Protocol of the Session on May 13, 2009

Ich habe die herzliche Bitte, dass wir in diesen Fragen zusammenbleiben und – ich möchte es einmal vornehm ausdrücken – ordnungspolitische Schranken uns nicht daran hindern, das zu tun, was nun eingefordert worden ist.

Meine Damen und Herren, wir müssen bei allem Verständnis und bei aller Dankbarkeit für gemeinsame Positionen natürlich schon wissen, was nun gilt. Aber wenn ich parallel zu dem, was heute gesagt wurde, von wichtigen Funktionsträgern der Union lese, Opel sei kein systematisches Risiko wie die Banken und man sei daher dagegen, dass man diesem Unternehmen hilft, muss ich schon wissen, ob Sie sich am Ende gemeinsam mit mir auf das verständigen, was heute gesagt worden ist, oder auf das, was öffentlich gesagt worden ist.

(Beifall der SPD)

Herr Bundestagsabgeordneter Dr. Fuchs hat dies vor wenigen Tagen, nachlesbar in mehreren Zeitungen und

Magazinen, deutlich gemacht, und die Union hat wenige Tage danach ihr Wirtschaftskonzept mit ihm gemeinsam vorgestellt und sich von diesen Aussagen nicht distanziert.

(Bracht, CDU: Aber es ist auch nicht wiederholt worden! – Heiterkeit bei der SPD – Pörksen, SPD: Das wäre ja noch schlimmer!)

Herr Kollege Baldauf, Sie können nicht hinauslaufen, dann hereinkommen und abwinken. So geht es auch nicht.

(Beifall bei der SPD – Baldauf, CDU: Ich habe doch nur gefragt, was Sie gesagt haben!)

Ja, ja! Ich habe mich sehr zurückgenommen, und ich stelle jetzt fest, dass Sie sagen, das ist nicht unser Weg. Wenn dies so ist, bin ich dankbar dafür.

Aber wenn ein wichtiger Unionsfunktionsträger auf Bundesebene – nachzulesen in der „WirtschaftsWoche“ – auf die Frage „Soll Opel notfalls pleite gehen?“ sagt „Notfalls ja“, dann ist dies etwas ganz anderes als das, was Sie in diesem Parlament sagen. Das muss man doch hinterfragen dürfen, damit man weiß, woran man ist, meine Damen und Herren. Das kann nicht anders sein.

(Beifall der SPD)

Wir müssen es finanzieren. Es ist keine allgemeine theoretische Auseinandersetzung, sondern wir werden im Bürgschaftsausschuss und gegebenenfalls auch durch Entscheidungen des Haushalts- und Finanzausschusses dazu stehen müssen, wenn es temporärer Beteiligungen bedarf. Insofern ist es natürlich schon spannend zu wissen, wie Ihre Position ist. – Ich stelle fest, dass der genannte Kollege, Herr Dr. Fuchs, noch am 30. April das Transfermodell, das der Bundeswirtschaftsminister vorgeschlagen hat, wörtlich als „ordnungspolitischen Müll“ bezeichnet hat.

Ich möchte wirklich keine Schärfe in die Debatte hineinbringen, aber ich möchte schon wissen, ob das, was wir vor Ort sagen, auch in den zuständigen Gremien des Parlaments in Rheinland-Pfalz, wenn wir es brauchen, sowie auch in den Bürgschaftsausschüssen dem entspricht, was gegenüber den Menschen in RheinlandPfalz in öffentlicher Sitzung an Zusagen gemacht wird.

(Zurufe von der CDU)

Wenn Sie uns dies zusagen, bin ich sehr dankbar dafür, aber es geht nun einmal nicht, dass man an jedem Ort etwas anderes sagen kann und sich nirgendwo entscheiden muss.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Deshalb bitte ich Sie herzlich darum, uns zu sagen, ob wir dort, wo letztendlich die Entscheidungen umgesetzt werden müssen – dies kann von heute auf morgen ge

schehen –, mit Ihrer Unterstützung rechnen können oder aber mit einer grundsätzlichen Distanzierung leben müssen.

