für körperliche Eingriffe zu schaffen. Das stellen wir erneut zur Diskussion.
Darüber hinaus geht es um das Thema „Mobilfunkmissbrauch im Strafvollzug“. Sie hatten unseren Gesetzentwurf abgelehnt. Wir wollen das Thema aber an dieser Stelle noch einmal einbringen, wie es andere Länder auch tun. Immer mehr SPD-Länder verfolgen ebenfalls unser Konzept. Wir sollten es auch hier noch einmal neu bedenken.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Nächste Woche begehen wir 60 Jahre Grundgesetz. 60 Jahre vereinigen wir uns unter dem Wahlspruch „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Es ist mehr als erstaunlich – Herr Kollege Wilke hat das als weißen Fleck des Rechtsstaats bezeichnet –, dass wir die Untersuchungshaft ohne ein förmliches Gesetz und nur aufgrund ganz weniger Regelungen vollstrecken.
Die Untersuchungshaft trifft diejenigen, die nach unserer Verfassung und Rechtslage als unschuldig gelten. Gerade diejenigen hatten kein vom Parlament verabschiedetes Korsett, an das sie sich halten konnten und das ihre Rechte festgeschrieben hat.
Zugegeben, der Bund hatte jahrelang darum gerungen. Wir tun es jetzt einfach. Es ist ein Erfolg der Föderalismuskommission I, dass die Länder jetzt zuständig sind. Prompt versammeln sich in diesem Fall zwölf Länder, wie vorher schon zehn Länder beim Jugendstrafvollzug, auf einer Linie und legen einen gemeinsamen Gesetzentwurf vor, der in Rheinland-Pfalz sprachlich auf unser Gesetzniveau angepasst wurde und vor allem – das freut uns ganz besonders – deshalb auch prägnant und lesbar geworden ist, weil er zum Jugendstrafvollzugsgesetz passt. Das heißt, derjenige, der sich in dem einen Gesetz auskennt, findet sich auch in dem anderen Gesetz zurecht.
Ich habe schon gesagt, nicht nur unser Grundgesetz wird 60 Jahre, sondern auch unsere Landesverfassung sagt in Artikel 5, die Freiheit der Person ist unverletzlich. Eine Beeinträchtigung oder Entziehung der persönlichen Freiheit durch die öffentliche Gewalt ist nur aufgrund von Gesetzen – hierfür ist weiterhin der Bund zuständig – und in der von diesen vorgeschriebenen Formen zulässig. Diesen Auftrag erfüllen wir heute in der ersten Lesung.
Ich freue mich, dass großes Einvernehmen herrscht. Dann schaffen wir das auch in der Ausschussberatung, sodass es zeitnah zum geplanten 1. Januar 2010 in Kraft treten kann.
Die Staatssekretärin hat gesagt, es ist verfassungsrechtlich unbefriedigend, auch wenn das Verfassungsgericht nicht darüber entschieden hat. Wir sind alle der Auffassung – je nachdem, wie höflich man dies ausdrückt –, dass es dringend notwendig ist, dass es ein solches Gesetz gibt, auch wenn dort Unschuldige oder diejenigen, die als unschuldig gelten, inhaftiert sind. Man muss deshalb die Eingriffe auf einem ganz niedrigen Niveau lassen, auch wenn man niemanden zu irgendetwas verpflichten kann. Es ist ein Wesensmerkmal – ich bin besonders froh darüber, dass es aufgenommen wurde –, dass es die Angebote an Untersuchungshäftlinge gibt.
