Protocol of the Session on November 13, 2008

Erhaltung und Förderung eines zukunftsfähigen Zuckerrübenanbaus in Rheinland-Pfalz – Zuckerrübenanbau in Rheinhessen und der Pfalz stärken – Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 15/2669 –

Das Wort hat Herr Abgeordneter Guth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist für fast 3.000 rheinland-pfälzische landwirtschaftliche Betriebe und ihre Familien ein guter Tag. Der Landtag beschließt heute auf Initiative der SPDFraktion mit den Stimmen aller Fraktionen ein Zukunftspaket für den Zuckerrübenanbau in Rheinland-Pfalz.

Wir haben den Antrag vor einigen Wochen im Plenum bereits beraten und diesen an den Ausschuss für Landwirtschaft und Weinbau überwiesen. Dort haben sich die Fraktionen darauf verständigt, heute einen gemeinsamen Antrag einzubringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die diesjährige Kampagne läuft noch, aber die Zukunft des Zuckerrübenanbaus ist noch längst nicht gesichert. Sie wissen, dass aufgrund eines Schiedsspruchs der WTO die europäische Zuckerproduktion zugunsten der Entwicklungs- und Schwellenländer massiv zurückgefahren werden musste und die Preise deutlich gesenkt wurden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, es kann aber nicht sein, dass man Zucker aus Ländern, die ohne Rücksicht auf Mensch und Natur billiger produzieren, in die EU importiert, wodurch der nachhaltige Rübenanbau in Europa, der strengen Normen unterliegt, ganz zunichte gemacht wird.

(Beifall der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Landwirte brauchen für ihre gute und wichtige Arbeit einen gerechten Lohn und eine Zukunftsperspektive. So wie beim Thema „Mindestlohn“ in anderen Bereichen steht die SPD für ausreichende Ertragsmöglichkeiten für unsere Landwirte. In diesem Zusammenhang verweise ich auf den Tagesordnungspunkt, in dem es um faire Milchpreise geht. Hierbei geht es um ein ähnliches Problem.

Wir brauchen ein Mindestmaß an EU-Außenschutz für unsere Landwirtschaft; denn was für den Rübenanbau gilt, lässt sich auch auf andere Bereiche der Landwirtschaft übertragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor wenigen Wochen waren wir zu Beginn der Kampagne mit dem Arbeitskreis „Landwirtschaft“ beim Rübenabbau vor Ort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister Hering, die Landwirte erkennen und begrüßen ausdrücklich, dass ihnen das Land bei den Herausforderungen zur Seite steht. Wir beschließen heute ein Maßnahmenpaket, um den Rübenanbau in Rheinland-Pfalz zu erhalten, zu stärken und zu fördern.

Dazu nenne ich drei Beispiele, und zwar die Verbesserung der Anbautechnik, die Untersuchung weiterer Verwertungsmöglichkeiten und eine Verbesserung der Agrarstruktur.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen noch mehr. Deshalb darf ich heute ankündigen, dass die SPD-Fraktion im Zuge der derzeit laufenden Haushaltsberatungen entsprechende Finanzmittel in den Haushalt einbringen will, um in den nächsten Jahren auch zu konkreten Ergebnissen zu kommen. Wir bleiben an dem Thema weiter dran. Die Landwirte können sich auf uns verlassen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Schmitt.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Rheinland-Pfalz galt lange als das Land der Rüben und Reben. Darüber sind wir heute hinweg. Viele Hektar in der Landwirtschaft, im Ackerbau und viele Hektar Weinberge sind in den letzten Jahren

verloren gegangen. Viele Familienbetriebe haben ihren Betrieb eingestellt und ganz aufgehört.

Der Strukturwandel in der Landwirtschaft ist schon immer sehr stark von der EU geprägt gewesen. EUVerordnungen haben oft den Strukturwandel eingeleitet, zu einem Preisverfall geführt und in Rheinland-Pfalz gerade in der Landwirtschaft enorme Spuren hinterlassen.

Immer noch ist neben dem Weinbau auch der Zuckerrübenanbau in der Landwirtschaft ein wichtiges Kulturgut. Sie stehen immer noch für wichtige Wirtschaftszweige in Rheinland-Pfalz.

