Protocol of the Session on November 13, 2008

Wir wollen auch eine Bußgeldbestimmung einführen. Es kann ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro gegen Menschen verhängt werden, die sich nicht an die gesetzlichen Regelungen halten. Dadurch soll zum einen die abstrakte Täuschung von Rat suchenden Schuldnerinnen und Schuldnern sanktioniert werden – beispielsweise über Werbeangebote, Anzeigen und via Internet –, aber zum andern auch die Täuschung im ganz konkreten Beratungsfall. Rheinland-Pfalz ist damit das erste Land, das diesen Weg geht. Wir haben aber aus anderen Ländern gehört, dass man das dort mit Interesse beobachtet und wohl die Absicht besteht, in die gleiche Richtung zu gehen.

Daneben enthält der vorliegende Gesetzentwurf auch Regelungen zum Anerkennungsverfahren und zu den Grundsätzen der Förderung. Insgesamt geht es uns darum, Rechtssicherheit für die Menschen zu schaffen, die, aus welchen Gründen auch immer, sich in einer schwierigen Situation befinden, sich selbst in eine schwierige Situation gebracht haben oder in eine solche Situation gebracht worden sind. Darüber hinaus wollen wir unseriösen Geschäftemachern das Handwerk legen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Thelen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, Sie haben den Hintergrund für das vorliegende Landesgesetz dargelegt. Tatsächlich haben wir eine steigende Zahl von überschuldeten Haushalten festzustellen. Die Situation wird mit Sicherheit nicht besser werden. Das lassen die ersten Entwicklungen aufgrund der Finanzkrise erwarten.

Es ist zu befürchten, dass das, was wir in den USA mit Sicherheit deutlich drastischer spüren und erfahren mussten, auch bei uns im Land auf die Haushalte niederschlagen wird, die in den nächsten Wochen und Monaten vielleicht über Arbeitsplatzverlust klagen müssen.

Eine der Feststellungen unserer Schuldnerberatungsstellen ist tatsächlich, dass häufig der Verlust des Arbeitsplatzes, aber auch die Trennung vom Partner oder die Tatsache, dass man alleinerziehend ist, ein Grund für die Verschuldung vieler unserer Haushalte ist.

Rheinland-Pfalz hat eine ähnliche Entwicklung wie viele andere Bundesländer zu verzeichnen, wobei wir, was die Verschuldungsquote nach dem Schuldenatlas Deutschland von 2008 angeht, noch eine relativ moderate Position im Vergleich der Bundesländer einnehmen. Wir stehen 2008 mit einer Verschuldungsrate von 10,24 % der Haushalte an fünfter Stelle der Bundesländer. Aber es zeigt natürlich, dass überall Handlungsbedarf besteht.

Der Handlungsbedarf, der hier aufgedeckt worden ist, wurde schon bei der Erörterung eines CDUBerichtsantrags im September 2007 deutlich. Es handelt sich nämlich um die Tatsache, dass unseriöse Berater hier zunehmend einen Markt für sich entdecken. Menschen, die in einer besonders bedrängten Situation sind, die nicht wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen – die sie, zum Teil ohne sie zu lesen, in Kartons stapeln, weil sie überhaupt nicht mehr wissen, wie sie der Situation Herr werden sollen –, gehen häufig unseriösen sogenannten Beratern, auch Schuldenberatungsstellen, auf den Leim, die sehr aggressiv werben: in Anzeigen, via Internet und durch persönliche Ansprache der Haushalte.

Selbst wenn die Beratung – die angebliche Beratung – dort kostenlos sein soll, machen sie ihren Profit, indem sie die Notlage der Menschen ausnutzen, um ihnen andere Finanzdienstleistungen, z. B. neue, angeblich billigere Darlehen, anzudienen. Diese Menschen glauben, hierin ihr Heil zu finden.

Die Situation in Rheinland-Pfalz ist im Moment nach dem geltenden Gesetz nicht eindeutig genug, um diese Fehlentwicklungen in den Griff zu bekommen. Hier hat die Landesregierung Vorschläge unterbreitet, wie das gelingen soll. Nach unserer ersten Bewertung des vorliegenden Gesetzentwurfs scheinen sie schlüssig und auch zielführend zu sein. Wir sind auch auf die vertiefenden Beratungen im Ausschuss gespannt. Aber der erste Eindruck – wenn man das an der Stelle schon einmal sagen kann – ist durchaus positiv.

Wir brauchen klare und eindeutige Regelungen, die festlegen, dass seriöse, dauerhafte und kompetente Beratungen erforderlich sind. Diese Beratung muss letztendlich auch unentgeltlich sein, weil man Menschen, die nicht mehr wissen, wie sie mit ihren Mitteln bis zum Monatsende kommen sollen, nicht auch noch Geld für eine solche Beratung abverlangen kann.