Wir werden in jedem Fall alle unsere Wege offen halten, die wir aufgezeigt haben, und alles in unserer Kraft Stehende tun, um nicht nur Opel, sondern auch anderen Unternehmen die Hilfe zu geben, um die – hoffentlich kurzen – temporären Herausforderungen zu bestehen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Ich erteile nun Herrn Kollegen Mertin das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben derzeit in Rheinland-Pfalz, dass viele Menschen, die im Bereich der Automobilbranche tätig sind, Sorge haben. Dies betrifft natürlich – öffentlich sehr stark wahrgenommen – das Unternehmen Opel, aber auch viele andere Automobilzulieferer, sei es Rasselstein, sei es Recaro oder andere, die nicht nur Opel, sondern auch andere Automobilkonzerne beliefern.

Deswegen ist es richtig und vernünftig, dass wir als Staat um unsere Standorte kämpfen und wir uns jeweils sehr sorgfältig anschauen, wo die Gründe für das Problem liegen. Bei Opel muss man feststellen, dass das Problem nicht nur – vielleicht am wenigsten – die derzeitige Finanzkrise ist, sondern dort besteht ein Managementproblem mit einer falschen Modellpolitik über viele Jahre hinweg.

(Beifall bei der FDP – Creutzmann, FDP: So ist es!)

Dies wird deutlich, wenn ich mir anschaue, wie lange Opel beispielsweise gebraucht hat, bis man dort überhaupt einmal auf Dieselmotoren gesetzt hat, während andere schon längst gute Geschäfte damit gemacht haben.

(Baldauf, CDU: Das hilft aber Kaiserslautern nicht weiter!)

Die Dieselmotoren bei Opel wurden eine Zeitlang von BMW eingekauft, weil Opel selbst gar keine hergestellt hat. Es wäre vielleicht für Kaiserslautern viel besser gewesen, wenn man dort frühzeitig Dieselmotoren hergestellt hätte.

Ich sage dies nicht, um die Menschen, die nun in Kaiserslautern oder an anderen Standorten von Opel arbeiten, zu kritisieren. Dass sie gute und leistungsfähige Arbeit abliefern und am Markt durchsetzbare Produkte herstellen können, sieht man an dem jetzigen Modell „Insignia“. Sie sind in der Lage, dies zu tun.

(Beifall der FDP)

Sie sind nur jahrelang daran gehindert worden, es zu tun.

Wenn wir nun darüber nachdenken, wie wir dort helfen können, muss natürlich auch ein sachliches Konzept erarbeitet werden, das glaubwürdig ist

(Beifall der FDP)

und nach außen für Dritte vermittelbar deutlich macht, dass die Probleme, die es bisher gab, aufgehoben werden und es eine vernünftige Zukunftsperspektive für Opel gibt; denn wenn wir dort tätig werden – machen wir uns nichts vor –, sind die Spielräume für uns außerordentlich eng, egal, welches Modell wir fahren. Jede Hilfe dort kann dazu führen, dass anderswo unter Umständen Maßnahmen ergriffen werden müssen.

(Beifall bei der FDP)

Umso besser abgesichert müssen die Dinge sein, die wir in Rheinland-Pfalz auf den Weg bringen.

Wenn es darum geht, zu entscheiden, ob wir in Rheinland-Pfalz mit Hilfen einsteigen, müssen wir natürlich auch sehr stark im Blickpunkt haben, wie unsere Interessen wahrgenommen werden. Es kann schließlich nicht wahr sein, dass wir mit Bürgschaften oder sonstigen Geldern, die wir zur Verfügung stellen, den Arbeitsplatzerhalt anderswo finanzieren und bei uns Sozialpläne aufstellen müssen. Das wäre keine gerechte Arbeitsteilung, wenn es darum geht, Opel insgesamt an dieser Stelle voranzubringen.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Wichtig ist, dass man eben nicht die Augen davor verschließt, dass ein vernünftiges Unternehmens- und Betriebskonzept für Opel erstellt werden muss, das wir auch anderen gegenüber glaubwürdig nach außen hin vertreten können. Dass dort vernünftige Arbeit geleistet wird und gute Produkte hergestellt werden können, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass es Interessenten gibt, die natürlich auch eigene Interessen haben. – Das ist völlig logisch, sonst würden sie sich nicht für Opel interessieren.