(Beifall bei der CDU)

Mit der neuen Zuckermarktordnung geht es aber wie bei dem Wein auch den Zuckerrübenanbauern an das Einkommen. Die Rübenpreise werden um 39,7 % und die Zuckerpreise um 26 % gesenkt. Gott sei Dank wird Rheinland-Pfalz von der EU in der Marktordnung zum Zucker noch als ein wettbewerbsfähiger Standort gesehen. Vor diesem Hintergrund wollen auch wir für die traditionellen Produkte kämpfen.

Die CDU sieht weiterhin die Reduzierung dieser Preise als sehr problematisch an. Dafür nenne ich drei Gründe. Erstens wollen wir auch weiterhin eine eigenständige Lebensmittelproduktion im Land behalten. Wir dürfen uns nicht nur von den Produkten aus dem Ausland abhängig machen.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens – das hat der Kollege von der SPD auch schon gesagt – haben wir im Land, wenn wir den eigenen Anbau betreiben, eine bessere Kontrolle über die Produktionsbedingungen. Ich erinnere an den Pflanzenschutz bis hin zu den Arbeitnehmerrechten. Diese Dinge werden in Brasilien ganz anders als in den Ländern der EU gehandhabt, wo klare Richtlinien dazu gegeben sind.

Drittens – das ist ein ganz wichtiges Anliegen – werden wir auch in Zukunft beim Rückbau unserer Kulturlandschaft ganz deutlich gegensteuern müssen.

Die Fakten sind von der EU nun einmal geschaffen. Die Zuckermarktordnung wurde am 20. Februar 2006 beschlossen.

Wir unterstützen deshalb die Landesregierung in ihren Bemühungen um den Erhalt der rheinland-pfälzischen Zuckerwirtschaft. Deshalb gab es auch einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen.

Neue Ansätze im Zuckerrübenanbau sind im Werden. Ich erinnere an den Einsatz bei den erneuerbaren Energien, und zwar die Nutzung als Biomasse. Man sollte auch noch einmal hinterfragen, wie es mit der Unterstützung der Zuckerrübenbauern durch Zuschüsse zum Erhalt der Kulturlandschaft aussieht, was uns in Zukunft immer noch mehr Probleme bereiten wird.

Lassen Sie uns gemeinsam für die besten Rahmenbedingungen für unsere Landwirte kämpfen, um auch die

Existenzen der Familienbetriebe im Zuckerrübenanbau langfristig zu erhalten.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Eymael.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat haben wir es grundsätzlich mit einem Wandel in der Agrarpolitik zu tun. Die Europäische Union verabschiedet sich vom sogenannten Marktordnungssystem, von den festgelegten Preisen pro Produkt und den finanziellen Unterstützungen, die bisher produktbezogen waren, und hat eine Flächenprämie unter gleichzeitiger Senkung der Preise eingeführt. Das trifft für die Zuckerrübe extrem zu. Sie haben es eben schon gehört. Knapp 40 % bei den Rübenpreisen sind es, letztlich beim Zucker mehr als 25 %. Das muss erst einmal aufgefangen werden.

Ich habe aber den Eindruck, dass es den Zuckerrübenanbauern im Land Rheinland-Pfalz gelingt, diesen Strukturwandel positiv zu begleiten. Wir haben keine 3.000 Zuckerrübenanbauer mehr, sondern in den letzten zwei bis drei Jahren haben etwa 400 kleinere Betriebe aufgegeben, sodass es eine Konzentrierung gibt. Aber die Betriebe, die weiterwirtschaften, sind durchaus wettbewerbsfähig. Nicht zuletzt durch höhere Weltmarktpreise haben sie immer noch ein ausreichendes Einkommen erwirtschaftet. Jedenfalls sind die Deckungsbeiträge im Zuckerrübenanbau höher als bei Raps und Getreide. Das wurde jedenfalls bei der letzten Generalversammlung der Zuckerrübenanbauer deutlich.

Wir müssen alles daransetzen, dass wir diese Wettbewerbsfähigkeit nicht nur erhalten, sondern sie noch ein Stück weit verbessert wird. Dazu sind Rahmenbedingungen notwendig, die auch vom Land Rheinland-Pfalz aus gesetzt werden können.

Ich denke, es ist wichtig, dass die Landwirte weiterhin eine gute Ausbildung haben und in der Lage sind, sich auch weitere Felder in der Landwirtschaft zu suchen, auf denen sie erfolgreich sein können.