Das ist also ein gutes Ziel. Wir hoffen auf hinreichende und wirkende Regelungen. Aber es gibt eine Frage, die uns schon ein bisschen umtreibt: Wir haben während der Beratungen im Rechtsausschuss im September 2007 von einem Kollegen aus dem Sozialministerium erfahren, dass der Gesetzentwurf in Arbeit und die Ressortabstimmung schon gelaufen war. Wir hatten uns schon überlegt, die Dinge noch einmal zur Sprache zu bringen. Dann hieß es immer, der Gesetzentwurf kommt. Jetzt ist es ein gutes Jahr später. Es würde uns schon interessieren, ob es besondere Gründe und Hinweise gab, die man doch noch einmal aufgreifen wollte, um sie in den Gesetzentwurf einzuarbeiten. Wir denken, es ist gut, dass wir es jetzt machen. Vielleicht hätten wir es auch schon ein halbes Jahr früher machen können. Aber

wir sind sicherlich bereit, daran mitzuwirken, dass die bestehenden Gesetzeslücken zügig geschlossen werden.

(Beifall der CDU)

Ich begrüße die Mitglieder des Gemeinderates Waldböckelheim im rheinland-pfälzischen Landtag. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hoch.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Über 10 % der Haushalte in Deutschland sind überschuldet. Wie die Kollegin Thelen schon ausgeführt hat, belegen wir in Rheinland-Pfalz mit knapp über 10 % noch einen moderaten Platz. Das bedeutet, es gibt in Deutschland drei Millionen Haushalte, deren monatliches Einkommen dauerhaft nicht ausreicht, um die fixen Lebenshaltungskosten zu bestreiten, die fälligen Raten zu bezahlen und die Rechnungen, die anfallen, zu begleichen. Auf Rheinland-Pfalz heruntergerechnet, bedeuten diese knapp über 10 %, dass 150.000 Haushalte überschuldet sind.

Wenn man, zur Verdeutlichung, einfach ein Gitter über das Land legen würde: Gehen Sie einmal Ihre Nachbarschaft ab, gehen Sie die Straße entlang, und machen Sie einfach an jedem zehnten Haus in Gedanken einen Haken. Dann sieht man, welch unfassbar hohe Zahl 150.000 Haushalte in Rheinland-Pfalz sind.

Zwar ist diese Zahl im vergangenen Jahr leicht gesunken – der wirtschaftliche Aufschwung war unten angekommen –, aber die Finanzkrise und auch der drohende Ausbruch einer Kreditkartenkrise könnten das Ihre tun, um die Zahl der überschuldeten Haushalte auf ein neues, trauriges Rekordhoch zu treiben. Etliche überschuldete Menschen treibt es in ihrer Verzweiflung zudem noch in die Arme von Kredithaien, windigen Geschäftemachern oder Betrügern, die mit unseriösen Angeboten, Abzocke und dubiosen Geschäften versuchen, die missliche Lage dieser Menschen auszunutzen.

Wenn Sie einmal ins Internet schauen, stellen Sie fest, dass dies nicht nur diejenigen betrifft, die man landläufig als Kredithaie bezeichnet, sondern eine ganze Branche davon lebt, dass Menschen, die ohnehin schon überschuldet sind, weiter konsumieren.

Die Werbung – heute aus dem Internet herausgezogen – lautete z. B.: „Geld sofort aufs Konto, ohne Gebühr, auch ohne SCHUFA – jetzt testen!“ „Kaufen sie auch ohne SCHUFA auf Rechnung: Die ShopÜbersicht.“ – Oder „Sie werden überrascht sein, wie einfach es unter Umständen sein kann, ein Superhandy

trotz einer negativen Auskunft in der SCHUFA zu erwerben.“ Das ist ein Skandal, und das führt Menschen, die ohnehin nicht wissen, wie sie klarkommen sollen, noch tiefer in die Schuldenfalle.

Dabei gibt es zum Glück einen legalen Weg, einen Neuanfang zu machen: das Verbraucherinsolvenzverfahren mit der sogenannten Restschuldbefreiung am Ende. Das verlangt sicherlich zu Recht fachmännische Beratung, überobligatorische Anstrengungen und eine Wohlverhaltensphase. Mit dem vorliegenden Entwurf für ein Landesgesetz zur Ausführung der Insolvenzordnung sollen für die betroffenen Menschen mehr Schutz und mehr Beratungsqualität gewährleistet werden. Wir begrüßen das ausdrücklich und freuen uns über die große Einigkeit, die hier herrscht. Die allermeisten beraten nämlich heute schon ordentlich und uneigennützig, und es geht auch darum, zu verhindern, dass einige schwarze Schafe eine ganze Branche in Verruf bringen.

In dem Gesetz werden Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer als geeignete Personen festgeschrieben. Die Liberalisierung des Rechtsberatungsmarktes durch das in Kraft getretene Rechtsdienstleistungsgesetz macht diese Regelung erforderlich. Die Qualität der Beratung soll durch einen Kriterienkatalog für geeignete Stellen und deren Anerkennungsverfahren festgeschrieben werden. Dadurch wird gewährleistet, dass die Betroffenen fachmännisch und uneigennützig beraten werden. Letzteres wird vor allem durch die erstmalige Aufnahme der Unentgeltlichkeit umgesetzt. Für uns ist das ein wesentlicher Baustein, um Menschen nicht noch tiefer in die Schuldenfalle geraten zu lassen. Es ist ein Meilenstein im Verbraucherschutz.