Wir müssen uns sehr sorgfältig anschauen, welche Art und Weise der zukünftigen Führung dieses Unternehmens sie uns vorschlagen und was aus Sicht des Landes Rheinland-Pfalz unterstützenswert ist. Nicht alles, was möglicherweise jemand vorschlägt, ist aus unserer Sicht auch unterstützenswert, und deshalb muss dies sehr sorgfältig und sehr nüchtern analysiert werden.

(Beifall der FDP)

Bedauerlicherweise liegen aber solche Konzepte noch nicht vor, und deshalb muss man darauf dringen, dass sie schnellstmöglich erarbeitet werden.

Natürlich lese ich gern in der Zeitung, dass nun 70.000 Insignia für den US-amerikanischen Markt gebaut werden sollen. Aber ich bin auch ein wenig traurig, wenn ich gleichzeitig lese, dass GM der Auftraggeber ist. – Ob GM in den nächsten Monaten noch da ist, weiß doch

keiner. Der Auftrag ist sehr schön, aber ob sie ihn bezahlen können, ist eine ganz andere Frage. Auch solche Dinge müssen doch mit ins Kalkül gezogen werden. Wir sind nicht die Alleinhandelnden, wir sind sogar auf diesem Tableau diejenigen, die am wenigsten Einflussmöglichkeiten haben; denn immer noch ist GM Eigentümer von Opel, und natürlich hat GM auch entsprechende Verpflichtungen gegenüber der US-amerikanischen Regierung zu erfüllen. Dies ist also ein sehr dichtes Knäuel von Interessen, das innerhalb kürzester Zeit aufzulösen ist. Unsere Aufgabe ist es nun, sorgfältig darauf zu achten, dass unser Standort in RheinlandPfalz nicht verloren geht und wir beim Einsatz von Mitteln auch berücksichtigen, dass wir einen Standort haben, den wir gesichert haben wollen.

(Beifall der FDP, der SPD und bei der CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Mohr das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich den Blick direkt aus der betroffenen Region auf dieses Problem lenke.

Für uns in der Westpfalz wie auch in Teilen von Rheinhessen und auch in dem Bereich um Mainz herum ist die aktuelle Situation mehr als die wirtschaftspolitischen Herausforderungen, die Produktionsstandorte in Kaiserslautern und Rüsselsheim zu erhalten.

Die Opel-Krise hat z. B. für mich genauso wie für meine Kollegin Leppla und meinen Kollegen Wansch ein ganz persönliches Gesicht. Es ist das Gesicht unseres Nachbarn. Es ist das Gesicht des Vereinsvorsitzenden im Fußballverein. Es sind unsere Freunde, die betroffen sind. Das macht die Sache besonders schwer und legt uns auch ein hohes Maß an Verantwortung auf.

Im Raum Kaiserslautern sind rund 4.000 Mitarbeiter direkt betroffen. Es sind noch mehr, die indirekt über die Zulieferer mit in diesen Strudel hineingezogen werden können.

Mit einer Arbeitslosenquote von 6,5 % steht der Arbeitsamtsbezirk Kaiserslautern – dazu gehören der Donnersbergkreis, Kusel, Stadt und Landkreis Kaiserslautern – zwar noch vergleichsweise gut da, doch viele Betriebe haben Kurzarbeit angemeldet. Insgesamt sind es aktuell für Stadt und Landkreis Kaiserslautern 232 Betriebe. Es sind über 6.000 Mitarbeiter betroffen. Ich denke, auch darauf muss man ein wachsames Auge haben.