Wir wissen, dass wir in Rheinhessen und in der Pfalz sehr gute Böden haben. Wir haben dort 70er oder 80er Ertragszahlen und Bonitäten, wo Zuckerrüben hervorragend wachsen und eine hervorragende Ausbeute auch beim Zucker gegeben ist.

Dennoch sind die Landwirte heute so clever und wissen, wenn sie mit diesem Agrarprodukt am Markt nicht mehr bestehen, ist auch eine Möglichkeit im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe oder im Getreidemarkt gegeben. Es ist sowieso Getreide im Rahmen der Fruchtfolge notwendig. Damit sind Erfolge grundsätzlich zu erzielen.

Meine Damen und Herren, deswegen wird sicherlich auch der Strukturwandel weitergehen. Aber die Standor

te Pfalz und Rheinhessen sind prädestiniert für den Zuckerrübenanbau. Ich bin auch überzeugt, dass dieser Zuckerrübenanbau dort weiterhin eine Chance haben wird.

Auf der einen Seite müssen wir dafür sorgen, dass die Landwirte schulisch gut ausgebildet sind. Das habe ich bereits gesagt. Zum Zweiten müssen wir dafür sorgen, dass weiterhin Akzente in der Bodenordnung gesetzt werden, damit in der Tat Kosten eingespart werden können, damit die Rentabilität günstiger wird, damit neue Produktionsverfahren und neue Technologien eingeführt werden können.

Wir müssen dafür sorgen, dass die Infrastruktur zu den Äckern stimmt. Das heißt, der landwirtschaftliche Wegebau muss nach wie vor ein wichtiger Punkt sein, der in Ordnung ist. Darüber hinaus müssen natürlich die Verbandsstrukturen stimmen. Außerdem muss der Standort Offstein ein Standort für 400 Mitarbeiter bleiben, aber auch für die Zuckerrübenanbauer, die zu dieser Zuckerfabrik eine direkte Anbindung vor Ort haben und damit auch Wegezeiten einsparen können.

Ich bin froh und dankbar, dass Südzucker nicht Offstein in Frage gestellt hat – Sie wissen, dass Groß-Gerau geschlossen worden ist –, sodass auch hier ein Fixpunkt seitens der Zuckerindustrie gesetzt worden ist, die vom Standort Rheinhessen und Pfalz viel hält und mit der Zuckerfabrik in Offstein letztlich in der Tat eine Fort- und Weiterentwicklung auch für den Zuckerrübenanbau leisten will.

Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, dass sich der Weltmarktpreis, der schon leicht angezogen hat, sicherlich noch ein bisschen bewegen kann und wird und nicht zuletzt auch aufgrund der guten Ausbeutemöglichkeiten, die wir in unserem Land Rheinland-Pfalz, in Rheinhessen und der Pfalz haben, der Zuckerrübenanbau eine Chance haben wird und wir auch in den nächsten 20, 30, 40 Jahren Zuckerrüben haben werden.

Ich freue mich, dass der Antrag heute gemeinsam entschieden wird und wir uns gemeinsam dazu durchgerungen haben. Ich glaube, es gibt auch in diesem agrarpolitischen Teil keine Meinungsdifferenzen – das muss auch nicht sein –, sondern wir arbeiten zum Wohl der Zuckerrübenanbauer und letztlich auch der Zuckerindustrie.

(Beifall der FDP und der Abg. Frau Ebli, SPD)

Das Wort hat Herr Staatsminister Hering.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich begrüße es sehr, dass es einen großen gemeinsamen Nenner gibt, dass dieser Antrag ein gemeinsamer Antrag geworden ist, der auf Initiative der SPD-Fraktion entstanden ist; denn die Landwirte, insbe

sondere die Zuckerrübenbauer, brauchen in diesem Umstrukturierungsprozess die geschlossene Unterstützung auch der Politik, um diesen Prozess bestehen zu können.

Ausgangspunkt dieser großen Herausforderung ist nicht, dass die Europäische Kommission von sich aus aktiv geworden ist, sondern es gab den Schiedsspruch der WTO, der die EU-Kommission zum Handeln gezwungen hat. Dieser Schiedsspruch hat die Konsequenz, dass die Produktion von Zuckerrüben in der Europäischen Union um 6 Millionen Tonnen reduziert werden musste – das entspricht einem Drittel der gesamten Produktion –, um auch den Entwicklungsländern Importmöglichkeiten zu geben, zu einem fairen Interessenausgleich zu kommen.