Wir wissen alle, vielfach waren Menschen über einen großen Zeitraum in Untersuchungshaft, ohne dass ihnen Angebote in dem Umfang wie Strafgefangenen gemacht werden konnten, obwohl klar war oder in Aussicht stand, dass derjenige danach zum normalen Strafhäftling wird. Insbesondere für Jugendliche war das mehr als unbefriedigend. Dass jetzt Erziehungsangebote gemacht werden können und ein Erziehungsauftrag erfolgt, dient der Resozialisierung und dazu, dass Menschen, gerade junge Menschen, ein Leben in Straffreiheit führen können.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorredner haben es schon gesagt. Es bedarf keiner umfangreicheren Darlegung, dass die Länder durch die Grundgesetzänderung im Rahmen der Föderalismusreform 2006 die Kompetenz bekommen haben, um den Strafvollzug insgesamt zu regeln. Ich kann mich dem nur anschließen. Es ist schon erstaunlich, dass trotz – dies muss man sagen – der über 50-jährigen Bundeszuständigkeit es nicht geschafft worden ist, ein Jugendstrafvollzugsgesetz oder ein Untersuchungshaftgesetz zu normieren. Vor diesem Hintergrund sind – dies muss man sagen – die Formulierungen unter
Frau Staatssekretärin, in der allgemeinen Begründung ist es etwas deutlicher gesagt. Das hätte man ruhig nach vorne nehmen können. Da kann man grundsätzlich etwas stärker Position beziehen. Von daher ist es sehr erfreulich, dass Rheinland-Pfalz dem Bund nicht nacheifert, sondern wie andere Länder seine Pflichten wahrnimmt und eine gesetzliche Regelung finden will.
Es ist auch schon gesagt worden, Rheinland-Pfalz steht mit diesen Bemühungen nicht allein, sondern hat im Verbund mit elf weiteren Ländern einen weitgehend identischen Gesetzentwurf vorgelegt.
In dem 92 Paragrafen umfassenden Werk sind zahlreiche Parallelen zu den Regelungen des Strafvollzugs erkennbar, auch wenn der Grund der Freiheitserziehung beim Strafvollzug einerseits und der Untersuchungshaft andererseits ein gänzlich anderer ist.
Geht es bei dem Erstgenannten um den Vollzug einer Sanktion, um General- und Spezialprävention sowie um die Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht aus der Sicht des Opfers, so dient die Untersuchungshaft ausschließlich der Durchführung eines geordneten Strafverfahrens, wie § 2 des Gesetzentwurfs feststellt. Aus dieser unterschiedlichen Zwecksetzung folgt eine Differenzierung im Vollzug der Freiheitsentziehung, oder – besser gesagt – sie sollte sich daraus ergeben.
Die Untersuchungshäftlinge unterliegen nicht ganz so stark dem Druck, sich der Vollzugsanstalt und ihren Regeln als Strafgefangener anzupassen. Sie dürfen – soweit dies die geordnete Durchführung des Strafverfahrens und die Sicherheit und Ordnung der Anstalt nicht gefährdet – in einem größeren Umfang Dinge ihres normalen Lebens außerhalb der Anstalt in die Untersuchungshaft einführen, so beispielsweise das Tragen von Privatkleidung oder auch Annehmlichkeiten. Sie unterliegen auch nicht der Arbeitspflicht. Aber natürlich ist es zu begrüßen, dass ihnen die Möglichkeit gegeben wird, arbeiten zu können, was bisher nicht der Fall war.
Andererseits – dies darf man aber auch nicht vergessen – eröffnet gerade die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Strafverfahrens im Einzelfall die Möglichkeit, weitere Eingriffe gegenüber den Untersuchungsgefangenen festzulegen, und damit kann es sein, dass diese Freiheitsentziehung sogar eingriffsintensiver ist als im normalen Strafvollzug.
Die meisten Einzelregelungen, die den Vollzugsablauf betreffen, sind weitgehend dem Landesjugendstrafvollzugsgesetz vom Dezember 2007 entnommen und für die Untersuchungshäftlinge sprachlich angepasst. Dies führt dazu, dass die Anstaltsleitung die Kompetenz für sämtliche vollzugsrechtlichen Anordnungen erhält. Das ist ein Novum. Damit grenzt sich der Gesetzentwurf eindeutig von dem ab, was noch die bislang geltende Untersuchungshaftvollzugsordnung unter Nummer 2 vorgesehen hatte. Sie hat Bezug genommen auf den bislang noch
geltenden § 119 Abs. 6 der Strafprozessordnung, mit dem dem Richter die Aufgabe zugewiesen wurde, über die Art der Unterbringung und den Verkehr mit der Außenwelt, besondere Sicherungsmaßnahmen und Disziplinarmaßnahmen den Untersuchungsgefangenen betreffend zu entscheiden.