Damit das nicht zum zahnlosen Tiger wird, erhält das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung nun auch die Möglichkeit, bei Verstößen Bußgelder zu verhängen. In den vergangenen acht Jahren – wir haben es eben schon gehört – hat sich die Zahl der Beratungsfälle mehr als verdoppelt, und die Tendenz ist weiter steigend. Mit diesem Ausführungsgesetz wollen wir die Qualität weiter verbessern, und wir wünschen uns auch weiterhin die zugesagte gute Förderung der geeigneten Stellen durch das Land.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Lejeune.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf reagiert die Landesregierung auf einen Teilbereich der Probleme, die sich um das große Feld der Privat- oder Verbraucherinsolvenzen ranken. Nicht nur der allgemeinen Gesetzesbegründung, sondern auch der Berichterstattung in den Medien, den warnenden Worten Betroffener oder

zum Teil auch geprellter Gläubiger sowie den Stellungnahmen der damit befassten Juristen kann man entnehmen, dass die Lage in der Tat sehr ernst ist.

Zwar könnte man so mancher Pleite aus dem bunten Blätterwald der Boulevardmedien bekannter Persönlichkeiten noch einen zynisch gemeinten Unterhaltungswert abgewinnen, aber die Lage ist viel zu ernst, als dass man mit zweifelhaften Entschuldungshilfen via Fernsehbildschirm scheinbar alle Zahlungsprobleme dieser Welt in einer halben Stunde lösen könnte.

Es ist eine Frage, warum immer mehr Menschen in die Situation kommen, dass sie ihre finanzielle Lage ganz offensichtlich nicht objektiv einschätzen, geschweige denn überblicken können, und es ist eine andere Frage, wie sich die derzeitige weltweite Finanzkrise auf diese Entwicklung auswirken wird. Kommt es zu der befürchteten wirtschaftlichen Rezession, dürfte der Anteil der überschuldeten Haushalte dramatisch steigen. Das haben auch meine beiden Vorredner deutlich gemacht. Die damit einhergehenden Enttäuschungen über geplatzte Lebensentwürfe und die wirtschaftliche Vernichtung von Existenzen sind im Hinblick auf die Masse der potenziellen Schuldner, aber auch – was, wie ich glaube, man nie vergessen darf – im Hinblick auf ihre Gläubiger von entscheidendem politischem und gesellschaftlichem Gewicht.

Die Redezeit ist nur sehr kurz. Deswegen kann man die Probleme auch nicht in der Tiefe weiter behandeln. Ich glaube, wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass wir mit diesem Gesetzentwurf, über den wir heute sprechen, nur an den Symptomen und Folgeerscheinungen herumdoktern, aber nicht die Ursachen kurieren können.

(Beifall der FDP)

Zwar sind die Bemühungen der Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf zur Entschuldung mittelloser Personen, zur Stärkung der Gläubigerrechte sowie zur Regelung der Insolvenzfestigkeit wesentlich ursachenbezogener, aber auch hier bedarf es einer sorgfältigen Prüfung, dass einem weiteren Umsichgreifen des unbedachten und – das muss man auch so deutlich sagen – zum Teil auch verantwortungslosen Schuldenmachens kein Vorschub geleistet wird.

Es ist zweifelsohne mehr als traurig, wenn Menschen, die in eine verzweifelte Situation geraten, dann auch noch scheitern, wenn sie versuchen, sich aus der Situation zu befreien, weil sie an zweifelhafte Institutionen oder Personen geraten, die mehr ihren eigenen Profit als eine Problemlösung für die Betroffenen vor Augen haben. Es versteht sich von selbst, dass eine Schuldnerberatung durch nicht hinreichend qualifizierte Personen unterbleiben muss.

Insofern ist der Gesetzentwurf zur Überarbeitung des seit Juli 1998 geltenden Landesgesetzes zur Ausführung der Insolvenzordnung konsequent und auch erforderlich.

In der weiteren Gesetzesberatung wird noch zu erörtern sein, ob die Änderungen ausreichend oder noch weitere gesetzgeberische Maßnahmen erforderlich sind, um die

Grauzonen in der Schuldnerberatung aufzuhellen oder sie vielleicht sogar zu beseitigen.

Danke schön.

(Beifall der FDP)

Wir kommen zur Abstimmung. Es ist eine Überweisung an den Sozialpolitischen Ausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss beantragt. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Änderung des Landesglücksspielgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/2755 – Erste Beratung

Gemäß der Absprache im Ältestenrat wird dieser Gesetzentwurf ohne Aussprache behandelt. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf:

Erhaltung und Förderung eines zukunftsfähigen Zuckerrübenanbaus in Rheinland-Pfalz – Zuckerrübenanbau in Rheinhessen und der Pfalz stärken – Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 15/2669 –