In der allgemeinen Begründung bemüht der Gesetzentwurf die Verfassung und führt auf, dass Artikel 104 Abs. 2 des Grundgesetzes der Regelung, die jetzt hier vorgesehen ist, nicht entgegensteht. Das kann man so sehen; denn in der Tat regelt diese Norm der Verfassung das Ob der Freiheitsentziehung, berührt aber nicht das Wie. Folgerichtig wird der Bund die einschlägigen Vorschriften der Strafprozessordnung so gestalten oder gestalten müssen, dass sie mit den landesrechtlichen Regelungen nicht kollidieren; denn sonst haben wir – das wissen Sie alle – Artikel 31: Bundesrecht bricht Landesrecht. –
In der Strafprozessordnung wird es künftig um das Ob einer Freiheitsentziehung gehen und – wie gesagt – im Landesuntersuchungshaftgesetz um das Wie.
Gleichwohl darf diese an der Praktikabilität ausgerichtete Kompetenzaufteilung nicht dazu führen, dass die Untersuchungshaftgefangenen den Strafgefangenen gleichgestellt werden. Hier haben wir, etwas anders als Herr Kollege Wilke, mit § 11 des Gesetzentwurfs durchaus gewisse Bauchschmerzen. Da ist zwar der Trennungsgrundsatz festgehalten, aber es sind so viele Ausnahmen formuliert, dass zu befürchten ist, dass sich das Regelausnahmeverhältnis in der Praxis umkehren wird, und das wäre nicht das, was mit den Grundsätzen vereinbar ist.
Wir sehen an der einen oder anderen Stelle durchaus noch Diskussionsbedarf und sind auch gespannt auf die Diskussion im Rahmen des Rechtsausschusses.
Es liegen zu Tagesordnungspunkt 10 keine weiteren Wortmeldungen vor. Vorgeschlagen ist, den Gesetzentwurf an den Rechtsausschuss zu überweisen. Gibt es dagegen Bedenken? – Das ist nicht der Fall. Somit ist dies einstimmig beschlossen.
…tes Landesgesetz zur Änderung des Landesstraßengesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/3294 – Erste Beratung
Gemäß der Absprache im Ältestenrat soll der Gesetzentwurf ohne Aussprache behandelt werden. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss Wirtschaft und Verkehr – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Gibt es dagegen Bedenken? – Das ist nicht der Fall. Somit ist dies einstimmig beschlossen.
Landesgesetz zur Fortentwicklung des Rechts der Gesundheitsfachberufe und zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parla- ments und des Rates vom 7. Septem- ber 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen für den Bereich der Gesund- heitsberufe Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/3334 – Erste Beratung
Meine sehr geehrten Herren und Damen Abgeordnete! Das Gesetz ist genauso kompliziert, wie es klingt. Dies kann man schon vorab sagen. Aber es ist ein wichtiges Gesetz. Es hat vor allem drei Schwerpunkte, die im Mittelpunkt stehen.
Zum einen geht es um die Umsetzung der EUBerufsanerkennungsrichtlinie – das ist die Richtlinie 2005/36/EG; von der werden wir noch viel hören – für die Berufsangehörigen der akademischen Heilberufe und der nichtakademischen Heilberufe in Landesrecht mit der Zielsetzung der Förderung von beruflicher Mobilität in Europa. Das betrifft sowohl die Niederlassung als auch die vorübergehende und die gelegentliche Dienstleistung.
Der zweite Punkt, den dieses Gesetz umfasst, ist, dass das Landesrecht zu den Gesundheitsfachberufen allgemein in Form eines neuen Landesgesetzes weiterentwickelt werden wird, um den Anforderungen an die Gesundheitsfachberufe in Ausbildung und Beruf besser gerecht werden zu können.
Der dritte wichtige Punktist, das Landesrecht zu den Gesundheitsfachberufen speziell im Weiterbildungsbereich soll wichtigen Entwicklungen und Bedarfen gemäß fortgeschrieben werden, sei es in der Altenpflege, im Gesundheitswesen oder auch in der Ausbildung.